Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2020, Az. IX ZB 29/19

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11175

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:170920BIXZB29.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 29/19
vom

17. September 2020

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 12 Abs. 1; [X.] § 63 Abs. 1; [X.] § 2 Abs. 1
a)
Allein aufgrund der Geldentwertung seit dem Inkrafttreten der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung im [X.] lässt sich nicht feststellen, dass die Festset-zung der Vergütung des Insolvenzverwalters für im [X.] eröffnete Insolvenz-verfahren nach den Regelsätzen den Anspruch des Verwalters auf eine seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessene Vergütung verletzt.
b)
Solange die absolute Höhe der Geldentwertung und der Preisentwicklung kein Ausmaß erreicht, bei dem eine weitere Festsetzung der Vergütung des [X.] nach den Bestimmungen der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverord-nung den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine angemessene Vergütung offensichtlich verfehlt, sind in die Prüfung, ob der Anspruch auf ange-messene Vergütung verletzt ist, sämtliche Umstände einzubeziehen, die für die Festsetzung der Vergütung und die Einnahmen und Ausgaben des [X.] erheblich sind. Maßgeblich ist, ob die Vergütungsstruktur insgesamt dem Insolvenzverwalter nicht mehr erlaubt, den für seine Tätigkeit erforderlichen Auf-wand zu finanzieren und nach Abzug der mit seiner Tätigkeit verbundenen Ausga-ben eine angemessene Entlohnung für seine Arbeit zu erzielen.
[X.], Beschluss vom 17. September 2020 -
IX ZB 29/19 -
LG [X.]

[X.]

-

2

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.] [X.], die [X.] Prof. Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und die [X.]in Dr. Selbmann

am 17. September 2020
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des [X.] vom 27. Mai 2019 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird

Gründe:

I.

Auf einen Eigenantrag des Schuldners ordnete das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 23. August 2016 einen Zustimmungsvorbehalt gemäß §
21 Abs.
2 Satz 1 Nr. 2 [X.] an und bestellte den weiteren Beteiligten zum vorläufi-gen Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 1.
November 2016 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte den weiteren Beteiligten zum Verwalter. Der weitere Beteiligte [X.] am 26.
Juli 2018, die Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger In-solvenzverwalter festzusetzen. Er machte geltend, die für die [X.] 1
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maßgeblichen Staffelstufen des §
2 Abs. 1 [X.] seien [X.] um 35 vom Hundert
zu erhöhen, weil der Erzeugerpreisindex für unternehmensnahe Beratungsdienstleistungen im [X.] gegenüber dem [X.] um 35,69 vom Hundert
gestiegen sei. Zudem beantragte er, Zuschläge in Höhe von 46 vom Hundert
der [X.] festzusetzen.

Mit Beschluss vom 17. August 2018 setzte das Insolvenzgericht die [X.] des weiteren Beteiligten unter Einbeziehung der geltend gemachten [X.] auf 71 vom Hundert
der [X.] fest und lehnte den verlangten Inflationsausgleich ab. Gegen diesen Beschluss hat der weitere Beteiligte sofor-tige Beschwerde eingelegt; dabei hat der weitere Beteiligte für den [X.] nunmehr eine Veränderung des Erzeugerpreisindexes für Beratungs-dienstleistungen zum [X.] in Höhe von 34,02 vom Hundert
behauptet und eine Anpassung der Staffelstufen des §
2 Abs. 1 [X.] um diesen Satz geltend gemacht. Das [X.] hat

nach Übertragung der Sache auf die Kammer

die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte sein Begehren weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, eine [X.]e Anpas-sung der Vergütung komme
nicht in Betracht. Es fehle an einer Kompetenz der Gerichte. Zwar müsse die dem Insolvenzverwalter zustehende Vergütung ins-gesamt einen seiner Qualifikation und Tätigkeit angemessenen Umfang errei-2
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chen. Dieses verfassungsrechtliche Gebot richte sich in erster Linie an den Verordnungsgeber.

Dem Verordnungsgeber stehe ein Prognose-
und Anpassungsspielraum für die Regelung der Vergütung von Insolvenzverwaltern zu. Aufgrund dieses Spielraums könne die [X.] erst dann als verfassungswidrig angesehen werden, wenn
der zuzubilligende [X.]raum für eine Anpassung verstrichen sei. Bislang fehle es jedoch an einer entsprechen-den Fristsetzung durch den [X.].

Im Übrigen sei eine verfassungskonforme Auslegung der Verordnung dahin, dass die Vergütungssätze
mit einem etwa aus einem Erzeugerpreisindex für Dienstleistungen abgeleiteten Faktor zu vervielfältigen seien, rechtlich nicht möglich. §
2 Abs. 1 [X.] schreibe
feste Regelsätze
vor. Daraus folge, dass der Verordnungsgeber für den Regelfall eine Vergütung in einem genau be-stimmten Verhältnis zur Insolvenzmasse vorsehe. Daher komme eine Anpas-sung des § 2 Abs.
1 [X.] nicht in Betracht; bei einer Unangemessenheit der Vergütung wäre diese Bestimmung schlechthin unanwendbar und es wäre §
612 Abs. 2 BGB heranzuziehen.

In jedem Fall komme eine Nichtanwendung des §
2 [X.] nur dann in Betracht, wenn die bestehende Vergütungsregelung im zu entscheidenden Ein-zelfall zu unangemessenen Folgen führe. Hierzu habe der weitere Beteiligte
nichts vorgetragen. Es sei auch nicht erkennbar, dass die auf der Grundlage des §
2 Abs. 1 [X.] einschließlich der tätigkeitsbezogenen Zuschläge gewähr-te Vergütung im vorliegenden Einzelfall im Verhältnis zu den entfalteten [X.] unangemessen niedrig sei.

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2. Dies hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Es lässt sich der-zeit nicht feststellen, dass die einem vorläufigen Insolvenzverwalter nach [X.] der Bestimmungen der [X.] zu-stehende Vergütung bei einer Bestellung im [X.] insgesamt keinen seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessenen Umfang erreicht.

a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt der Rechtsbeschwerde, dass die gesetzlichen Bestimmungen für die Insolvenzverwaltervergütung am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sind ([X.], Beschluss vom 4.
Dezember 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138 Rn. 10 mwN; vom 12. September 2019

IX
ZB 2/19, [X.], 2021 Rn. 13). §
63 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist daher verfas-sungskonform dahin auszulegen, dass die dem Verwalter zustehende Vergü-tung insgesamt einen seiner Qualifikation und seiner
Tätigkeit angemessenen Umfang erreichen muss ([X.], Beschluss vom 4. Dezember 2014, [X.]O mwN). Ob die Ausgestaltung der Vergütung nach der [X.] diesen Anforderungen genügt, richtet sich im Ausgangspunkt nach den Verhältnissen zum [X.]punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, für das der Insolvenzverwalter eine Vergütung beansprucht. Die [X.] ist als Tätigkeitsvergütung ausgestaltet ([X.], Beschluss vom 22.
November 2018

IX
ZB 14/18, [X.], 82 Rn. 24 mwN), so dass für die Angemessenheit der Vergütung grundsätzlich nur die Verhältnisse bei [X.] der Tätigkeit erheblich sein können. [X.] ist dabei entsprechend allgemeinen Grundsätzen des Vergütungsrechts (vgl. §
61 [X.], § 134 Abs. 2 GNotKG, vgl. auch §
71 GKG, §
63 [X.]) grundsätzlich an den [X.]punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ([X.], Beschluss vom 12.
September 2019

IX
ZB 2/19, [X.]O; vgl. auch [X.], Beschluss vom 15. Januar 2004

IX
ZB 96/03, [X.]Z 157, 282, 300 zur Mindestvergütung nach §
2 Abs. 2 [X.] in der bis 6.
Oktober 2004 geltenden Fassung). Für die Vergütung des 8
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vorläufigen Insolvenzverwalters kommt es demgemäß auf den [X.]punkt der Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter an.

b) Die Anpassung der Vergütung des Insolvenzverwalters an die im [X.] der [X.] eintretenden Änderungen ist in erster Linie Sache des Gesetz-
und Verordnungsgebers.
Was eine angemessene Vergütung ist, unterliegt insoweit der Ausgestaltung durch den Gesetz-
und Verordnungsgeber.
Bleibt dieser über einen längeren [X.]raum untätig, mindern allerdings bereits die allgemeine Geldentwertung und ein allgemeiner Preisanstieg den Wert der sich aus der [X.] ergebenden Vergütung. Dies ist für den [X.] angesichts des Gestaltungsspielraums des Gesetz-
und Verord-nungsgebers hinzunehmen, solange diese Veränderungen
nicht dazu führen, dass die dem Verwalter zustehende Vergütung insgesamt keinen seiner Quali-fikation und seiner
Tätigkeit angemessenen Umfang mehr erreicht.

c) Im Streitfall genügt der Vortrag des Beschwerdeführers nicht, um eine derart unangemessen niedrige Vergütung für einen am 23.
August 2016 bestell-ten vorläufigen Insolvenzverwalter feststellen zu können, die eine Anpassung der Vergütung durch den [X.] rechtfertigen würde.

[X.]) Soweit der [X.] angenommen hat, es könne derzeit nicht festgestellt werden, dass die dem Verwalter nach Maßgabe der Regelsät-ze des §
2 Abs. 1 [X.] zustehende Vergütung insgesamt nicht einen seiner Qualifikation und seiner Tätigkeit angemessenen Umfang erreicht ([X.], [X.] vom 4.
Dezember 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138 Rn. 13 ff), betraf dies am 15.
Oktober 2009 ([X.], [X.]O), am 1.
Mai 2008 ([X.], Beschluss vom 5. März 2015

IX
ZB 48/14, [X.] 2015, 368) und am 3. April 2002 ([X.], 10
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Beschluss vom 12. September 2019

IX
ZB 2/19, [X.], 2021
Rn. 14 f) [X.] Insolvenzverfahren.

bb) Die von der Rechtsbeschwerde für das [X.] geltend gemachten Veränderungen gegenüber dem Stand beim Inkrafttreten der [X.] am 1. Januar 1999 genügen nicht, um dies für die Vergütung eines im [X.] bestellten und tätigen vorläufigen [X.]
anders beurteilen zu können.

(1) Hierzu genügen für sich genommen weder die Geldentwertung noch der von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Anstieg der Erzeugerpreise für Beratungsdienstleistungen. Eine Anpassung der [X.] des § 2 Abs. 1 [X.] um den von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Faktor kommt daher nicht in Betracht.

(a) Zutreffend verweist die Rechtsbeschwerde auf die seit 1999 eingetre-tene Steigerung der Lebenshaltungskosten. Ebenso zutreffend ist es, dass eine [X.]e Steigerung der Insolvenzmassen angesichts der degressiven Staffel des § 2 Abs. 1 [X.] [X.]e Einbußen nicht vollständig [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Dezember 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138 Rn. 15 mwN). Die sich aus der allgemeinen Geldentwertung seit [X.] der [X.] am 1. Januar 1999 erge-bende Veränderung erreicht jedoch kein Ausmaß, das es gebieten würde, allein wegen der Geldentwertung die Vergütung im Hinblick auf den verfassungs-rechtlich
begründeten Anspruch auf
angemessene Vergütung anzupassen. Nach der amtlichen Statistik betrug der Verbraucherpreisindex 78,8 für das [X.] und 100,5 für das [X.]
(Basisjahr 2015 = 100), was
einer Steigerung um 27,5 vom Hundert
entspricht. Dies rechtfertigt nicht den Schluss, dass der-13
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zeit [X.] eine angemessene Vergütung des Insolvenzverwalters bei Anwendung der Regelsätze der [X.] in einer Weise verfehlt wird, die ein Eingreifen des [X.]s rechtfertigen würde. Der [X.] hat dies bereits für die bis zum [X.] eingetretene
Erhöhung des [X.] um 27,1 vom Hundert

wenn auch für ein im Jahr 2009 eröffnetes Insolvenzverfahren

ausgesprochen (vgl. [X.], [X.]O Rn. 14 f). Die Steigerung im [X.] unterscheidet sich hiervon nur un-wesentlich.

(b) Soweit sich die Rechtsbeschwerde im [X.] an [X.] ([X.], §
2 Rn. 39
und Anhang [X.] Rn. 7
ff) auf einen Erzeugerpreisindex für
unter-nehmensnahe Beratungsdienstleistungen beruft, hat dies für die
angemessene
Vergütung des Insolvenzverwalters keine wesentlich weitergehende [X.]. Die vom [X.] veröffentlichte amtliche Statistik eines Erzeugerpreisindexes für Dienstleistungen
ist nach bestimmten Wirtschafts-zweigen aufgegliedert. Die Tätigkeit der Insolvenzverwalter wird nicht

jedenfalls nicht gesondert

erfasst. Zudem wird dieser Erzeugerpreisindex erst seit 2003 und für die Mehrzahl der Wirtschaftszweige erst seit 2006 ermit-telt. Die von [X.] aus dieser amtlichen Statistik für einen Vergleich mit der Vergütung der Insolvenzverwalter ausgewählten Wirtschaftszweige (vgl. [X.], [X.], Anhang
[X.] Rn.
7
ff) und die von ihm
vorgenommene

rein arith-metische

Rückrechnung auf das [X.] allein aufgrund der durchschnittli-chen Veränderungsrate der Jahre 2004 bis 2015 (vgl. [X.], [X.], Anhang [X.] Rn. 10)
zeigen zwar ebenfalls Geldentwertung und Preissteigerungen auf.

Dies
bezieht sich jedoch nicht konkret auf die Tätigkeit der [X.]. Der Erzeugerpreisindex gibt einen Durchschnittswert der Preise an, die im Inland für bestimmte Erzeugnisse bezahlt werden. Es handelt sich um den 16
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Preis, den der jeweilige Erzeuger für sein Produkt von seinem Abnehmer erhält. Dass es Rechtsanwälten und anderen Berufsgruppen gelungen ist, die Vergü-tungssätze
für ihre Dienstleistungen zu erhöhen, begründet noch nicht, dass die Festsetzung der Vergütung nach den Bestimmungen der [X.] zu einer unangemessen niedrigen Vergütung der [X.] führt. Damit geht die Aussagekraft mangels konkreter [X.] der Insolvenzverwalter im [X.] nicht über die sich aus dem allgemeinen Verbraucherpreisindex ergebende Veränderung hin-aus. Dies gilt auch, soweit die Rechtsbeschwerde eine Steigerung für das [X.] um 34,02 vom Hundert
geltend macht.

(2) Eine Überprüfung der Vergütungsregelungen im Hinblick auf den ver-fassungsrechtlich
begründeten
Anspruch auf eine angemessene Vergütung
erfordert, dass dem Gericht Tatsachen zur Entwicklung der Einkommenssituati-on für Insolvenzverwalter unterbreitet werden. Dies lässt sich nur anhand einer Gegenüberstellung
der Entwicklung von
Einnahmen und Ausgaben beurteilen. Die Rechtsbeschwerde zeigt hierzu keinen konkreten Sachvortrag auf. Damit kann der Senat nicht feststellen, dass der Verordnungsgeber derzeit den ihm zustehenden Spielraum überschritten hat.

(a) Der Insolvenzverwalter übt eine unternehmerische Tätigkeit aus. Welcher Teil seiner Vergütung ihm letztlich als Gewinn verbleibt, hängt wesent-lich von den bei seiner Tätigkeit anfallenden Kosten ab. Die Entwicklung dieser Kosten, die nicht zwingend mit der Entwicklung der Verbraucherpreise einher-geht und hinter dieser zurückbleiben kann, kann deshalb nicht völlig außer [X.] bleiben, wenn die Angemessenheit der Vergütung in Frage steht (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Dezember 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138 Rn. 14 mwN).
Entscheidend für die Angemessenheit der Vergütung des Insolvenzver-18
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walters ist nicht ihre absolute Höhe, sondern ob die Vergütungsstruktur insge-samt dem Insolvenzverwalter erlaubt, den für seine Tätigkeit erforderlichen Aufwand zu finanzieren und nach Abzug der mit seiner Tätigkeit verbundenen Ausgaben eine angemessene Entlohnung für seine Arbeit zu erzielen. Dies kann regelmäßig nicht ohne ausreichende Daten zur tatsächlich bestehenden Kostenstruktur für Insolvenzverwalter beurteilt werden (vgl. [X.], Festschrift [X.], 2015, S. 741, 746).

Eine nähere Darlegung der gerade für die Tätigkeit als Insolvenzverwal-ter eingetretenen Kostensteigerungen fehlt. Der Beteiligte trägt zur allgemeinen Kostenstruktur der Verwaltertätigkeit nichts vor. Da entscheidend auf die An-gemessenheit der Vergütung im Vergleich zu der dafür erforderlichen Tätigkeit abzustellen ist, muss auch der erforderliche Aufwand als solcher in [X.] Weise dargetan werden. Ferner
muss wenigstens die Größenordnung der dadurch anfallenden Kosten spezifiziert werden. Hierbei ist auf durchschnitt-liche Werte abzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 12. September 2002

IX
ZB 39/02, [X.]Z 152, 18, 26 zur Zwangsverwaltervergütung). Allgemeine
Indizes

wie der Verbraucherpreisindex, der Erzeugerpreisindex für gewerbliche [X.] oder für Dienstleistungen

geben ebenso wie Besoldungserhöhungen für [X.] und Gebührenanpassungen für Rechtsanwälte und Steuerberater hier-über keine verlässliche Auskunft. Ein Vortrag zu solchen allgemeinen Verände-rungen ist zu unbestimmt, um Rückschlüsse auf die Angemessenheit der [X.] zu erlauben (vgl. [X.], [X.], 382, 383). Dass die absolute Höhe der Geldentwertung und der Preisentwicklung bereits jetzt ein Ausmaß erreicht hat, bei dem eine weitere Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters nach den Bestimmungen der [X.] eine angemessene Vergütung offensichtlich verfehlt, ist nicht ersichtlich.

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(b) Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Parallelen zu an-deren Vergütungen

insbesondere der Rechtsanwälte und Steuerberater

und zu
den Anforderungen an eine verfassungsgemäße Besoldung für [X.] kön-nen den Schluss auf eine unangemessen niedrige Vergütungshöhe für [X.] nicht tragen. Die Gebührenregelungen etwa des [X.] und die Grundsätze der amtsangemessenen Besoldung sind bereits strukturell nicht mit der Vergütung für die Tätigkeit des
[X.]
vergleichbar.

(3) Schließlich muss eine Prüfung, ob die Festsetzung der Vergütung nach den Bestimmungen der [X.] zu [X.] führt, die den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf
eine
angemessene Vergütung offensichtlich verfehlen, sämtliche Umstände einbeziehen, die für die Festsetzung der Vergütung
und die Einnah-men und Ausgaben des Insolvenzverwalters
erheblich sind. Dies erstreckt sich auf mehrere Bereiche, zu denen die Rechtsbeschwerde keinen
substantiierten Vortrag des weiteren Beteiligten aufzeigt.

Da §
63 Abs. 1 Satz 1 [X.] verfassungskonform dahin auszulegen ist, dass die dem Verwalter zustehende Vergütung insgesamt einen seiner Qualifi-kation und seiner
Tätigkeit angemessenen Umfang erreichen muss (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Dezember 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138 Rn. 10 mwN; vom 12. September 2019

IX
ZB 2/19, [X.], 2021
Rn. 13), müssen die Ergebnisse der Vergütungsfestsetzung vollständig in die Prüfung einbezogen werden. Demgemäß kann nicht allein auf die [X.] des § 2 Abs. 1 [X.] abgestellt werden, sondern sind
auch die durch Zu-
und Abschläge nach §
3 [X.] und andere
vergütungswirksame Zahlungen

etwa nach § 5 [X.] oder durch die Pauschalierung von Auslagen nach § 8 Abs. 3 [X.]

zu erzie-21
22
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12

-

lenden
Einnahmen zu berücksichtigen (vgl. H[X.]rmeyer/[X.], [X.], 6. Aufl., §
3 Rn.
78). Maßgeblich ist dabei grundsätzlich nicht die im Einzelfall festge-setzte Vergütung, sondern wie sich die Gesamteinnahmen bei den [X.] Typen von Insolvenzverfahren darstellen. Hierzu kann es genügen, eine statistische Untersuchung der im Regelfall erzielten Vergütungen durchzufüh-ren, die hinreichend aussagekräftig zur Einnahmesituation ist. Im Vergleich zu dieser Einnahmesituation für Insolvenzverwalter im Allgemeinen ist gegenüber-zustellen, inwieweit sich die Aufgaben des Insolvenzverwalters im Regelverfah-ren inhaltlich oder dem Umfang nach seit dem Inkrafttreten der [X.] im [X.] derart erweitert haben, dass die [X.] insgesamt nicht mehr als angemessen erscheint. Weiter ist die Verän-derung der Kosten eines Insolvenzverwalters für die Beurteilung der [X.] der Vergütung
in den Blick zu nehmen ([X.], Beschluss vom 4. [X.] 2014

IX
ZB 60/13, [X.], 138
Rn. 16
mwN). Auch insoweit kommt es nicht auf die im Einzelfall ausgelösten Kosten an, sondern eine Darstellung der Gesamtkostensituation eines Insolvenzverwalters, etwa anhand von typi-scherweise entstehenden Kostengruppen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass jede Erhöhung der Vergütung des Insolvenzverwalters zugleich dazu führt, dass die Quoten für Insolvenzgläubiger sinken. Ohne eine solche Gesamtbe-trachtung der sich aufgrund der Regelungen der [X.] ergebenden Einnahme-
und Kostensituation eines [X.] fehlt eine ausreichende Grundlage, um die Angemessenheit der sich nach den Bestimmungen der [X.] erge-benden Insolvenzverwaltervergütung beurteilen zu können.

(4) Inwieweit für die Mindestvergütung andere Maßstäbe gelten (vgl. [X.], Beschluss vom
15. Januar 2004

IX
ZB 96/03, [X.]Z 157, 282, 287 ff), kann dahinstehen. Die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, dass die für den 24
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weiteren Beteiligten festgesetzte Vergütung das an eine angemessene [X.] zu stellende Maß unterschreitet. Dies ist auch nicht ersichtlich.

[X.]
Gehrlein
Schoppmeyer

[X.]
Selbmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.08.2018 -
74 IN 156/16 -

LG [X.], Entscheidung vom [X.] -
13 T 19/19 -

Meta

IX ZB 29/19

17.09.2020

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.09.2020, Az. IX ZB 29/19 (REWIS RS 2020, 11175)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11175

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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