Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 19.01.1998, Az. 12 U 130/97

12. Zivilsenat | REWIS RS 1998, 283

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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.4.1997 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 17 O 487/95 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens sowie diejenigen, die durch die Streithilfe der Beklagten zu 3. veranlaßt worden sind, zu tragen. Etwaige dem Streithelfer der Klägerin im Berufungsverfahren entstandene Kosten fallen ihm selbst zur Last. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsverfahren ist nach dem eindeutigen und auch anhand der Berufungsbegründung keiner abweichenden Auslegung zugänglichen Antrag der Klägerin nur noch ihr Begehren auf Erstattung des ihr durch den behaupteten Unfall entstandenen Schadens. Zu dieser Klage kann es anders als zu dem Feststellungsantrag erster Instanz offen bleiben, ob sich der behauptete Unfall ereignet hat oder der Klägerin bzw. ihren Geschäftsführern ein Betrugsversuch unter Beteiligung der Beklagten zu 1. und 2. anzulasten ist; denn die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht, daß die mit der Klage geltend gemachten Schäden infolge eines Kontaktes zwischen beiden Fahrzeugen, der stattgefunden haben mag, entstanden sind. Da sich anhand ihres Sachvortrags auch nicht feststellen läßt, welche Schäden dem behaupteten Unfall zuzuordnen sind, mithin auch die Schätzung eines Mindestschadens nicht möglich ist, führt die Beweisfälligkeit der Klägerin dazu, daß ihre Zahlungsklage insgesamt abzuweisen ist.

Wegen der fehlenden Feststellbarkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem behaupteten Unfall und allen Schäden, die auf der Grundlage des Schadensgutachtens des Streithelfers der Klägerin Gegenstand der Klage sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 543 Abs. 1 ZPO bezug genommen auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils, die auf den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Ausführungen des mündlich erläuterten Gutachtens des Sachverständigen H. beruhen. Das Berufungsvorbringen ist, soweit es sich mit der Würdigung des Beweisergebnisses befaßt, nicht geeignet, die Erwägungen des Landgerichts zu entkräften, sondern gibt lediglich Anlaß für folgende ergänzende Bemerkungen:

Der Sachverständige ist zutreffend davon ausgegangen, daß nur "weiche" Teile des Porsche betroffen waren. In dem Schadensgutachten des Streithelfers sind Teile der hinteren Radaufhängung bzw. der Achse nicht als erneuerungsbedürftig aufgeführt, obwohl er hierzu nach Demontage der Räder genaue Untersuchungsmöglichkeiten hatte. Der Umstand, daß als Kostenposition eine Überprüfung des Sturzes und der Vorspur der Hinterachse vorgesehen ist, läßt Schlüsse im Sinne der Klägerin nicht zu, zumal der Streithelfer dies auch für die Vorderachse vorgesehen hat. Gerade der Klägerin als Fachunternehmen müßte bekannt sein, daß es sich bei der Spurvermessung um eine vorsorgliche Maßnahme handelt, die bei einem die Bagatellgrenze überschreitenden Schaden angezeigt ist und in derartigen Fällen von Schadensgutachtern regelmäßig empfohlen wird.

Wieso desweiteren ein Mangel des Gutachtens darin liegen soll, daß der Sachverständige sich nicht mit den vorher tätig gewesenen Privatgutachtern persönlich in Verbindung gesetzt hat, ist - auch wegen des Verdachts der Befangenheit, dem der Sachverständige sich für diesen Fall ausgesetzt hätte - nicht nachvollziehbar; erstinstanzlich hatte die Klägerin es im übrigen - in der Sache unzutreffend - umgekehrt als einen Mangel und eine Überschreitung des durch die Beweisfrage vorgegebenen Auftrags gerügt, daß der Sachverständige sich eingehend mit den weiteren Gutachten auseinandergesetzt habe. Es trifft weiter anhand des Protokolls über die Anhörung des Sachverständigen nicht zu, daß die Tatsache der Bremsspur für das Ergebnis einer fehlenden Kompatibilität im Ergebnis tragend war. Es mag sein, daß der Sachverständige anläßlich seiner Anhörung - insoweit nach dem Vorbringen der Klägerin nicht protokolliert - erklärt hat, seine Feststellungen beruhten auf Hypothesen, die durch zuverlässige Anknüpfungstatsachen nicht nachgewiesen seien. Dies liegt aber gerade in der Natur der Sache bei Gutachteraufträgen der vorliegenden Art, in denen - was auch geschehen ist - ggfls. durch Alternativüberlegungen Plausiblitätsüberlegungen anhand nur weniger gesicherter Fakten zu erfolgen haben, nämlich nur von Schadensgutachten und Fotos der beteiligten Fahrzeuge sowie hier zusätzlich der Maße in der polizeilichen Unfallskizze, die wegen des Anfangsverdachts einer Unfallmanipulation der unfallaufnehmenden Beamten genau eingetragen worden waren. Daß der Sachverständige keines der Fahrzeuge gesehen hat, liegt nicht an ihm, sondern u.a. an der Klägerin selbst, die den Porsche nach Reparatur weiterveräußert hat.

Welche Sachaufklärung eine Ortsbesichtigung erbringen soll, ist nicht ersichtlich; denn die Unfallörtlichkeit ist durch die polizeiliche Unfallskizze sowie die verschiedenen Fotos, die Bestandteil der einzelnen Gutachten sind, hinreichend dokumentiert, und es kann als richtig unterstellt werden, daß es für eine ungeübte Fahrerin schwierig war, dort rückwärts herauszusetzen, und eine Kollision im Rahmen eines Fahrversuchs nachvollzogen werden kann. Zur Frage der Kompatibilität der Schäden ist dieser Punkt indes ohne Bedeutung. Wenn die Klägerin sich schließlich auf die Erklärung des Sachverständigen bei seiner Anhörung beruft, er habe einen Kontakt der beiden Unfallfahrzeuge nicht im einzelnen nachvollziehen können, erlaubt dies gerade keinen Schluß zu ihren Gunsten, sondern rechtfertigt im Gegenteil den des Landgerichts.

Angesichts der Spurverbreiterung des Porsche und des Aufprallwinkels ist es schließlich selbst für einen technischen Laien ohne weiteres nachvollziehbar, daß es zu Schäden an dessen rechtem Hinterrad und zu korrespondierenden an dem Ford-Taunus hätte kommen müssen. Hierbei konnte und durfte der Sachverständige angesichts der Aktenlage ohne weiteres davon ausgehen, daß das Fahrzeug mit den in dem Schadensgutachten des Streithelfers aufgeführten Felgen und Breitreifen ausgerüstet war, also hinten Felgen der Größe 11 J x 15 und Reifen der Größe 285/40 ZR 15 aufgezogen waren. Der Geschäftsführer der Klägerin D. hat nämlich dem von der Beklagten zu 3. vorprozessual eingeschalteten Gutachter M. von der D. exakt diese Felgen- bzw. Reifengröße als am Schadenstag vorhanden bezeichnet (Gutachten M. S. 7).

Der nunmehrige Sachvortrag zu den angeblich am Schadenstag aufgezogenen schmaleren Reifen steht nicht nur in Widerspruch zu dieser Äußerung gegenüber dem Privatgutachter M., sondern ist zudem nicht in sich stimmig und daher prozessual unbeachtlich; denn in dem Schadensgutachten des Streithelfers ist als werterhöhender Umstand das Vorhandensein eines 2. Reifensatzes auf Felgen 9/11 J 15 aufgeführt, wobei der Streithelfer diese Information wieder nur seitens der Klägerin erhalten haben konnte. Diesen zweiten Reifensatz hätte die Klägerin für die Dauer der Reinigung und Lackierung der gekauften neuen Felgen ohne weiteres verwenden können, um das Fahrzeug auf ihrem Betriebsgelände bewegen zu können, ohne daß ein einleuchtender Grund dafür ersichtlich sein könnte, noch bei dem Vorbesitzer vorhandene Reifen anzufordern und zu montieren.

Im übrigen wäre der Vortrag der Klägerin selbst dann, wenn er prozessual beachtlich wäre, gem. § 528 II ZPO zurückzuweisen. Bereits in dem Ausgangsgutachten des Sachverständigen H. vom 16.10.1996 wurde der Klägerin auf Seite 15 deutlich gemacht, daß das Fehlen von Schäden des rechten Hinterrades sowie korrespondierender Beschädigungen der Stoßstangenecke und des unteren Heckbereichs des Ford-Taunus ein Merkmal ist, das deutlich gegen eine Kompatibilität der Schäden spricht. Die Klägerin hätte daher bereits in erster Instanz nach Zugang des Gutachtens allen Anlaß gehabt, die Annahme des Sachverständigen, der Porsche sei mit den in dem Schadensgutachten aufgeführten Reifen ausgerüstet gewesen und das rechte Hinterrad habe keine Schäden gehabt, anzugreifen.

Eine Berücksichtigung des neuen Vortrags würde auch zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen. Wenn nämlich der Zeuge S. nach prozeßleitender Ladung den Sachvortrag der Klägerin glaubhaft bestätigen sollte, wäre der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif; denn es wäre sodann die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich, da dann andere als die bisherigen Anknüpfungstatsachen einer Begutachtung zugrunde gelegt werden müßten, also die Kompatibilitätsfrage neu überdacht werden müßte. Dies hätte nur im Rahmen eines umfassenden neuen Gutachtens und nicht lediglich aufgrund einer bloßen ergänzenden mündlichen Äußerung des Sachverständigen H. in dem bereits anberaumten Verhandlungstermin geschehen können.

Der Motordefekt, den der Geschäftsführer D. der Klägerin - im übrigen mit einem nur mit einem "roten Kennzeichen" versehenen Fahrzeug - auf dem Weg zum Termin gehabt hat, rechtfertigt keine Wiedereröffnung der Verhandlung. Selbst wenn Herr D., dessen Anhörung ohnehin primär zu den behaupteten Begleitumständen des angeblichen Unfalls beabsichtigt war, die aufgezeigten Unstimmigkeiten zu der Frage, welche Reifen im Unfallzeitpunkt aufgezogen waren, hätte ausräumen können, hätte dies nichts daran geändert, daß der neue Sachvortrag in diesem Punkt gem. § 528 II ZPO zurückzuweisen war.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §[ref=27a1e7f5-85dd-4008-ac27-59e58b3cca5a]§ 97 I, 101, 708 Nr. 10, 713 ZPO[/ref].

Beschwer der Klägerin: nicht mehr als 60.000,00 DM

Meta

12 U 130/97

19.01.1998

Oberlandesgericht Köln 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: U

Zitier­vorschlag: Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 19.01.1998, Az. 12 U 130/97 (REWIS RS 1998, 283)

Papier­fundstellen: REWIS RS 1998, 283

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