Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.10.2010, Az. II S 8/09

2. Senat | REWIS RS 2010, 2612

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Gegenstand

Vertretungszwang vor dem BFH auch bei Anhörungsrüge verfassungsgemäß - Grundrechtsschutz in gerichtlichen Verfahren - Keine Gerichtsgebühren für Gegenvorstellung


Tatbestand

1

I. Der Senat hat durch Beschluss vom 30. Januar 2009 in dem Verfahren [X.]/08 eine Beschwerde der Kläger, Beschwerdeführer und Rügeführer (Kläger) wegen fehlender Statthaftigkeit sowie Nichtbeachtung des [X.]s als unzulässig verworfen. Mit ihrer Beschwerde hatten sich die Kläger gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Grundsteuerbescheids des Beklagten, Beschwerdegegners und Rügegegners (Finanzamt) durch das Finanzgericht gewandt. Dieses hatte die Beschwerde an den [X.] ([X.]) nicht zugelassen.

2

Gegen den Beschluss des Senats haben die selbst nicht postulationsfähigen Kläger in eigener Person "Einspruch, Widerspruch, Erinnerung und Rechtsbeschwerde" eingelegt und geltend gemacht, der Beschluss sei aus formellen Gründen nichtig, verstoße, soweit er auf dem [X.] vor dem [X.] beruhe, gegen [X.] Verfassungs- und Europarecht und verletze ihr rechtliches Gehör.

Entscheidungsgründe

3

II. Die von den Klägern gegen den Beschluss vom 30. Januar 2009 [X.]/08 eingelegten Rechtsmittel des "Einspruchs, Widerspruchs, der Erinnerung und der Rechtsbeschwerde" sind sämtlich unzulässig und deshalb zu verwerfen.

4

1. Mit dem Beschluss vom 30. Januar 2009 ist letztinstanzlich entschieden, dass den Klägern kein Anspruch auf AdV zusteht. Rechtsmittel gegen den Beschluss sind nicht mehr gegeben. Eine weitere Entscheidung des [X.] in dieser Sache ist deshalb nicht möglich.

5

2. Statthaft ist zwar die Anhörungsrüge nach § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO), soweit die Kläger einen Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen. Sie ist aber ebenfalls allein schon deswegen als unzulässig zu verwerfen, weil die Kläger wiederum nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer vertreten sind und damit auch in diesem Verfahren den [X.] nach § 62 Abs. 4 FGO nicht beachtet haben. Der [X.] gilt auch für die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 133a FGO ([X.]-Beschlüsse vom 25. Mai 2009 [X.]/08, [X.]/NV 2009, 1450, und vom 22. Juli 2010 [X.], nicht amtlich veröffentlicht; vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 62 FGO [X.]). Denn nach § 62 Abs. 4 Satz 2 FGO gilt der [X.] für alle Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem [X.] eingeleitet wird.

6

Entgegen der Rechtsansicht der Kläger greift der in Verfahren vor dem [X.] geltende [X.] nicht in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen ein. Nach ständiger Rechtsprechung verstößt er insbesondere nicht gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG); denn die Anrufung des [X.] wird dadurch weder unzumutbar noch in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise erschwert (vgl. m.w.N. [X.]-Beschluss vom 8. Februar 2008 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 968, sowie Beschluss des [X.] vom 11. Oktober 1976 1 BvR 373/76, [X.] 1977, 33). Aus diesem Grund liegt auch keine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG vor, dem im Rahmen des Grundrechtsschutzes in gerichtlichen Verfahren lediglich eine [X.] zukommt. Im Übrigen gehört auch das Prozessrecht zur verfassungsmäßigen Ordnung, die vom Grundrechtsträger bei der Wahrnehmung seines Freiheitsrechtes zu beachten ist.

7

Der [X.] stellt auch keinen Verstoß gegen die [X.] dar. Denn diese nimmt den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit, aus verfahrensökonomischen Gründen vor bestimmten Gerichten einen [X.] vorzusehen (vgl. [X.] in Tettinger/[X.], [X.] der [X.], 2006, Art. 47 Rz 72).

8

3. Das Gegenvorstellungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (vgl. [X.]-Beschluss vom 14. November 2006 [X.], [X.]/NV 2007, 474).

9

Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (vgl. Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes --Kostenverzeichnis--).

Meta

II S 8/09

07.10.2010

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend BFH, 30. Januar 2009, Az: II B 164/08, Beschluss

§ 133a FGO, § 62 Abs 4 FGO vom 12.12.2007, § 62a FGO, Art 19 Abs 4 GG, Art 103 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, EUGrdRCh, § 1 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.10.2010, Az. II S 8/09 (REWIS RS 2010, 2612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2612

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