Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2009, Az. 4 StR 422/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2009, 443

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[X.] vom 24. November 2009 in der Strafsache gegen wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. November 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Mai 2009 aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten ein [X.] von einem Jahr Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist. Zur erneuten Entscheidung über den [X.] und über die Kosten des Rechtsmittels wird die Sache an ei-ne andere Strafkammer des [X.]. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und mit [X.] im Verkehr unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer weiteren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat die in dem einbezogenen Urteil angeordnete Unter-bringung in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten und angeordnet, dass von der verhängten Strafe unter Anrechnung der Untersuchungshaft vor der Unterbringung ein Jahr zu vollziehen ist. Ferner hat es ausgesprochen, dass dem Angeklagten vor Ablauf von drei Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen ist. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der Anordnung über den 1 - 3 - [X.]; über diesen muss neu entschieden werden. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. [X.] Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 Satz 1 StGB hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. 2 1. Zwar hat das [X.] die Anordnung der Maßregel gegenüber dem Angeklagten sowie auch gegenüber dem Mitangeklagten [X.]auf die Er-wägung gestützt, nach Einschätzung des medizinischen Sachverständigen er-scheine ein erneuter Therapieversuch "nicht als aussichtslos". Danach ist zu besorgen, dass das [X.] entgegen dem Wortlaut von § 64 Satz 2 StGB in der Fassung des am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Gesetzes zur Siche-rung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt (BGBl. [X.]) eine vom [X.] be-reits im Jahre 1994 für verfassungswidrig erklärte Auslegung (vgl. dazu [X.], 1) zu Grunde gelegt und nicht bedacht hat, dass schon § 64 Abs. 1 a.F. StGB in verfassungskonformer Auslegung stattdessen die Feststellung einer konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel voraussetzte. 3 2. Diese rechtsfehlerhafte Erwägung des [X.]s gefährdet den Bestand des [X.] jedoch ausnahmsweise nicht, wie der Gene-ralbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat: 4 "Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt kann dennoch bestehen bleiben, weil den Feststellungen eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht zu - 4 - entnehmen ist. Der Angeklagte, der im Jahr 2003 nach einer neunmonatigen stationären Therapie 16 Monate lang sucht-mittelfrei gelebt hat, ist therapiewillig ([X.], 14). Es ist [X.] zu erwarten, dass ihn die länger dauernde Unterbringung in einer Entziehungsanstalt über eine erhebliche Zeitspanne vor einem Rückfall in den suchtbedingten [X.] bewahren wird. Eine nachhaltige, d.h. sehr lang andau-ernde Heilung ist für die Erfolgsaussicht entgegen der Auffas-sung des [X.]s nicht erforderlich (Senat 4 StR 160/02). Es genügt die konkrete Aussicht, 'den Süchtigen über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren' ([X.] 91, 1 f. = NStZ 1994, 578)." I[X.] Über die Anordnung des [X.]s ist jedoch neu zu befinden. 5 1. Das [X.] hat sich hinsichtlich der Dauer des [X.]s der Maßregel (§§ 64, 67 Abs. 2 StGB) an der Möglichkeit einer Reststrafenaus-setzung zum Zweidrittel-Zeitpunkt orientiert. Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB n.F. ist der bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben [X.] zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren im Regelfall (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB) anzuordnende [X.] so zu bestimmen, dass nach seiner Be-endigung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB, also eine Halbstrafenentlassung, möglich ist. Darauf, ob es nahe liegend erscheint, dass die zuständige Strafvollstreckungskammer zu gegebener Zeit eine solche Entscheidung treffen wird, kommt es nicht an ([X.], Beschluss vom 18. März 2008 [X.] 1 StR 103/08, [X.], 182). 6 2. Danach liegt es im vorliegenden Fall nahe, dass unabhängig davon, ob sich der Angeklagte seit seiner vorläufigen Festnahme am 25. Oktober 2008 bis zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung durchweg in anzurechnender [X.] - 5 - tersuchungshaft in dieser Sache befand, zum jetzigen Zeitpunkt keine vorweg zu vollziehende Strafe mehr verblieben ist. Denn der nach § 67 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 StGB maßgebliche Halbstrafenzeitpunkt ist beim Angeklag-ten nach zwei Jahren und drei Monaten Untersuchungshaft, Strafhaft und [X.] erreicht. Eine Festlegung des vorab zu vollstreckenden Teils der Strafe analog § 354 Abs. 1 StPO ist dem Senat hier jedoch ebenso verwehrt wie eine Verwerfung des Rechtsmittels mit der Maßgabe, dass die Anordnung über den [X.] zu entfallen hat. Voraussetzung für eine solche Ent-scheidung ist die rechtsfehlerfreie Feststellung der zur Therapie erforderlichen Dauer der Unterbringung durch den Tatrichter ([X.], Beschluss vom 15. No-vember 2007 [X.] 3 StR 390/07, NJW 2008, 1173). Eine solche Feststellung hat das [X.] jedoch nicht getroffen. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erschließt sich dem Senat die erforderliche Dauer der [X.] nicht sicher. II[X.] Die vom [X.] beantragte Erstreckung der Aufhebung gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten [X.] , der keine Revision eingelegt hat, kommt nicht in Betracht, da die Entscheidung nach § 67 Abs. 2 StGB bei jedem Angeklagten auf individuellen Erwägungen beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Dezember 1991 [X.] 4 StR 548/91). Das vom 2. Strafsenat des [X.] mit Beschluss vom 23. September 2009 [X.] 2 [X.]/09 gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG eingeleitete Anfragever-fahren zur Erstreckung im Fall eines Rechtsfehlers bei der Anwendung des § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB n.F. bezieht sich ausdrücklich nur auf die Fälle, in denen sich, abweichend von der vorliegenden Fallgestaltung, die voraussichtliche 8 - 6 - Dauer der erforderlichen Unterbringung auch für den Nichtrevidenten aus den Urteilsgründen ergibt. Tepperwien Maatz [X.] [X.]Mutzbauer

Meta

4 StR 422/09

24.11.2009

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2009, Az. 4 StR 422/09 (REWIS RS 2009, 443)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 443

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