Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 14.02.2017, Az. 1 BvR 2507/16

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2017, 15699

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit durch Versagung von PKH für sozialgerichtliches Eilverfahren bzgl Ansprüchen eines polnischen Staatsangehörigen auf ALG II bzw Sozialhilfe - unzulässige Beweisantizipation, Entscheidung im PKH-Verfahren trotz ungeklärter und schwieriger Rechtslage - Rüge einer Verletzung des Rechtsschutzanspruchs durch Verweigerung von Eilrechtsschutz mangels hinreichender Substantiierung unzulässig - Gegenstandswertfestsetzung


Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 26. Oktober 2016 - L 5 AS 2357/16 B ER - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 und Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes, soweit dadurch sein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wird. Er wird insoweit aufgehoben. Die Sache wird insoweit zur erneuten Entscheidung an das [X.] [X.] zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

3. Das [X.] hat dem Beschwerdeführer ein Drittel seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.

4. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

5. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das [X.] auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde, die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden ist, richtet sich gegen einen Beschluss des [X.] im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, das neben der Beschwerde, die auf vorläufige Bewilligung von [X.] und hilfsweise auf vorläufige Bewilligung von Sozialhilfe zielte, auch den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen hat.

2

1. Der Beschwerdeführer ist [X.] Staatsangehöriger. Er lebt seit März 2012 in [X.], wobei [X.] in den Jahren 2013 und 2014 streitig sind. Von März 2014 bis Anfang Februar 2015 war er erwerbstätig; das Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund Insolvenz. Nach Zeiten der Obdachlosigkeit bewohnt er seit 12. Mai 2015 eine Wohnung zur Miete, die seitens des Vermieters gekündigt ist, wozu ein Räumungstitel vorliegt. Vom 1. April 2015 bis 31. Juli 2015 bezog der Beschwerdeführer [X.] und erhielt vom 18. November 2015 bis 30. April 2016 aufgrund einer einstweiligen Anordnung des [X.] Sozialhilfeleistungen. Vom 23. Februar 2016 bis zum 20. Juli 2016 befand er sich wegen des Vollzugs einer Freiheitsstrafe in Haft und erhielt bei der Haftentlassung ein Überbrückungsgeld in Höhe von 279,10 €.

3

Am 29. Juli 2016 sprach der Beschwerdeführer beim Jobcenter [X.] vor, um einen Antrag auf Bewilligung von [X.] zu stellen. Die Antragsannahme wurde nach seinen Angaben verweigert. Am 9. August 2016 legte er Widerspruch gegen die konkludente Ablehnung ein. Zwischenzeitlich wurde ein Antrag auf Sozialhilfe vom Bezirksamt [X.] an das [X.] weitergeleitet und mit Bescheid vom 3. Januar 2017 abgelehnt. Über den Widerspruch hiergegen wurde noch nicht entschieden.

4

2. Mit Schreiben vom 9. August 2016 beantragte der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht, gerichtet auf vorläufige Leistung nach dem [X.], hilfsweise nach dem [X.]. Das Sozialgericht wies den Antrag zurück und lehnte die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Der Beschwerdeführer unterliege dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.], der nicht unionsrechtswidrig sei. Da der Leistungsausschluss des § 23 Abs. 3 Satz 1 [X.] (in der bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Fassung) der Regelung im [X.] entspreche, sei der Beschwerdeführer auch von Leistungen der Sozialhilfe ausgeschlossen.

5

3. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das [X.] mit angegriffenem Beschluss vom 26. Oktober 2016 zurück. Das [X.] sei abzulehnen, da die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten habe.

6

Ein gegen das Jobcenter gerichteter Anordnungsanspruch nach dem [X.] sei nicht glaubhaft gemacht. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz, und zwar selbst dann nicht, wenn auch ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesprochen werde. Der Beschwerdeführer sei nicht freizügigkeitsberechtigt. Es sei auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller hilfebedürftig sei; vom Sozialhilfeträger angeführte Zweifel an einer Hilfebedürftigkeit "mangels geeigneter Nachweise" habe der Beschwerdeführer nicht ausgeräumt sowie die Auflagen des Berichterstatters vom 6. Oktober 2016 zu weiteren Darlegungen nicht erfüllt. Auch der hilfsweise gegen das Land [X.] gerichtete Anordnungsanspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.] sei nicht glaubhaft gemacht, da aus denselben Gründen nicht überwiegend wahrscheinlich sei, dass der Beschwerdeführer bedürftig sei. Ferner sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das dem Sozialhilfeträger eingeräumte Ermessen auf Null reduziert sei. Zwar halte sich der Antragsteller seit mehr als sechs Monaten in [X.] auf, doch genüge dies nicht; der Beschwerdeführer sei verpflichtet, die von ihm gemietete Wohnung zu räumen; ihm sei es nicht gelungen, erneut eine Arbeitsstelle zu finden; andere wirtschaftlich oder sozial schützenswerte Verbindungen habe er hierzulande nicht; er spreche nach eigenen Angaben kaum die [X.]; vom 23. Februar 2016 bis zum 20. Juli 2016 habe er sich in Strafhaft befunden und nach einer Mitteilung der Justizvollzugsanstalt bestünden weitere offene Verfahren, weshalb nicht ausgeschlossen sei, dass die Ausländerbehörde ihm gegenüber demnächst das Verlustfeststellungsverfahren betreibe.

7

4. Mit Schreiben vom 6. November 2016 erhob der Beschwerdeführer eine Anhörungsrüge, die das [X.] mit Beschluss vom 17. November 2016 als unzulässig verwarf.

8

5. Mit seiner am 8. November 2016 erhobenen Verfassungsbeschwerde, die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden ist, rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 11 GG, Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG. Insbesondere verletze die Ablehnung von Prozesskostenhilfe das Recht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

9

Die Antragsgegner des Ausgangsverfahrens haben Stellung genommen. Das Land [X.] hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an und gibt ihr insoweit statt. Das [X.] hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt (vgl. [X.] 79, 69 <74>; 93, 1 <13 f.>; 126, 1 <27 f.> m.w.N.).

1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung der Beschwerde betreffend die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes richtet, ist sie unzulässig. Eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 11 GG, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Insbesondere verkennt die Verfassungsbeschwerde, dass es insoweit nicht genügt, einer vom Beschwerdeführer nicht geteilten Würdigung des Sachverhalts entgegenzutreten, vor der Art. 19 Abs. 4 GG nicht schützt.

2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.] offensichtlich begründet. Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im angegriffenen Beschluss verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG.

a) Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von [X.] und [X.]n bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll allerdings nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Verfahrens in der Sache, hier also des einstweiligen Rechtsschutzes, treten zu lassen (vgl. [X.] 81, 347 <356 f.>; stRspr). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatsachenfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von [X.]n einer prozessualen Klärung in einem Verfahren, in dem sie anwaltlich vertreten sind, zugeführt werden können (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 28. Juli 2016 - 1 BvR 1695/15 -, [X.], Rn. 17; Beschluss der [X.] des [X.] Senats vom 20. Juni 2016 - 2 BvR 748/13 -, [X.], Rn. 12 m.w.N.).

Die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten durch das Fachgericht setzt unter anderem eine Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen des [X.] voraus, dem wiederum Darlegungsobliegenheiten der [X.] entsprechen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. April 2010 - 1 BvR 362/10 -, [X.], Rn. 15). Es verstößt dann gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit, wenn der [X.] wegen Fehlens der Erfolgsaussichten ihres [X.] Prozesskostenhilfe verweigert wird, obwohl - auch im Hinblick auf Zweifel an ihren Darlegungen - eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04 -, [X.], Rn. 30; Beschluss der [X.] des [X.] vom 25. April 2012 - 1 BvR 2869/11 -, [X.], Rn. 18).

Zudem kann eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage, die in Rechtsprechung und Fachliteratur umstritten ist, nicht als einfach oder geklärt angesehen und bereits im Verfahren der Prozesskostenhilfe zum Nachteil einer unbemittelten Person beantwortet werden (vgl. [X.] 81, 347 <359 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 4. Mai 2015 - 1 BvR 2096/13 -, [X.]). Dies gilt erst recht, wenn ein Fachgericht insoweit von der Auffassung der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 7. November 2011 - 1 BvR 1403/09 -, [X.], Rn. 34; Beschluss der [X.] des [X.] vom 21. April 2016 - 1 BvR 2154/15 -, [X.], m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des [X.] über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht gerecht. Es durfte die Annahme fehlender Erfolgsaussichten der Anträge in der Sache weder darauf stützen, es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten könne (aa), noch darauf, dass aller Voraussicht nach kein Anordnungsanspruch bestehe und dem keine einfache und geklärte Rechtsfrage zugrunde lag (bb).

Das [X.] verweist zur Begründung seiner Entscheidung über die Prozesskostenhilfe allein auf die Begründung zur Entscheidung über den Eilantrag. Dies ist zwar grundsätzlich zulässig. Entscheidungen über Prozesskostenhilfe und den [X.] dürfen in einem Beschluss ergehen und es ist auch nicht generell ausgeschlossen, dass die Begründung zur Ablehnung von Prozesskostenhilfe lediglich auf die Ausführungen zur Begründetheit verweist (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] Senats vom 8. Juli 2016 - 2 BvR 2231/13 -, [X.], Rn. 13).

aa) Die Begründung der gerichtlichen Entscheidung zeigt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Sache im Streit stehen. Zur Bedürftigkeit des Beschwerdeführers hat dieser eine ausführliche Versicherung an Eides Statt vorgelegt und erklärt, dass er einkommens- und vermögenslos sei, sowie Angaben zum Überbrückungsgeld, zu aushilfsweise erhaltenem Essen, Getränken und Hygieneartikeln sowie zu unterstützenden Personen gemacht. Damit setzt sich das [X.] nicht auseinander. Das Gericht verweist lediglich darauf, dass der Beschwerdeführer die Auflagen des Berichterstatters vom 6. Oktober 2016 nicht erfüllt habe, darzulegen, zu welchen Zwecken und mit welchen Mitteln er in die Bundesrepublik [X.] eingereist sei und mit welchen Mitteln er von März 2012 bis März 2014 seinen Lebensunterhalt bestritten habe und das Urteil vorzulegen, aufgrund dessen er sich in Strafhaft befunden habe. Eine Würdigung der vorhandenen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung fehlt jedoch. Zudem ist der Beschwerdeführer, worauf das Gericht ebenfalls nicht eingeht, insbesondere der Aufforderung nachgekommen, Auszüge aller Bankkonten vorzulegen. Unter diesen Umständen durfte das [X.] die Klärung der maßgeblichen Tatsachengrundlage für die begehrte Leistung auch unter Berücksichtigung der für ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes insoweit grundsätzlich geltenden Besonderheiten nicht in das Verfahren über die Prozesskostenhilfe vorverlagern.

bb) Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen zu einem Anspruch auf existenzsichernde Leistungen für nicht erwerbstätige, nicht ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige nach Normen des [X.] und des [X.] ([X.] und [X.]) sind schwierig und ungeklärt (aus der jüngeren Fachliteratur [X.], NVwZ 2016, [X.]; [X.], [X.] 2014, S. 279 <285 f.>; [X.], [X.] 2016, [X.] und [X.]; [X.], [X.], S. 1503 <1506>; [X.], [X.], [X.] <119>). Die in der hier angegriffenen Entscheidung zitierte Rechtsauffassung des [X.] hinsichtlich der bis 28. Dezember 2016 geltenden Rechtslage ist in der Rechtsprechung der [X.]e umstritten (dem BSG folgend u.a. [X.], Beschluss vom 9. Juni 2016 - L 7 [X.] 1512/16 [X.] -, juris; [X.], Beschluss vom 20. Juni 2016 - L 16 [X.]/16 [X.] -, juris; [X.], Beschluss vom 1. August 2016 - L 19 AS 1437/16 [X.] -, juris; dagegen u.a. [X.], Beschluss vom 11. August 2016 - L 3 A[X.]76/16 [X.] -, juris; [X.], Beschluss vom 17. März 2016 - [X.] AS 1580/15 [X.] -, juris; [X.], Beschluss vom 7. Juli 2016 - [X.] [X.] 12/16 [X.], [X.] [X.] 13/16 B PKH -, juris; weitergehend [X.], Vorlagebeschluss vom 18. April 2016 - [X.] AS 149/16 -, juris, Rn. 436, 441 ff., 519 ff.; [X.], [X.] 2016, [X.] ff.>). Zudem ist in der fachgerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt, wie der vom [X.] unter der bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Rechtslage angenommene Regelfall einer Ermessensreduzierung auf Null (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - [X.] AS 44/15 R -, juris, Rn. 58) weiter zu konkretisieren ist. Nach mehreren in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Ansätzen wäre dem Beschwerdeführer auf der Grundlage seines Vorbringens zum dem für die Entscheidung über das [X.] maßgeblichen Zeitpunkt ein Anordnungsanspruch zugekommen. Vor diesem Hintergrund durfte das [X.] seine Deutung der Rechtsprechung des [X.] zu § 23 Abs. 1 Satz 3 [X.], nach der die Ermessensreduzierung auf Null offenbar nicht als Regelfall angesehen werden soll, nicht als geklärte Rechtsfrage seiner Versagung zugrunde legen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass hier Prozesskostenhilfe für ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes begehrt wird, in dem schwierige und umstrittene Rechtsfragen der Hauptsache in aller Regel keiner grundsätzlichen Klärung zugeführt werden können. Denn auch für die Klärung des Umgangs mit diesen Fragen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besteht für [X.] unter dem Gesichtspunkt der Rechtsschutzgleichheit ein Anspruch auf anwaltliche Vertretung. Der Beschluss ist insoweit aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 [X.]. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. [X.] 79, 365 <366 ff.>).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Meta

1 BvR 2507/16

14.02.2017

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 26. Oktober 2016, Az: L 5 AS 2357/16 B ER, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 23 Abs 1 S 3 SGB 12, SGB 2, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 14.02.2017, Az. 1 BvR 2507/16 (REWIS RS 2017, 15699)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15699

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