Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.08.2011, Az. 9 B 4/11

9. Senat | REWIS RS 2011, 3665

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Gegenstand

Besteuerung von Hunden; Gefährliche Hunderasse


Gründe

1

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

1. [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind nicht begründet. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

3

Die Beschwerde macht als Verfahrensmangel geltend, das Oberverwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO und das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 [X.]) sowie den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) verletzt, weil es die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge des Klägers zu Unrecht abgelehnt habe; darüber hinaus habe sich eine Beweiserhebung aufgedrängt.

4

Liegen bereits Gutachten oder Auskünfte zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es nach § 98 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des [X.]s, ob es zusätzliche Auskünfte oder Sachverständigengutachten einholt; das [X.] kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen (Beschluss vom 23. August 2006 - [X.] 4 A 1067.06 - juris Rn. 6 m.w.N.). Eine Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht nur dann, wenn sich die fehlende Eignung der vorliegenden Gutachten aufdrängt. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 4. Januar 2007 - [X.] 10 [X.] - [X.] 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 Rn. 12 und vom 5. Dezember 2008 - [X.] 9 [X.] - [X.] 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 4 m.w.N.).

5

Dass die Ablehnung der Beweisanträge gemessen an diesen Grundsätzen zu beanstanden sein könnte, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerde nicht. Die insgesamt 13 Beweisanträge waren im Ergebnis darauf gerichtet, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens "Feststellungen dahingehend zu treffen, dass ein [X.] nicht gefährlicher als ein Schäferhund oder [X.] ist bzw. ungefährlicher als ausländische (Kampf-) Hunderassen" (Beschwerdebegründung S. 8). Die Notwendigkeit zur Einholung eines solchen Gutachtens hat das Oberverwaltungsgericht mit dem Hinweis auf die ihm vorliegenden Erkenntnisse verneint. Dass diese Erkenntnisse, namentlich die amtliche Beißstatistik für [X.], methodische oder sonstige erhebliche Mängel aufweisen und deswegen nicht geeignet sind, die Feststellungen des [X.] zu stützen, legt die Beschwerde nicht dar. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, zu kritisieren, dass das Berufungsgericht unter Heranziehung dieser und weiterer Erkenntnisquellen sowie unter Berücksichtigung der Vorgaben des besonderen Haltungsregimes für [X.] nach dem Landeshundegesetz [X.] zu einer anderen Würdigung der Gefährlichkeit von Hunden der Rasse [X.] kommt als insbesondere das [X.] und als der Kläger selbst. Fehler in der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind aber - wenn sie denn vorlägen - revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen. Eine Ausnahme hiervon kommt bei einer aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (Beschluss vom 5. Dezember 2008 a.a.[X.] Rn. 6). Ein solcher Mangel wird von der Beschwerde nicht substantiiert dargetan.

6

2. Auch die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht begründet.

7

Der Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache liegt nur dann vor, wenn für die Entscheidung des [X.] eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - [X.] 8 B 78.61 - [X.]E 13, 90 <91 f.> und vom 20. Februar 2002 - [X.] 9 [X.] - [X.] 442.40 § 6 LuftVG Nr. 32 S. 2). Daran fehlt es hier.

8

Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam,

ob es von der Besteuerungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a [X.] noch gedeckt sowie mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 [X.] vereinbar ist, wenn der gemeindliche Satzungsgeber in seine Liste höher zu besteuernder gefährlicher Hunderassen bislang steuerlich privilegierte [X.] Schutz- und Gebrauchshunderassen (Schäferhund, [X.], [X.]) einstellt,

und falls ja,

ob dies dergestalt erfolgen darf, dass nur eine dieser Rassen ([X.]) einer erhöhten Besteuerung unterworfen wird, obschon die anderen Rassen (Schäferhund, [X.]) von der Rechtsprechung des [X.] (NVwZ 2004, 597 <602>) für genauso gefährlich bzw. genauso ungefährlich gehalten werden.

9

Der Umfang der Besteuerungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a [X.] ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil er in der Rechtsprechung geklärt ist. Aufwandsteuern im Sinne dieser Vorschrift sollen die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abschöpfen. Ob eine Abgabe danach örtliche [X.] und Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a [X.] ist und die Länder dafür die Gesetzgebungskompetenz haben, bestimmt sich nicht nach ihrer Bezeichnung, sondern nach ihrem Steuertatbestand, ihrem Steuermaßstab und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen. Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - [X.]E 123, 1 <16 ff.>; sich dem anschließend [X.], Urteil vom 10. Dezember 2009 - [X.] 9 C 12.08 - [X.]E 135, 367 Rn. 17 = [X.] 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 47). Dass die Hundesteuer zu den herkömmlichen Aufwandsteuern gehört, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen Aufwand erfordert, stellt auch die Beschwerde nicht in Abrede.

Dem Beschwerdevorbringen ist auch nicht zu entnehmen, welche mit dem Verständnis von Art. 3 Abs. 1 [X.] im Zusammenhang stehende Frage für klärungsbedürftig gehalten wird. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] vermag die Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab aufgeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2007 - [X.] 6 B 81.06 - [X.] 402.41 [X.] Rn. 6). Danach reicht es für die Zulassung der Revision nicht aus, dass in der Rechtssache die Vereinbarkeit einer gemeindlichen Satzung mit Art. 3 Abs. 1 [X.] zu prüfen war.

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des [X.] geklärt, dass die erhöhte Besteuerung von Hunden bestimmter Rassen, denen wegen bestimmter Merkmale ein abstraktes Gefahrenpotenzial zugesprochen werden muss, mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist (Urteil vom 19. Januar 2000 - [X.] 11 C 8.99 - [X.]E 110, 265 <273 ff.>). Auch das [X.] hat in dem von der Beschwerde zitierten Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 - ([X.]E 110, 141 <169> = NVwZ 2004, 597 <602>) nicht entschieden, dass für die hier in Rede stehenden Hunderassen [X.] Schäferhund, [X.] und [X.] die abstrakte Gefährlichkeit gleich zu beurteilen ist.

Der Verweis der Beschwerde auf das Urteil des Niedersächsischen [X.] vom 30. Mai 2001 - 11 K 4333/00 - (NVwZ-RR 2001, 749), das hinsichtlich der Gefährlichkeit dieser Hunderassen zu einer anderen Tatsachenwürdigung gekommen ist als das Berufungsgericht im vorliegenden Fall, rechtfertigt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ebenfalls nicht. Auf Unterschiede in der Tatsachenfeststellung und Sachverhaltswürdigung durch die Instanzgerichte kann eine Grundsatzrüge nicht gestützt werden.

Meta

9 B 4/11

30.08.2011

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 19. Oktober 2010, Az: 14 A 1027/10, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 105 Abs 2a GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.08.2011, Az. 9 B 4/11 (REWIS RS 2011, 3665)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3665

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1 BvL 8/05

1 BvR 1778/01

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