Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.05.2017, Az. XI R 2/14

11. Senat | REWIS RS 2017, 10165

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Gegenstand

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Wärmeabgabe aus einer sog. KWK-Anlage - Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung


Leitsatz

Der sog. KWK-Bonus nach § 8 Abs. 3 EEG 2004, den der Betreiber einer Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk von seinem Stromnetzbetreiber (zusätzlich) erhält, ist (ebenfalls) Entgelt für die Lieferung von Strom an den Stromnetzbetreiber. Er ist kein Entgelt des Stromnetzbetreibers für die (kostenlose) Lieferung von Wärme des Stromerzeugers an Dritte.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. November 2013  16 K 247/12 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt eine [X.]iogasanlage zur Erzeugung von [X.]iogas aus [X.]iomasse. Das erzeugte [X.]iogas wurde im Streitjahr (2008) zur dezentralen Strom- und Wärmeproduktion in einem angeschlossenen [X.]lockheizkraftwerk genutzt, indem es einem Verbrennungsmotor zugeführt wurde, der einen Generator antrieb.

2

Der so produzierte Strom wurde überwiegend in das Stromnetz eingespeist und nach dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien - [X.] ([X.]) i.d.F. vom 7. November 2006 ([X.], 2550) von dem Stromnetzbetreiber vergütet.

3

Die durch diesen Prozess ebenfalls erzeugte Wärme diente zu einem Teil dem Produktionsprozess. Den überwiegenden Teil der Wärme überließ die Klägerin im Streitjahr "kostenlos" mit Vertrag vom 29. November 2007 dem Unternehmer [X.] zur Trocknung von Holz in Containern und mit Vertrag vom 29. Juli 2008 der ... GbR ([X.]), die mit der Wärme ihre Spargelfelder beheizte.

4

Im Streitjahr erhielt die Klägerin für den erzeugten Strom von ihrem Stromnetzbetreiber neben der sog. Mindestvergütung (§ 8 [X.]bs. 1 [X.]) einen Erhöhungsbetrag nach § 8 [X.]bs. 3 [X.] 2004 (sog. KWK-[X.]onus), weil es sich bei dem von ihr erzeugten Strom um Strom [X.] von § 3 [X.]bs. 4 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den [X.]usbau der Kraft-Wärme-Kopplung ([X.]) i.d.F. vom 19. März 2002 ([X.]G[X.]l I 2002, 1092) handelte. [X.]uch dieser KWK-[X.]onus in Höhe von ... € wurde entsprechend der Umsatzsteuererklärung der Klägerin von dem [X.]eklagten und Revisionskläger (Finanzamt --F[X.]--) in die [X.]emessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze einbezogen.

5

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten [X.]ußenprüfung ging der Prüfer von einer unentgeltlichen Zuwendung der Wärme [X.] von § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an [X.] und an [X.] aus. Mangels eines Einkaufspreises berechnete er die [X.]emessungsgrundlage für diese [X.] gemäß § 10 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten. Von den in der Gewinn- und Verlustrechnung aufgeführten Gesamtkosten in Höhe von ... € entfielen nach der [X.]erechnung des Prüfers auf die abgegebene Wärme ... € (= 34,84 %), so dass er ausgehend von dieser [X.]emessungsgrundlage insoweit Umsatzsteuer in Höhe von ... € ansetzte.

6

Das F[X.] setzte die Ergebnisse der Prüfung mit Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 17. November 2011 um. Den dagegen eingelegten Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung vom 1. [X.]ugust 2012 als unbegründet zurück.

7

Das Finanzgericht ([X.]) gab der daraufhin erhobenen Klage statt.

8

Zur [X.]egründung führt es im Wesentlichen aus, dass es sich bei der Lieferung von Wärme durch die Klägerin an [X.] und an [X.] nicht um eine unentgeltliche Zuwendung [X.] des § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG handele, sondern um eine entgeltliche Leistung. Die Gegenleistung dafür hätten nicht die Wärmeabnehmer [X.] und [X.], sondern habe der Stromnetzbetreiber durch den KWK-[X.]onus gezahlt. Es handele sich dabei um ein Entgelt eines Dritten [X.] von § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG. Der KWK-[X.]onus stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit der Wärmelieferung der Klägerin an [X.] und an [X.]. Die Klägerin habe die Wärme nur deshalb "zum Preis von 0 €" an [X.] und an [X.] abgegeben, weil sie dafür den KWK-[X.]onus von dem Stromnetzbetreiber erhalten habe. Der KWK-[X.]onus sei nicht (zusätzliches) Entgelt für die Stromlieferungen der Klägerin an den Stromnetzbetreiber. Er sei vielmehr für den Strom [X.] des § 3 [X.]bs. 4 [X.], "also für die Wärmeabgabe" gezahlt worden, die an [X.] und an [X.] erfolgt sei. Der [X.]nnahme von Drittentgelt [X.] von § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin daneben den produzierten Strom vergütet bekomme.

9

Das Urteil ist in [X.] Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2015, 351 veröffentlicht.

Mit der Revision macht das F[X.] die Verletzung materiellen Rechts (§ 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 und § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG) geltend. Im Streitjahr sei eine unentgeltliche [X.]bgabe der Wärme an [X.] und an [X.] [X.] des § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG erfolgt.

Der KWK-[X.]onus vergüte nicht die Wärmeabgabe. Er stelle ein zusätzlich gesetzlich vorgegebenes Entgelt für die Stromlieferung an den Netzbetreiber dar. Der Stromabnehmer sei aufgrund des eindeutigen Gesetzestextes des § 8 [X.] verpflichtet, Strom der Klägerin abzunehmen und entsprechend den Vorgaben des § 8 [X.]bs. 1 und [X.]bs. 3 [X.] zu vergüten.

Das F[X.] beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision des F[X.] als unbegründet zurückzuweisen.

Zur [X.]egründung trägt sie im Wesentlichen vor, der KWK-[X.]onus sei Entgelt von dritter Seite [X.] von § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG und gerade nicht (zusätzliches) Entgelt für die Stromlieferung der Klägerin an den Stromnetzbetreiber. Die Vergütung nach § 8 [X.]bs. 3 [X.] werde nicht für den Strom gezahlt, sondern für den Strom [X.] von § 3 [X.]bs. 4 [X.], also für die Wärmeabgabe. Nach § 3 [X.]bs. 4 [X.] sei KWK-Strom --entgegen der [X.]nsicht des F[X.]-- das rechnerische Produkt aus Nutzwärme und Stromkennzahl der KWK-[X.]nlage. Um den KWK-Strom [X.] des § 3 [X.]bs. 4 [X.] zu ermitteln, werde in der Praxis ein Wärmemengenzähler installiert. [X.]us der gemessenen Wärmemenge und der Stromkennzahl der jeweiligen KWK-[X.]nlage lasse sich dann fiktiv errechnen, wie viel Strom habe erzeugt werden müssen, um die gemessene Wärmemenge in Kilowattstunden auszukoppeln. Nur für diese fiktiv errechnete elektrische [X.]rbeit werde der KWK-[X.]onus --als Vergütung für eine Wärmelieferung-- zusätzlich zur Stromvergütung seitens des Stromnetzbetreibers gezahlt.

Sollte dagegen im Streitfall entgegen ihrer [X.]uffassung von einer unentgeltlichen [X.] [X.] des § 3 [X.]bs. 1b UStG auszugehen sein, müsse der vorhandene (fiktive) Einkaufspreis für Wärmelieferungen ermittelt werden. Falls dies nicht möglich sei, wären die Selbstkosten, soweit sie zum vollen bzw. teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, als [X.]emessungsgrundlage anzusetzen. Überdies seien neben den variablen Kosten nur die Fixkosten zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der Nachrüstung der [X.]nlage für die Wärmenutzung angefallen seien. Weiterhin sei bei der [X.]ufteilung der Kosten zu berücksichtigen, dass es sich bei der Wärmenutzung um ein "[X.]bfallprodukt" der Stromerzeugung handele.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. Juni 2017 vorgetragen, aus dem Gesetzentwurf zum [X.] ([X.]TDrucks 15/2327, [X.]) und aus dem [X.]ericht des [X.]usschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ([X.]TDrucks 15/2864, S. 40) ergebe sich als Voraussetzung für den KWK-[X.]onus nach § 8 [X.]bs. 3 [X.] eine Zuführung von Strom und Wärme zur "Nutzung durch Dritte". Dies folge besonders deutlich aus der Neufassung der Regelung durch § 27 [X.]bs. 4 des [X.] i.d.F. vom 25. Oktober 2008 ([X.]G[X.]l I 2008, 2074) --[X.] [X.]. [X.]nlage 3 "KWK-[X.]onus" zum [X.] 2009.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Die Entscheidung des [X.], der [X.] sei Entgelt von dritter Seite gemäß § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG für die Wärmelieferung der Klägerin an [X.] und an [X.], hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die tatsächlichen Feststellungen des [X.] reichen für eine abschließende Entscheidung durch den [X.] nicht aus, weil Feststellungen zur [X.]emessungsgrundlage der unentgeltlichen [X.] an [X.] und an [X.] zu treffen sind.

1. Nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Nach § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG wird einer Lieferung gegen Entgelt jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des leistenden Unternehmens, gleichgestellt. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine [X.]estandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 3 [X.]bs. 1b Satz 2 UStG).

a) § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG entspricht [X.]rt. 5 [X.]bs. 6 der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ([X.]/[X.]), nunmehr [X.]rt. 16 der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (vgl. Urteile des [X.]undesfinanzhofs --[X.]FH-- vom 14. Mai 2008 XI R 60/07, [X.]FHE 221, 512, [X.]St[X.]l II 2008, 721, unter [X.]; vom 12. Dezember 2012 XI R 36/10, [X.]FHE 239, 534, [X.]St[X.]l II 2013, 412, Rz 29).

Durch [X.]rt. 5 [X.]bs. 6 Satz 1 der [X.]/[X.] ([X.]rt. 16 Satz 1 MwStSystRL) wird einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten [X.]edarf, für den [X.]edarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine [X.]estandteile zu einem vollen oder teilweisen [X.]bzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben. Jedoch fallen Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und für Warenmuster zu Zwecken des leistenden Unternehmens nicht darunter ([X.]rt. 5 [X.]bs. 6 Satz 2 der [X.]/[X.] bzw. [X.]rt. 16 Satz 2 MwStSystRL).

b) Nach den Gesetzesmaterialien soll zwar mit § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG der unbelastete Letztverbrauch erfasst werden ([X.]TDrucks 14/23, [X.]). Jedoch ist der Wortlaut des § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG --Gleiches gilt für [X.]rt. 16 MwStSystRL-- nicht auf diese Fälle eingeschränkt. Dies führte zu der Kritik, dass die Regelung steuersystematisch verfehlt sei, weil auch solche unentgeltliche [X.]n besteuert werden, die vom Empfänger nicht für den Endverbrauch verwendet werden (vgl. z.[X.]. [X.], 24. [X.]ufl., S. 368, m.w.N.). Der [X.] ([X.]) hält aber eine wortlautgetreue [X.]nwendung der Vorschrift des [X.]rt. 5 [X.]bs. 6 der [X.]/[X.] ([X.]rt. 16 Satz 1 MwStSystRL) für erforderlich (s. [X.]-Urteile Kuwait Petroleum vom 27. [X.]pril 1999 [X.]/97, [X.]:[X.], Umsatzsteuer- und [X.] 1999, 219, Rz 22; [X.] vom 30. September 2010 [X.]/08, [X.]:[X.], [X.], 2030, Rz 51 ff.). Dem folgt auch der [X.] (ebenso [X.]bschn. 3.3 [X.]bs. 10 Satz 6 des Umsatzsteuer-[X.]nwendungserlasses --USt[X.]E--; [X.], a.a.[X.], S. 368; [X.]/[X.], [X.] Steuer-Zeitung 2002, 355; [X.]unjes/[X.], 15. [X.]ufl., § 3 Rz 157; [X.] in Reiß/[X.]/[X.], UStG § 3 Rz 322.39; a.[X.]. Heuermann in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3 Rz 377, der eine teleologische Reduktion in Erwägung zieht).

c) Eine Zuwendung i.S. des § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG (vgl. dazu [X.]FH-Urteile in [X.]FHE 221, 512, [X.]St[X.]l II 2008, 721, unter [X.]; in [X.]FHE 239, 534, [X.]St[X.]l II 2013, 412, Rz 33 ff.) ist nicht unentgeltlich, wenn sie gegen Entgelt erfolgt.

aa) Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 [X.]bs. 1 Satz 2 UStG). Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG).

Eine [X.]ufwendung (Zahlung) ist grundsätzlich (nur) dann Entgelt (Gegenleistung) für eine bestimmte Leistung, wenn sie "für die Leistung" bzw. "für diese Umsätze" gewährt wird bzw. der Leistende sie hierfür erhält. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.]FH, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem "Rechtsverhältnis", d.h. den vertraglichen [X.]eziehungen zwischen [X.] und Leistungsempfänger ergibt (vgl. [X.]-Urteile [X.]ally vom 25. Mai 1993 [X.]/92, [X.]:C:1993:212, Der [X.]etrieb --D[X.]-- 1994, 25; Tolsma vom 3. März 1994 [X.], [X.]:[X.], [X.] 1994, 357, Rz 14; [X.] vom 24. Oktober 1996 [X.]/94, [X.]:C:1996:400, [X.]St[X.]l II 2004, 324; Primback vom 15. Mai 2001 [X.], [X.]:C:2001:271, [X.], 308; z.[X.]. [X.]FH-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 48/00, [X.]FHE 196, 376, [X.]St[X.]l II 2003, 210, unter [X.], Rz 26; in [X.]FHE 239, 534, [X.]St[X.]l II 2013, 412, Rz 37).

bb) Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die [X.]eurteilung der Frage, ob die Zahlung eines [X.] für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird bzw. ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält, denn die Entrichtung der Gegenleistung für Lieferungen oder sonstige Leistungen kann auch durch einen "anderen als den Leistungsempfänger" (§ 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG) bzw. durch einen "[X.]" ([X.]rt. 11 Teil [X.] [X.]bs. 1 [X.]uchst. a der [X.]/[X.] bzw. [X.]rt. 73 [X.]) erfolgen, d.h. durch einen nicht mit dem Leistungsempfänger identischen Zahlenden (vgl. [X.]-Urteil [X.]ally, [X.]:C:1993:212, D[X.] 1994, 25, Rz 17; [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 196, 376, [X.]St[X.]l II 2003, 210, unter [X.], Rz 27).

Maßgebend ist, dass der Dritte für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt und der Unternehmer die Zahlung hierfür erhält, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Drittzahlung besteht. Ob die Zahlung des [X.] zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorganges ist, ist unerheblich (vgl. [X.]FH-Urteile in [X.]FHE 196, 376, [X.]St[X.]l II 2003, 210, unter [X.], Rz 27; vom 16. Oktober 2013 XI R 39/12, [X.]FHE 243, 77, [X.]St[X.]l II 2014, 1024, Rz 34). [X.]ei der Zahlung des [X.] darf es sich aber nicht um ein Entgelt für eine an ihn erbrachte Leistung handeln (vgl. [X.]FH-Urteil vom 22. Juli 2010 V R 14/09, [X.]FHE 231, 273, [X.]St[X.]l II 2012, 428, Rz 26).

[X.]uch Subventionen und Zahlungen aus öffentlicher Hand an einen Unternehmer, der Leistungen an Dritte erbringt, gehören gemäß § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze, wenn der Zuschuss dem Leistungsempfänger zugutekommt (vgl. [X.]FH-Urteil vom 10. [X.]ugust 2016 XI R 41/14, [X.]FHE 255, 300, [X.]St[X.]l II 2017, 590, Rz 50).

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellen die [X.] der Klägerin an [X.] und an [X.] nach § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG steuerbare unentgeltliche Zuwendungen dar und nicht, wie das [X.] meint, Lieferungen gegen Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG.

a) Die in § 3 [X.]bs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG vorausgesetzte Zuwendung eines Gegenstandes erfasst auch die [X.] an [X.] und an [X.].

Nach der Rechtsprechung des [X.]FH werden mit dem Wort "Gegenstand" in § 3 [X.]bs. 1 UStG sowohl "Sachen" (körperliche Gegenstände, § 90 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs) als auch Wirtschaftsgüter erfasst, die im Verkehr wie körperliche Sachen behandelt werden, z.[X.]. der elektrische Strom, die Wasserkraft und der Firmenwert ([X.]rt. 15 [X.]bs. 1 MwStSystRL; [X.]FH-Urteil vom 21. Dezember 1988 V R 24/87, [X.]FHE 156, 273, [X.]St[X.]l II 1989, 430; [X.]FH-[X.]eschluss vom 5. Dezember 1997 V [X.] 17/97, [X.]FH/NV 1998, 888, unter [X.]b). In diesem Sinne ist auch die Wärme körperlichen Gegenständen gleichgestellt ([X.]rt. 15 [X.]bs. 1 MwStSystRL).

b) Die [X.] an [X.] und an [X.] erfolgten jeweils unentgeltlich.

aa) Weder [X.] noch [X.] haben selbst eine Gegenleistung für die [X.] der Klägerin erbracht. Ihnen hat die Klägerin die Wärme nach den Feststellungen des [X.] aufgrund der Verträge vom 29. November 2007 (mit [X.]) und vom 29. Juli 2008 (mit [X.]) "kostenlos" überlassen.

bb) Der sog. [X.], den der Stromnetzbetreiber an die Klägerin gezahlt hat, ist nicht als Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG für die "kostenlose" [X.] bei der Klägerin an [X.] und an [X.] zu beurteilen. Es handelt sich dabei vielmehr um eine Vergütung des [X.] für den von der Klägerin an ihn gelieferten Strom (im Ergebnis ebenso [X.]undesministerium der Finanzen im Schreiben vom 19. September 2014 IV D 2 - S 7124/12/10001-02, [X.]St[X.]l I 2014, 1287, unter [X.]; [X.]bschn. 2.5 [X.]bs. 19 USt[X.]E zum Stand 31. Dezember 2015; Oberfinanzdirektion [X.] vom 30. November 2010 S 7100-658-St 172, juris; vom 17. Juli 2012 S 7100-658-St 172, juris; Landesamt für Steuern und Finanzen [X.] vom 17. Mai 2013 S 7200-311/2-213, juris; a.[X.]. Schuhmann, HL[X.]S-Report 2012, 97, 99; [X.]/[X.], [X.], 861).

(1) Nach § 8 [X.]bs. 1 EEG 2004 wird für Strom, der in [X.]nlagen mit einer Leistung bis einschließlich 20 Megawatt gewonnen wird, die ausschließlich [X.]iomasse i.S. der nach [X.]bs. 7 erlassenen Rechtsverordnung einsetzen, eine nach Leistung gestaffelte Vergütung gezahlt. Diese "Mindestvergütung" erhöht sich nach § 8 [X.]bs. 3 Satz 1 EEG 2004 um jeweils 2 ct pro Kilowattstunde, soweit es sich um Strom i.S. von § 3 [X.]bs. 4 [X.] handelt und ein entsprechender qualifizierter Nachweis erbracht wird. Strom i.S. dieser Vorschrift ist nach § 3 [X.]bs. 4 Satz 1 [X.] das rechnerische Produkt aus Nutzwärme (d.h. aus einem [X.]-Wärme-Kopplungsprozess ausgekoppelte Wärme, die außerhalb der KWK-[X.]nlage für die Raumheizung, die Warmwasserbereitung, die Kälteerzeugung oder als Prozesswärme verwendet wird; § 3 [X.]bs. 6 [X.]) und der [X.] (d.h. Verhältnis der [X.] zur [X.] in einem bestimmten Zeitraum; § 3 [X.]bs. 7 Satz 1 [X.]) der KWK-[X.]nlage.

Damit bringt der Gesetzgeber in § 8 [X.]bs. 3 Satz 1 EEG 2004 zum [X.]usdruck, dass es sich bei dieser Erhöhung um ein zusätzliches Entgelt für den gelieferten Strom --und nicht um Entgelt für bestimmte [X.] des [X.] an [X.] handelt. [X.]uch die Überschrift zu § 8 EEG 2004 "Vergütung für Strom aus [X.]iomasse" weist darauf hin, dass in § 8 EEG 2004 --und damit auch in § 8 [X.]bs. 3 Satz 1 EEG 2004-- die Höhe der Vergütung "für Strom" geregelt wird.

(2) Die Gesetzesmaterialien bestätigen dies.

Nach der Gesetzesbegründung zu § 8 [X.]bs. 3 EEG 2004 soll ein Technologiebonus gezahlt werden, der dem Interesse Rechnung trägt, einen spezifischen [X.]nreiz zum Einsatz innovativer, besonders energieeffizienter [X.]nlagetechniken zu setzen ([X.]TDrucks 15/2327, S. 30). Es soll eine "erhöhte Vergütung ... für den Strom" zu zahlen sein, der in [X.]nlagen gewonnen werde, die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen und der Nutzung durch Dritte zuführen ([X.]TDrucks 15/2327, S. 30).

(3) Dem widerspricht entgegen der [X.]nsicht der Klägerin nicht, dass nach § 27 [X.]bs. 4 [X.] i.V.m. [X.]nlage 3 "[X.]" zum [X.] als Voraussetzung für den [X.] eine bestimmte Wärmenutzung i.S. der Positivliste (Teil III der [X.]nlage) vorliegen muss.

[X.]bgesehen davon, dass diese Vorschriften erst ab dem 1. Januar 2009 --also nach dem [X.] in [X.] getreten sind (Teil 7 des [X.] im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 25. Oktober 2008, [X.]G[X.]l I 2008, 2074), hat der Gesetzgeber damit nicht geregelt, dass der [X.] ein Entgelt für Wärmelieferungen an Dritte darstellt. Denn der [X.] setzt danach u.a. nur eine bestimmte Wärmenutzung (z.[X.]. auch durch den [X.]etreiber selbst) nicht jedoch eine Wärmelieferung an Dritte voraus. Im Übrigen handelt es sich auch bei den Erhöhungsbeträgen nach § 27 [X.]bs. 4 [X.] um "Vergütungen ... für Strom".

(4) Dass der Stromnetzbetreiber den [X.] mithin nicht i.S. des § 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG als Dritter für die jeweilige Leistung (Wärmeabgabe) der Klägerin an deren Leistungsempfänger [X.] und [X.] gezahlt hat, zeigt sich auch daran, dass der [X.] (jedenfalls) auch dann angefallen wäre, wenn die Klägerin Wärme nur an [X.] oder nur an [X.] (oder an weitere [X.]bnehmer) abgegeben hätte, und dass für die Zahlung des [X.] und dessen Höhe z.[X.]. unerheblich war, in welchem Umfang [X.] und [X.] jeweils Wärme von der Klägerin erhalten haben.

3. Das [X.]-Urteil war danach aufzuheben.

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Der [X.] kann nicht selbst entscheiden, in welcher Höhe die unentgeltlichen [X.]n der Klägerin an [X.] und an [X.] versteuert werden müssen. Dies richtet sich nach § 10 [X.]bs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG gemäß den Grundsätzen der [X.]FH-Urteile vom 12. Dezember 2012 XI R 3/10 ([X.]FHE 239, 377, [X.]St[X.]l II 2014, 809) und vom 16. November 2016 V R 1/15 ([X.]FHE 255, 354). Die dazu erforderlichen Feststellungen hat das [X.] nachzuholen.

5. Die mündliche Verhandlung vor dem [X.] war nach dem Eingang des Schriftsatzes vom 1. Juni 2017 nicht wiederzueröffnen.

a) Nach § 121 Satz 1, § 93 [X.]bs. 3 Satz 2 [X.]O hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob eine bereits geschlossene mündliche Verhandlung wiedereröffnet wird. Das Ermessen ist allerdings auf Null reduziert, wenn durch die [X.]blehnung der Wiedereröffnung wesentliche Prozessgrundsätze verletzt würden, z.[X.]. weil anderenfalls der [X.]nspruch eines [X.]eteiligten auf rechtliches Gehör verletzt oder die Sachaufklärung unzureichend ist (vgl. z.[X.]. [X.]FH-Urteil vom 5. November 2014 IV R 30/11, [X.]FHE 248, 81, [X.]St[X.]l II 2015, 601, Rz 49, m.w.N.).

b) Zu einer solchen Entscheidung gibt der nach Schließung der mündlichen Verhandlung am 1. Juni 2017 beim [X.]FH eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom selben Tag keine Veranlassung. Der [X.] kommt --wie [X.] auch unter [X.]erücksichtigung der darin enthaltenen [X.]usführungen, die bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, zu keinem anderen Entscheidungsergebnis.

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 2/14

31.05.2017

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. November 2013, Az: 16 K 247/12, Urteil

§ 3 Abs 1b S 1 Nr 3 UStG 2005, § 10 Abs 1 S 3 UStG 2005, § 8 Abs 1 EEG 2004, § 8 Abs 3 S 1 EEG 2004, § 27 EEG 2009, § 3 Abs 4 KWKG, § 3 Abs 6 KWKG, § 3 Abs 7 KWKG, UStG VZ 2008, § 93 Abs 3 S 3 FGO, § 90 BGB, § 3 Abs 1 UStG 2005, Art 73 EGRL 112/2006, Art 15 Abs 1 EGRL 112/2006, Art 11 Teil A Abs 1 Buchst a EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.05.2017, Az. XI R 2/14 (REWIS RS 2017, 10165)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10165

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