Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.07.2010, Az. 3 StR 180/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 5160

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Gegenstand

Strafbarkeit der Wegnahme eines Mobiltelefons gegen den Willens des Besitzers


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Dezember 2009, soweit es ihn betrifft,

- im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte im Fall II. 3. der Urteilsgründe der Unterschlagung und der Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung schuldig ist,

- mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 3. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung, Raubes in zwei Fällen, räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Körperverletzung, Erpressung, Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung "unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des [X.]s Hannover" vom 4. Juni 2009 "unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. [X.] (in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung) im Fall II. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

3

a) Nach den Feststellungen veranlasste der Angeklagte den Zeugen S., ihm sein Mobiltelefon zu zeigen. Er nahm ihm dieses sodann aus der Hand und verlangte für die Rückgabe 20 Euro. Dabei kam es ihm "nicht auf das Handy, sondern auf das Geld" an. Der Zeuge lehnte jedoch eine Zahlung ab (insoweit Fall II. 2. der Urteilsgründe). Hierauf fasste der Angeklagte den Entschluss, das Mobiltelefon zu behalten und für eigene Zwecke zu verwenden. Nach Entnahme der SIM-Karte, die er dem Zeugen aushändigte, steckte er es in seine Tasche und entfernte sich. Der Zeuge folgte ihm und forderte sein Eigentum zurück. "Um sich im Besitz des gestohlenen Handys zu halten", schlug der Angeklagte dem Zeugen daraufhin mit der flachen Hand ins Gesicht und drohte ihm mit Schlägen für den Fall, dass er ihm weiter hinterher ginge. Dem fügte sich der Zeuge.

4

b) Räuberischer Diebstahl setzt nach § 252 StGB als Vortat eine von [X.] getragene vollendete Wegnahme - den Bruch fremden und die Begründung neuen eigenen [X.] - voraus (Fischer, StGB, 57. Aufl., § 252 Rn. 3 f.). Dies hat das [X.] nicht verkannt. Es ist indes der Auffassung, dass der Angeklagte, als er dem Zeugen das Mobiltelefon aus der Hand genommen habe, dessen Gewahrsam nur gelockert habe; gebrochen habe er ihn erst, als er dieses, nunmehr in [X.], eingesteckt und sich damit entfernt habe. Dem kann sich der [X.] nicht anschließen. Der Täter bricht fremden und begründet neuen eigenen Gewahrsam dann, wenn er unter Ausschluss des Berechtigten die tatsächliche Sachherrschaft erlangt. Bei handlichen und leicht zu bewegenden Gegenständen genügt hierfür ein bloßes Ergreifen und Festhalten jedenfalls dann, wenn der Berechtigte seine ungehinderte Verfügungsgewalt nur noch gegen den Willen des Tätersund unter Anwendung von körperlicher Gewalt wiederherstellen könnte ([X.], 624, 625 mwN). Nach diesen Maßstäben war die Wegnahme bereits vollendet, als der Angeklagte dem Zeugen das Mobiltelefon aus der Hand nahm, denn um die ungehinderte eigene Verfügungsgewalt wiederzuerlangen hätte der Zeuge es ihm gegen dessen Widerstand entwinden müssen. Der Wille des Angeklagten, den Zugriff des Zeugen hierauf auszuschließen, ergibt sich schon daraus, dass ihm der [X.] als Mittel zur Durchsetzung seiner unberechtigten Geldforderung dienen sollte.

5

Da der Angeklagte somit die Absicht, sich das Mobiltelefon zuzueignen, erst fasste (und nach außen kundtat), nachdem er eigenen Gewahrsam begründet hatte, erfüllt sein Verhalten den Tatbestand der Unterschlagung (§ 246 Abs. 1 StGB); tatmehrheitlich treten vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) hinzu. Der [X.] ändert den Schuldspruch entsprechend ab.

6

2. Die Abänderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 3. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Ergänzend weist der [X.] auf Folgendes hin:

7

Zutreffend hat das [X.] die Gesamtstrafenfähigkeit der hier verwirkten Einzelstrafen mit denen aus den Urteilen des [X.]s Hannover vom 4. Juni 2009 und des [X.] vom 23. Februar 2009 angenommen. Zwar hatte das [X.] Hannover seinerseits die Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.] einbezogen. Dies macht es jedoch nicht entbehrlich, auch in der Urteilsformel die Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des [X.]s Hannover vom 4. Juni 2009 und des [X.] vom 23. Februar 2009 - unter Auflösung der jeweils gebildeten Gesamtstrafen - zum Ausdruck zu bringen.

[X.]                                               Sost-Scheible

                                [X.]

Meta

3 StR 180/10

06.07.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hannover, 8. Dezember 2009, Az: 98 KLs 5/09 - 3231 Js 101810/08, Urteil

§ 52 StGB, § 53 StGB, § 223 StGB, § 240 StGB, § 246 StGB, § 252 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.07.2010, Az. 3 StR 180/10 (REWIS RS 2010, 5160)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5160

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 373/14

3 StR 373/14

3 StR 180/10

1 StR 386/19

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