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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Zu den Anforderungen an die Begründung einer Organklage wegen Verletzung des parlamentarischen Frage- und Informationsrechts - hier: erfolgloser Antrag im Organstreitverfahren bzgl der Verweigerung einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage - behauptete Verletzung von Art 38 Abs 1 S 2 GG nicht substantiiert dargelegt
Der Antrag wird verworfen.
Das Organstreitverfahren betrifft eine schriftliche Einzelfrage des Antragstellers an die Antragsgegnerin zu den meldeberechtigten Stellen für schutzbedürftige [X.]Staatsangehörige im Rahmen der Anordnung des [X.]und für Heimat gemäß § 23 Abs. 2, Abs. 3 in Verbindung mit § 24 AufenthG zur Aufnahme von beson[X.]gefährdeten afghanischen Staatsangehörigen aus [X.]vom 19. Dezember 2022 ([X.]Afghanistan).
1. Der Antragsteller stellte als [X.]des 20. [X.]am 30. März 2023 eine schriftliche Einzelfrage an die Antragsgegnerin. Darin bat er um Auflistung aller meldeberechtigten Stellen im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms [X.]und um Auskunft darüber, wer diese ausgewählt habe.
2. Mit Antwortschreiben vom 5. April 2023 erläuterte die Antragsgegnerin, dass sie - mithilfe der Koordination und Unterstützung der "Koordinierungsstelle der zivilgesellschaftlichen Organisationen" - in einem strukturierten Prozess die meldeberechtigten Stellen bestimme. Hinsichtlich der vom Antragsteller begehrten Liste der meldeberechtigten Stellen verwies die Antragsgegnerin auf ihre Antwort zu einer vorherigen Anfrage. Darin hatte sie unter anderem ausgeführt, dass die meldeberechtigten Stellen "aus Gründen der Sicherheit Wert darauf [legten], nicht öffentlich benannt zu werden" (vgl. BTDrucks 20/4631, S. 41).
3. Mit Schreiben vom 17. und 24. April 2023 beanstandete der Antragsteller die Ablehnung der Herausgabe der begehrten Liste und verlangte deren Hinterlegung in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages.
4. Mit ergänzendem Antwortschreiben vom 12. Mai 2023 entgegnete die Antragsgegnerin, dass auch eine Hinterlegung in der Geheimschutzstelle des [X.]nicht möglich sei. Die weit überwiegende Anzahl der meldeberechtigten Stellen lege "aus Gründen der fortgesetzten Arbeitsfähigkeit und Sicherheit vor dem Hintergrund der schwierigen Sicherheitslage in Afghanistan" nachdrücklich Wert darauf, nicht benannt zu werden. Bei Gefahr einer Bekanntgabe sei zu erwarten, dass sie von einer fortgesetzten Mitwirkung absehen würden, um Risiken für die eigene Organisation und womöglich auch für das Leben einzelner Mitarbeiter zu verhindern. Dies wiederum würde die weitere Umsetzung des Bundesaufnahmeprogramms [X.]nachhaltig beeinträchtigen, da aufgrund der Lage in [X.]die Expertise geeigneter zivilgesellschaftlicher Organisationen vonnöten sei.
Vor diesem Hintergrund überwögen das [X.]und die zu schützenden Grundrechte Dritter hier deutlich das parlamentarische Informationsrecht. Auch wenn bei einer Hinterlegung in der Geheimschutzstelle des [X.]ein nur geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens bestehe, könne noch nicht einmal dieses hingenommen werden. Im Übrigen gebe es ohnehin keine abgeschlossene Liste aller meldeberechtigten Stellen. Bei der Aufnahme und auch der etwaigen Beendigung einer Zusammenarbeit mit diesen Stellen handele es sich um einen dynamischen, nicht abgeschlossenen Prozess.
Mit seinem am 10. Juli 2023 eingegangenen Antrag im Organstreitverfahren begehrt der Antragsteller die Feststellung, dass er dadurch in seinen Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt worden sei, dass die Antragsgegnerin seine Einzelfrage nicht vollständig beantwortet habe.
Zur Begründung führt der Antragsteller aus, dass sein Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse der Antragsgegnerin überwiege, deren Gründe für die [X.]überdies unzureichend seien. Die verfassungsrechtlichen Grenzen des parlamentarischen Informations- und Fragerechts - einschließlich des Ablehnungsgrunds der Belange des Staatswohls - seien unter Berücksichtigung seiner Bedeutung im Verfassungsgefüge zu beantworten. Auch die detaillierten Regelungen zur Wahrung von [X.]in der Geheimschutzordnung des [X.]seien zu berücksichtigen. Eine Berufung auf das [X.]komme in aller Regel nicht in Betracht, wenn beiderseits wirksame Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von [X.]getroffen worden seien. Das verfassungsmäßige Frage- und Informationsrecht des [X.]und die damit verbundene Auskunftspflicht der Bundesregierung stellten eine hinreichende Grundlage für einen in der Auskunftserteilung liegenden Grundrechtseingriff dar. Die Abwägung der konkret betroffenen Belange sei vom [X.]zu überprüfen. Jedenfalls genüge es nicht, wenn die Bundesregierung sich pauschal auf einen der verfassungsrechtlichen Gründe für die Ablehnung eines Informationsersuchens berufe. Vielmehr habe sie das Vorliegen eines solchen Grundes substantiiert darzulegen.
Der Antrag im Organstreitverfahren ist unzulässig. Der Antragsteller hat entgegen § 64 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG nicht hinreichend dargelegt, dass er durch die Antwort der Antragsgegnerin auf seine Einzelfrage vom 30. März 2023 in seinen Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt sein könnte.
Für die Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die von dem Antragsteller gemäß § 64 Abs. 1 BVerfGG behauptete Verletzung oder unmittelbare Gefährdung seiner verfassungsmäßigen Rechte unter Beachtung der vom [X.]entwickelten Maßstäbe nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl. [X.]138, 256 <259 Rn. 6>; 140, 1 <21 f. Rn. 58>; 151, 191 <199 Rn. 22>; 166, 93 <146 Rn. 146>; stRspr). Dabei ist gemäß § 64 Abs. 2 BVerfGG im Antrag die Bestimmung des Grundgesetzes zu bezeichnen, gegen die durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners verstoßen wird. Weiter ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG substantiiert darzulegen, dass ausgehend von der benannten Verfassungsbestimmung die Möglichkeit der behaupteten Rechtsverletzung besteht (vgl. [X.]24, 252 <258>; 134, 141 <195 Rn. 161>; 166, 93 <146 Rn. 146>). Denn auch im [X.]ist eine über die bloße Bezeichnung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 64 Abs. 1 und Abs. 2 BVerfGG hinausgehende nähere Substantiierung der Begründung der behaupteten Rechtsverletzung erforderlich (vgl. Barczak, in: ders., BVerfGG, 2018, § 64 Rn. 42; siehe auch [X.]24, 252 <258>; 134, 141 <195 Rn. 161>).
Nach diesen Maßstäben fehlt es im vorliegenden Fall an der hinreichenden Darlegung der Möglichkeit einer Verletzung des Antragstellers in seinen Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG.
Das Vorbringen des Antragstellers erschöpft sich in der Wiedergabe vom [X.]entwickelter Maßstäbe zu möglichen, der Beantwortung einer Anfrage aus dem [X.]entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen sowie der Verpflichtung der Antragsgegnerin, das parlamentarische Auskunfts- und Informationsinteresse mit derartigen Geheimhaltungsinteressen - auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Beantwortung unter den Bedingungen der Geheimschutzordnung des [X.]- abzuwägen und die etwaige Ablehnung eines Informationsersuchens zu begründen.
Der Antragsteller hat davon abgesehen, die genannten Maßstäbe auf die Beantwortung seiner Einzelfrage vom 30. März 2023 anzuwenden und sich mit den Ausführungen der Antragsgegnerin vom 5. April und 12. Mai 2023 inhaltlich auseinanderzusetzen. Insbesondere geht er nicht darauf ein, dass sich die Antragsgegnerin auf grundsätzlich anerkannte Gründe für die Verweigerung einer (vollständigen) Fragebeantwortung berufen hat, nämlich auf das [X.](vgl. hierzu [X.]156, 270 <299 f. Rn. 90 ff.>; 165, 167 <188 ff. Rn. 63 ff.>) mit Blick auf die Fortsetzung des Bundesaufnahmeprogramms [X.]und auf Grundrechte Dritter (vgl. hierzu [X.]147, 50 <142 Rn. 236 und 145 f. Rn. 244 f.> m.w.N.), nämlich der meldeberechtigten Stellen und ihrer Mitarbeitenden. Der Antragsteller erläutert nicht, ob und gegebenenfalls weshalb seiner Ansicht nach diese Verweigerungsgründe nicht einschlägig sein oder jedenfalls die Geheimhaltung der erfragten meldeberechtigten Stellen nicht rechtfertigen können sollten. Daher ist ausgehend von seinem Vortrag die Möglichkeit der behaupteten Rechtsverletzung nicht hinreichend erkennbar.
Meta
08.04.2025
Bundesverfassungsgericht 2. Senat
Beschluss
Sachgebiet: BvE
Art 38 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 63 BVerfGG, § 64 Abs 1 BVerfGG
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.04.2025, Az. 2 BvE 7/23 (REWIS RS 2025, 2638)
Papierfundstellen: REWIS RS 2025, 2638
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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