Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.05.2012, Az. III ZR 62/11

3. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6761

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Gegenstand

Maklervertrag: Voraussetzungen eines eindeutigen Provisionsverlangens eines gewerblichen Immobilienmaklers


Leitsatz

Zur Frage des eindeutigen Provisionsverlangens eines gewerblichen Immobilienmaklers, der ein zum Verkauf stehendes Objekt mittels einer Internetanzeige (hier unter "Immobilienscout24") mit dem Hinweis "Provision 7,14 %" anbietet.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 8. Februar 2011 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 - und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine gewerbliche Immobilienmaklerin, veröffentlichte im Internet-Portal "[X.]" eine Anzeige für den Kauf eines Baugrundstücks mit Angabe unter anderem der Grundstücksgröße und des Kaufpreises sowie mit dem Hinweis "Provision 7,14 %". Der Beklagte zu 2 nahm am 7. April 2008 telefonischen Kontakt zur Klägerin auf und äußerte sein sowie das Interesse seiner Ehefrau, der (früheren) Beklagten zu 1, am Erwerb dieses Grundstücks. Die für die Klägerin tätige Zeugin [X.]nannte ihm dabei die Adresse des Objekts sowie die Kontaktdaten des Verkäufers. Bei der Besichtigung des Grundstücks am nächsten Tag unterschrieb der Beklagte zu 2 ein ihm von dieser Zeugin vorgelegtes Formular mit der Überschrift "[X.] und Maklervertrag mit Kaufinteressenten". Darin war die Verpflichtung des Käufers enthalten, bei Vertragsabschluss für den Nachweis oder die Vermittlung eine Maklerprovision von 7,14 % einschließlich Mehrwertsteuer vom Kaufpreis und etwaigen Nebenleistungen zu zahlen. Mit notariellem Kaufvertrag vom 29. April 2008 erwarben die Beklagten dieses Objekt. Daraufhin stellte die Klägerin ihnen eine Maklerprovision von 60.690 € in Rechnung.

2

Die Beklagten, die mit Schreiben vom 18. Juni 2008 den Maklervertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten hatten, behaupten, die Zeugin [X.]habe die Unterschrift unter das Formular erschlichen; sie, die Zeugin, habe erklärt, die Unterschrift diene lediglich dem Nachweis der Vermittlung und nicht dem Abschluss eines Maklervertrags.

3

Die auf Zahlung des geltend gemachten Maklerlohns gerichtete Klage hat das [X.] nach Durchführung einer Beweisaufnahme gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen; den Beklagten zu 2 hat es dagegen antragsgemäß verurteilt. Nach erneuter Zeugenvernehmung hat das Berufungsgericht das Rechtsmittel der Klägerin gegen die Abweisung der Klage bezüglich der Beklagten zu 1 zurückgewiesen, während es auf die Berufung des Beklagten zu 2 auch die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen hat.

4

Mit ihrer, vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den [X.] gegen den Beklagten zu 2 weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der Klägerin führt, soweit das Berufungsgericht die gegen den Beklagten zu 2 (im Folgenden: der Beklagte) gerichtete Klage abgewiesen hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

6

Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, ein Maklervertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten sei nicht dadurch zustande gekommen, dass dieser am 8. April 2008 das Formular "[X.] und Maklervertrag" unterschrieben habe. Denn er habe nachweisen können, dass bei der Unterschriftsleistung ausdrücklich vereinbart worden sei, es solle kein Maklervertrag geschlossen und keine Provisionsvereinbarung getroffen werden. Dem stehe der vorgerichtliche Schriftwechsel nicht entgegen. Ein Anerkenntnis, 7,14 % Provision zu schulden, sei von dem Beklagten nicht erklärt worden. Soweit er in dem auf den 30. Dezember 2007 datierten Schreiben und gegenüber Zeugen zum Ausdruck gebracht habe, eine Provision nur in geringerer Höhe zahlen zu wollen, sei diese Äußerung allenfalls als ein Vergleichsangebot anzusehen. Bei dieser Sachlage sei auch für die Anwendung des § 653 [X.] kein Raum.

7

Zwischen den Parteien sei auch kein konkludenter Maklervertrag zustande gekommen, etwa weil die Beklagten in Kenntnis des [X.]s Maklerleistungen der Klägerin entgegengenommen hätten. Es sei nicht bewiesen, dass die Beklagten bis zur Erörterung bei der Unterschrift unter das Formular der Klägerin am 8. April 2008 mit der Forderung nach einer Käuferprovision konfrontiert worden seien. Der [X.]auftritt der Klägerin enthalte zwar den Hinweis "Provision 7,14 %". Dies habe jedoch auch dahin verstanden werden können, dass der Makler vom Verkäufer in entsprechender Höhe entlohnt werde. Aus dem Inhalt des ersten Telefonats zwischen dem Beklagten zu 2 und der Zeugin [X.]     ergebe sich nichts anderes. Dass dabei eine Verpflichtung der Käufer zur Zahlung dieser Provision deutlich geworden oder das Grundstück ausdrücklich durch die Angabe des Kaufpreises mit dem Zusatz "zuzüglich Maklercourtage" identifiziert worden wäre, habe die Klägerin ebenfalls nicht bewiesen. Da das den Beklagten übersandte Exposé nicht vor dem Besichtigungstermin zugegangen sein könne, sei ihnen erstmals durch das Vorhalten des Formulars das [X.] bekannt geworden; das darin enthaltene schlüssige Angebot auf Abschluss eines [X.] hätten sie jedoch nicht angenommen. Nach diesem Zeitpunkt habe die Klägerin keine weiteren Maklerleistungen erbracht, so dass insgesamt kein Maklerlohn verlangt werden könne.

II.

8

Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand.

9

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigen die tatsächlich festgestellten Umstände die Annahme, dass die im [X.] unter "Immobilienscout24" veröffentlichte Anzeige der Klägerin ein eindeutiges [X.] enthält, das Grundlage eines zwischen den Parteien zustande gekommenen [X.] sein kann.

a) Eine Provisionsabrede nach § 652 [X.] kann stillschweigend auch durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. Die Rechtsprechung stellt hieran indes strenge Anforderungen (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2005 - [X.], [X.], 3779, 3780 mwN). Derjenige, der sich an einen Makler wendet, der mit "Angeboten" (vgl. zum Begriff [X.], Urteil vom 28. September 1982 - [X.], [X.], 1287, 1289) werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt, erklärt damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall, dass ein Vertrag über das angebotene Objekt zustande kommt. Der Interessent darf, soweit ihm Gegenteiliges nicht bekannt ist, davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit der angetragenen Weitergabe von Informationen eine Leistung für den Anbieter erbringen will. Ohne weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet. Selbst die Besichtigung des Verkaufsobjekts zusammen mit dem Makler reicht bei dieser Sachlage für einen schlüssigen Vertragsschluss nicht aus (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 400, 401, Rn. 12). Anderes gilt nur dann, wenn der Makler den Kaufinteressenten unmissverständlich auf eine von ihm im Erfolgsfall zu zahlende Käuferprovision hingewiesen hat. Ein Kaufinteressent, der in Kenntnis des eindeutigen [X.]s, beispielsweise in einem ihm übersandten [X.] oder Exposé, die Dienste des Maklers in Anspruch nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines [X.] annehmen will (ständige Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 16. November 2006, aaO, Rn. 13, vom 6. Dezember 2001 - [X.], NJW 2002, 817, sowie vom 17. September 1998 - [X.], NJW-RR 1999, 361, 362). Um die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu vermeiden, muss er ausdrücklich vor Inanspruchnahme der [X.] deutlich machen, solche Willenserklärungen nicht abgeben zu wollen (vgl. [X.], Urteil vom 4. Oktober 1995 - [X.], NJW-RR 1996, 114, 115).

b) Ein Angebot auf Abschluss eines [X.] ist grundsätzlich noch nicht in einer Zeitungs- oder [X.]anzeige des Maklers, wie hier der Klägerin im [X.]portal "[X.]", zu sehen. Ein Vertragsschluss kommt deshalb regelmäßig noch nicht dadurch zustande, dass ein Makler mit Zeitungs- oder [X.]anzeigen werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt und sich der Interessent daraufhin von sich aus an ihn wendet. Es handelt sich bei solchen Inseraten lediglich um eine invitatio ad offerendum, denn damit wendet sich der Makler an einen unbestimmten Kreis von potentiellen Interessenten (vgl. [X.], Urteile vom 25. September 1985 - [X.], [X.]Z 95, 393, 395, und vom 21. Mai 1971 - [X.], [X.], 1098, 1099, [X.]/[X.], 5. Aufl. § 652, Rn. 47, 51; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2010, §§ 652, 653, Rn. 11; [X.] NJW 2009, 3210). Eine dadurch veranlasste Kontaktaufnahme des Interessenten mit dem Makler kann aber dann zum Abschluss eines [X.] führen, wenn der Makler sein [X.] im Inserat bereits ausdrücklich und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat. [X.] er in einem Zeitungs- oder im [X.]inserat eindeutig auf die fällig werdende Maklerprovision hin, so dass der Interessent von einer eigenen Provisionspflicht ausgehen kann, und erhält dieser auf seine daraufhin erfolgte Anfrage Namen und Anschrift des Verkäufers, löst dies den Anspruch auf Zahlung der Provision aus (vgl. [X.]/[X.], aaO, Rn. 51). Die Bezugnahme des Interessenten auf diese Anzeige bestimmt dabei den Inhalt des Nachweis- oder Vermittlungsersuchens so, dass der Makler von einem Angebot auf Abschluss eines solchen [X.] ausgehen kann, nachdem er sein [X.] zunächst ohne Preisgabe der Vertragsgelegenheit in seinem Inserat hinreichend deutlich geäußert hatte (vgl. [X.]/[X.], aaO, Rn. 47; [X.], aaO S. 3211; aA der 12. Zivilsenat des [X.], NJW-RR 2009, 1145, 1146).

aa) Diesen Grundsätzen widerspricht die Bewertung des Berufungsgerichts, die vorliegende [X.]anzeige der Klägerin enthalte keinen ausreichend deutlichen Hinweis auf die im Falle des Abschlusses eines Kaufvertrags zu zahlende Maklerprovision von 7,14 % durch den Käufer, und die Beklagten seien erstmals am [X.] mit einem solchen Verlangen konfrontiert worden. Ein ausdrückliches [X.] kann auch in einer Zeitungsanzeige oder einem [X.]inserat enthalten sein, sofern der Hinweis so gestaltet und geeignet ist, dem durchschnittlichen Interessenten die entstehende Provisionspflicht unzweideutig vor Augen zu führen. Wie das unmissverständliche Provisionsbegehren erklärt wird, ist dabei grundsätzlich gleichgültig; der entsprechende Hinweis in einer Zeitungs- oder [X.]anzeige genügt jedenfalls gegenüber den Kunden, die sich auf diese Anzeige melden, wobei die Umstände des jeweiligen Einzelfalls für die Bewertung der Eindeutigkeit des [X.]s ausschlaggebend sind (vgl. [X.]/[X.], aaO, Rn. 48, 51; [X.]/[X.], aaO, [X.]/[X.], Maklerrecht, 6. Aufl., Rn. 100; [X.], aaO und [X.], 480 f).

bb) Da im Streitfall die maßgebenden Umstände festgestellt sind und weiterer Vortrag nicht zu erwarten ist, kann der Senat den Inhalt des [X.]inserats der Klägerin selbst dahin auslegen, dass es gegenüber potentiellen Interessenten ein hinreichend deutliches [X.] enthält. Dabei drückt die Angabe: "Provision 7,14 %" direkt unter der Angabe der Vermarktungsart (Kauf) und des Kaufpreises ein solches eindeutiges [X.] gegenüber dem Kaufinteressenten aus. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich dies nicht (auch) als bloßer Hinweis darauf missverstehen, dass der Makler im [X.] von dem Verkäufer eine Provision in entsprechender Höhe zu beanspruchen habe. Dies umso weniger, als, wie die Revision zu Recht anführt, nicht ersichtlich ist, welches Interesse ein Makler daran haben könnte, dem Kaufinteressenten - ohne dass hierzu eine rechtliche Verpflichtung besteht - zu offenbaren, ob und in welcher Höhe er eine Provisionsvereinbarung mit dem Verkäufer getroffen hat. Vielmehr ist bei einer solchen, auf den wesentlichen Inhalt eines [X.] beschränkten Anzeige ohne weiteres erkennbar, dass der Makler auch und gerade mit demjenigen in vertragliche Beziehungen treten will, der sich als Kaufinteressent an ihn wendet (zur vergleichbaren Auslegung eines [X.]es als [X.]: Senatsurteil vom 4. November 1999 - [X.], [X.], 282, 283). Eine abweichende Annahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn etwa sonstige Umstände oder Hinweise in der Anzeige die Vermutung nahe legten, es sei nicht an das [X.] des Maklers gegenüber den möglichen Käufern gedacht. Daran fehlt es jedoch vorliegend. Es entspricht danach allgemeinem Verständnis und lag auch aus Sicht des Beklagten auf der Hand, einen auf einer derart gestalteten [X.]seite enthaltenen Hinweis auf die Fälligkeit einer Maklergebühr bei Zustandekommen eines notariellen Kaufvertrags nicht als bloße Mitteilung über eine bereits getroffene Provisionsvereinbarung mit dem Verkäufer anzusehen. Der bloße Umstand, dass der Makler bereits in vertraglicher Beziehung mit dem Verkäufer steht, wie dies auch hier offenbar der Fall war, genügt dabei nicht (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1999, aaO).

2. Danach konnte das Berufungsurteil, soweit die Klage auch gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen worden ist, keinen Bestand haben.

Ausgehend davon, dass in der [X.]-Anzeige ein eindeutiges [X.] der Klägerin enthalten war, wird das Berufungsgericht erneut zu prüfen haben, ob zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 ein Maklervertrag zustande gekommen ist; dabei wird es sich gegebenenfalls auch mit dem von dem Beklagten erhobenen Einwand der Vorkenntnis zu befassen haben.

[X.]                                               Herrmann                                          Wöstmann

                            Hucke                                                  Seiters

Meta

III ZR 62/11

03.05.2012

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 8. Februar 2011, Az: 11 U 87/10

§ 652 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.05.2012, Az. III ZR 62/11 (REWIS RS 2012, 6761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6761

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Wird zitiert von

I ZR 198/15

I ZR 30/15

III ZR 530/13

III ZR 62/11

24 U 21/14

18 U 111/13

18 U 125/22

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