Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2014, Az. AnwZ (Brfg) 32/13 

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2014, 2078

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 32/13
vom

20. Oktober 2014

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

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Der [X.]undesgerichtshof, [X.],
hat durch [X.] [X.],
die Richterinnen Roggenbuck und [X.] und die Rechtsanwälte
Dr. [X.] und Prof. Dr. Quaas

am
20. Oktober 2014
beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des II.
Senats des [X.]s [X.] vom 9. April 2013 wird auf Kosten des [X.] abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist im [X.]ezirk der [X.]eklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelas-sen. Am 4. Oktober 2011 erging Haftbefehl zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gegen ihn, der in das Schuldnerverzeichnis bei dem zuständigen Amtsgericht eingetragen wurde. Am 11. April 2012 widerrief die [X.]eklagte
des-halb
die Zulassung des [X.] wegen [X.]. Nach Androhung am 22. August 2012 widerrief die [X.]eklagte die Zulassung des [X.]
mit [X.]e-scheid vom 27. November 2012
außerdem wegen Verstoßes gegen die Pflicht, eine Kanzlei zu unterhalten, weil sich an der vom Kläger angegebenen Anschrift weder ein Namens-
noch
ein Kanzleischild befunden habe, eine dort wohnhafte 1
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Frau erklärt habe, der Kläger halte sich hier nur gastweise auf, und Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen nicht hätten durchgeführt werden können.

Der Kläger hat seine zunächst nur gegen den [X.]escheid vom 11. April 2012 gerichtete Klage nachträglich um einen Feststellungs-
und einen [X.] erweitert. Gegen den [X.]escheid vom 27. November 2012 hat er selbständig Klage erhoben. Der [X.] hat diese Klage mit dem bereits anhängigen Verfahren verbunden und die [X.] als unbe-gründet, den Feststellungs-
und den [X.] als unzulässig abge-wiesen. Nunmehr begehrt der Kläger die Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des [X.]s.

II.

Der Antrag auf Zulassung der [X.]erufung ist nach § 112e Satz 2 [X.], §
124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. [X.]escheid vom 11. April 2012 (Widerruf wegen [X.])

a) Ein Vermögensverfall wird gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbs. 2 [X.] vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht nach §
882b ZPO zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Diese Voraussetzung hat der [X.] als gegeben angesehen. Ernsthafte Zweifel an der Rich-tigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen insoweit nicht. Der Klä-ger meint, die Eintragung dürfe nicht
berücksichtigt werden, weil die
ihr [X.] liegenden
Titel von der [X.]eklagten im Wege des [X.] erwirkt 2
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worden seien
und die [X.]eklagte gegen [X.] und Glauben verstoße, wenn sie sich gleichwohl auf sie
beziehe. Dies trifft nicht zu. Der Eintragung im Schuld-nerverzeichnis kommt im Widerrufsverfahren [X.] zu. Ihre Rechtmäßigkeit wird nicht überprüft. Der Kläger hätte von den
in der
Zivilpro-zessordnung
vorgesehenen
Rechtsbehelfen gegen die Eintragung oder gegen die
ihr zugrunde liegenden Titel Gebrauch machen müssen. Auf die nunmehr erklärten Aufrechnungen gegen die titulierten
Forderungen
kommt es aus [X.] Grund nicht an.
Ungeklärte und klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich nicht. Die Rechtssache weist damit keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und hat keine grundsätzliche [X.]edeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Tatsachen, welche [X.] wären, die gesetzliche Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zu wider-legen, trägt der Kläger auch in der [X.]egründung seines Zulassungsantrags nicht vor.

b) Verfahrensfehler, auf denen
das Urteil des [X.]s beru-hen könnte
(§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), sind nicht ersichtlich. Der Kläger bean-standet die [X.]esetzung des [X.]s. Diese ergibt sich jedoch aus dem Gesetz (§ 104 [X.]). Dass das Verfahren der §§ 103, 94 [X.] nicht eingehalten worden sei, legt der Kläger nicht dar. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2013 ist am Schluss der mündlichen Verhandlung die Urteilsformel des angefochtenen Urteils verkündet worden. Eine Schriftsatzfrist ist dem Kläger nicht eingeräumt worden. Der Vorsitzende des II. Senats des [X.]s hat den Antrag des [X.] auf Proto-kollberichtigung mit [X.]eschluss vom 25. Juni 2013 abgelehnt. Das Protokoll be-weist die [X.]eachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der 6
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Fälschung zulässig (§
112c Abs. 1 Satz 1 [X.], §
105 VwGO, §
165 ZPO); diesen hat der Kläger nicht geführt.

2. Feststellungs-
und [X.]

Die nach Rechtshängigkeit der Klage nachgereichten Anträge waren nach den Vorschriften über die Klageänderung (§ 112c Abs. 1 [X.], §
91 VwGO) zu behandeln. Die [X.]eklagte hat sich nicht auf sie eingelassen; der [X.] hat die Änderung nicht für sachdienlich erachtet, weil der ihnen zugrunde liegende Sachverhalt in keinem Zusammenhang mit dem Streitstoff der Klage stehe. Dies trifft zu. Die gegenteilige Ansicht des [X.]
beruht auf der unrichtigen Annahme, die
der Eintragung im Schuldnerverzeichnis [X.] liegenden Titel müssten auf
ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.
[X.] sind insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere ist der [X.] nicht von einer Entscheidung eines gleichrangigen oder übergeordne-ten Gerichts abgewichen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

3.
[X.]escheid vom 27. November 2012 (Widerruf wegen Verstoßes gegen
die Kanzleipflicht)

Auch hinsichtlich des zweiten Widerrufsbescheids liegen keine [X.] vor.

a) Insbesondere bestehen
auch insoweit
keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Nach § 27 [X.] muss der Rechtsanwalt im [X.]ezirk der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied er ist, eine Kanzlei einrichten und unterhalten. Richtet er keine Kanzlei ein oder gibt er sei-ne Kanzlei auf, ohne von der Pflicht des § 27 [X.] befreit worden zu sein, 7
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kann die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen werden (§ 14 Abs.
3 Nr.
1, 4 [X.]). Die Kanzlei dient dazu, die Erreichbarkeit des Anwalts für das rechtsuchende Publikum, [X.]erufskollegen, Gerichte und [X.]ehörden
sicherzustel-len. Von einer Kanzlei im Rechtssinne kann daher nur bei Vorhandensein orga-nisatorischer Maßnahmen gesprochen werden, die der Öffentlichkeit den Willen des Anwalts offenbaren, anwaltliche Dienstleistungen bereitzustellen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 6. Juli 2009 -
AnwZ ([X.]) 26/09, NJW-RR 2009, 1577 Rn. 5). [X.] gehören ein Kanzlei-
oder Namensschild sowie ein mit dem Namen des An-walts versehener [X.]riefkasten (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 4. April 2005 -
AnwZ ([X.]) 65/03, juris).

Der Kläger verweist darauf, dass er seit Jahren an der von ihm angege-benen Anschrift D.

straße

,

[X.].

gemeinsam mit einer Frau
[X.]l.

wohne und dort seine Kanzlei betreibe. Richtig ist, dass das ange-fochtene Urteil dem Kläger unter dieser Anschrift zugestellt worden ist.
Damit wird die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, das den Verstoß gegen die Kanzleipflicht mit der fehlenden
Erreichbarkeit des [X.], der
fehlenden [X.] und den
fehlgeschlagenen Zwangsvollstreckungen begründet
hat, jedoch nicht in Frage gestellt. Dass Frau [X.]l.

gegenüber dem mit der Durchführung einer Hausermittlung zwecks Überprüfung des Wohnsitzes des [X.] beauftragten Polizeibeamten erklärt hat, der Kläger halte sich nur gast-weise in der Wohnung
auf, hat der Kläger im Verfahren vor dem [X.] nicht bestritten, sondern als "kokette Umschreibung"
seiner Stellung als "Dauergast"
bezeichnet.
In seiner [X.]egründung des Zulassungsantrags trägt er vor, es habe sich um "die übliche Auskunft gegenüber unangemeldeten [X.]"
gehandelt,
was ebenfalls nicht als [X.]estreiten
des fraglichen Vorgangs
anzusehen ist. Die Hausermittlung wurde erforderlich, nachdem der zuständige Gerichtsvollzieher mitgeteilt hatte, am Klingelschild sowie an den Wohnungen 12
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sei der Name des [X.] nicht zu ermitteln, und die Mieterin Frau [X.]l.

habe ebenso wie der im Vorderhaus wohnhafte Hauswart die Auskunft verwei-gert.

b) Dem [X.] ist kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem das angefochtene
Urteil beruhen könnte (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). [X.] wurde der Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Der [X.] hat dem Kläger die Ablichtungen der Protokolle des Gerichtsvollziehers und des Polizeibeamten in Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung zukommen lassen.
Der Kläger hatte [X.] zur Stellungnahme und hat Stellung genommen.
Entgegen der [X.] des [X.] können neue Tatsachen
und [X.]eweise
in das gerichtliche Ver-fahren
eingeführt werden. Die von ihm zitierte Entscheidung [X.], [X.]eschluss vom 29. Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 betrifft den für die [X.]e-urteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs maßgeblichen Zeitpunkt, nicht die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von nachgeschobenem
Tatsachen-vortrag, der sich auf diesen Zeitpunkt bezieht.

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 [X.].

Kayser
Roggenbuck
[X.]

[X.]
Quaas

Vorinstanz:
AGH [X.], Entscheidung vom 09.04.2013 -
II AGH 6/12 -

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Meta

AnwZ (Brfg) 32/13 

20.10.2014

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2014, Az. AnwZ (Brfg) 32/13  (REWIS RS 2014, 2078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2078

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