Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.03.2021, Az. 28 W (pat) 27/19

28. Senat | REWIS RS 2021, 8282

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „Modena Neustadt/modena-neustadt.de/Modena Performance“ – zur Zulässigkeit der Widersprüche - teilweise Waren- und Dienstleistungsidentität, teilweise Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit – keine unmittelbare und mittelbare Verwechslungsgefahr, keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markeneintragung 30 2016 102 582

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 1. März 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Hermann

beschlossen:

Die Beschwerden der Widersprechenden zu 1) und 2) werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 19. März 2016 angemeldete Wortmarke 30 2016 102 582

2

[X.] [X.]

3

ist am 22. April 2016 für nachfolgende Waren und Dienstleistungen in das beim [X.] geführte Markenregister eingetragen worden:

4

Klasse 12:

5

Teile und Zubehör für Fahrzeuge; Kraftfahrzeuge;

6

Klasse 35:

7

Dienstleistungen des Einzel- und [X.]roßhandels auch über das [X.] in den Bereichen: Fahrzeuge, Fahrzeugteile, Fahrzeugzubehör;

8

Klasse 37:

9

[X.].

[X.]egen die Eintragung der angegriffenen Marke, die am 27. Mai 2016 veröffentlicht worden ist, sind folgende Widersprüche eingelegt worden:

1. Widerspruch der Beschwerdeführerin zu 1) aus dem Domainnamen

[X.]

Als [X.]eschäftsbereich des Unternehmens der Beschwerdeführerin zu 1) sind Autohaus, Zubehörhandel, Reparaturen und Autohandel genannt. Der Widerspruch wurde im Namen der [X.] erhoben.

2. Widerspruch des Beschwerdeführers zu 2) aus der Wortmarke 306 64 339

[X.] [X.]erformance

Sie ist am 19. Oktober 2006 angemeldet und am 8. Februar 2007 für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen eingetragen worden:

Klasse 7:

Auspufftöpfe, Auspuffkrümmer und Schalldämpfer für Motoren (Auspuff);

Klasse 12:

Sämtliche Teile und Zubehör, wie Felgen, Reifen, Bremsen, Achsen, Fahrwerke, Lenkräder, Verbreiterungen, Karosserieteile, Sitze, Motoren, [X.]etriebe, Instrumente, Kupplungen, Konsolen, Leisten, Blenden, soweit in Klasse 12 enthalten;

Klasse 37:

Einbau von Teilen und Zubehör für Fahrzeuge; sämtliche Wartungs-, Service-, Reparatur- und [X.] an Fahrzeugen; Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen; Überholung von Motoren; Fahrzeugservice, Fahrzeugreinigung und [X.]olieren von Fahrzeugen, Fahrzeuginstandhaltung, Auswuchten von Reifen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die Einrede der Nichtbenutzung dieser Widerspruchsmarke vor dem [X.] erhoben.

Das [X.], Markenstelle für Klasse 37, hat die Widersprüche mit Beschluss vom 19. Februar 2019 zurückgewiesen.

Der Widerspruch aus der geschäftlichen Bezeichnung "[X.]" sei wegen nicht ausreichender Unterzeichnung unzulässig. Sowohl das Anschreiben vom 5. August 2016 als auch das [X.] vom 5. August 2019 seien lediglich mit einer [X.]araphe unterzeichnet worden.

Was unter einer "Unterschrift" zu verstehen sei, ergebe sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus dem Sprachgebrauch und dem Zweck der Formvorschrift. Erforderlich, aber auch ausreichend, sei das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzuges, der einmalig sei, entsprechende charakteristische Merkmale aufweise und sich als Unterschrift eines Namens darstelle, und die Nachahmung durch einen beliebigen Dritten mindestens erschwere. Handzeichen, die allenfalls einen Buchstaben erkennen ließen, sowie Unterzeichnungen mit einer Buchstabenfolge, die sich als bewusste und gewollte Namensabkürzung ([X.]araphe) darstellten, würden demgegenüber nicht als formgültige Unterschrift anerkannt ([X.], NJW 1985, 1227).

Der Vertreter der Widersprechenden habe einmal das Anschreiben und [X.] das [X.] unterzeichnet. Die Unterschrift auf dem Anschreiben sehe folgendermaßen aus:

Abbildung

Die Unterschrift unter dem [X.] sehe folgendermaßen aus:

Abbildung

Bei wohlwollender Würdigung könne man in der oberen "Unterschrift" ein "[X.]" erkennen, bei der unteren Unterschrift nicht einmal das. Die Unterschrift lasse somit nach der oben zitierten [X.]-Entscheidung "allenfalls einen Buchstaben erkennen" und sei somit nicht formgültig.

Hinzuweisen sei des Weiteren darauf, dass der Widerspruch aus der Domain "[X.]" auch materiell unbegründet wäre. "Domainnamen" wiesen nach zutreffender Auffassung ([X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 5, Rdnr. 66) keine Namensfunktion auf, sondern stellten nur eine zusätzliche Unternehmenskennung dar, so dass sie insoweit den [X.] gleichzustellen seien. Der Schutz hänge nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] somit von ihrer Verkehrsgeltung ab, wofür nichts vorgetragen sei. Zu der geschäftlichen Betätigung unter der Domain seien keinerlei Angaben gemacht worden.

Der Widerspruch aus der Wortmarke "[X.] [X.]erformance" sei unbegründet, da auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede keine ausreichenden Benutzungsunterlagen vorgelegt worden seien.

Der Vertreter des Inhabers der angegriffenen Marke habe mit Schreiben vom 20. November 2017 die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke 306 64 339 erhoben. Sie sei nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] zulässig, weil die Widerspruchsmarke bereits am 8. Februar 2007 ohne Widerspruch eingetragen worden sei, die Benutzungsschonfrist somit am 8. Februar 2012 abgelaufen sei.

[X.]) habe auf die Nichtbenutzungseinrede mit Schreiben vom 30. Januar 2018 reagiert, aber insbesondere keine eidesstattliche Versicherung zu der Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegt, sowie, soweit Waren beansprucht seien, auch keine markenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarke dargelegt. Eine [X.]laubhaftmachung ohne Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung sei nicht möglich, da die Nichtbenutzungseinrede einen sehr komplexen [X.]esamtsachverhalt betreffe, so dass etwa Angaben zu Umsatzzahlen, Art, Dauer und Umfang der Benutzung glaubhaft zu machen seien. Die vorgelegten Handelsregisterauszüge reichten ebenso wenig aus wie ein undatiertes Foto des [X.]eschäftslokals.

Hiergegen richten sich die Beschwerden der Widersprechenden zu 1) und 2) vom 18. März 2019. Entgegen der Auffassung der Markenstelle sei die Widerspruchsmarke "[X.] [X.]erformance" rechtserhaltend benutzt worden. Zur Begründung verweist der Widersprechende zu 2) auf die im Amtsverfahren vorgelegten Belege und auf weitere mit der Beschwerdebegründung eingereichte Unterlagen, u. a. eine eidesstattliche Versicherung des Widersprechenden zu 2) vom 21. März 2019.

Bezüglich der geschäftsähnlichen Bezeichnung "[X.]" sei der Widerspruch zulässig. Der Bevollmächtigte der Widersprechenden zu 1) verweist hierzu auf zwei Entscheidungen des [X.] vom 3. März 2015 in dem Verfahren [X.] und vom 29. November 2016 in dem Verfahren [X.]/16. Wenn die darin ausgeführten Kriterien zu Tage gelegt würden, sei erkennbar, dass die Unterschrift des Unterzeichners hinreichend individualisierbar sei. Diese lasse das "[X.]" als auch den i-[X.]unkt des Nachnamens sowie den Schwung des "[X.]" erkennen. So wie der Unterzeichner seinen Namen [X.]… als Unterschrift verwende, werde er von keinem anderen Menschen gebraucht. Insofern sei seine Unterschrift keine [X.]araphe, zumal der Schriftzug individuelle und charakteristische Merkmale aufweise, die die Nachahmung erschwerten, sich als Wiedergabe eines Namens darstellten und die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen ließen.

Weiterhin trägt die Widersprechende zu 1) vor, es möge sein, dass die Domain "[X.] [X.]" keine Namensfunktion aufweise, sondern nur eine zusätzliche Unternehmenskennung darstelle, die insoweit einem [X.] gleichzustellen sei. Von der Markenstelle werde aber zu wenig berücksichtigt, dass die Bezeichnung [X.] auch im Firmennamen der Widersprechenden zu 1) vorkomme und diese ihren Sitz in [X.] habe. Wenn in [X.]oogle die Wortmarke "[X.] [X.]" eingegeben werde, erscheine zwar auch die Firma des Inhabers der Wortmarke, in erster Linie aber die [X.]  Die Verwechslungsgefahr sei immanent. Bei der Widersprechenden zu 1) würden Waren angeliefert, die der Inhaber der angegriffenen Marke bestellt habe oder umgekehrt. Ferner riefen bei der Widersprechende zu 1) vermeintliche Kunden an, die nach dem Inhaber der angegriffenen Marke fragten. Ob dies umgekehrt genauso sei, könne sie nicht sagen. [X.] stehe aber, dass es für Kunden nicht zu unterscheiden sei, welche Firma "[X.]" in "[X.]" Serviceleistungen für Fahrzeuge der Marke [X.] und Fahrzeuge dieser Marke anbiete. Für den Kunden sei es nicht verständlich, dass zwei so ähnlich klingende Firmen am selben Standort das [X.]leiche anböten.

Zur Verwechslungsgefahr führt der Widersprechende zu 2) aus, es liege eine Ähnlichkeit im Bedeutungsgehalt vor, die dadurch hervorgerufen werde, dass beide Wortmarken in [X.] verwendet würden und es damit zu Verwechslungen mit der Marke "[X.] [X.]" in den Bereichen Teile und Zubehör für Fahrzeuge, Kraftfahrzeuge, Dienstleistungen des Einzel- und [X.]roßhandels betreffend Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Fahrzeugzubehör und im Bereich [X.] komme. Die Widersprechenden benennen mehrere Verwechslungen in der [X.] von April 2019 bis Juni 2019 und reichen hierzu eine eidesstattliche Versicherung des Widersprechenden zu 2) vom 17. April 2020 ein.

Soweit der Markeninhaber darauf verweise, dass die Bezeichnung "[X.] Tridente" auf ihn zurückgehe und erst viel später Eingang in den Firmennamen der Widersprechenden zu 1) gefunden habe, verweist diese auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren. Es gebe keine älteren Rechte des Markeninhabers.

Die Widersprechenden zu 1) und 2) beantragen,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 des [X.]s vom 19. Februar 2019 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke 30 2016 102 582 aufgrund der Widersprüche aus dem Domainnamen "[X.]" und aus der Marke 306 64 339 anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verweist in seinem Schriftsatz vom 23. Februar 2020 zunächst auf eine Senatsentscheidung vom 17. Oktober 2018 in dem Verfahren 28 W (pat) 551/17, in der der Senat die Schutzfähigkeit des Zeichenteils "[X.]" in Verbindung mit den hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen verneint habe.

Die rechtserhaltende Benutzung der im Widerspruch geltend gemachten Zeichen sei auch mit den nun vorgelegten Unterlagen nicht in ausreichendem, für diese Waren üblichem Umfang nachgewiesen und werde weiterhin bestritten. Unterlagen aus den Jahren 2007, 2008 oder 2012 seien nicht geeignet, den Benutzungsnachweis zu führen. Auch bleibe es weiterhin lediglich eine Behauptung, dass der an sich schutzunfähige Zeichenteil "[X.]" im Firmennamen bei der Vielzahl der sonst darin enthaltenen Angaben isoliert wahrgenommen werde.

Aus dem Akteninhalt ergebe sich, dass die Bezeichnung "[X.] Tridente" auf den Markeninhaber zurückgehe und erst viel später Eingang in den Firmennamen von [X.] gefunden habe. "[X.]" sei im Firmennamen überhaupt nicht zu finden.

Falls bezüglich der Frage der Rechtsgültigkeit der Unterzeichnung eine vom [X.] abweichende Auffassung vertreten werden sollte, werde die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Dies sei schon deshalb geboten, weil der gesamte Rechtsverkehr ein Interesse an einer einheitlichen Rechtsprechung zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Unterzeichnung eines Schriftstücks in einem Verwaltungsverfahren habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da zwischen den Streitzeichen keine Verwechslungsgefahr gemäß § 158 Abs. 3 [X.] i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] a. F. i. V. m. § 5 Abs. 2 i. V. m. § 12 i. V. m. § 15 Abs. 2 [X.] bzw. § 158 Abs. 3 [X.] i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] a. F. i. V.  m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] besteht.

1. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Widersprechenden keinen hierauf gerichteten Antrag gestellt haben und die Durchführung einer Verhandlung auch nicht aus [X.]ründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 Nr. 1 und 3 [X.]).

2.  Entgegen der Auffassung der Markenstelle hält der Senat den Widerspruch aus der geschäftlichen Bezeichnung "[X.]" für zulässig, da er ausreichend unterzeichnet worden ist. Die rechtliche Beurteilung des [X.]s ist bereits widersprüchlich, soweit es den Widerspruch aus der besagten geschäftlichen Bezeichnung wegen nicht ausreichender Unterschrift für unzulässig erachtet, die gleiche Unterschrift unter dem Widerspruch aus der Wortmarke 306 64 339 "[X.] [X.]erformance" jedoch für ausreichend und damit die Zulässigkeit dieses Widerspruchs als gegeben angesehen hat.

Auch der Widerspruch aus der geschäftlichen Bezeichnung "[X.]" ist zulässig. Zur Begründung wird auf die von den Widersprechenden im Schriftsatz vom 21. März 2019 zitierten [X.]-Entscheidungen in den Verfahren [X.] und [X.]/16 verwiesen, wobei es im letzten Beschluss vom 29. November 2016 heißt:

"Eine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 Z[X.]O genügende Unterschrift setzt nach der Rechtsprechung des [X.] einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug anders als eine dem äußeren Erscheinungsbild nach bewusste und gewollte Namensabkürzung als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt."

Ausgehend von diesen Kriterien ist die Unterschrift des Bevollmächtigten der Widersprechenden zu 1) hinreichend individualisierbar. Sie lässt zumindest den Buchstaben "[X.]" als auch die untere Schleife des Buchstabens "g" des Nachnamens "[X.]…" des beauftragten Rechtsanwalts erkennen. Hinzu kommt, dass er ausweislich der vorgelegten Abschrift seines [X.]ersonalausweises und seines Vortrags auch andere Schriftstücke seit mehr als 20 Jahren so unterzeichnet, ohne dass dies beanstandet worden sei. Auch der Senat vermag die in dieser Weise unterschriebenen Unterlagen dem Bevollmächtigten zuzuordnen.

3.  Der Widerspruch aus dem Domainnamen "[X.]" ist jedoch unbegründet. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, weisen Domainnamen keine Namensfunktion auf, sondern stellen nur eine zusätzliche Unternehmenskennung dar, so dass sie insoweit den [X.] gleichzustellen sind (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 5, Rdnr. 64). Der Schutz setzt nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] die Verkehrsgeltung voraus. Die Widersprechende zur 1) hat weder im Amtsverfahren noch im Beschwerdeverfahren etwas dazu vorgetragen, dass der Domainname "[X.]" Verkehrsgeltung besitze. Mangels nachgewiesener Verkehrsgeltung des Domainnamens ist der Widerspruch zu 1) daher zurückzuweisen.

4.  Der Markeninhaber hat im Verfahren vor dem [X.] und im Beschwerdeverfahren zulässigerweise die unbeschränkte Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke 306 64 339 erhoben. Da der verfahrensgegenständliche Widerspruch bereits vor dem 14. Januar 2019 eingelegt worden ist, findet gemäß § 158 Abs. 5 [X.] für die [X.]laubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung § 43 Abs. 1 [X.] a. F. weiterhin Anwendung.

a)  Die [X.] 306 64 339 ist am 8. Februar 2007 und folglich zum [X.]punkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 27. Mai 2016 bereits seit über fünf Jahren eingetragen. Demzufolge hat sich die erforderliche [X.]laubhaftmachung der Benutzung auf die [X.]räume von Mai 2011 bis Mai 2016 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F. (erster Benutzungszeitraum) und von Februar/März 2016 bis Februar/März 2021 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] a. F. (zweiter Benutzungszeitraum) zu erstrecken.

b) Die [X.]laubhaftmachung der bestrittenen Benutzung hat sich auf alle maßgeblichen Umstände einer Markenbenutzung zu erstrecken. Als Mittel der [X.]laubhaftmachung, kommen gemäß § 294 Abs. 1 Z[X.]O alle präsenten Beweismittel, einschließlich der eidesstattlichen Versicherung in Betracht. Außerdem können sonstige Unterlagen wie [X.]reislisten oder Rechnungskopien als [X.]laubhaftmachungsmittel geeignet sein (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 43, Rdnr. 80).

Die Anforderungen an die Art einer Markenbenutzung richten sich nach dem jeweils verkehrsüblichen und wirtschaftlich Angebrachten. An einer rechtserhaltenden Benutzung fehlt es, wenn das eingetragene Zeichen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen und nicht zugleich zumindest auch als Marke für die registrierten Waren bzw. Dienstleistungen benutzt worden ist (vgl. [X.] [X.]RUR 2013, 925 – [X.]). Entscheidend ist dabei, ob der angesprochene Verkehr aufgrund der ihm objektiv entgegentretenden Umstände das benutzte Kennzeichen zumindest auch als Mittel zur Unterscheidung der Waren bzw. Dienstleistungen im Sinne eines Herkunftshinweises ansieht (vgl. [X.] [X.]RUR 2008, 616 – AKZENTA).

Vorliegend hat der Widersprechende zu 2) im Beschwerdeverfahren als Benutzungsunterlagen Rechnungen und Schriftverkehr der Firma [X.] [X.]erformance aus der [X.] von Januar 2002 bis Dezember 2008 und von März 2011 bis Dezember 2015 sowie eine eidesstattliche Versicherung vom 21. März 2019 eingereicht. In dieser heißt es, die Widerspruchsmarke werde seit ihrer Eintragung rechtserhaltend, d. h. markenmäßig und wirtschaftlich genutzt. Zumindest seit 2006 bis heute finde man die Wortmarke an den Schaufenstern des Firmengebäudes. Zudem nutze die Widersprechende zu 1) mit Zustimmung des Widersprechenden zu 2) die Widerspruchsmarke. Sie sei von ihr bereits vor Eintragung der angegriffenen Marke bei "[X.]" eingesetzt worden. Seit 2014 werde sie zudem von der Widersprechenden zu 1) auf der [X.]seite "[X.]" im Bereich "Tuning, Modifikationen [X.]" genutzt.

Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel an einer ausreichenden [X.]laubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2). [X.]) hat keinerlei Angaben zu Umsatzzahlen mit der Widerspruchsmarke zu 2) gemacht. Für den zweiten Benutzungszeitraum von Februar 2016 bis Februar 2021 hat er keine Benutzungsunterlagen vorgelegt.

Daran ändert auch die eidesstattliche Versicherung des Widersprechenden vom 21. März 2019 nichts, der keine Umsatzzahlen zu entnehmen sind. Allein die Aussage, die Wortmarke sei zumindest seit 2006 an den Schaufenstern des Firmengebäudes angebracht, begründet noch keine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2).

Der Senat hat erhebliche Zweifel an einer ausreichenden [X.]laubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke 306 64 339. [X.]) hat keinerlei Angaben zu Umsatzzahlen gemacht, die mit mit der Widerspruchsmarke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen erzielt wurden. Zudem findet sich in Bezug auf den zweiten Benutzungszeitraum von Februar/März 2016 bis Februar/März 2021 lediglich die abstrakte Angabe in der eidesstattlichen Versicherung vom 21. März 2019, dass zumindest seit 2006 bis heute die Wortmarke "[X.] [X.]erformance" an den Schaufenstern des Firmengebäudes dauerhaft angebracht sei. Hierbei bleibt völlig offen, welche Verbindung diese Art der Benutzung zu den für die Widerspruchsmarke 306 64 339 eingetragenen Waren und Dienstleistungen im Einzelnen aufweist. Dies gilt auch für die mit Zustimmung des Widersprechenden zu 2) erfolgte Benutzung der Widerspruchsmarke 306 64 339 durch die Widersprechende zu 1), die gemäß § 158 Abs. 5 [X.] i. V. m. § 26 Abs.2 [X.] a. F. erstgenanntem zuzurechnen wäre. Hierbei bleibt völlig offen, welche Waren und Dienstleistungen die Widersprechende zu 1) mit der besagten Widerspruchsmarke konkret gekennzeichnet hat. Die Angabe "im Bereich ‚Tuning, Modifikationen [X.]‘" sagt hierüber nichts aus, zumal der Begriff "Modifikationen [X.]" nicht definiert worden ist. Die sonstigen eingereichten Unterlagen betreffen nicht den zweiten Benutzungszeitraum.

5. Letztlich kann die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2) jedoch dahingestellt bleiben, da sie mit der angegriffenen Marke nicht verwechselbar ist.

Die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer [X.]rad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren [X.]rad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. Eu[X.]H [X.]RUR 2010, 1098, Rdnr. 44 – [X.]/[X.]; [X.] [X.]RUR 2014, 488, Rdnr. 9 – DES[X.]ERADOS/DES[X.]ERADO; [X.]RUR 2016, 382, Rdnr. 22 – Bio[X.]ourmet).

a) Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist abzustellen auf die Sichtweise der von den beiderseitigen Kennzeichen angesprochenen Verkehrskreise. Bei ihnen handelt es sich vorliegend um den im Automobilbereich tätigen Fachverkehr, fachlich interessierte oder vorinformierte Abnehmer, die selber Autos reparieren, und Durchschnittsverbraucher, die Kraftfahrzeuge nutzen (wollen).

b) Die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen einerseits sowie die für die Widerspruchsmarke zu 2) eingetragenen Waren und Dienstleistungen andererseits sind teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich.

c) Die Kennzeichnungskraft der [X.] "[X.] [X.]erformance" hält der Senat in Verbindung mit den geschützten Waren und Dienstleistungen für durchschnittlich. Als geografische Angabe der Herkunft aus der [X.] Stadt "[X.]" bzw. der Region "[X.]" ist der erste Markenbestandteil "[X.]" zwar nicht schutzfähig (vgl. B[X.]at[X.] 28 W (pat) 551/17 – [X.]). Dies gilt jedoch nicht für die Widerspruchsmarke in ihrer [X.]esamtheit, da sie weiterhin das [X.] Wort "[X.]erformance", im [X.] "Durchführung, Aufführung, Darstellung, Leistung" (vgl. [X.]), enthält. Insgesamt bedeutet sie folglich "[X.] Aufführung" und beschreibt damit nicht die für sie eingetragenen Waren und Dienstleistungen.

d) Die Widerspruchsmarke 306 64 339 und die angegriffene Marke 30 2016 102 582 sind nicht verwechselbar. Hierbei kommt es nicht auf die von der Widersprechenden zu 1) geltend gemachten tatsächlichen Verwechslungen an, da es sich bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr um eine Rechtsfrage handelt (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9, Rdnr. 17).

(1) Im [X.]esamteindruck unterscheiden sich die beiderseitigen Marken aufgrund der zweiten Wortbestandteile "[X.]" und "[X.]erformance" ausreichend voneinander, die weder klanglich noch schriftbildlich maßgebliche [X.]emeinsamkeiten aufweisen. Wegen des unterschiedlichen [X.] dieser beiden Wörter liegt auch keine begriffliche Ähnlichkeit vor. Das [X.] Wort "[X.]erformance", übersetzt Durchführung, Aufführung, Darstellung oder Leistung, weist einen völlig anderen Sinngehalt auf als die geografische Herkunftsangabe "[X.]". Entgegen der Auffassung des Widersprechenden zu 2) kann eine begriffliche Ähnlichkeit der Marken auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sie in [X.] verwendet werden. Dieser Umstand ändert nichts an dem unterschiedlichen Sinngehalt der [X.] "[X.]" und "[X.]erformance".

Das übereinstimmende Element "[X.]" stellt wie oben dargelegt eine geografische und damit schutzunfähige Angabe dar, so dass es den [X.]esamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken nicht prägen und damit ebenfalls eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht begründen kann (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 9, Rdnr. 307).

(2) Ebenso ist weder eine mittelbare Verwechslungsgefahr noch eine solche im weiteren Sinn zu befürchten, da der allein verwechslungsfähige Bestandteil "[X.]" aufgrund seiner fehlenden Kennzeichnungskraft als Stammbestandteil mit Hinweischarakter nicht in Betracht kommt und auch nicht wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen zwischen dem Inhaber der angegriffenen Marke und dem Widersprechenden zu 2) vermuten lässt.

6. Zur Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht kein [X.]rund.

7. Für die vom Inhaber der angegriffenen Marke angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Frage der Wirksamkeit der Unterschrift besteht kein Raum, da diese Frage durch die vorstehend zitierte Rechtsprechung des [X.] höchstrichterlich geklärt und er durch den Beschluss nicht beschwert ist.

Meta

28 W (pat) 27/19

01.03.2021

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 5 Abs 2 MarkenG, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 12 MarkenG, § 15 Abs 2 MarkenG, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 42 Abs 2 Nr 4 MarkenG vom 04.04.2016, § 158 Abs 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.03.2021, Az. 28 W (pat) 27/19 (REWIS RS 2021, 8282)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8282

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VI ZB 16/16

VI ZB 71/14

28 W (pat) 551/17

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