Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.08.2016, Az. I-20 U 107/15

20. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 6225

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Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 03. Juli 2015 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf, Az. 38 O 133/14, abgeändert und die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

G r ü n d e :

A.

Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf, Az. 38 O 133/14 (Bl. 192 ff. GA), Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Durch dieses Urteil hat das Landgericht die Beklagte dazu verurteilt, es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, Portierungsaufträge von Kunden über Schnittstellen der X. GmbH (insbesondere ESAA oder WITA) erneut einzustellen oder einstellen zu lassen, wenn der Endkunde von der dem Portierungsauftrag zugrundeliegenden Kündigung des Festnetzanschlusses bei der X. GmbH mit einer neuen Willenserklärung Abstand genommen hat und der Portierungsauftrag durch die X. GmbH bereits aufgrund dieser neuen Willenserklärung des Kunden abgelehnt und dies entsprechend mitgeteilt worden ist und für ein erneutes Einstellen des Portierungsauftrages keine neue, jüngeren Willenserklärung hinsichtlich der Kündigung des Festnetzanschlusses des Kunden vorliegt. Des Weiteren hat das Landgericht die Beklagte im Hinblick auf die zu unterlassende Handlung zur Auskunft und zur Zahlung von vorgerichtlich angefallenen anwaltlichen Abmahnkosten in Höhe von 1.973,90 € nebst Zinsen verurteilt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausführt, dass es gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 UWG örtlich zuständig sei. Als Erfolgsort in diesem Sinne sei der Anschlussort, d.h. der Wohnsitz des Kunden anzusehen, da das Verhalten der Beklagten darauf ziele, den bisherigen Festnetzanschluss auf sich übertragen zu lassen. Einer der von der Klägerin in der Klageschrift aufgeführten Kunden, Herr M., dessen Festnetzanschluss von dem beanstandeten Verhalten betroffen worden sein soll, sei in D. und damit im Landgerichtsbezirk Düsseldorf wohnhaft. Die Klage sei auch im Übrigen zulässig. Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Klägerin im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG sei nicht erkennbar. Soweit die Klägerin das einstweilige Verfügungsverfahren zunächst vor dem Landgericht Heilbronn anhängig gemacht habe, so habe dies den Erlass der einstweiligen Verfügung abgelehnt und die Klägerin dort keinen vorläufigen Rechtsschutz erhalten. Das Hauptsacheverfahren sei schon deshalb für die Klägerin nicht vermeidbar erschienen. Unschädlich sei auch, dass die Klägerin die vorliegende Hauptsacheklage nicht vor dem im Eilverfahren angerufenen Gericht erhoben und das Verfügungsverfahren in der Klageschrift nicht erwähnt habe. Auch würden die Justizressourcen durch den Wechsel des Gerichts nicht über Gebühr in Anspruch genommen. Mit Sachverhalten, die mit der Rufnummernportierung zusammenhängende Einzelheiten zum Gegenstand hätten, seien eine Vielzahl von Gerichten, auch das erkennende Gericht, bereits befasst gewesen. Beschwernisse der Beklagten, die aus der Wahl von Düsseldorf als Hauptsachegericht resultieren würden, seien nicht ersichtlich.

Die Unterlassungsklage sei aus den Gründen der in Parallelverfahren der Klägerin gegen andere Telekommunikationsanbieter ergangenen Urteile des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27.11.2014 (15 U 56/14, Anlage K 11) bzw. des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28.08.2013 (Anlage K 12) aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 UWG begründet, da das angegriffene Verhalten eine gezielte Mitbewerberbehinderung darstelle. Damit sei die Beklagte zur Auskunftserteilung, zum Schadensersatz und zur Erstattung der Abmahnkosten verpflichtet. Die gemeinsame Nutzung der elektronischen Schnittstellen diene dazu, dass sich die verschiedenen Netzbetreiber über Erklärungen in Kenntnis setzten, die der Kunde ihnen gegenüber abgegeben habe. Es komme insoweit nicht darauf an, ob die Beklagte Mitglied des Arbeitskreises der Telekommunikationsnetzbetreiber und –hersteller (AKNN) sei, der das der Rufnummernportierung zugrundeliegende Regelwerk  (Spezifikation administrative und betriebliche Abläufe beim Wechsel des Teilnehmernetzbetreibers, Version 7.0.0. und Spezifikation der elektronischen Schnittstellen zum Austausch von Auftragsdaten des TNB/VNB-Wechsels, Version 4.0.0, Anlagen K 4 und 5) entwickelt habe, da sie sich diesem Regelwerk unterworfen habe und die dortigen Vereinbarungen wie jeder Anbieter nutze, um auf diese Weise ihre vertraglichen Pflichten gegenüber ihren Kunden erfüllen zu können. Werde durch die standardisierte Mitteilung „SON“ von der Klägerin somit gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass eine zeitlich dem Auftrag des Kunden an die Beklagte nachfolgende Erklärung des Kunden vorliege (Widerruf der Kündigung des Festnetzanschluss und des Portierungsauftrags), ziele ein neuer Portierungsauftrag ohne vorherigen Kontakt zum Kunden, also eine Wiederholung des ersten Auftrags, auf eine Verdrängung der Klägerin durch Irreführung. Hierdurch werde der Eindruck erweckt, der Kunde habe sich erneut anders entschlossen und doch wieder der Beklagten zugewandt, was theoretisch möglich sei. Dabei sei als unstreitig anzusehen, dass die Beklagte sich so verhalten habe. Es bedürfe keiner Aufklärung, ob in sämtlichen von der Klägerin genannten Einzelfällen die Beklagte so verfahren sei. Denn die Wiederholungsgefahr ergebe sich jedenfalls aus dem Vortrag der Klägerin zum Kunden M., wonach die Beklagte nach Widerruf der Kündigung des Festnetzanschlusses der Klägerin und des Portierungsauftrags durch den Kunden am 07.09.2013 und der Mitteilung desselben an die Beklagte durch die SON-Mitteilung vom 07.09.2013 zwei weitere Male (am 08.01.2014 und 14.01.2014) Portierungsanträge gestellt habe, ohne wieder mit dem Kunden in Kontakt getreten zu sein. Die Beklagte möge bestreiten, dass ein Kunde der Klägerin erklärt habe, dass er von der Portierung und Kündigung Abstand nehmen und weiterhin den Telefonanschluss bei der Klägerin beziehen wolle. Vor dem Hintergrund des gleichzeitigen Vorbringens, das Rückgewinnungsprogramm der Klägerin sei in diesem Fall erfolgreich gewesen, müsse aber logischerweise der Kunde M. sich nach dem 15.08.2013 gegenüber der Klägerin in diesem Sinne geäußert haben. Der Einwand der „unclean hands“ sei unbeachtlich. Zum einen sei die Klägerin zu Kontrollanrufen bei Kunden berechtigt, für die ein Anbieterwechsel angezeigt werde, zum anderen hätte auch ein Rechtsverstoß im Zusammenhang mit dem behaupteten Rückgewinnungsprogramm keinen Einfluss auf die Rechtsmäßigkeit der hier streitigen Verhaltensweise. Die Beklagte könne die Klägerin ggfs. wettbewerbsrechtlich in Anspruch nehmen. Auch bleibe das unlautere Verhalten der Beklagten, einen Vertrag durchzusetzen, an deren Erfüllung durch die Beklagte der Kunde kein Interesse mehr habe, unbeeinflusst von einem etwaigen Fehlverhalten der Klägerin.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der form- und fristgemäß eingelegten und innerhalb der antragsgemäß verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens rügt sie die Verletzung prozessualen und materiellen Rechts.

Sie trägt vor, das Landgericht habe seine örtliche Zuständigkeit rechtsfehlerhaft gestützt auf § 14 UWG bejaht. Die Klägerin habe durch die Wahl des Gerichtsstands rechtsmissbräuchlich gehandelt. Dies zeige bereits die Einführung des Kunden Mehrtens im Hauptsacheverfahren, der im einstweiligen Verfügungsverfahren – anders als die anderen in der Klagebegründung in Bezug genommenen weiteren 12 Kunden - noch keine Erwähnung gefunden habe. Das Führen von Verfahren in Karlsruhe, Heilbronn und schließlich Düsseldorf lege nahe, dass die Klägerin die formale Zuständigkeit des § 14 Abs. 2 S. 1 UWG dazu ausnutze, ihre Rechtsposition in großen Teilen der Bundesrepublik durchzusetzen.

Die Klage sei aber auch unbegründet. Das Landgericht habe den Vortrag, dass die von der Klägerin zur Klagebegründung angeführten Kunden, mithin auch der Kunde M., der Klägerin gegenüber erklärt hätten, dass sie von der Portierung und Kündigung Abstand nehmen wollten und weiterhin den Telefonanschluss bei der Beklagten behalten wollten, unzutreffend als unstreitig angesehen. Sie, die Beklagte, habe dies vielmehr bestritten. Der vom Landgericht entscheidungsbegründend herangezogene Fall des Kunden M. sei schon deshalb nicht belastbar, weil die von der Klägerin vorgetragenen zeitlichen Abläufe unstimmig seien. Im Hinblick auf den Fall der Kundin Jahrmarkt, der erst kurz vor der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht von der Klägerin in das Verfahren eingeführt worden sei, habe sie Verspätung gerügt und bestreite den diesbezüglichen Vortrag. Hinsichtlich der Kunden S., R., Sch. und H. werde insbesondere bestritten, dass diese der Aufzeichnung von Gesprächen mit der Klägerin zugestimmt hätten.

Gegenüber dem vom 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf entschiedenen Fall lägen einige Besonderheiten vor, die das Landgericht rechtsirrig nicht beachtet habe und die schon für sich genommen dazu führten, dass eine Verdrängung der Klägerin durch Irreführung bzw. ein unlauteres Abfangen von Kunden nicht ersichtlich sei. So seien die „SON“-Mitteilungen der Klägerin an sie in vielen Fällen falsch gewesen. Sie habe bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass die Klägerin bei mehr als 30 Kunden Portierungsaufträge abgelehnt bzw. erst nach mehrmaligem Einstellen akzeptiert habe, obwohl der Klägerin diesbezüglich jeweils keine neuen Willenserklärungen der Kunden vorgelegen hätten. Sie habe den Meldungen der Klägerin damit berechtigterweise misstrauen dürfen. Es stelle eine einseitige und unangemessene Risikoverteilung auf die Beklagte dar, wenn diese sich vergewissern müsse, dass die „SON“-Angabe der Klägerin richtig sei. Eine erneute Kontaktaufnahme wäre auf ihren erneuten Portierungsauftrag vielmehr der Klägerin abzuverlangen. Auch sei zu berücksichtigen, dass sie kein Mitglied des AKNN und deshalb rechtlich nicht verpflichtet sei, sich an dessen Regeln zu halten. Sie habe sich lediglich in einigen Punkten zur Vereinfachung des Massengeschäfts und von Massenvorgängen den Regeln unterworfen. Um solche Sachverhalte handele es sich aber bei dem vorliegenden Streitgegenstand gerade nicht. Zur Lösung von juristischen Problemen seien die AKNN-Regelungen, die technische, betriebliche und organisatorische Abläufe regelten, ersichtlich nicht geschaffen, hier existiere u.a. die vorrangige Vorschrift des § 46 Abs. 9 TKG. Der „SON“-Mitteilung der Klägerin komme mangels Defintion im System der AKNN schon kein Erklärungswert zu, und zwar unabhängig davon, ob sie mit dem Zusatz „Der Endkunde widerruft die Kündigung seines Anschlusses“ versehen seien. Jedenfalls passe das Kürzel „SON“ nach Ziff. 3.1.3.1 der Spezifikation 7.0.0 nur für Ablehnungen wegen „formeller“ Unzulänglichkeiten, nicht wegen wie vorliegend rechtlicher Gründe.

Hinsichtlich der Auslegung des erneuten Portierungsauftrags sei entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung bei lebensnaher Sachverhaltsauslegung davon auszugehen, dass die Klägerin bei einer mehrfachen Nachportierung davon ausgehe, dass es sich um den ursprünglichen Portierungsauftrag handele. Es sei völlig unwahrscheinlich, dass der Kunde vier- oder fünfmal zwischen den Parteien hin- und herwechsle.

Ein unlauteres Abfangen von Kunden durch die Beklagte liege aber auch deshalb nicht vor, weil die Ablehnung der Portierungsaufträge durch die Beklagte in der streitgegenständlichen Ausgangslage unzulässig sei. Die vom 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf vertretene Rechtsansicht bezüglich der vertraglichen Situation, wonach durch den Widerruf der Kündigung gegenüber der Klägerin der alte Vertrag mit dem Kunden wieder auflebe, werde den Besonderheiten des Telekommunikationsgeschäfts (Dreiecksverhältnis und Rufnummernportierungsrecht des Kunden) nicht gerecht. Der ihr erteilte Portierungsauftrag könne vom Kunden auch nicht mehr durch einfache Erklärung gegenüber der Klägerin gekündigt werden. Selbst wenn man vom Vorliegen eines Werkvertrages ausgehe, so sei das freie Kündigungsrecht nach § 649 BGB nicht auf diesen übertragbar, da in der streitgegenständlichen Konstellation der jeweilige Mitkonkurrent, hier die Beklagte, einen wirtschaftlichen Nachteil erleide. Die Klägerin sei des Weiteren verpflichtet, den Anbieterwechsel mit Rufnummernportierung trotz eines ggfs. mittlerweile entgegenstehenden Willens des Kunden durchzuführen, da der Anbieterwechsel abgeschlossen sei, sobald der Auftrag auf Rufnummernportierung und Kündigung des Altanschlussvertrages bei dem abgebenden Anbieter, hier der Klägerin, zugegangen sei. Dieses Verständnis des Anbieterwechsels mit einer Sperrwirkung des § 46 TKG ergebe sich sowohl aus den durch die Novelle im Jahr 2012 neu eingeführten § 46 Abs. 4 S. 3 und 4 TKG für den Mobilfunksektor als auch aus einer gesetzessystematischen Auslegung. Insbesondere könne daraus, dass der Anbieterwechsel eher als „Prozess“ beschrieben werden könne, nicht gefolgert werden, er sei erst mit erfolgter Rufnummernportierung abgeschlossen. Diese sei gerade nicht Voraussetzung des Anbieterwechsels. Es könne insoweit auch nicht maßgeblich auf den Kundenwillen abgestellt werden, beim Altanbieter zu verbleiben. § 46 TKG lasse sich nicht entnehmen, dass der Kundenwille stets zu berücksichtigen sei, er sei vielmehr kunden- und wettbewerbsschützend, wobei Kundenwille und –schutz nicht deckungsgleich seien. Der Kunde sei in der vorliegenden Konstellation durchaus schutzbedürftig, da der „Widerruf“ der Kündigung des Vertrages mit der Klägerin zu einer Doppelverpflichtung des Kunden durch zwei Vertragsverhältnisse führen könne. Insbesondere im Hinblick auf die gesetzliche Regelung für Mobilfunkkunden sei nicht ersichtlich, warum die Kunden im Festnetzbereich insoweit nicht schutzbedürftig sein sollten.

Hiervon ausgehend hätte die Klägerin, wie nicht geschehen, im Rahmen ihres „Kundenrückholprogramms“ formbedürftig jedenfalls darüber aufklären müssen, dass die Kunden möglicherweise zwei Verträge zahlen müssten. Durch die Verletzung dieser Aufklärungspflicht handele die Klägerin selbst wettbewerbswidrig. Das Landgericht sei auch rechtsfehlerhaft nicht auf § 46 Abs. 7 TKG eingegangen, der über den reinen Pre-Selection-Bereich hinaus auszudehnen sei und ebenfalls ein Schriftformerfordernis für den Widerruf der Kündigung bzw. des Portierungsauftrags konstituiere. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin auch deshalb nicht schutzwürdig sei, weil sie in einer Vielzahl von Fällen Kunden in wettbewerbswidriger Weise kontaktiert habe. Hierzu trägt die Beklagte unter Bezugnahme auf das Verfahren vor dem Landgericht Bonn zu Az. 11 O 1/12 bzw. zweitinstanzlich Oberlandesgericht Köln zu Az. 6 U 29/14 näher vor.

Schließlich rügt die Beklagte gemäß § 349 Abs. 3 ZPO die fehlerhafte Besetzung des erstinstanzlichen Gerichts allein durch den Vorsitzenden entgegen dem mit Schreiben vom 12.02.2015 verweigerten Einverständnis der Beklagten mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden allein.

Die Beklagte beantragt,

wie geschehen zu erkennen.

Die Klägerin beantragt,

              die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag als zutreffend. Zu Recht habe das Landgericht ihren Vortrag zu den zeitlichen Abläufen, insbesondere den erfolgten Widerruf der Vertragskündigung und Portierungsaufträge durch die in Bezug genommenen Kunden, als unstreitig angesehen. Letzteres habe die Beklagte an einer Stelle ausdrücklich eingeräumt und an anderer nicht substantiiert bestritten, da sie sich nicht mit den als Anlagen K 7 und 8 vorgelegten Gesprächsmitschnitten und schriftlichen Bestätigungen auseinandergesetzt habe. Den Vorgang bezüglich der Kundin Jahrmarkt habe die Beklagte überhaupt nicht bestritten. Hingegen lägen die von der Beklagten behaupteten Fälle einer unberechtigten „SON“-Mitteilung der Klägerin nicht vor, da in jedem einzelnen Fall zuvor ein Widerruf der Kündigung und des Portierungsauftrages durch die Kunden erfolgt sei, wozu die Klägerin näher vorträgt. Der Verweis auf die erst nach mehrfachen Versuchen erfolgreichen Portierungen gehe fehl, da die betroffenen Fälle für die Klägerin nicht nachvollziehbar und der Vortrag damit unsubstantiiert sei und die Beklagte auch gar nicht geltend mache, dass in diesen Fällen die zunächst erfolgten „SON“-Mitteilungen erfolglos gewesen seien. Die einzelne Übersendung einer falschen „SON“-Mitteilung in einem anderen Fall könne das Verhalten der Beklagten ohnehin nicht rechtfertigen. Relevante Unterschiede zu den von den Oberlandesgerichten Düsseldorf und Karlsruhe bereits entschiedenen Fällen lägen hiernach nicht vor.

Die Ausführungen der Beklagten zu den Regelungen des AKNN lägen neben der Sache. Der Meldecode „SON“ sei in Ziff. 3.1.3.1. der Spezifikation 7.0.0. geregelt, die Meldung mit dem Zusatz „Kunde widerruft die Kündigung des Anschlusses“ aber auch vom Erklärungsgehalt her eindeutig. Auf die Funktion der Regelungen des AKNN komme es nicht an, da hier wettbewerbsrechtliche Vorschriften zur Anwendung kämen und die Normen der Spezifikationen nicht die Grundlage des hiesigen Streites bildeten.

Es bestehe keine Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung der Portierung gegen den erklärten Willen des Kunden. Die Beklagte sei zur Stellung weiterer Portierungsaufträge nach der Widerrufserklärung des Kunden nicht berechtigt, da seine Botenvollmacht, aber auch ein etwaiger Geschäftsbesorgungsvertrag widerrufen sei. Der Kunde könne auch noch bis zu dessen Durchführung von dem von ihm gegenüber der Klägerin beauftragten Portierungsauftrag Abstand nehmen. Die vom Beklagten gegen die diesbezügliche Rechtsprechung zweier Senate des Oberlandesgericht Düsseldorfs angeführten Argumente überzeugten nicht, insbesondere sei der neue Teilnehmernetzbetreiber, vorliegend die Beklagte, nicht Vertragspartner des werksvertragsähnlichen Vertrags über die Portierung, so dass sie nicht Empfängerin der Kündigungserklärung sein müsse; etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Spezifikationen. Eine Verpflichtung zur Portierung sei auch nicht aus § 46 TKG begründet. Der Anbieterwechsel sei ein tatsächlicher Prozess, der bis zu seinem Abschluss durch die Portierung der Rufnummer andauere, wie sich einer Auslegung etwa dem Wortlaut von § 46 Abs. 1 S. 2 TKG entnehmen lasse. Da der „Portierungsvertrag“ als Werkvertrag ebenfalls vertragliche Voraussetzung des Anbieterwechsel sei, könne er bis zu seiner Durchführung gekündigt werden. Eine andere Auslegung sei schon deshalb nicht vertretbar, weil sie das Kündigungsrecht aus § 649 Abs. 1 BGB beseitigen würde, das nur durch eine explizite Regelung ausgeschlossen werden könne. Ein etwaiger wirtschaftlicher Nachteil für Mitbewerber sei unerheblich, vielmehr sei der klare Kundenwille bis zum Abschluss des Anbieterwechselvorgangs entscheidend. Dies sei auch im Mobilfunkbereich nicht anders. Ein besonderes Schutzbedürfnis des Kunden bestehe nicht, insbesondere sei die Ausgangssituation nicht mit der bei Abschluss mehrerer Mobilfunkverträge vergleichbar, da der Kunde nur einen Festnetzanschluss habe und auch nur einen Anschluss zahlen müsse. Bei einer Doppelverpflichtung befände er sich lediglich gegenüber einem Anbieter im Annahmeverzug, was aber keinen Schadensersatzanspruch begründe. Auch wisse der Kunde, dass er den Vertrag mit dem Neuanbieter beenden müsse; hierauf weise die Klägerin ausweislich der vorgelegten Gesprächsmitschnitte auch stets hin. Dass Verträge von Kunden mit der Beklagten bei der „Kundenrückgewinnung“ durch die Beklagte nicht mehr widerruflich gewesen seien, habe die Beklagte nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, da die Widerrufsfrist erst mit Zugang des Auftragsbestätigungsschreibens der Beklagten begonnen habe. Hiervon abgesehen verbiete das Gesetz doppelte Vertragsabschlüsse nicht und würde ein Ausschluss der Widerruflichkeit von Portierungsanträgen in den hier streitgegenständlichen Fällen auch nichts an der Doppelverpflichtung ändern.

Beratungs- und sonstige Nebenpflichten habe die Klägerin den Kunden gegenüber nicht verletzt; dies wäre aber auch nicht entscheidungserheblich, weil es allenfalls Schadensersatzansprüche des Kunden zur Folge hätte, aber nicht zur Nichtigkeit des Widerrufs der Kündigung führe. Die Beklagte könnte sich auch nicht auf das Schriftformerfordernis des § 46 Abs. 7 TKG berufen, da diese nur für die Einrichtung oder Änderung der Pre-Selection gelte; eine doppelte planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung zulassen könne, gebe es nicht. Im Übrigen sei das Textformerfordernis im Hinblick auf die vorgelegten schriftlichen Erklärungen (Anlage K 8) auch erfüllt. Der Vortrag der Beklagten zum Umfang von sog. Cold Calls bei Kunden sei unzutreffend und betreffe nicht die hier streitgegenständlichen Fälle. Hiervon abgesehen würde auch ein Verstoß gegen § 7 UWG nicht zu einer Nichtigkeit des Widerrufs führen. Das Führen von Verifizierungsgesprächen mit den Kunden nach einer vermeintlichen Kündigung sei im Übrigen nicht zu beanstanden.

Wegen des Parteienvorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung insgesamt.

I.

Die Klage ist zulässig.

1.

Die vom Landgericht angenommene örtliche Zuständigkeit ist durch das Berufungsgericht nicht zu überprüfen, da nach § 513 Abs. 2 ZPO die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

Es kann dahinstehen, ob die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit in der Berufung abweichend vom Gesetzeswortlaut ausnahmsweise gerügt werden kann, wenn diese willkürlich ist (so OLG Oldenburg NJW-RR 1999, 865; KG NJW-RR 1987, 1203, dagegen Zöller-Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 513 Rn. 10). Denn das Landgericht hat die örtliche Zuständigkeit jedenfalls nicht willkürlich angenommen, da es sich ausführlich mit der streitigen Frage auseinandergesetzt hat, ob Erfolgsort der angegriffenen Handlungen der im Landgerichtsbezirk Düsseldorf gelegenen Ort des Festnetzanschlusses des  Kunden M. war.

2.

Die Klage ist auch nicht rechtsmissbräuchlich erhoben.

a)

Missbräuchlich handelt, wer sich bei der Geltendmachung von Abwehransprüchen von sachfremden Absichten leiten lässt, die als beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2009, 1180 Rn. 20 – 0,00 Grundgebühr; BGH GRUR 2012, 286 Rn. 13 – Suchrubrik; BGH GRUR 2012, 730 Rn. 14 – Bauheizgerät). Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände beurteilt werden (BGH GRUR 01, 354, 355 – Verbandsklage gegen Vielfachabmahner).

b)

Die Erhebung der Hauptsacheklage vor dem Landgericht Düsseldorf, obgleich das einstweilige Verfügungsverfahren zuvor vor dem Landgericht Heilbronn anhängig gemacht wurde, rechtfertigt die Annahme einer Rechtsmissbräuchlichkeit aus den zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Urteils nicht. So kann zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein missbräuchliches Vorgehen darin bestehen, dass neben dem Verfügungsverfahren zu demselben Streitgegenstand ein Hauptsacheverfahren eingeleitet wird, ohne abzuwarten, ob der Antragsgegnerin nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung eine Abschlusserklärung abgibt (BGH GRUR 2000, 1091, 1093 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Da das Landgericht Heilbronn indes den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt hatte, bestand für die Beklagte keine Grundlage für die Abgabe einer solchen Erklärung bzw. einer freiwilligen Unterwerfung im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens.

Die Wahl des Gerichtsstandes im Verfügungsverfahren bindet des Weiteren den Anspruchsinhaber für das Hauptsacheverfahren nicht. Wählt er deswegen ein anderes ebenfalls zuständiges Gericht, so macht er zunächst einmal nur von seinem Wahlrecht hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit Gebrauch (so auch OLG Köln, Urteil vom 30.09.2011, 6 U 54/11). Dass dies in missbräuchlicher Weise geschieht, ist nicht ersichtlich. Es stellt insbesondere keine unlautere Motivation dar, wenn die Klägerin sich bei einer aus einer Vielzahl von – von ihr geltend gemachten - einzelnen Verletzungshandlungen resultierenden Vielzahl ihr offenstehender Gerichtsstände sich für einen Gerichtsstand entscheidet, an dem bereits in Parallelverfahren für sie günstige Entscheidungen ergangen sind. Dies gilt auch dann, wenn sie hierfür gegenüber dem einstweiligen Verfügungsverfahren einen weiteren Verletzungsfall vortragen muss, jedenfalls soweit dieser – wie vorliegend - mit den im Verfügungsverfahren streitgegenständlichen Verletzungsfällen identisch ist.

Dass es der Klägerin darum gegangen sei, bei der Beklagten möglichst hohe Kosten oder sonstige Unannehmlichkeiten zu erzeugen, macht auch die Beklagte nicht geltend.

c)

Schließlich ist der „unclean-hands“-Einwand der Beklagten ausgeschlossen, weil jedenfalls Drittinteressen, nämlich die der Kunden, betroffen sind (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1977, 494, 497 – DERMATEX; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2015, 217 Rn. 36 sowie Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG, 34. Aufl., § 11 UWG Rn. 2.39 m.w.N.). Dies betrifft insbesondere den Einwand, die Klägerin würde gegenüber Kunden, die sie zur Rücknahme der Kündigung überredet, Aufklärungspflichten im Hinblick auf eine etwaige doppelte Vertragsbindung verletzen.

II.

Auch die Besetzungsrüge der Beklagten führt nicht zu einer Aufhebung des Urteils und einer Zurückverweisung an die Kammer für Handelssachen.

Zwar liegt ein Verfahrensfehler vor, wenn der Vorsitzende seine Zuständigkeit überschreitet und die erforderliche Beteiligung der sachkundigen Handelsrichter unterbleibt, der nach rechtzeitiger Rüge (§ 295 Abs. 1 ZPO) mit der Berufung angreifbar ist und nach § 538 ZPO zu einer Aufhebung des Urteils und einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen führen kann (Beck`scher Online-Kommentar-Fischer, ZPO, 20. Ed., § 349 Rn. 29). Die Besetzungsrüge bleibt indes ohne Erfolg. Das Landgericht hat im Beschluss vom 30.06.2015 (Bl. 187 GA) zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden auch konkludent zum Ausdruck bringen kann (BVerfGE 1998, 145, 153) und dies dadurch geschehen ist, dass ihr Prozessbevollmächtigter im Verhandlungstermin vor dem Vorsitzenden allein verhandelt und einen Sachantrag gestellt hat (vgl. OLG Köln VersR 2005, 1104 m.w.N.).

III.

Die Klage ist indes unbegründet. Die angegriffene erneute Übermittlung eines Portierungsauftrags durch die Beklagte nach Zurückweisung des ersten Portierungsauftrags durch die Klägerin mit einer sog. „SON“-Mitteilung wegen einer vom Kunden zuvor erklärten „Abstandnahme“ von der dem Portierungsauftrag zugrundeliegenden Kündigung des Festnetzanschlussvertrages mit der Klägerin und ohne erneute Willenserklärung des Kunden der Beklagten gegenüber stellt entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung keine gezielte Behinderung der Klägerin im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG in der seit dem 10.12.2015 geltenden Fassung (UWG n.F.) bzw. – wortgleich – § 4 Nr. 10 UWG in der vorangegangenen Fassung (UWG a.F.) durch unlauteres Abfangen von Kunden dar, so dass weder der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG noch die Folgenansprüche aus §§ 9 Abs. 1, 12 Abs. 1 S. 2 UWG, § 242 BGB bestehen. Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist bei Würdigung aller Umstände deshalb nicht unlauter, weil die Klägerin bei zutreffender Einordnung des § 46 Abs. 1, Abs. 4 TKG in das Interessengefüge von Wettbewerb und Kundenschutz auf den ersten Portierungsauftrag der Beklagten hin zur Portierung der Rufnummer des Kunden aus § 46 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 TKG verpflichtet und die Zurückweisung des Portierungsauftrags mit einer „SON“-Mitteilung durch die Klägerin deshalb unberechtigt war. Im Einzelnen:

1.

Bei einer Verpflichtung der Klägerin zur Rufnummernportierung unabhängig von einer „Abstandnahme“ des Kunden von der Kündigung des Vertrages ist das beanstandete Verhalten der Beklagte nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG n.F./ § 4 Nr. 10 UWG a.F.

a)

Wettbewerbswidrig ist das Ausspannen und Abfangen von Kunden, das grundsätzlich zum Wesen des Wettbewerbs gehört (BGH GRUR 2002, 548 – Mietwagenkostenersatz; BGH GRUR 2009, 500 – Beta Layout), dann, wenn besondere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten. Eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers ist dabei gegeben, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten (BGH, GRUR 2001, 1061 - Mitwohnzentrale.de; BGH, GRUR 2009, 500 - Beta Layout). Eine solche unangemessene Einwirkung auf den Kunden liegt vor, wenn sich der Abfangende in unlauterer Weise zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses, die Waren oder Dienstleistungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufzudrängen (BGH, GRUR 2009, 876 - Änderung der Voreinstellung II). Als unlautere Maßnahmen kommen dabei solche Verhaltensweisen in Betracht, die in erster Linie nicht auf die Förderung eigener wettbewerblicher Ziele, sondern ihrem Charakter nach auf eine Behinderung eines Mitbewerbers gerichtet sind, indem der Kunde unzumutbar belästigt (§ 7 UWG), unter Druck gesetzt oder sonst unangemessen unsachlich beeinflusst (§ 4 Nr. 1 UWG) oder irregeführt (§§ 5, 5a UWG) wird, oder wenn die Maßnahmen auf die Verdrängung des Mitbewerbers abzielen (BGH, GRUR 2009, 416 - Küchentiefstpreis-Garantie; Köhler/Bornkamm-Köhler, a. a. O., § 4 Rn. 4.25 m.w.N.).

In diesem Sinne ist es in der Rechtsprechung als unlauter qualifiziert worden, wenn Kundenaufträge oder -anfragen an einen Mitbewerber unterdrückt oder auf sich umgeleitet werden (OLG Köln, WRP 2007, 1008), wenn ein Reseller von Telekommunikationsdienstleistungen ohne entsprechenden Pre-Selection-Auftrag (z.B. weil dieser bereits widerrufen worden ist) eines Fernsprechteilnehmers die Umstellung seines Telefonanschlusses auf eine neue Verbindungsbetreiberkennzahl und damit auf einen neuen Anbieter veranlasst (OLG Düsseldorf MMR 2009, 565; OLG Frankfurt WRP 2009, 348) oder wenn der Auftrag eines Kunden, eine Voreinstellung des Telefonanschlusses (Pre-Selection) in der Weise zu erbringen, dass (auch) Telekommunikationsdienstleistungen eines anderen Anbieters in Anspruch genommen werden können, auftragswidrig bewusst so ausgeführt wird, dass nicht die Dienstleistungen des anderen Anbieters, sondern (nur) die eigenen in Anspruch genommen werden können (BGH, GRUR 2009, 876 - Änderung der Voreinstellung II).

b)

Nach diesen Grundsätzen kann demzufolge auch eine Verhalten unlauter sei, bei dem nicht unangemessen auf den Kunden eingewirkt wird und die Maßnahme nicht unmittelbar auf eine Änderung des Kundenentschlusses gerichtet sind, sondern derjenige, der eine zur Ausführung des Entschlusses des Kunden notwendige Mitwirkungshandlung vornehmen muss, diese weisungswidrig so vornimmt, dass der Kunde auf sein Unternehmen umgelenkt wird (vgl. BGH, GRUR 2007, 987 - Voreinstellung I; BGH, GRUR 2009, 876 - Voreinstellung II). In gleicher Weise liegt eine unangemessene Einwirkung vor, wenn der Werbende unter Vorspiegelung einer tatsächlich nicht abgegebenen Willenserklärung des Kunden eine Handlung gegenüber dem Mitbewerber vornimmt, die darauf abzielt, den Kunden auf sein Unternehmen umzulenken (so auch der 15. Zivilsenat des OLG Düsseldorf im Urteil vom 27.11.2014, I-15 U 56/14 – Portierungsaufträge, Anlage K 11, zitiert nach juris, Rn. 63), wie dies bei der Erwirkung einer unberechtigten Rufnummernportierung unter Vorgabe tatsächlich nicht existierender Kundenerklärungen der Fall wäre.

c)

Eine Einstufung des Verhaltens der Beklagten als unlauter ist – insoweit ebenfalls der bereits zitierten Entscheidung des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf (dort Rn. 77) folgend – aber jedenfalls dann nicht gerechtfertigt ist, wenn entweder Kündigung und Portierungsauftrag des Kunden schon zivilrechtlich wirksam fortbestanden hätten oder die Klägerin selbst bei einer "Abstandnahme" des Kunden vom Anbieterwechsel gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, die Rufnummernübertragung - auch gegen den zwischenzeitlich geänderten Willen des Kunden - durchzuführen. Denn in beiden Fällen hätte die Klägerin letztlich ohnehin den Anbieterwechsel mit Portierung vornehmen müssen, so dass die zweite Übermittlung von Kündigung und Portierungsauftrag zwar – was dahinstehen kann - irreführenden Charakter haben könnte, die Beklagte sich aber dann bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht in unangemessener Weise zwischen die Klägerin und den Kunden gedrängt hätte, sondern stattdessen die Zurückweisung der Rufnummernportierung durch die Klägerin unberechtigt gewesen wäre.

2.

Dahinstehen kann, ob sich die Klägerin mit dem zunächst wechselwilligen Kunden in den hier streitgegenständlichen Fällen wirksam über die Fortsetzung des Festnetzanschlussvertrages einigen konnte und geeinigt hat. Denn die Klägerin war aus § 46 Abs. 4 S. 1 TKG gesetzlich zur Portierung der Rufnummer verpflichtet.

Nach § 46 Abs. 4 S. 1 TKG müssen Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten, um den Anbieterwechsel nach Absatz 1 zu gewährleisten, insbesondere sicherstellen, dass ihre Endnutzer ihnen zugeteilte Rufnummern bei einem Wechsel des Anbieters von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten entsprechend Absatz 3 beibehalten können.

Das Gesetz definiert in § 46 Abs. 1, Abs. 4 TKG den Begriff des Anbieterwechsels allerdings nicht. Die Auslegung des § 46 TKG, insbesondere der Rückgriff auf den der Regelung in § 46 Abs. 4 S. 3 und S. 4 TKG zugrundeliegenden Rechtsgedanken führt nach Auffassung des Senats entgegen der bisher in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung dazu, dass der Anbieterwechsel in rechtlicher Hinsicht mit Zugang der Kündigung des Altvertrages und deren Wirksamwerden gekoppelt mit dem (ersten) Portierungsauftrag des neuen Vertragspartners dergestalt beendet ist, dass die Klägerin zur Portierung verpflichtet ist (so im Ergebnis auch Landgericht Köln, Urteil vom 20.12.2012, Az. 31 O 292/12; Geppert/Schütz-Büning, Beck´scher TKG-Kommentar, 4. Aufl., Rn. 10, 16; Kiparski/Thoenes, MMR 2014, 472).

a)

Seinem Wortlaut nach impliziert der Begriff Anbieterwechsel lediglich, dass der Teilnehmer den Vertrag mit einem Anbieter beendet und einen neuen Vertrag mit einem anderen Anbieter begründet, wobei zwischen der Beendigung des einen und der Begründung des neuen Vertrages ein erkennbarer Zusammenhang bestehen muss (so auch Geppert/Schütz-Büning, a.a.O., § 46 Rn. 10). Diese Voraussetzungen liegen bereits bei Eingang des ersten Portierungsauftrags in Verbindung mit der Kündigungserklärung des Kunden betreffend den Festnetzanschlussvertrag mit der Klägerin vor, so dass nach dem bloßen  Wortverständnis der Anbieterwechsel im eigentlichen Sinne zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen ist, zumal die Rufnummernportierung kein zwingender Bestandteil des Anbieterwechselprozesses ist, sondern lediglich ein verzichtbares Recht des Kunden. Streit besteht zwischen den Parteien allerdings dahingehend, ob die faktische Umsetzung des Anbieterwechsels im vorstehend aufgezeigten Wortsinn durch die Rufnummernportierung noch als Bestandteil des „Anbieterwechsels“ im Sinne des § 46 Abs. 4 S. 1 TKG anzusehen ist.

b)

Eine Auslegung des § 46 TKG gebietet entgegen der von der Klägerin sowie den bislang hierzu ergangenen oberlandesgerichtlichen Entscheidungen nicht zwingend, den Anbieterwechsel rechtlich als einen tatsächlichen Prozess anzusehen, der bis zu seinem vollständigen Abschluss andauert und bis dahin ohne Weiteres unterbrochen werden kann.

aa)

Zunächst heißt es in § 46 Abs. 1 S. 1 TKG, dass bei einem Anbieterwechsel die genannten Normadressaten sicherstellen müssen, dass die Leistung des abgebenden Unternehmens gegenüber dem Teilnehmer nicht unterbrochen wird, bevor die vertraglichen und technischen Voraussetzungen für einen Anbieterwechsel vorliegen, es sei denn, der Teilnehmer verlangt dieses. Dies lässt nicht den Schluss zu, dass die Rufnummernportierung Bestandteil des Anbieterwechsels ist. Das Verbot einer Leistungsunterbrechung besteht im Zeitraum bis zur Erfüllung der vertraglichen und technischen Voraussetzungen für den Anbieterwechsel. In der Gesetzesbegründung heißt es diesbezüglich, dass den betroffenen Unternehmen durch § 46 Abs. 1 S. 1 TKG der entsprechende Zeitraum zur Verfügung gestellt wird, die vertraglichen und technischen Voraussetzungen für einen reibungslosen Wechsel des Teilnehmers zu prüfen, während gleichzeitig eine vorzeitige Versorgungsunterbrechung während dieses Vorbereitungszeitraums ausgeschlossen werde (BT-Drs. 17/5707, S. 69). „Bei einem Anbieterwechsel“ meint mithin in § 46 Abs. 1 S. 1 TKG im Rahmen dieser Vorbereitungsphase. Damit ist klargestellt, dass es sich bei der Rufnummernportierung nicht um eine technische Voraussetzung des Anbieterwechsels im Sinne dieser Vorschrift handelt, denn diese findet nicht in diesem Vorbereitungszeitraum, der der Prüfung der Voraussetzungen durch den abgebenden Anbieter dient, statt, sondern erst im Rahmen der faktischen Umsetzung (Umstellungszeitraum). Technische Voraussetzungen in diesem Kontext sind nur solche, die eine Rufnummernportierung erst ermöglichen.

bb)

Auch aus § 46 Abs. 1 S. 2 TKG, wonach bei einem Anbieterwechsel der Dienst des Teilnehmers nicht länger als einen Kalendertag unterbrochen werden darf, lässt sich nicht zwingend der Schluss ableitet, die praktische Umsetzung des Anbieterwechsels sei auch noch ein Bestandteil desselben im rechtlichen Sinne. Zwar fällt die Unterbrechung in den Zeitraum der praktischen Umsetzung des Anbieterwechsels, d.h. naturgemäß in den Umstellungs- und nicht mehr in den sog. Vorbereitungszeitraum. Es heißt auch nicht nach einem Anbieterwechsel, womit klargestellt wäre, dass dieser zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist. Die Formulierung bei lässt aber – anders als dies etwa bei der Formulierung während der Fall wäre – nicht den sicheren Schluss zu, dass der Anbieterwechsel zu diesem Zeitpunkt noch andauert, da bei auch im Sinne von „aus Anlass“ ausgelegt werden kann. Hinzu kommt, dass wie ausgeführt die Formulierung „bei einem Anbieterwechsel“ in Abs. 1 S. 1 sich ausschließlich auf den Vorbereitungszeitraum bezieht. Dass der Gesetzgeber durch die gewählte Formulierung in Abs. 2 S. 1 eine Definition des Begriffs des „Anbieterwechsels“ hätte vornehmen wollen, ist deshalb fernliegend.

cc)

Aus denselben Erwägungen lässt sich auch nicht aus § 46 Abs. 1 S. 3 TKG , der den Fehlschlag des Wechsels innerhalb der Satz 2 genannten Frist in Bezug nimmt, zwingend entnehmen, der Gesetzgeber wolle rechtlich den Begriff des Anbieterwechsels definieren. Zwar bezieht sich die Formulierung „Fehlschlag des Wechsels“ auf einen Zeitraum, der nicht dem sog. Vorbereitungszeitraum, sondern dem Umstellungszeitraum zugeordnet ist (vgl. auch BT-Drs. 17/5707 S. 69), und könnte deshalb mehr noch als Satz 2 selbst zur Begründung der Annahme herangezogen werden, die Umstellungsphase sei Bestandteil des Anbieterwechsels, wie er in § 46 Abs. 4 S. 1 TKG in rechtlicher Hinsicht gemeint ist. Auch insoweit gilt aber, dass sich der Gesetzesbegründung keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber gerade hier den Begriff des „Anbieterwechsels“ einheitlich rechtlich definieren wollte.

Dass in der Gesetzesbegründung die Rufnummernportierung einleitend als Bestandteil des „gesamten Anbieterwechselprozesses“ bezeichnet wird, könnte vielmehr zur Argumentation dafür herangezogen werden, dass der Gesetzgeber zwischen dem Anbieterwechselprozess und Anbieterwechsel unterschiede, diese mithin nicht deckungsgleich seien. Eine unscharfe Verwendung der Bezeichnungen würde dann erklären, warum in Satz 3 von einem „Wechsel“ die Rede ist, während ein Zeitpunkt im Rahmen des „Anbieterwechselprozesses“ gemeint sei.

c)

Dafür, den Anbieterwechsel in rechtlicher Sicht mit dem Zugang der entsprechenden Willenserklärungen bei der Klägerin als abgeschlossen anzusehen, spricht demgegenüber die gesetzlich vorgesehene enge Koppelung des Rechts auf Rufnummernportierung im Festnetzbereich an die Beendigung des Vertrages mit dem abgebenden Anbieter. § 46 Abs. 4 S. 3 TKG sieht vor, dass für die Anbieter öffentlicher Mobilfunkdienste Satz 1 mit der Maßgabe gilt, dass der Endnutzer jederzeit die Übertragung der zugeteilten Rufnummer verlangen kann. Jederzeit bedeutet, wie sich aus dem nachfolgenden Satz 4 ergibt, unabhängig von der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung mit dem bisherigen Anbieter und damit auch bereits vor Ablauf einer etwaigen Mindestvertragslaufzeit oder Kündigungsfrist (Geppert/Schütz-Büning, a.a.O, § 46 Rn. 66). Für den Festnetzanschlussvertrag ist es dabei auch im Rahmen der TKG-Novelle 2012 bei der Bindung des Rufnummernportierungsrechts an den Anbieterwechsel, d.h. insbesondere an die Beendigung des Vertrages mit dem Altanbieter, geblieben. Diese entscheidende Bedeutung der vertraglichen Verhältnisse für das Bestehen des Rufnummernportierungsrechts spricht für die Annahme, dass der Anbieterwechsel in rechtlicher Hinsicht mit Vorliegen gerade dieser vertraglichen Voraussetzungen als abgeschlossen anzusehen ist. Die faktische Umsetzung durch die eigentliche Portierung ist, wie dies etwa auch bei einem Mieterwechsel der Fall ist, bloße Folge des Wechsels und im Übrigen verzichtbar.

Nicht zu folgen vermag der Senat in diesem Zusammenhang allerdings der Argumentation der Beklagten, die Differenzierung zwischen rechtlichem und tatsächlichem Vorgang im Rahmen des Anbieterwechsels in vorgenanntem Sinne ergebe sich bereits aus dem Aufbau des § 46 TKG. Denn zwar beziehen sich Abs. 1 und Abs. 2 auf die eigentliche Leistungserbringung durch das abgebende Unternehmen, d.h. die Sicherstellung der Leistungskontinuität für den Verbraucher, Abs. 3 und Abs. 4 hingegen auf die Rufnummernportierung. Dies lässt indes nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe die sog. Vorbereitungsphase, nach dem Verständnis der Beklagten den Anbieterwechsel selbst, und als dessen faktisch Umsetzung die nachgelagerte Rufnummernportierung deutlich unterschieden, indem er diese in Abs. 1 und 2 einerseits und Abs. 3 und 4 anderseits geregelt habe. Hiergegen spricht schon, dass Abs. 1 S. 2 und S. 3 eine Fallgestaltung regeln, die wie ausgeführt nur im Rahmen der Umstellungsphase auftreten kann.

d)

In teleologischer Hinsicht folgt der Senat der bislang in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Ansicht, dass allein maßgeblich der erklärte Kundenwille sei, so dass eine Portierung gegen den erklärten Kundenwillen nicht zu erfolgen habe, nicht. Dem Schutzzweck des § 46 TKG, der dem Kundenschutz und der Wettbewerbsförderung dient, entspricht es eher, den Anbieterwechsel mit Eintritt der vertraglichen Voraussetzungen als beendet anzusehen und in den Fällen einer erfolgreichen sog. „Kundenrückgewinnung“ durch den Altanbieter durch „Abstandnahme“ des Kunden von der Kündigung des Altvertrages den Beginn eines neuen Anbieterwechselprozesses zu sehen.

aa)

Zunächst ist der erklärte Kundenwillen nicht stets und ausschließlich maßgeblich. Zwar ist, wie der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Urteil vom 13.11.2013 (Az. VI-U (Kart) 6/13, MMR 2014, 468, 469) und dem folgend der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Urteil vom 27.11.2014 (a.a.O., Rn. 103)  ausgeführt hat, im Fall der Rufnummernübertragung (§ 46 Abs. 4 Satz 1 TKG), bei der Leistungsunterbrechung (§ 46 Abs. 1 Satz 1 TKG) und der Umstellung auf einen anderen Anbieter (§ 46 Abs. 9 Satz 2 Nr. 4 TKG) der Kundenwille maßgeblich. Hieraus lässt sich aber nicht schließen, dass § 46 TKG durchgängig und ausdrücklich auf den Kundenwillen als maßgeblich abstelle, sondern nur, dass der Gesetzgeber in bestimmten Konstellationen, in denen denkbar ist, dass der Kunde kein Interesse an der Leistung hat, vorgesehen hat, dass diese durch ihn auch nicht in Anspruch genommen werden muss. Daran, dass schon im Ausgangspunkt im Festnetzbereich das Recht des Kunden auf Rufnummernportierung nur bei einem Anbieterwechsel besteht und gerade nicht, wie in § 46 Abs. 4 S. 3 TKG für den Mobilfunkbereich gesondert geregelt, „jederzeit“, zeigt sich vielmehr, dass der Kundenwille nicht stets und unbedingt maßgeblich ist. Denn der Gesetzgeber hat diese Liberalisierung ausdrücklich und ausschließlich für den Mobilfunkbereich vorgenommen.

bb)

Auch der Verweis darauf, dass § 46 TKG, wie sich etwa der systematischen Anordnung im dritten Teil des TKG unter der Überschrift „Kundenschutz“ entnehmen lässt, kundenschützend ist, vermag nicht die Maßgeblichkeit des Kundenwillens zu zwingend begründen. Denn Kundenwille und Kundenschutz sind nicht zwingend Synonyme; es sind nach der Lebenserfahrung vielmehr eine Vielzahl von Fällen denkbar, in denen der geäußerte Kundenwille bei objektiver Betrachtungsweise gerade nicht seinem mutmaßlichen Interesse entspricht. Es kommt aber gerade auf das tatsächliche Interesse des Kunden an und nicht allein seinen tatsächlich geäußerten Willen. So heißt es in Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2009/136/EG vom 25.11.2009 (e-Privacy-Richtlinie), die der Neuregelung des TKG im Jahr 2012 zugrundeliegt, dass, damit die Verbraucher in den vollen Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Umfelds kommen, sie in der Lage sein sollten, in voller Sachkenntnis ihre Wahl zu treffen und den Anbieter zu wechseln, wenn dies in ihrem Interesse ist. Auch die Richtlinie stellt damit ausdrücklich auf das Verbraucherinteresse und nicht den (erklärten) Verbraucherwillen ab.

cc)

Für die Beurteilung des Kundeninteresses ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Kunden in verschiedenen gesetzlichen Regelungen als schutzwürdig angesehen und deshalb Hinweispflichten bzw. Schriftformerfordernisse eingeführt hat.

So ist ein Bedürfnis zum Schutz des Kunden vor dem Abschluss doppelter Verträge  gesetzlich in § 46 Abs. 4 S. 4 TKG für den Mobilfunkbereich ausdrücklich anerkannt. Danach hat der aufnehmende Anbieter den Endnutzer vor Vertragsschluss in Textform darauf hinzuweisen, dass der bestehende Vertrag zwischen dem Endnutzer und dem abgebenden Anbieter von dem Begehren auf Übertragung der Rufnummer unberührt bleibt. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sichergestellt werden, dass der Endnutzer in voller Sachkenntnis eine Wahl treffen kann (BT-Drs. 17/5707, S. 70). Dabei erkennt der Gesetzgeber in der jederzeitigen Mobilfunknummerportierung die Gefahr, dass es zu Fällen kommt, in denen der Verbraucher mit der vor Ende des Vertragsschlusses stattfindenden Portierung erwartet, dass auch das bestehende Vertragsverhältnis enden würde (so etwa BT-Drs. 17/5707 S. 104).

Das besondere Schutzbedürfnis des Verbrauchers vor den Gefahrensituation, die im Rahmen eines Anbieterwechsels auftreten können, hat der Gesetzgeber auch in anderer Hinsicht erkannt und in § 312h BGB umgesetzt, wonach die Kündigung des Verbrauchers oder die Vollmacht zur Kündigung der Textform bedarf, wenn ein Verbraucher mit einem Unternehmen ein Dauerschuldverhältnis begründet, das ein Dauerschuldverhältnis mit einem anderen Unternehmer ersetzen soll und insoweit eine Kündigung des alten Dauerschuldverhältnisses unter Einschaltung des neuen Vertragspartners hierzu erfolgt. Dabei soll mit dem Textformerfordernis nach dem Willen des Gesetzgebers, der dabei insbesondere Praktiken im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen im Auge hatte (vgl. Beck‘scher Online-Kommentar-Nölke, BGB, 8 Aufl., § 312h Rn. 1), nicht nur das Unterschieben von Verträgen erschwert werden, sondern den Verbrauchern auch deutlich vor Augen geführt werden, dass sie bei Widerruf des neu abgeschlossenen Vertrages an die Kündigung des bestehenden Dauerschuldverhältnisses gebunden bleiben, sie also weder den alten noch den neuen Vertrag haben (BT-Drucks 16/10734,12). Der Gesetzgeber hat mithin den Verbraucher in einem zum hier streitgegenständlichen Fall spiegelbildlichen Fall für davor schutzbedürftig angesehen, dass er im Rahmen eines Anbieterwechsels letztlich ohne Vertrag dasteht. Auch hier soll der Verbraucher davor geschützt werden, angesichts der Besonderheiten eines Anbieterwechsels bei Dauerverträgen den Überblick über die Wirksamkeit der einzelnen Verträge zu verlieren.

Schließlich findet sich auch in 46 Abs. 7 TKG, wonach die Erklärung des Teilnehmers zur Einrichtung oder Änderung der Betreibervorauswahl oder die von ihm erteilte Vollmacht zur Abgabe dieser Erklärung der Textform bedarf, eine kundenschützende Regelung, die ihn vor unbedachten Äußerungen schützen soll. Die Textform soll sicherstellen, dass dem Verbraucher bewusst ist, dass er einen Auftrag zur Betreibervorauswahl erteilt (Warnfunktion, BT-Drs. 16/10 731, S. 13):

dd)

Der Kunde ist in der hier streitgegenständlichen Situation einer erfolgreichen „Kundenrückgewinnungsmaßnahme“ des Altanbieters bei einem Festnetzanschlussvertrag ähnlich schutzwürdig wie etwa bei dem Abschluss mehrerer Mobilfunkverträge.

Der Schluss, der Gesetzgeber habe deshalb, weil er für letzteren Fall eine Hinweispflicht normiert hat, nicht aber für den hier streitgegenständlichen Fall, ein Schutzbedürfnis des Kunden bei sog. „Kundenrückgewinnungsmaßnahmen“ im Festnetzbereich nicht erkannt, ist schon deshalb nicht gerechtfertigt ist, weil nicht ersichtlich ist, dass sich der Gesetzgeber des Auftretens dieser Fallkonstellation bewusst gewesen wäre.

Des Weiteren verkennt der Senat zwar nicht, dass im Mobilfunkbereich insoweit eine andere Ausgangssituation besteht als im Festnetzbereich, als es im Festnetzbereich nur einen einzigen Festnetzanschluss gibt, über den der Kunde verfügt und über den er die vertraglichen Leistungen nur eines Anbieters beziehen kann, während er beliebig viele Mobilfunkverträge abschließen und parallel nutzen kann. Während sich aber schon für letzteres häufig kein Bedürfnis des Kunden wird feststellen lassen, da die Nutzung mehrerer Mobilfunkgeräte gleichzeitig eher die Ausnahme sein wird, ist ein solches Bedürfnis beim Festnetzvertrag sogar noch seltener festzustellen. Der Festnetzkunde ist vor Doppelverpflichtungen also gerade umso mehr zu schützen.

Der Kunde ist auch bereits im Ausgangspunkt schutzwürdig, weil er oft nicht weiß, wie sich der Anbieterwechsel mit Rufnummernportierung im Einzelnen vollzieht. Gerade geschäftlich unbedarfte Kunden laufen Gefahr, die vollen Konsequenzen ihres Handelns angesichts der Komplexität der Rechtslage im bestehenden Dreiecksverhältnis nicht zu überblicken. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Kunde regelmäßig seinen neuen Vertragspartner mit der Kündigung des Altvertrages beauftragt und mit der Rufnummernportierung beauftragt haben wird, d.h. nur gegenüber einem, nämlich dem neuen Vertragspartner, Willenserklärungen abgegeben hat. Es besteht deshalb die naheliegende Gefahr, dass er irrtümlich annimmt, dass er seine Rechtsverhältnisse zu Neu- und Altanbieter durch die nunmehrige „Abstandnahme“ von der Kündigung, d.h. ausschließlich durch Erklärungen gegenüber dem Altanbieter, also wiederum nur einem Vertragspartner, regeln kann. Ein Irrtum hierüber ist mindestens ebenso naheliegend wie die irrtümliche Annahme eines Mobilfunkkunden, durch die Rufnummernportierung sei der bestehende Altvertrag beendet.

Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dem Kunden entstünden bei einer Doppelverpflichtung keine Nachteile, weil er sich gegenüber dem Neuanbieter lediglich in Annahmeverzug befinde und hierdurch eine bloße Obliegenheit verletze, also keinen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sei. Zwar ist der Gläubigerverzug keine Verletzung einer Rechtspflicht, sondern lediglich eine Obliegenheitsverletzung (Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 293 Rn. 1). Bei Bestehen eines wirksamen Vertrages mit dem Altanbieter liegt im Verhältnis zum Neuanbieter aber eine vom Kunden zu vertretende Unmöglichkeit vor, da dauernde Annahme- oder Mitwirkungshindernisse auf Seiten des Gläubigers Unmöglichkeit begründen (Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 275 Rn. 19) mit der Folge, dass der Neuanbieter den Anspruch auf die Gegenleistung, wenngleich abzüglich ersparter Aufwendungen, behält, § 326 Abs. 2 BGB. Für den Dienstvertrag in Form eines Dauerschuldverhältnisses, um den es sich bei einem Festnetzanschlussvertrag handelt (BGH NJW 2007, 438; Palandt-Weidenkaff, a.a.O., vor § 611 Rn. 22, jeweils m.w.N.), sieht § 615 BGB eben dies vor.

Ob in den hier konkret streitgegenständlichen Fällen bei „Abstandnahme“ der Kunden von der Vertragskündigung das Widerrufsrecht der betroffenen Kunden betreffend den Neuvertrag mit der Beklagten bereits abgelaufen war, wie zwischen den Parteien streitig ist, ist insoweit nicht entscheidungserheblich, da die aufgezeigte abstrakte Gefährdung der Kundeninteressen unabhängig davon besteht, ob im Einzelfall die „Kundenrückgewinnung“ durch die Klägerin vor oder nach Ablauf der Widerrufsfrist stattgefunden hat.

ee)

Daraus, dass die vorstehend unter cc) aufgeführten, kundenschützenden gesetzlichen Regelungen allesamt dem Zweck dienen, den Kunden durch formgebundene Hinweispflichten seiner Vertragspartner oder die Warnfunktion eines Textformerfordernisses vor unbedachten geschäftlichen Entscheidungen zu schützen und der Kunde auch in der vorliegend streitgegenständlichen Ausgangssituation der „Kundenrückgewinnung“ aus den unter dd) dargelegten Gründen schutzwürdig ist, lässt sich gleichzeitig der Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber, soweit für die Auslegung des Begriffs „Anbieterwechsel“ jedenfalls auch auf den Kundenwillen abzustellen ist, es sich um den Willen eines gemäß dem seinem festgestellten Aufklärungsbedürfnis in Schriftform belehrten Kunden handelt. Ein solcher Wille liegt hier aber gerade nicht vor.

ff)

Weiter ist der wettbewerbsfördernde Zweck des § 46 TKG zu berücksichtigen. Zentrales Anliegen des europäischen Rechtsrahmens und des TKG ist es nach wie vor, einen chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb sicherzustellen (BT-Drs. 17/5707 S. 1, vgl. auch Erwägungsgrund 47 der e-Privacy-Richtlinie). So erklärt auch die Gesetzbegründung zu § 46 TKG einen funktionierenden Anbieterwechselprozess für einen Wettbewerbsmarkt für essentiell (BT-Drs. 17/5707 S. 69).

Unabhängig davon, dass § 46 TKG ersichtlich nicht die wirtschaftlichen Interessen des aufnehmenden Anbieters schützt und sich die Beklagte nicht auf die Verletzung eigener Rechte stützen kann, geht von einem „reibungslosen” Anbieterwechsel, wie § 46 TKG ihn bezweckt, gleichwohl eine gewisse Reflexwirkung zu Gunsten alternativer Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und mithin des Wettbewerbs aus. Denn wenn der Kunde im Falle einer „Abstandnahme“ von der Kündigung des Vertrags mit dem Altanbieter bei gleichzeitigem unterlassenen Widerruf des Vertrages mit dem Neuanbieter in eine Doppelverpflichtung gerät, kommt der Frage, welcher der beiden Anbieter seine Leistungen erbringen kann, weil dem Vertrag die Festnetznummer zugeordnet wird, entscheidende Bedeutung für die Ausgestaltung der Kundenbeziehung zu. Nur der tatsächliche Leistungserbringer wird vom Kunden als solcher wahrgenommen und kann etwa Verbindungsentgelte generieren. Kleinere und neu auf den Markt eintretende Anbieter werden sich aber nach der derzeitigen Marktlage immer noch deutlich häufiger auf Seiten der Neuanbieter finden. Wenn man den Anbieterwechsel als mit dem Eingang der entsprechenden Willenserklärungen des Kunden bei dem abgebenden Unternehmen mit dem ersten Portierungsauftrag als beendet ansieht und dieses zur Portierung verpflichtet, kommt dies somit dem Neuanbieter zugute und wirkt sich angesichts der Marktverhältnisse wettbewerbsfördernd aus. Es liegt auf der Hand, dass es für den Wettbewerb unter den Telekommunikationsunternehmen nicht förderlich ist, wenn sog. „Kundenrückgewinnungsaktionen“, die für sich gesehen ihrerseits wettbewerbsfördernd sein können, dazu führen, dass es gerade in Fällen der Verpflichtung des Kunden durch zwei Verträge jedenfalls faktisch nicht zu einem Anbieterwechsel kommt. Hinzu kommt, dass die Verweigerung der Portierung auf Kunden im Hinblick auf einen ins Auge gefassten Anbieterwechsel einen Abschreckungseffekt erzeugen kann und sich damit ebenfalls zu Lasten der Neuanbieter auswirken kann.

e)

Bei einer Gesamtwürdigung der vorgenannten Erwägungen zur Auslegung des Begriffs des Anbieterwechsels sind die vorstehenden Erwägungen zum schutzwürdigen Interesse des Kunden daran, nicht durch den Abschluss doppelter Verträge belastet zu werden, als für die Auslegung des Begriffs des Anbieterwechsels und der daraus resultierenden gesetzlichen Verpflichtung des Altanbieters zur Portierung einer Rufnummer entscheidend, zumal diese auch durch Erwägung des Wettbewerbsschutzes flankiert werden. Dass infolge der vorgenommenen Auslegung der Kunde letztlich möglicherweise gleichwohl über zwei wirksame Festnetzverträge verfügt, führt nicht dazu, dass das festgestellte Kundeninteresse am Schutz vor Doppelverpflichtungen nicht berücksichtigungsfähig wäre. Denn im Mobilfunkbereich hat eine Verletzung der Hinweispflicht des aufnehmenden Anbieters auch nur eine Schadensersatzpflicht zur Folge und hindert nicht die Wirksamkeit des (zweiten) Vertragsschlusses mit dem aufnehmenden Anbieter. Schon die Tatsache, dass die „Kundenrückgewinnung“ in der hier streitgegenständlichen Art für die Altanbieter einer Portierungspflicht zum Neuanbieter mit wirksamem Vertrag mit dem Kunden nicht entgegensteht, ist in ähnlicher Weise geeignet, die Kundeninteressen zu schützen.

Die Klägerin kann auch nicht erfolgreich gegen die vom Senat vorgenommene Auslegung vorbringen, dass es für den Ausschluss des Kündigungsrechts des Kunden hinsichtlich des Portierungsauftrags aus § 649 Abs. 1 BGB einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedürfe. Es kann dahinstehen, ob der Kunde den Portierungsauftrag nach § 649 Abs. 1 BGB kündigen kann oder das Kündigungsrecht wegen der Dreiseitigkeit des Rechtsverhältnisses infolge der Mitbetroffenheit des Neuanbieters aus allgemeinen zivilrechtlichen Erwägungen heraus ausgeschlossen ist, wie die Beklagte meint. Denn die Auslegung des Senats führt nicht notwendigerweise dazu, dass der Kunde den Portierungsvertrag mit der Beklagten nicht mehr wirksam kündigen kann, sondern hat zunächst nur zur Folge, dass die Klägerin bereits auf den zuvor erfolgten ersten Portierungsauftrag zur Rufnummernportierung verpflichtet ist. Ob die folgenden, hier streitgegenständlichen Portierungsanträge der Beklagten infolge einer Kündigung ohne entsprechende werkvertragliche Grundlage erfolgt sind, ist für die wettbewerbsrechtliche Würdigung des Vorgehens nicht erheblich, da eine unbillige Behinderung gemäß den Ausführungen unter B. III. 1. deshalb ausgeschlossen ist, weil die auf den berechtigten ersten Portierungsauftrag erfolgte „SON“-Mitteilung der Klägerin unberechtigt war und diese portieren musste. Der Portierungsvertrag als vertragliche Voraussetzung des Anbieterwechsels lag bei Stellung des ersten Portierungsauftrags vor, so dass gleichzeitig eine Kündbarkeit desselben nicht die von der Klägerin vertretene Annahme begründet, die vertraglichen Voraussetzungen eines Anbieterwechsels hätten noch nicht vorgelegen.

3.

Soweit man angesichts der dargelegten Erwägungen zum Kundenschutz eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 4 S. 4 TKG in Erwägung ziehen und die Klägerin deshalb für verpflichtet halten, wie unstreitig nicht geschehen in Textform vor „Abstandnahme“ des Kunden von der Kündigung des mit ihr geschlossenen Festnetzanschlussvertrages darauf hinzuweisen, dass diese „Abstandnahme“ die Wirksamkeit des zwischenzeitlich mit dem neuen Anbieter geschlossenen Festnetzanschlussvertrages nicht berührt, so würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn zwar hat ein Verstoß gegen § 46 Abs. 4 Nr. 4 TKG nur einen Schadensersatzanspruch des Kunden aus § 44 Abs. 1 S. 4 TKG, 280 Abs. 1 BGB (ggfs. i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB) zur Folge (Säcker-Rugullis, TKG, 3. Aufl., § 46 Rn. 21) und führt nicht zur Unwirksamkeit von unter Verstoß gegen die Hinweispflicht geschlossener Verträge, hier der „Abstandnahme“ von der Kündigung des Altvertrages. Die Klägerin wäre infolge ihrer Pflichtverletzung indes nicht schutzwürdig, so dass sich bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung der Umstände der Falles die Verweigerung der Rufnummernportierung durch die „SON“-Mitteilung ebenfalls als unzulässig und damit die folgenden erneuten Portierungsanträge der Beklagten nicht als unlautere Behinderung darstellen würden.

4.

Es kann nach alledem dahinstehen, ob vom Landgericht im Ergebnis zu Recht als unstreitig angesehen worden ist, dass die Beklagte die von der Klägerin in Bezug genommenen Kunden zur Portierung angemeldet hat, obwohl diese zuvor die Rücknahme der Kündigung und des Portierungsauftrags erklärt hatten, ohne dass die Beklagte erneut Kontakt mit den Kunden aufgenommen und diese eine andere Willenserklärung abgegeben hätten. Gleiches gilt für die Erheblichkeit des diesbezüglich erst in der Berufungsinstanz erfolgten Vortrags der Beklagten.

Auch kann offenbleiben, welcher rechtsgeschäftlicher Erklärungswert den von den Parteien abgegebenen Erklärungen im Rahmen des Portierungsverfahrens zukommt, insbesondere, ob folgende Portierungsaufträge der Beklagten unter Berücksichtigung des Inhalts ihrer eigenen „SON“-Mitteilung von der Klägerin dahingehend verstanden werden konnten, dass der Kunde erneut seine Meinung bezüglich des gewünschten Vertragspartners geändert hat, dass er also den – zunächst gekündigten und dann aufgrund des Widerrufs der Kündigung fortgeführten oder neubegründeten – Vertrag mit der Klägerin erneut kündigen und seinen Festnetzanschluss einschließlich der Rufnummer nunmehr endgültig bei der Beklagten geführt wissen will (so der 15. Zivilsenat des OLG Düsseldorf a.a.O., Rn. 68 ff. und das OLG Karlsruhe im Urteil vom 28.08.2014, Anlage K 12), oder ob die Klägerin aus der Tatsache, dass zeitlich vorangehend bereits ein Portierungsauftrag gestellt und mit einer „SON“-Mitteilung negativ beschieden wurde, schließen konnte, dass es sich schlicht um eine Wiederholung desselben Auftrags handelt, die daraus resultiert, dass die Beklagte den Widerruf nicht akzeptiert.

Keiner Ausführungen bedarf es schließlich zu den von der Beklagten zur Darlegung ihres berechtigten Interesses an der beanstandeten Vorgehensweise weiter vorgetragenen Gründen, wie die mutmaßliche Verletzung wettbewerbsrechtlicher Vorschrift durch die Klägerin bei der „Kundenrückholaktion“, und zu der Frage, ob das in § 46 Abs. 7 TKG ausschließlich für die Erklärung des Teilnehmers zur Einrichtung oder Änderung der Betreibervorauswahl oder die von ihm erteilte Vollmacht zur Abgabe der Erklärung normierte Textform auch auf den Fall der „Kundenrückholung“ übertragbar ist.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

Die Revision gegen dieses Urteil ist zuzulassen, da angesichts der vom Senat vertretenen Rechtsansicht zur Auslegung von § 46 TKG, die von der vom 1. Kartellsenat und 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf und vom Oberlandesgericht Karlsruhe in den zitierten Entscheidungen vertretenen Ansicht abweicht, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert.

Streitwert: 150.000,00 Euro

Meta

I-20 U 107/15

25.08.2016

Oberlandesgericht Düsseldorf 20. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: U

Zitier­vorschlag: Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.08.2016, Az. I-20 U 107/15 (REWIS RS 2016, 6225)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6225

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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