Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.10.2012, Az. AnwZ (Brfg) 61/11

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2012, 2032

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Gegenstand

Widerruf der Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls: Bemühen um Stabilisierung der Vermögensverhältnisse


Tenor

Das Berufungsverfahren wird eingestellt.

Das Urteil des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 14. November 2011 ist gegenstandslos.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die [X.]eklagte hat die Rechtsanwaltszulassung des [X.] wegen [X.] (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]) durch [X.]escheid vom 16. Juli 2010 und [X.] vom 8. Oktober 2010 widerrufen. Der [X.] hat die [X.] aufgehoben, weil aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise keine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden vorliege. Der Senat hat die [X.]erufung der [X.]eklagten gegen dieses Urteil wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen. Während des [X.]erufungsverfahrens hat der Kläger auf seine Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet. Die [X.]eklagte hat infolgedessen die Zulassung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft bestandskräftig gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 4 [X.] widerrufen. Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und widerstreitende [X.] gestellt.

II.

2

Nachdem die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist gemäß § 112e Satz 2 [X.], § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO das [X.]erufungsverfahren einzustellen und entsprechend § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 173 Satz 1 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO zur Klarstellung auszusprechen, dass das angefochtene Urteil unwirksam geworden ist. Für die gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nach § 87a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO der [X.]erichterstatter zuständig.

3

Über die Kosten ist gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Danach hat der Kläger die Verfahrenskosten zu tragen.

4

Der vom Kläger eingeräumte Vermögensverfall indiziert nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Das Vorliegen eines Ausnahmefalls, bei dem sich aus der Gesamtwürdigung der Person des [X.] und der [X.]eschränkungen, denen er sich vertraglich unterworfen hat, ausnahmsweise eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verneinen lässt, hat der [X.] entgegen der ständigen Rechtsprechung des Senats bejaht. Die [X.]erufung der [X.]eklagten wäre nach bisherigem Sach- und Streitstand erfolgreich gewesen.

5

1. Der vom Kläger unter dem 29. Januar 2010 geschlossene Vertrag mit seinem früheren Sozius, Rechtsanwalt [X.], der als Einzelanwalt in [X.]ürogemeinschaft mit dem [X.] des [X.], Rechtsanwalt [X.]     , tätig ist, genügt nicht den strengen Anforderungen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung an den Ausschluss der Gefährdung der Rechtsuchenden stellt. Danach kann eine [X.] - strukturell - nicht zuverlässig sicherstellen, dass die Einhaltung der [X.]eschränkungen, denen sich der angestellte Rechtsanwalt zum Schutz der Rechtsuchenden unterworfen hat, gewährleistet ist (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. [X.]eschlüsse vom 5. Dezember 2005 - [X.] ([X.]) 13/05, Anw[X.]l. 2006, 280; vom 31. März 2008 - [X.] ([X.]) 33/07 Rn. 10; vom 15. Juni 2009 - [X.] ([X.]) 60/08 Rn. 9; vom 22. März 2010 - [X.] ([X.]) 28/09 Rn. 10). Hinzu kommt hier, dass Rechtsanwalt [X.] der frühere Sozius des [X.] ist und durch den Abschluss des Dienstvertrags eine inhaltliche Änderung der vorangegangenen offenen Zusammenarbeit nach Auflösung der Sozietät ersichtlich nicht angestrebt wurde. Ein Verbot anderweitiger Anwaltstätigkeit enthält der Vertrag nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Mai 2010 - [X.] ([X.]) 37/09, juris Rn. 10).

6

2. Zudem setzt der Ausnahmefall voraus, dass der betroffene Rechtsanwalt eine Perspektive zur Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat. Weitgehende arbeitsvertragliche [X.]eschränkungen zum Schutz der Rechtsuchenden sind nur schwer mit dem [X.]erufsbild des Rechtsanwalts, wie es §§ 1 bis 3 [X.] zu Grunde liegt, in Einklang zu bringen. Sie erscheinen nur angesichts ihrer vorübergehenden Natur noch hinnehmbar (Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2004 - [X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511, 512; vom 5. Dezember 2005 - [X.] ([X.]) 14/05, Anw[X.]l. 2006, 281 Rn. 13; vom 8. Februar 2010 - [X.] ([X.]) 67/08, Anw[X.]l. 2010, 442, 443 f. Rn. 13). Der betroffene Rechtsanwalt muss deshalb selbst zielgerichtet, ernsthaft und planvoll die erforderlichen Schritte zur Stabilisierung seiner Vermögensverhältnisse unternommen haben (Senatsbeschluss vom 13. September 2010 - [X.] ([X.]) 106/09 Rn. 17). Daran fehlt es hier.

III.

7

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 194 Abs. 2 [X.].

Roggenbuck

Meta

AnwZ (Brfg) 61/11

24.10.2012

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Frankfurt, 14. November 2011, Az: 1 AGH 7/10

§ 14 Abs 2 Nr 7 BRAO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.10.2012, Az. AnwZ (Brfg) 61/11 (REWIS RS 2012, 2032)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2032

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