Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.03.2017, Az. 6 B 27/17

6. Senat | REWIS RS 2017, 14371

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Gegenstand

Höhe des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich, wohnungsbezogener Rundfunkbeitrag


Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte [X.] der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt.

2

Der Kläger wendet sich gegen drei Bescheide, durch die der Beklagte Rundfunkbeiträge für die Monate März bis November 2013 nebst Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 175,70 € festgesetzt hat. Die Anfechtungsklage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.

3

Der Kläger wirft als rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Fragen auf,

- ob es mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, die Höhe des [X.] einheitlich festzusetzen, ohne hinsichtlich des Einkommens zu differenzieren und

- ob der [X.] bei Nutzung nur eines Radiogeräts ermäßigt werden muss.

4

[X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht für eine bundesgerichtlich bereits beantwortete Rechtsfrage nur, wenn die Beschwerde neue rechtliche Gesichtspunkte aufzeigt, die ein Überdenken der bisherigen Rechtsprechung erforderlich machen (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 1992 - 6 [X.] - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 306 S. 224).

5

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben: Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Urteile des [X.] vom 18. März 2016 - 6 [X.] 6.15 [[X.]:[X.]:[X.]] - (BVerwGE 154, 275) und vom 15. Juni 2016 - 6 [X.] 35.15 [[X.]:[X.]:[X.]] - geklärt.

6

1. Danach lässt es sich nicht mit dem Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbaren, die Höhe des [X.] an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu orientieren. Dies folgt aus der Rechtsnatur des [X.] als nichtsteuerliche Abgabe in Gestalt einer [X.]. [X.] dürfen nur erhoben werden, um einen konkreten individuellen Vorteil abzugelten. Daher dürfen diejenigen Personen zu Schuldnern einer [X.] bestimmt werden, denen der abzugeltende Vorteil zugutekommt. Der [X.] stellt die Gegenleistung für den individuellen Vorteil der [X.]smöglichkeit dar (BVerwG, Urteile vom 18. März 2016 - 6 [X.] 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 16 ff. und vom 15. Juni 2016 - 6 [X.] 35.15 - juris Rn. 17 ff.).

7

Dem [X.] kennzeichnenden Abgeltungszweck muss aus Gründen der von Art. 3 Abs. 1 GG geforderten Belastungsgleichheit dadurch Rechnung getragen werden, dass der durch die [X.] zu finanzierende Aufwand möglichst nach der Größe des individuellen Vorteils auf die Abgabepflichtigen umgelegt wird. Je größer der Vorteil des Einzelnen, desto höher soll die von ihm geschuldete Abgabe sein. Davon ausgehend hat das [X.] den an die Wohnung anknüpfenden Verteilungsmaßstab als mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar gebilligt (BVerwG, Urteile vom 18. März 2016 - 6 [X.] 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 43 ff. und vom 15. Juni 2016 - 6 [X.] 35.15 - juris Rn. 45 ff.). Das Verfassungsgebot der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen lässt es nicht zu, den Verteilungsmaßstab und damit die Höhe von [X.] nicht nach der Größe des abzugeltenden Vorteils, sondern nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen zu bemessen. Dies hat das [X.] in dem Urteil vom 25. Januar 2017 - 6 [X.] 12.16 [[X.]:[X.]:BVerwG:2017:250117U6[X.]12.16.0] - Rn. 51) nochmals klargestellt. Dies schließt es nicht aus, die nach dem Vorteilsgrundsatz festgesetzte Abgabe im Einzelfall aus wirtschaftlichen Gründen zu erlassen oder zu ermäßigen. Derartige Regelungen müssen zwangsläufig Betragsgrenzen festlegen, bei deren auch nur geringfügiger Überschreitung der Erlass oder die Ermäßigung der Abgabeschuld ausscheidet.

8

2. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist es mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar, die Abgeltung der [X.]smöglichkeit nicht mehr an den Besitz eines Empfangsgeräts, sondern an das Innehaben einer Wohnung zu knüpfen. Das Tatbestandsmerkmal des Innehabens einer Wohnung, an das die Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 und 2 [X.] anknüpft, ist geeignet, den individuellen Vorteil zu erfassen, weil Wohnungen nahezu ausnahmslos mit [X.] ausgestattet sind (BVerwG, Urteile vom 18. März 2016 - 6 [X.] 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 29 und 32 und vom 15. Juni 2016 - 6 [X.] 35.15 - juris Rn. 31 und 34).

9

Die Ablösung der gerätebezogenen Rundfunkgebühr durch den wohnungsbezogenen [X.] hat zur Folge, dass Inhaber einer Wohnung auch dann die Abgabe schulden, wenn sie bewusst auf [X.]smöglichkeiten verzichten, d.h. den abzugeltenden Vorteil nicht in Anspruch nehmen. Das [X.] hat die Beitragspflicht dieses Personenkreises aus drei kumulativ vorliegenden Gründen als sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig angesehen: Zum einen durften die Landesgesetzgeber den [X.] als Voraussetzung der Abgabeschuld durch das Innehaben einer Wohnung ersetzen, um die zunehmende Gefährdung der Belastungsgleichheit durch "Flucht aus der Rundfunkgebühr", d.h. den rechtswidrig unentgeltlichen [X.], zu beenden. Zum anderen kann der Nachweis, in der Wohnung keinen Zugang zu einem Empfangsgerät zu haben, nicht zuverlässig erbracht werden. Schließlich muss der Personenkreis, der auf [X.] verzichtet, sehr klein sein. Denn es ist statistisch belegt, dass Wohnungen nahezu lückenlos mit [X.] ausgestattet sind (BVerwG, Urteile vom 18. März 2016 - 6 [X.] 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 34 ff. und vom 15. Juni 2016 - 6 [X.] 35.15 - juris Rn. 36 ff.). Es liegt auf der Hand, dass diese Erwägungen gleichermaßen Geltung für die [X.]pflicht von Personen beanspruchen, die den Vorteil der [X.]smöglichkeit nur teilweise, nämlich durch den Empfang des [X.], in Anspruch nehmen. Mit dem [X.] "Innehaben einer Wohnung" verfolgen die Landesgesetzgeber grundgesetzkonform den Zweck, die [X.]pflicht von dem Nachweis des Besitzes eines oder mehrerer Empfangsgeräte zu lösen.

Das Beschwerdevorbringen des [X.] enthält keine neuen, bislang nicht bedachten Gesichtspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen. Der Kläger beschränkt sich darauf, die dargestellten Rechtsauffassungen des [X.] in Frage zu stellen. Damit kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargelegt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Meta

6 B 27/17

09.03.2017

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 12. Dezember 2016, Az: 2 A 2590/15, Beschluss

Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 2 Abs 1 RdFunkBeitrStVtr NW, § 2 Abs 2 RdFunkBeitrStVtr NW

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.03.2017, Az. 6 B 27/17 (REWIS RS 2017, 14371)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14371

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M 26 K 18.4128

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