Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.03.2014, Az. II B 68/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 6704

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Gegenstand

Kein Akteneinsichtsrecht in Akten, um deren Kenntnisgabe gestritten wird


Leitsatz

NV: Bei einer Klage auf Akteneinsicht umfasst das durch § 78 FGO gewährleistete Akteneinsichtsrecht nur die Akten, die für die Frage eines etwaigen Anspruchs auf Akteneinsicht von Bedeutung sind. Dazu gehören nicht die Akten, um deren Kenntnisgabe gerade gestritten wird .

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet.

2

1. Die Beschwerde der Klägerin ist gemäß § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zulässig, insbesondere statthaft. Gegen die Verweigerung des durch § 78 [X.]O gewährten [X.] durch das Finanzgericht ([X.]) ist die Beschwerde nach § 128 Abs. 1 [X.]O gegeben (z.B. Beschlüsse des [X.] --BFH-- vom 24. März 1981 VII B 64/80, [X.], 8, [X.] 1981, 475; vom 17. März 2008 IV B 100, 101/07, [X.], 1177).

3

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht hinsichtlich der von der Akteneinsicht ausgenommenen Akten bzw. [X.] kein Akteneinsichtsrecht i.S. des § 78 [X.]O zu.

4

a) Das Akteneinsichtsrecht nach § 78 [X.]O betrifft nur die Akten, die Gegenstand des Verfahrens sind (vgl. auch § 71 Abs. 2 [X.]O). Gegenstand des von der Klägerin geführten Klageverfahrens ist das Begehren, ihr Einsicht in eine dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) vorliegende Anzeige eines [X.] zu gewähren. Bei einer solchen Klage auf Akteneinsicht umfasst das durch § 78 [X.]O gewährleistete Akteneinsichtsrecht jedoch nur die Akten, die für die Frage eines etwaigen Anspruchs auf Akteneinsicht von Bedeutung sind (so für das verwaltungsgerichtliche Verfahren auf der Grundlage des mit § 78 [X.]O im Wesentlichen inhaltsgleichen § 100 der Verwaltungsgerichtsordnung: [X.]/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 19. Aufl. 2013, § 100 Rz 3). Dazu gehören jedoch nicht die Akten, um deren Kenntnisgabe --wie im [X.] gerade gestritten wird ([X.], Urteil vom 23. Juni 1982  1 [X.] 222/79, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 2954; [X.]/[X.], Kommentar zur VwGO 2. Aufl. 2014, § 100 Rz 9; [X.]/Schenke, a.a.[X.]).

5

b) Im Streitfall hatte das [X.] lediglich diejenigen Akten dem [X.] vorzulegen, die das Akteneinsichtsgesuch der Klägerin bzw. dessen Ablehnung betreffen. Nur auf der Grundlage dieser [X.] hat das [X.] darüber zu entscheiden, ob das [X.] seine Ablehnungsentscheidung in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens getroffen hat (dazu z.B. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 30 AO Rz 15, m.w.N.).

6

c) Vorliegend hat das [X.] dem [X.] auch den Aktenteil übermittelt, der die von dem [X.] erstattete Anzeige enthält. Vorgänge, die am Verfahren unbeteiligte Dritte betreffen, sind jedoch --soweit möglich-- zu entfernen oder durch andere geeignete Maßnahmen von der Einsichtnahme auszuschließen (Beschluss des [X.] vom 13. April 2010  1 BvR 3515/08, [X.], 862; vgl. auch [X.] vom 25. Juli 1994 X B 333/93, [X.], 491, [X.] 1994, 802; [X.] in [X.]/Gosch, [X.]O § 78 Rz 28; [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 78 [X.]O Rz 19, jeweils m.w.N.). Demgemäß hat der Senat den Aktenteil, in dem sich die von dem [X.] erstattete Anzeige befindet, unmittelbar an das [X.] zurückgesandt.

7

3. Das Ablehnungsgesuch der Klägerin steht der hier streitigen Entscheidung des [X.] über das Akteneinsichtsrecht nach § 78 [X.]O nicht entgegen. Zwar darf ein wegen Befangenheit [X.] vor Erledigung des [X.] nur solche Handlungen vornehmen, die keinen Aufschub gestatten (§ 51 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 47 Abs. 1 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung hat aber [X.] über das Ablehnungsgesuch in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2013 entschieden. Ob [X.] selbst entgegen der Regelung in § 51 Abs. 1 [X.]O i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO als [X.] an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ausnahmsweise wegen Missbräuchlichkeit oder offenbarer Unzulässigkeit des Gesuchs mitwirken durfte (hierzu die ständige Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des [X.]Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 51 Rz 71) und ob er das Ablehnungsgesuch zu Recht zurückgewiesen hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Meta

II B 68/13

27.03.2014

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 17. Mai 2013, Az: 4 K 4803/09, Beschluss

§ 78 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.03.2014, Az. II B 68/13 (REWIS RS 2014, 6704)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6704

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