Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.06.2019, Az. B 3 KR 48/18 B

3. Senat | REWIS RS 2019, 6671

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Krankenversicherung - Weitergewährung von Krankengeld - Anzeige der Arbeitsunfähigkeit


Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 8. März 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Vorinstanzen haben die Beklagte unter Aufhebung ihrer entgegenstehenden Bescheide verurteilt, dem Kläger in der [X.] vom 20. bis 23.11.2015 Krankengeld ([X.]) zu zahlen.

2

Die Beklagte hatte die [X.]-Zahlung für diesen [X.]raum abgelehnt, da der behandelnde Arzt dem Kläger Arbeitsunfähigkeit ([X.]) bis zum 19.11.2015 bescheinigt hatte und die weitere [X.] erst am 24.11.2015 ärztlich festgestellt worden sei. Der am 12.11.2015 vom behandelnden Arzt erstellte [X.], der die stufenweise Wiedereingliederung des Klägers bis zur Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit am [X.] vorsah, enthalte keine den gesetzlichen Anforderungen genügende ärztliche Feststellung von [X.]. Zudem sei sie nicht binnen einer Woche ab dem 12.11.2015 bei der [X.] eingegangen, sondern erst am 24.11.2015.

3

Die Vorinstanzen sind dem nicht gefolgt. Das [X.] hat ausgeführt, im [X.] vom 12.11.2015 sei die weitere [X.] des Klägers über den 19.11.2015 hinaus festgestellt worden. Dies reiche als Bescheinigung der [X.] aus, da nach der Rechtsprechung des B[X.] die ärztliche Feststellung der [X.] nicht zwingend auf dem dafür vorgesehenen Vordruck erfolgen müsse. Wegen der vorherigen Bescheinigung der [X.] des Klägers bis zum 19.11.2015 sei der [X.] die weitere [X.] des Klägers mit dem bei ihr am 24.11.2015 eingegangenen [X.] auch innerhalb einer Woche gemeldet worden. Für diese Wochenfrist nach § 49 Abs 1 Nr 5 Halbs 2 [X.]B V komme es nicht auf den [X.]punkt der Ausstellung des [X.]s an, sondern auf den Beginn der "weiteren" [X.]. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut von § 49 Abs 1 Nr 5 Halbs 2 [X.]B V (Urteil des [X.] vom 28.11.2017).

4

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren nicht mehr an ihrer Rechtsauffassung festgehalten, dass ein [X.] keine Feststellung von [X.] beinhalten könne.

5

Das L[X.] hat ausgeführt, der [X.]-Anspruch habe im streitgegenständlichen [X.]raum nicht nach § 49 Abs 1 Nr 5 [X.]B V geruht, weil die Meldung der (weiteren) [X.] innerhalb der Wochenfrist erfolgt sei. Da die vorhergehende [X.]-Bescheinigung den [X.]raum bis zum 19.11.2015 erfasst habe, sei durch den [X.] die weitere [X.] ab 20.11.2015 festgestellt worden. Die Auffassung der [X.], dass auf die Erstellung des [X.]s am 12.11.2015 abzustellen sei, lasse den Sinn und Zweck der Vorschrift, nicht im Nachhinein verspätet geltend gemachte [X.]-Ansprüche aufklären zu müssen, außer Acht (Urteil des L[X.] vom 8.3.2018).

6

Mit der Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.].

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Soweit sie nicht bereits unzulässig ist, ist sie jedenfalls unbegründet. Die von der [X.] geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) liegt nicht vor.

8

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erfordert eine klärungsbedürftige und für den zu entscheidenden Fall erhebliche, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage mit Breitenwirkung (stRspr vgl nur B[X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] mwN). Das ist vorliegend nicht der Fall.

9

Die Beklagte hält für klärungsbedürftig die Frage:

        

"Beginnt die Meldefrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 [X.]B V bei sich zeitlich überschneidenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit dem Tag der ärztlichen Feststellung der 'weiteren' Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?"

Der Frage fehlt es im Hinblick auf den Wortlaut von § 49 Abs 1 Nr 5 [X.]B V und die hierzu ergangene Rechtsprechung des B[X.] sowie nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift an Klärungsbedürftigkeit. Eine Rechtsfrage ist nämlich dann nicht klärungsbedürftig, wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus dem Gesetz und der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt (vgl [X.] in [X.] ua, [X.]G, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 8 ff mwN). Das ist vorliegend der Fall.

Wie die Beklagte selbst ausführt, stellt der Wortlaut des § 49 Abs 1 Nr 5 [X.]B V für die rechtzeitige Meldung lediglich auf den Beginn der [X.] ab. Nach ständiger Rechtsprechung des B[X.] muss die [X.] der Krankenkasse jedoch vor jeder erneuten Inanspruchnahme von [X.] auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat und wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der [X.] über die Weitergewährung von [X.] neu zu befinden ist (B[X.] Urteil vom [X.] - B 1 KR 11/99 R - B[X.]E 85, 271, 275 f = [X.] 3-2500 § 49 [X.]; B[X.] Urteil vom 10.5.2012 - B 1 KR 20/11 R - B[X.]E 111, 18 = [X.] 4-2500 § 46 [X.] Rd[X.]8). Tritt also der Fall ein, dass wegen der Befristung der bisher attestierten [X.] über die Weitergewährung von [X.] neu zu befinden ist, ruht der Anspruch auf die Weitergewährung von [X.] nach § 49 Abs 1 Nr 5 Halbs 2 [X.]B V nur dann, wenn die "weitere" [X.] nicht rechtzeitig gemeldet wird. Einem anderen Verständnis dieser Vorschrift steht schon entgegen, dass ein [X.]-Anspruch, der auf einer der Krankenkasse bereits vorliegenden ärztlichen Bescheinigung von [X.] basiert, durch die Erstellung einer weiteren [X.]-Bescheinigung für (teilweise) den gleichen [X.]raum grundsätzlich nicht berührt wird, insbesondere nicht nachträglich zum Ruhen kommt. Denn bei fortbestehender [X.] trifft den Versicherten eine erneute Meldeobliegenheit nach § 49 Abs 1 Nr 5 [X.]B V erst dann, wenn wegen der Befristung der bisher attestierten [X.] über die Weitergewährung von [X.] neu zu befinden ist. Dann beginnt aber auch die Wochenfrist des § 49 Abs 1 Nr 5 [X.]B V erst mit dem Ablauf der Befristung der bisher attestierten [X.] bzw mit dem Beginn der "weiteren" [X.]. Das Ausstellungsdatum der weiteren [X.]-Bescheinigung ist dabei ebenso irrelevant, wie bei einer Erstbescheinigung.

Dies lässt sich dem Wortlaut der [X.] nach § 49 Abs 1 Nr 5 [X.]B V vor dem Hintergrund der hierzu ergangenen Rechtsprechung mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen und entspricht darüber hinaus der vom Berufungsgericht nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift vorgenommenen und ebenfalls an der Rechtsprechung des B[X.] orientierten Auslegung der Vorschrift. Die von der ständigen Rechtsprechung des B[X.] vorgenommene, bereits über den Wortlaut hinausgehende Auslegung von § 49 Abs 1 Nr 5 [X.]B V und dessen Anwendung auf Folgebescheinigungen lässt für die von der [X.] favorisierte noch weitergehende Auslegung ersichtlich keinen Raum. Die von der [X.] vorgebrachten Argumente sind nicht tragfähig. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die in einer ärztlichen Bescheinigung prognostizierte voraussichtliche Dauer der [X.] als hinfällig anzusehen sein könnte, wenn sie sich zeitlich mit einer späteren erneuten ärztlichen [X.]-Feststellung überschneidet. Durch die erneute [X.]-Bescheinigung wird doch gerade die bereits zuvor prognostizierte [X.] für den Überschneidungszeitraum bestätigt. Die von der [X.] angeführte Entscheidung des B[X.], in der in einer Folgebescheinigung nicht die weitere [X.], sondern die Arbeitsfähigkeit festgestellt wurde (B[X.] Urteil vom 12.11.1985 - 3 RK 35/84 - [X.] 2200 § 216 [X.], kann zur Entscheidung der vorliegenden Rechtsfrage nicht beitragen. Die Beklagte setzt sich auch weder mit den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Sinn und Zweck der Vorschrift auseinander, noch lassen sich ihren Ausführungen sonstige nachvollziehbare Gründe für ihre Rechtsauffassung entnehmen.

Die in der Kommentarliteratur gebräuchliche Formulierung, der Fristbeginn setze erst mit der ärztlichen Feststellung der [X.] ein, ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Rechtsfolge des "Ruhens" des [X.]-Anspruchs erst eintreten kann, wenn alle Voraussetzungen des [X.]-Anspruchs kumulativ vorliegen, also auch die ärztliche Feststellung der [X.] (vgl zB [X.] in BeckOK [X.], 12. [X.], § 49 [X.]B V RdNr 26 f; sowie [X.] in BeckOK [X.], [X.]. [X.], § 49 [X.]B V RdNr 26; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, 6. Aufl 2018 § 49 RdNr 7: bei ausnahmsweise zulässiger nachträglicher ärztlicher Feststellung beginnt die Wochenfrist erst mit deren Vorliegen; hierzu auch B[X.] [X.] 4-2500 § 46 [X.] RdNr 28; B[X.] [X.] 2200 § 216 [X.]). Im Ergebnis bestätigt aber gerade dies auch, dass die Meldeobliegenheit erst eintritt, wenn daneben zusätzlich auch die Anspruchsvoraussetzung der "weiteren" [X.] vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 3 KR 48/18 B

04.06.2019

Bundessozialgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Duisburg, 28. November 2017, Az: S 50 KN 118/16 KR, Urteil

§ 49 Abs 1 Nr 5 Halbs 2 SGB 5

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.06.2019, Az. B 3 KR 48/18 B (REWIS RS 2019, 6671)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6671

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 3 KR 5/19 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Ruhen des Krankengeldanspruchs - - Versäumnis der Meldefrist - Vorliegen eines Ausnahmefalls - …


B 3 KR 23/17 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Ruhen des Krankengeldes - Mitteilungspflicht des Versicherten über die Arbeitsunfähigkeit


B 3 KR 6/18 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Ruhen des Krankengeldanspruchs - Meldung der Arbeitsunfähigkeit - Vertragsarzt - Überlassung von Freiumschlägen …


B 3 KR 18/18 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankengeld - Ruhen - Meldung der Arbeitsunfähigkeit - Vorliegen eines Ausnahmefalls


B 3 KR 1/19 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankengeldanspruch - Prüfung für jeden Bewilligungsabschnitt - ärztliche Feststellung - Meldung der Arbeitsunfähigkeit …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.