Zivilrichter | REWIS RS 2021, 7140
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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund pflichtwidriger Inanspruchnahme der Klägerin durch den Beklagten.
Der Beklagte erwarb am 15.05.2018 ein Kraftfahrzeug bei der X AG. Der Verkauf des Fahrzeugs erfolgte durch die Klägerin im Namen der X AG. In den dem Kaufvertrag zugrunde liegenden AGB ist unter VII. 4. a) geregelt, dass Ansprüche auf Mängelbeseitigung auch bei anderen, vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend gemacht werden können. Im Anschluss an die Übergabe des Fahrzeugs traten verschiedene Mängel auf. Die Klägerin wurde vom Beklagten wiederholt mit der Mängelbeseitigung beauftragt. Nach der anschließenden Übergabe des Fahrzeugs forderte der Beklagte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben auf, weitere Mangelbeseitigungen am Fahrzeug vorzunehmen. Die Klägerin beauftragte sodann ihre hiesigen Prozessbevollmächtigten mit der anwaltlichen Vertretung. Die Klägerin lehnte sodann eine weitergehende Mängelbeseitigung ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.10.2018 erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.10.2018 forderte der Beklagte die Klägerin erneut zur Rückzahlung der bislang geleisteten Kaufpreisraten und Freistellung von der verbleibenden Darlehensverbindlichkeit auf. Am 23.11.2018 stellte der Beklagte das Kraftfahrzeug auf dem Gelände der Klägerin in E ab. Am 26.11.2018 forderte die Klägerin den Beklagten auf, das Fahrzeug bis zum 30.11.2018 zu entfernen, da Standkosten entstehen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.11.2018 erfolgte eine letztmalige Fristsetzung des Beklagten gegenüber der Klägerin im Hinblick auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Am 23.01.2019 entfernte der Beklagte das Fahrzeug vom Gelände der Klägerin. Die Klägerin forderte den Beklagten sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 11.03.2019 zum Ersatz der entstandenen Rechtsanwalts- und Standkosten auf. Mit Schreiben vom 12.03.2019 wies der Beklagte diese Ansprüche zurück.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe aufgrund der unberechtigten anwaltlichen Inanspruchnahme durch den Beklagten ein Schadensersatzanspruch zu.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.234,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13. März 2019 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, sie von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Prozessbevollmächtigten in Höhe von 124,00 € freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, es liege hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kein kausaler Schaden vor, da die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits vor der Erklärung des Rücktritts erfolgt ist. Außerdem habe sich der Beklagte hinsichtlich der Standkosten nicht im Annahmeverzug befunden. Im Übrigen sei der geltend gemachte Betrag nicht ortsüblich und angemessen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.531,90 € noch auf Zahlung von Standkosten in Höhe von 702,10 €.
1.
Zwar liegt in der Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag durch den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 04.10.2018 sowie der anschließenden mehrfach erfolgten schriftlichen Aufforderung zur Rückzahlung der gezahlten Darlehensraten sowie der Freistellung von zukünftigen Raten eine unberechtigte Inanspruchnahme der Klägerin, da diese nicht Verkäuferin des PKW gewesen und nicht die richtige Empfängerin dieser Erklärungen gewesen ist. Letztendlich ist diese unberechtigte Inanspruchnahme für die entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten jedoch nicht kausal geworden, da die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich der vorgelegten Kostenrechnung bereits am 21.09.2018 beauftragt worden sind.
Zu diesem Zeitpunkt hat der Beklagte mit anwaltlichen Schreiben gegenüber der Klägerin Mängelbeseitigungsansprüche geltend gemacht. Dies erfolgte jedoch nicht unberechtigt, da die Klägerin ein anerkannter Betrieb im Sinne der dem Kaufvertrag zugrunde liegenden AGB ist. Dort ist unter VII. 4. a) geregelt, dass Ansprüche auf Mängelbeseitigung auch bei anderen, vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend gemacht werden können. Aus diesem Grund befand sich der PKW im Vorfeld auch bereits zur Durchführung der Garantiearbeiten bei der Klägerin. Die Klägerin hat das Anliegen des Beklagten zu diesem Zeitpunkt auch nicht als unberechtigt zurückgewiesen, sondern Arbeiten am Fahrzeug durchgeführt und dieses dann wieder an den Beklagten übergeben.
Die anschließende Erklärung des Rücktritts mit anwaltlichem Schreiben und die Erwiderung durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben keine weiteren Rechtsanwaltskosten ausgelöst.
2.
a)
Es ist bereits kein Schuldverhältnis ersichtlich, mit dessen Pflichten der Beklagte gegenüber der Klägerin gem. § 293 BGB in Verzug geraten konnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte das Fahrzeug am 23.11.2018 nicht zur Mangelbeseitigung auf dem Grundstück der Klägerin abgestellt hat, sondern zu diesem Zeitpunkt bereits den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte. Eine erneute Mangelbeseitigung hat der Beklagte nicht von der Klägerin verlangt, sodass ein (erneutes) vertragliches Schuldverhältnis über die Reparatur des PKW zwischen der Klägerin und dem Beklagten, in dessen Folge der Beklagte auch zur Abholung des PKW nach erfolgter Reparatur verpflichtet gewesen wäre, nicht begründet worden ist. Aus diesem Grund hat die Klägerin den Beklagten auch bereits mit Schreiben vom 26.11.2018 aufgefordert, den PKW umgehend zu entfernen. Etwaige durchgeführte oder abgelehnte Reparaturarbeiten sind dort nicht erwähnt.
b)
Es bestand bereits keine Einigung der Parteien darüber, dass der PKW auf dem Grundstück der Klägerin verbleiben soll. Die Klägerin war – wie das anwaltliche Schreiben vom 26.11.2018 zeigt – auch nicht willens, den PKW für den Beklagten aufzubewahren.
c)
Zwar darf der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem ein Fahrzeug unberechtigt abgestellt wird, die Beseitigung dieser Eigentumsbeeinträchtigung bzw. den Ersatz der hierfür erforderlichen Kosten verlangen. Standkosten sind dagegen solche Kosten, die nicht der Beseitigung der Störung dienen wie z. B. Abschleppkosten, sondern in diesem Fall aus der weiteren Duldung der Eigentumsbeeinträchtigung resultieren. Solche Kosten sind im Rahmen der §§ 823 Abs. 1, 1004, 249ff. BGB nicht ersatzfähig.
3.
Mangels bestehender Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Zinsen oder vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zur Geltendmachung der Klageforderung.
II.
Der Streitwert wird auf 2.234,00 EUR festgesetzt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Arnsberg, Brückenplatz 7, 59821 Arnsberg, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Arnsberg zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Arnsberg durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
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08.04.2021
Urteil
Sachgebiet: C
Zitiervorschlag: Amtsgericht Werl, Urteil vom 08.04.2021, Az. 4 C 110/19 (REWIS RS 2021, 7140)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 7140
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 C 248/19 (Amtsgericht Rheine)
6 U 16/19 (Oberlandesgericht Köln)
Gebrauchtwagenverkauf zwischen gewerblichen Händlern mit Angabe "Unfallschäden: unbekannt"
Nachbesserung vor Rücktritt auch bei Fahrzeugen des Abgasskandals
Kein Rücktritt vom Kaufvertrag über einen vom sogenannten "VW-Abgasskandal" betroffenen Pkw mangels Erheblichkeit der Pflichtverletzung
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