Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2000, Az. XII ZR 334/97

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2464

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:19. April 2000Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinZPO §§ 296 a, 297, 301 Abs. 1Zur Behandlung einer nach Schluß der mündlichen Verhandlung zugestellten [X.].[X.], Urteil vom 19. April 2000 - [X.] - [X.] in [X.] 2 -Der [X.]I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 19. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. [X.] und [X.], [X.], [X.] und Prof. Dr. Wagenitzfür Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der [X.] werden das Urteil des 8. Zivil-senats des [X.] in [X.] vom 18. No-vember 1997 und das Teilurteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 26. November 1996 im Kostenpunkt und insoweitaufgehoben, als darin zum Nachteil der [X.] erkannt wordenist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel,an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin verlangt von der [X.] die Zahlung von [X.].Mit Vertrag vom 28. Februar/24. März 1992 vermietete die Klägerin [X.] Geschäftsräume in einem der Klägerin gehörenden [X.] DasMietverhältnis begann am 1. März 1992 und war auf zehn Jahre [X.] -Mit Schreiben vom 28. August 1994 kündigte die Beklagte das Mietver-hältnis zum 31. März 1995. Zur Begründung macht die Beklagte geltend, [X.] habe ihr vor Abschluß des Mietvertrags anläßlich einer gemeinsamenBegehung des Hauses zugesagt, das Haus werde noch im Jahre 1992, [X.] jedoch Anfang 1993 saniert, umgebaut und unter anderem mit einerBankfiliale sowie mit einer Augenarztpraxis belegt. Diese Zusagen seien nichteingehalten worden.Im Hinblick auf - im Januar 1995 beginnende - Renovierungsmaßnah-men der Klägerin vereinbarten die Parteien am 1. November 1994, daß der[X.] für die Dauer der Einrüstung des Hauses um monatlich 2.000 DM ge-mindert werde. In einer Abrede vom 6. April 1995 kamen die Parteien überein,daß für die Monate April und Mai 1995 keine "Grundmiete" zu zahlen sei [X.] in den Geschäftsräumen der [X.] "erst [X.]/Anfang Mai" begonnen werde. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, siehabe Mitte März 1995 absehen können, daß sich die Renovierung der von [X.] angemieteten Geschäftsräume und damit auch ihr Auszug aus den von derKlägerin gemieteten Räumen bis in den Mai 1995 verzögern werde; dies [X.] auch mitgeteilt.Die Beklagte zahlte [X.] für die [X.] bis einschließlich März 1995und räumte die Geschäftsräume im April 1995. Im Oktober 1995 kündigte [X.] das - nach ihrer Auffassung fortbestehende - Mietverhältnis mit [X.] fristlos. Außerdem nahm sie eine für die Verbindlichkeiten der [X.] aus dem Mietvertrag gestellte Bankbürgschaft über einen Betrag von15.000 DM in Anspruch, der bei ihr im November 1995 einging.Die Klägerin hat [X.] für die [X.] von Juli 1995 bis einschließlichOktober 1996 nebst Zinsen begehrt. Die Beklagte hat nach der [X.] am 15. Oktober 1996 mit einem der Klägerin am 18. [X.] zugestellten Schriftsatz vom 5. November 1996 Widerklage auf [X.] 15.000 DM nebst Zinsen wegen unberechtigter Inanspruchnahme [X.] erhoben. Das [X.] hat einen Wiedereintritt in die mündlicheVerhandlung abgelehnt. Es hat der Klage durch Teilurteil vom 26. [X.] - und zwar hinsichtlich der Hauptforderung in vollem Umfang - stattgege-ben. Hinsichtlich der Widerklage hat es mit Beschluß vom 27. Januar 1997 [X.] des Verfahrens "bis zur Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz" ange-ordnet. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] den derKlägerin zugesprochenen Betrag um den [X.] für die Monate Juli bis [X.] 1995 herabgesetzt. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Abweisungder Klage auch im übrigen.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung desangefochtenen Urteils sowie des vom [X.] erlassenen [X.] undzur Zurückverweisung der Sache an das [X.].I.Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat das [X.] zu [X.] ein Teilurteil über die Klagforderung erlassen, da nur die Klage zurEntscheidung reif gewesen sei. Die Widerklage sei zwar unzulässig, da sie erst- 5 -nach Schluß der mündlichen Verhandlung erhoben worden sei. Dennoch seidie Widerklage noch nicht entscheidungsreif, da über sie zunächst mündlichverhandelt werden müsse.Gegen diese Auffassung wendet sich die Revision im Ergebnis zuRecht:Die Widerklage ist aus den zutreffenden Gründen des Berufungsurteilsunzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, daß das Gericht zunächst über die [X.] mündlich verhandeln müsse und diese sodann als unzulässig abwei-sen könne. Die Unzulässigkeit der Widerklage ergibt sich nämlich gerade ausdem Umstand, daß die Widerklage erst nach dem Schluß der mündlichen [X.] eingegangen ist, das Gericht eine Wiedereröffnung der mündlichenVerhandlung abgelehnt hat und deshalb über die Widerklage nicht mehr münd-lich verhandelt werden konnte. Würde über die unzulässige Widerklage münd-lich verhandelt, würde die bis dahin unzulässige Widerklage nachträglich zu-lässig.Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat es deshalb gebilligt, eineerst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung erhobene Widerklage ohnemündliche Verhandlung als unzulässig abzuweisen (Beschluß vom 12. [X.] - [X.] ZR 251/91 - NJW-RR 1992, 1085). Folgt man dem, war der [X.] nicht nur hinsichtlich der Klage, sondern auch in [X.] Widerklage entscheidungsreif: Das [X.] hätte dann - zugleich mitder Entscheidung über die Klage - die unzulässige Widerklage abweisen müs-sen; für den Erlaß eines nur auf die Klage beschränkten [X.] nach § [X.]. 1 ZPO wäre kein Raum [X.] 6 -Die Frage, ob die Widerklage ohne mündliche Verhandlung beschiedenwerden kann, bedarf hier indessen keiner Entscheidung; denn das [X.] bereits aus anderem Grunde nicht ergehen dürfen. Ein Teilurteil ist [X.] zulässig, wenn die Entscheidung unabhängig davon ist, wie [X.] über den noch anhängigen Teil des Rechtsstreits entscheidet, [X.] widersprüchlicher Entscheidungen im Teilurteil und im [X.] ist (st.Rspr. des [X.], vgl. etwa [X.] 29. Oktober 1986 - [X.] - [X.]R ZPO § 301 Abs. 1 Unterhaltsab-änderung 1). Das ist hier nicht der Fall: Der mit der Widerklage geltend ge-machte Anspruch wegen unberechtigter Inanspruchnahme der Mietbürgschaftsetzt voraus, daß die Beklagte der Klägerin im [X.]punkt dieser Inanspruch-nahme nicht länger [X.] schuldete, weil die von der [X.] zum31. März 1995 erklärte Kündigung wirksam war. Andererseits hängt von derUnwirksamkeit dieser Kündigung die Begründetheit der Klage ab; denn bei Be-endigung des Mietverhältnisses zum 31. März 1995 konnte ein - erst für die[X.] ab Juli 1995 geltend gemachter - [X.]- und Schadensersatzanspruchder Klägerin gegen die Beklagte nicht mehr bestehen. Damit ist die [X.] der Kündigung für die Klage und die Widerklage erheblich. Diese [X.] birgt bei Erlaß eines auf die Klage beschränkten [X.] [X.], daß das Teilurteil der Klage stattgibt, weil die Kündigung der [X.] nicht wirksam beendet habe, im Schlußurteil aber auch [X.] entsprochen wird, wenn das Gericht diese Kündigung nunmehr [X.] erachtet. Die Unzulässigkeit der Widerklage hindert die Gefahr einessolchen Widerspruchs nicht; denn das Gericht könnte bei der Entscheidungüber die Widerklage deren Zulässigkeit anders beurteilen oder durch Widerer-öffnung der mündlichen Verhandlung deren Zulässigkeit bewirken. Die [X.] 7 -lässigkeit eines [X.] beugt dem vor. Damit hätte das Teilurteil nicht [X.] werden dürfen.Wegen dieses [X.] muß das Berufungsurteil, soweit daslandgerichtliche Teilurteil bestätigt worden ist, aufgehoben werden. [X.] der Senat zugleich das verfahrensfehlerhaft ergangene Teilurteil des Land-gerichts aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und [X.] das [X.] zurückverwiesen.II.Bei seiner erneuten Entscheidung wird das [X.] folgendes zu be-rücksichtigen [X.] Die Klägerin kann von der [X.] für die [X.] von November 1995bis einschließlich Oktober 1996 nur dann [X.] verlangen, wenn die [X.] das Mietverhältnis nicht zum 31. März 1995 wirksam gekündigt hat. [X.] Kündigung kann sich aus § 542 BGB oder aus § 564 Abs. 2, § 566Satz 2 BGB rechtfertigen, wenn die Klägerin der [X.], wie von dieser un-ter Beweisantritt vorgetragen, anläßlich einer gemeinsamen Begehung [X.] und vor Vertragsschluß zugesagt hat, das Haus bis Ende 1992, [X.] Anfang 1993 zu renovieren und die frei werdenden Räume unter ande-rem mit einer Bankfiliale und einer Augenarztpraxis zu belegen. In der be-haupteten Zusage liegt eine vertragliche Bestimmung der [X.] von der [X.] gemieteten Räume, die fehlerhaft werden, wenn - wiehier geltend gemacht - die angebliche Zusage nicht rechtzeitig [X.]. Diese Fehlerhaftigkeit der Mietsache konnte die Beklagte - bei [X.] Voraussetzungen des § 542 BGB - berechtigen, das Mietverhältnis außer-- 8 -ordentlich zu kündigen. Außerdem konnte die behauptete mündliche Zusagebewirken, daß der von den Parteien geschlossene Mietvertrag in einem we-sentlichen Punkt nicht der von § 566 Satz 1 BGB vorgeschriebenen Schriftformentspricht, deshalb auf unbefristete [X.] geschlossen war und folglich von [X.] ordentlich gekündigt werden konnte.Der Vortrag der [X.] hierzu ist - entgegen der Auffassung von[X.] und [X.] - hinreichend substantiiert. Er wird [X.] widerlegt, daß die behauptete Zusage weder Eingang in den Mietver-trag gefunden hat noch sonst schriftlich fixiert worden ist: Die Vermutung derVollständigkeit des schriftlichen Mietvertrags, auf die das [X.]maßgebend abhebt, ist widerlegbar. Zudem hat die Beklagte auf ihre wieder-holten Bemühungen verwiesen, von der Klägerin eine schriftliche Bestätigungder von ihr - der [X.] - behaupteten Zusagen zu erhalten. Die Zusatzver-einbarungen vom 1. November 1994 und 6. April 1995 erlauben, wie auch [X.] der Revision zeigen, keine zwingenden Schlüsse auf eine Un-richtigkeit des [X.]; sie lassen sich vielmehr auch dann plausibelbegründen, wenn man mit dem Vortrag der [X.] von deren berechtigt er-klärtem und fortbestehendem Willen, das Mietverhältnis mit der Klägerin zum31. März 1995 zu beenden, ausgeht.2. Nimmt man mit der Klägerin an, daß die Beklagte das Mietverhältnis- mangels eines Kündigungsgrundes - nicht bereits wirksam zum 31. März1995 gekündigt hat, so könnte das Mietverhältnis durch die von der Klägerin [X.] 1995 erklärte fristlose Kündigung nur aufgelöst worden sein, wenn [X.] zu diesem [X.]punkt mit der Zahlung von mehr als einer Monatsmieteim Rückstand war (§ 2 Nr. 4 Mietvertrag). Das erscheint im Hinblick auf [X.] des Berufungsgerichts zweifelhaft. Danach hat die Beklagte den- 9 -[X.] bis einschließlich März 1995 bezahlt. Für die Monate April und Mai1995 war nach der Abrede vom 6. April 1995 keine "Grundmiete" zu zahlen.Für die Monate Juli bis Oktober 1995 hat das Berufungsgericht einen Miet-zinsanspruch der Klägerin für nicht begründet erachtet.Das Berufungsgericht geht mit Recht davon aus, daß der [X.] auf den vertraglich vereinbarten [X.] nur zusteht, wenn und [X.] sie die der [X.] vermieteten Räume in einem vertragsgemäßenZustand erhält (§§ 536, 537 BGB). Für einen Schadensersatzanspruch, wel-cher der Klägerin gegen die Beklagte zustehen könnte, wenn ihre im [X.] erklärte Kündigung wirksam ist, kann nichts anderes gelten; denn nursolange die Klägerin zur Überlassung der Räume in [X.] und in der Lage ist, begründet deren Leerstand einen von der [X.]zu ersetzenden (Mietausfall-) Schaden. Auch diese Voraussetzungen bedürfenim Hinblick auf die Feststellungen des Berufungsgerichts der Überprüfung. [X.] hat die der [X.] vermieteten Räume als im [X.] Oktober 1995 nicht nutzbar angesehen und den Vortrag der Klägerin, [X.] habe bei ihrem Auszug diesen Zustand durch die Wegnahme von ihrselbst eingebauter Heizungen und Decken selbst herbeigeführt, für nicht hin-reichend substantiiert erachtet. Die Beklagte hat vorgetragen, daß der auchvom [X.] beanstandete Zustand der Mieträume nach der von derKlägerin erklärten fristlosen Kündigung von der Klägerin nicht behoben wordenist und jedenfalls bis zum Oktober 1996 fortbestand. Bei der erneuten [X.] und Entscheidung wird erforderlichenfalls auch dieser Vortrag zuwürdigen sein.[X.] Hahne [X.] [X.] Wagenitz- 10 -

Meta

XII ZR 334/97

19.04.2000

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2000, Az. XII ZR 334/97 (REWIS RS 2000, 2464)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2464

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