Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2003, Az. 3 StR 368/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2146

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[X.]/023 [X.]vom24. Juli 2003in den [X.]:wegen zu 1.: unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu 2.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 24. Juli 2003,an der teilgenommen haben:Vorsitzender [X.] am [X.] Prof. Dr. Tolksdorf,die [X.] am [X.] Dr. [X.], [X.], [X.], [X.]als beisitzende [X.],[X.] in der Verhandlung,[X.] bei der Verkündung als Vertreter der [X.]schaft,Rechtsanwalt als Verteidiger der Angeklagten [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten [X.],[X.]als Urkundsbeamtin der [X.]eschäftsstelle,- 3 -beschlossen:Der [X.] beabsichtigt zu entscheiden:Die Erklärung des Angeklagten, auf Rechtsmittel zu verzichten,ist unwirksam, wenn ihr eine Urteilsabsprache vorausgegangenist, in der unzulässigerweise (B[X.]HSt 43, 195, 204) [X.] versprochen worden ist. Dies gilt auch fürden Rechtsmittelverzicht, auf den das [X.]ericht, ohne ihn sich [X.] der Absprache unzulässigerweise versprechen zu [X.], lediglich hingewirkt hat.Er fragt daher bei den anderen [X.]en an, ob an entgegenstehen[X.] festgehalten wird.[X.]ründe:[X.] [X.] liegen zwei Revisionsverfahren vor, in denen vorab jeweilsüber die Frage zu entscheiden ist, ob dem im Zusammenhang mit einer [X.] erklärten Rechtsmittelverzicht Wirksamkeit zukommt. Der [X.]hat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidungverbunden.1. In der Strafsache gegen [X.] (3 [X.]) hat das [X.] den Angeklagten am 29. April 2002 wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer [X.]e-samtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der [X.] -klagte hat unmittelbar nach der Urteilsverkündung auf die [X.]egung einesRechtsmittels verzichtet. Mit Schriftsatz vom 25. September 2002 hat der An-geklagte Revision eingelegt und die Wiedereinsetzung in den vorigen [X.] mit dem Vortrag, der Rechtsmittelverzicht sei Bestandteil einer ver-fahrensbeendenden Absprache gewesen und deshalb unwirksam.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Nach Aufruf der Sa-che, Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie einer einstündigen Unterbre-chung der Sitzung "sicherte die Kammer eine Freiheitsstrafe von höchstensvier Jahren neun Monaten bei Rechtsmittelverzicht zu". Daraufhin [X.] die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagteund sein Verteidiger, sie stimmten einer "solchen Absprache" bzw. einer "[X.] Zusage der Kammer" zu. Nach Verlesung des Anklagesatzes und Beleh-rung des Angeklagten über seine Aussagefreiheit erklärte dieser aussagen zuwollen. Daraufhin gab der Verteidiger für den Angeklagten eine Erklärung ab,in der "die Anklagevorwürfe als richtig zugestanden" ([X.]) wurden. [X.] erklärte für den Angeklagten weiterhin das Einverständnis zur "au-ßergerichtlichen Einziehung" von sichergestellten Betäubungsmitteln [X.]. Nach im wesentlichen übereinstimmenden Schlußanträgen [X.] und Verteidigung und dem letzten Wort des Angeklagtenverkündete die Strafkammer das Urteil und einen Haftfortdauerbeschluß. Un-mittelbar danach verzichteten der Angeklagte, sein Verteidiger und die [X.] auf Rechtsmittel.2. In dem Verfahren gegen [X.] (3 [X.]) hat das [X.] die Angeklagte am 4. Juli 2002 wegen unerlaubter Einfuhr von Be-täubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben [X.] jeweils in nicht geringer Menge in zehn Fällen zu einer [X.]e-- 5 -samtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.] sich die am 5. Juli 2002 eingelegte Revision der Angeklagten.Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, ihr Rechtsmittel sei zulässig,obwohl sie unmittelbar nach Verkündung des Urteils auf Rechtsmittel verzichtethatte. Dieser Rechtsmittelverzicht sei unwirksam. Hierzu trägt sie u. a. folgen-des [X.]eschehen vor:Am ersten Verhandlungstag schlug die Strafkammer eine Verfahrenser-ledigung in der Form vor, daß sie für den Fall eines [X.]eständnisses der Ange-klagten eine [X.]esamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten alsStrafobergrenze in Aussicht stellte. Dabei brachte sie zum Ausdruck, daß ein"Rechtsmittelverzicht wünschenswert" sei. Die Angeklagte und der Verteidigerstimmten der vom [X.]ericht vorgeschlagenen Verfahrenserledigung zu. [X.] erklärte der Verteidiger, die Anklagevorwürfe seien zutreffend, unddie Angeklagte bestätigte dies. Am nächsten Verhandlungstag wurde das Urteilverkündet. Im Anschluß daran erklärte der Verteidiger: "Wir verzichten aufRechtsmittel." Auf Nachfrage des [X.]erichts bekundete die Angeklagte nach [X.] Unterredung mit ihrem Verteidiger: "Ich verzichte auf Rechtsmittel gegendas soeben verkündete Urteil."I[X.]Der [X.] hält in beiden Fällen den Rechtsmittelverzicht für unwirksamund möchte auf die Revisionen der Angeklagten die Urteile einer [X.] 6 -Ausgehend davon, daß die geltende Strafprozeßordnung - wie in [X.] aller [X.]e des [X.] anerkannt ist - Urteils-absprachen nur unter engen Voraussetzungen zuläßt (dazu nachstehend 1.)und es unzulässig ist, dabei einen nach [X.] zu erklärenden Rechts-mittelverzicht zu vereinbaren (dazu nachstehend 2.), ist der [X.] der [X.], daß ein Verstoß gegen dieses Verbot die Unwirksamkeit des gleichwohlerklärten [X.] zur Folge hat (dazu nachstehend 3.).1. Das geschriebene [X.] Strafprozeßrecht kennt Urteilsabspra-chen nicht. Es liefert dafür keine Anknüpfungspunkte ([X.] in Lö-we/[X.], [X.]. [X.]. Abschn. [X.] Rdn. 59). Der [X.] Straf-prozeß ist grundsätzlich vergleichsfeindlich ausgestaltet (B[X.]HSt 43, 195, 203).Das Rechtsstaatsprinzip untersagt es dem [X.]ericht und der Staatsanwaltschaft,sich auf einen "Vergleich" im [X.]ewande des Urteils, auf einen "Handel mit der[X.]erechtigkeit" einzulassen (BVerf[X.] NStZ 1987, 419).Ungeachtet dessen hat sich seit zwei Jahrzehnten im [X.]n Straf-verfahren eine Praxis entwickelt, daß sich die Beteiligten nicht nur "über [X.] und die Aussichten des Verfahrens" verständigen - wogegen [X.] bestehen (vgl. BVerf[X.] NStZ 1987, 419) - , sondern auch [X.] des Verfahrens aushandeln oder auszuhandeln versuchen. Dabei [X.] den Beobachtungen und Erfahrungen des [X.]s, in denen er sich durchEntscheidungen anderer Strafsenate bestätigt sieht (vgl. nur B[X.]HSt 45, 51[5 StR 714/98]; B[X.]HR [X.] vor § 1/faires Verfahren Vereinbarung 12[2 [X.]]; B[X.]H [X.], 495 [1 StR 623/99]; B[X.]H NStZ 2002, [X.] 147/01] mit [X.]. [X.] NStZ 2002, 174; B[X.]H StV 2000, [X.]] mit [X.]. [X.] [X.], 397; B[X.]H [X.], [X.]]; B[X.]H, [X.]. vom 23. Oktober 2001 - 5 [X.]; B[X.]H,- 7 -[X.]. vom 16. Mai 2002 - 5 StR 12/02; B[X.]H, [X.]. vom 7. Mai 2003- 5 [X.]), die Praxis eine Entwicklung genommen, die besorgen läßt,daß die [X.]rundprinzipien des Strafprozeßrechts, nämlich die Erforschung dermateriellen Wahrheit und die Verhängung einer schuldangemessenen Sankti-on durch den gesetzlichen [X.] in öffentlicher Hauptverhandlung, gefährdetsind. Diese Erkenntnis stimmt mit den überwiegend kritischen Bewertungen [X.] in der Literatur überein (vgl. nur Weigend in FS B[X.]H Wissen-schaft S. 1011; [X.] in [X.] S. 361; [X.] 1989,890).Im Hinblick auf die zunehmende, dem Einfluß der revisionsgerichtlichenRechtsprechung naturgemäß weitgehend entzogene Ausweitung der Verstän-digungspraxis und die Untätigkeit des [X.]esetzgebers hat der [X.]die [X.]rundregeln zusammengefaßt, bei deren Einhaltung die [X.] mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Aufgabenund Bindungen der Strafrechtspflege noch in Einklang steht. Die vom 4. [X.] (B[X.]HSt 43, 195) formulierten Mindestanforderungen an die [X.] bilden damit auch die [X.]renze für zulässiges konsensuales Verhaltenim Strafprozeß.Diese betreffen zum einen die Frage, worüber eine Absprache erzieltwerden kann, bzw. was nicht [X.]egenstand einer Absprache sein darf. [X.] es bei der Verpflichtung des [X.]erichts zur Erforschung der materiellenWahrheit (vgl. B[X.]HSt 43, 195, 204); der Schuldspruch steht - jenseits [X.] nach §§ 154, 154 a [X.] - nicht zur Disposition (B[X.]H aaOS. 204, 208); es darf nur die Obergrenze der zu verhängenden Strafe zugesi-chert werden (B[X.]H aaO S. 206); das Maß der schuldangemessenen Strafedarf - wenn auch dem aufgrund einer Absprache abgelegten [X.]eständnis eine- 8 -strafmildernde Wirkung zukommt - nicht unterschritten werden (B[X.]H aaOS. 208).Zum anderen muß auch das Verfahren, in dem die Verständigung zu-stande kommt, rechtsstaatlichen Anforderungen und den [X.]rundprinzipien [X.] gerecht werden: Der Angeklagte darf nicht durch [X.] mit einer höheren Strafe oder durch Versprechen eines gesetzlich nichtvorgesehenen Vorteils zu einem [X.]eständnis gedrängt werden (B[X.]H aaOS. 204); die Absprache muß unter Einbeziehung aller Verfahrensbeteiligten inöffentlicher Hauptverhandlung erfolgen; sie ist mit ihren Ergebnissen in [X.] aufzunehmen (B[X.]H aaO S. 205 f.; B[X.]HSt 45, 227, 228).2. Nach diesen Verfahrensregeln ist es dem [X.]ericht auch untersagt, [X.] das Inaussichtstellen einer milderen Strafe von dem Angeklagten verspre-chen zu lassen, dieser werde auf Rechtsmittel verzichten, oder daran mitzuwir-ken, daß der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft ihre Zustimmung zu [X.] von einem wechselseitigen Verzicht auf Rechtsmittel abhängig [X.]n.Daß die Vereinbarung eines [X.] in einer [X.] nicht zulässig ist, hat der 4. Strafsenat mehrfach ausgesprochen(B[X.]HSt 43, 195, 204 - im nicht entscheidungserheblichen Teil der [X.]; B[X.]HSt 45, 227). Diese Rechtsansicht wird von den anderen Strafsenatenerkennbar geteilt. Soweit sie sich mit der Wirksamkeit eines absprachegemäßerklärten [X.] beschäftigt haben, gehen die [X.] (B[X.]H StV 2000, 542; B[X.]H NStZ-RR 2002, 114 - 1. Strafsenat;B[X.]HR [X.] vor § 1/faires Verfahren Vereinbarung 12 = [X.], 554; B[X.]HNStZ-RR 2001, 334 = [X.], 557 - 2. Strafsenat; B[X.]HSt 47, 238 = [X.], 379 = 5. Strafsenat) oder inzident (B[X.]H, [X.]. vom 27. Juni 2001 - 1- 9 -StR 210/01; B[X.]H NStZ 2002, 219 - 1. Strafsenat; B[X.]H, [X.]. vom 4. [X.] - 2 [X.]; B[X.]H, [X.]. vom 8. Mai 2002 - 3 StR 42/02; B[X.]H,[X.]. vom 5. September 2001 - 5 [X.] - und vom 16. Mai 2002 - 5 [X.]/02; B[X.]H NStZ 2002, 496 - 5. Strafsenat) von der Unzulässigkeit einer [X.] Vereinbarung aus. An diesem Verbot ist festzuhalten:a) Das folgt mittelbar bereits daraus, daß ein Rechtsmittelverzicht, derschon vor dem Erlaß einer Entscheidung erklärt wird, nach einhelliger Ansichtunzulässig ist. Das Versprechen eines zukünftigen [X.]kommt, auch wenn es den Versprechenden rechtlich nicht bindet, wegen dervon ihm - aus vielfältigen [X.]ründen - ausgehenden faktischen Bindung einemunzulässig vorab erklärten Verzicht in seinen Wirkungen so nahe, daß es [X.] als verfahrenswidrig darstellt.b) [X.]egen eine Aufgabe des Verbots sprechen auch die naheliegendenKonsequenzen: Es liegt auf der Hand , daß schon das Wissen, die zu treffendeEntscheidung werde nicht überprüft werden, weil ein Rechtsmittel nicht zu er-warten sei, einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die Urteilsfindung hat(vgl. Volk in [X.], [X.]). Sorgfalt bei der Sachverhaltsermittlung und [X.] lassen nahezu zwangsläufig nach. Vor diesem Hintergrund gerätdie ohnehin nicht unproblematische Praxis der Urteilsabsprache weiter insZwielicht, wenn sich das [X.]ericht durch das Verlangen eines Rechtsmittelver-zichts in eine Situation bringt, in der es in [X.]efahr gerät, sich das Verfahren unddie Urteilsbegründung leicht zu machen (vgl. [X.] [X.], 96, 99 [[X.]. zuB[X.]HSt 45, 227]).c) Ein schützenswertes Interesse, das - ungeachtet dieser Bedenken -die Bewertung der Abrede eines [X.] als zulässig legitimierenkönnte, ist nicht [X.] -Das gilt zunächst mit Blick auf die Interessen des Angeklagten, der [X.] will, daß auch die Staatsanwaltschaft verspricht, kein Rechtsmittel ein-zulegen: Die zu seinen Ungunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaftmuß der Angeklagte nur fürchten, wenn durchgreifende Rechtsfehler zu seinen[X.]unsten geschehen sind, insbesondere wenn die in Aussicht gestellte undverhängte Strafe so milde ist, daß sie ihre Aufgabe, gerechter [X.] sein, nicht mehr erfüllen kann. Angesichts der weitgehenden Beschränkung,die das Verfahrensrecht dem Revisionsgericht bei der Überprüfung der tat-richterlichen Strafzumessung auferlegt, kann eine Revision - in den in [X.] Fallgestaltungen - vor allem dann Erfolg haben, wenn der Tatrichtereine unvertretbar milde Strafe verhängt hat. [X.]erade dies darf aber nicht [X.] einer Urteilsabsprache sein (B[X.]HSt 43, 195, 208). [X.] ein etwa daraus resultierendes Interesse des Angeklagten an der [X.] des [X.] nicht als schützenswert anerkannt werden.Soweit die Staatsanwaltschaft mit der [X.] verhindern will,daß der Angeklagte (kurz vor Fristablauf und so spät, daß sie ihrerseits [X.] nicht mehr anfechten kann) Rechtsmittel einlegt und auf diese Weiseerreicht, daß das Urteil ausschließlich zu seinen [X.]unsten überprüft [X.], sind schutzwürdige Belange letztlich ebenfalls nicht ersichtlich. [X.] mag es für sich betrachtet ein berechtigtes und verständliches Anliegensein, wenn die an einer Abrede beteiligte Staatsanwaltschaft eine solche ein-seitige Überprüfung insbesondere in Fällen ausschließen möchte, in denen [X.] durch das Urteil ohnehin erheblich und unter Umständen [X.] begünstigt wurde (etwa durch eine ohnehin sehr milde Strafeoder dadurch, daß die Feststellungen zu seinen [X.]unsten das Maß des ihm zurLast fallenden - allerdings nur mit größerem Aufwand festzustellenden - [X.] nicht ausschöpfen). Indes kann die Staatsanwaltschaft, was auch ihre- 11 -Pflicht ist, unangemessene Begünstigungen des Angeklagten schon dadurchverhindern, daß sie sich der Mitwirkung an entsprechenden Abreden enthält.Solange die Verständigung aber den von B[X.]HSt 43, 195 gesetzten [X.] hat, ist eine Aufhebung des Urteils aufgrund der Revision des [X.] ohnehin in aller Regel nicht zu besorgen. Wenn der Tatrichter sichnicht darauf beschränkt, daß der Angeklagte die ihm vorgeworfene Tat, wie [X.] niedergelegt, einräumt oder (ggf. auch nur durch Erklärung seinesVerteidigers) dem "[X.] nicht mehr entgegentritt", sondern, woraufauch die Staatsanwaltschaft hinzuwirken hat, das Urteil nur auf ein den [X.] umfassend einräumendes, überprüfbares und - durch Nachfragen oderden wenig aufwendigen Abgleich mit anderen Beweismitteln - überprüftes [X.]e-ständnis stützt, und wenn der Schuldspruch, der sowieso nicht [X.]egenstand [X.] sein darf, der Sach- und Rechtslage entspricht, wird eine Revi-sion durchweg erfolglos bleiben, zumal die verhängte Strafe in den Fällen [X.] ohnehin eher im unteren Bereich des Spielraums [X.] festgesetzt sein wird.Nur am Rande sei angemerkt, daß auch das Interesse an der [X.] justizieller Ressourcen kein die Zulassung der [X.]-Abrede legitimierender [X.]rund sein kann. Die Möglichkeit, das Urteil nach § 267Abs. 4 [X.] abzukürzen, hängt nicht von der Erklärung des Rechtsmittelver-zichts ab; um sie zu nutzen, muß nur der Ablauf der Rechtsmittelfrist abgewar-tet werden. Sollte das Urteil durch das Rechtsmittel angefochten werden, soentsteht, sofern die Leitlinien des [X.] zur [X.] [X.]ericht eingehalten worden sind, kein wesentlicher Mehraufwand durchdie Abfassung eines "langen" Urteils. Wenn der Angeklagte ein detailliertes[X.]eständnis abgegeben hat, wird sich in der Beweiswürdigung mit wenigen- 12 -Worten darlegen lassen, daß und warum der Tatrichter von seiner Richtigkeitüberzeugt ist.3. Nach Auffassung des [X.]s ist ein Rechtsmittelverzicht, der im [X.] an ein Versprechen in einer Urteilsabsprache erklärt wird, unwirksam.Die Unwirksamkeit der Erklärung ist eine zwangsläufige Folge des vo-rangegangenen Verstoßes gegen das Verbot, einen Rechtsmittelverzicht zumBestandteil der dem Urteil vorausgehenden Absprache zu machen (so schonB[X.]HSt 45, 227, allerdings nur beim Vorliegen weiterer besonderer Umstände).Das Verbot der Vereinbarung eines [X.] ist - wie dargelegt -unter dem geltenden Strafverfahrensrecht eine unabweisbare Bedingung füreine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Verständigung im Strafver-fahren. Ein Verstoß dagegen darf daher nicht sanktionslos bleiben (B[X.]HStaaO). Die einzig denkbare Sanktion ist aber die Annahme der [X.] erklärten Verzichts.Nur die Bewertung der Verzichtserklärung als unwirksam kann sicher-stellen, daß die Kontrolle gerichtlicher Entscheidungen durch die Rechtsmittel-gerichte, die - über ihre Bedeutung für den Einzelfall hinaus - allein dadurch,daß sie generell möglich ist, die Einhaltung der Verfahrensregeln gewährlei-stet, auch in Strafverfahren, in denen das Urteil aufgrund einer Verständigungergeht, in dem notwendigen Maß erhalten bleibt. Nur solange diese Kontrollenicht gänzlich ausgeschlossen wird, kann der [X.]efahr von Auswüchsen entge-gengewirkt werden, die der Akzeptanz der Justiz und speziell dem Vertrauender Allgemeinheit in die den Prinzipien von [X.]leichheit vor dem [X.]esetz und [X.]e-rechtigkeit in besonderer Weise verpflichtete Strafrechtspflege abträglich wä-ren. Es ist zwar richtig, daß die Beteiligten die Rechtsmittelkontrolle dadurchausschließen können, daß sie kein Rechtsmittel einlegen oder - unbedenklich,- 13 -soweit keine Absprache vorausgegangen ist - auf Rechtsmittel verzichten. [X.] sie aber schon in einer Verständigung zum Verfahrensausgang, daßdas Urteil der Kontrolle entzogen bleiben soll, so darf das Recht nicht auchnoch dadurch der Umsetzung dieser Vereinbarung zum Erfolg verhelfen, daßes die Verzichtserklärung als wirksam akzeptiert.Hinzu kommt, daß das [X.]ericht, das sich einen Rechtsmittelverzicht ver-sprechen läßt, damit in unzulässiger Weise auf die freie Willensentscheidungdes Angeklagten über die Annahme oder Anfechtung des Urteils einwirkt undsich auch im Einzelfall - zumal wenn das Urteil später angefochten wird - [X.] verläßlich feststellen lassen wird, daß die Erklärung des [X.]s nach dem Urteil unbeeinflußt von diesem Versprechen abgegebenwurde. Vielmehr besteht generell die [X.]efahr, daß auf eine (regelmäßig [X.] nach der Urteilsverkündung abgegebene) Verzichtserklärung die Erwar-tungshaltung des [X.]erichts und die Beratung durch den Verteidiger - zumal [X.], der in Zukunft auch in anderen Strafverfahren mit dem [X.]e-richt Urteilsabsprachen treffen will - den entscheidenden Einfluß haben. Eine[X.]erklärung ist aber - nach Auffassung aller Strafsenate des[X.] - unwirksam, wenn der Erklärende dabei in seinem [X.] war. Dabei ist ohne Belang, ob die Willensbeeinträchtigung inder Person des Erklärenden angelegt ist oder ihre Ursache in dem [X.] auf den Erklärenden findet. Dementsprechend hat der [X.] etwa be-reits entschieden, daß der Rechtsmittelverzicht des Angeklagten unwirksam ist,wenn ihm eine vom Vorsitzenden unzuständigerweise abgegebene und [X.] der Urteilsverkündung nicht eingehaltene Zusage zugrundeliegt (B[X.]HR[X.] § 302 I 1 Rechtsmittelverzicht 14).- 14 -II[X.]Unter den Strafsenaten des [X.] wird die Wirksamkeiteines [X.], der erklärt wird, nachdem er unzulässigerweise[X.]egenstand einer Urteilsabsprache war, nicht einheitlich beurteilt. [X.] und der 2. Strafsenat haben sich ausdrücklich für die Wirksamkeit einessolchen Verzichts ausgesprochen:Bereits vor der Entscheidung B[X.]HSt 43, 195 hat der 2. Strafsenat ent-schieden, die Unzulässigkeit einer Absprache über das Verfahrensergebnisberühre nicht die Wirksamkeit eines absprachegemäß erklärten [X.]s (NStZ 1997, 611 unter Hinweis auf die Entscheidungen B[X.]H wistra1992, 309, 310; B[X.]H, [X.]. vom 17. Juli 1991 - 2 StR 230/91). An dieserAuffassung hat er auch festgehalten (B[X.]H, [X.]. vom 25. Oktober 2000- 2 StR 403/00; [X.]. vom 11. Juni 2001 - 2 StR 223/01 = NStZ-RR 2001,334; [X.]. vom 4. Juli 2001 - 2 [X.]; abschwächend: [X.]. vom7. August 2002 - 2 StR 196/02), nachdem der 4. Strafsenat alsbald Bedenkendagegen angemeldet (B[X.]H StV 1999, 411) und - [X.] letztlich unter Berufung auf Sachverhaltsbesonderheiten - einen Rechts-mittelverzicht für unwirksam angesehen und dem Angeklagten Wiedereinset-zung nach Versäumung der Frist zur Rechtsmitteleinlegung gewährt hatte(B[X.]HSt 45, 227). Der 5. Strafsenat hat bei Hinzutreten besonderer Umständeebenfalls die Unwirksamkeit des [X.] angenommen (B[X.]HSt45, 51), ist aber ansonsten wie der 2. Strafsenat davon ausgegangen, daß [X.] nicht schon deshalb unwirksam ist, weil er [X.]egenstandeiner Absprache war ([X.]. vom 5. September 2001 - 5 [X.]; vgl. an-dererseits den [X.]. vom 5. Februar 2002 - 5 [X.] = B[X.]HSt 47, 238,in dem die Entscheidung des [X.] B[X.]HSt 45, 227 zustimmend zitiert- 15 -wird). Der 1. Strafsenat hat sich dem 2. Strafsenat angeschlossen und den [X.] versprochenen Rechtsmittelverzicht nur dann für unwirksam gehalten,wenn der Verfahrensmangel zu einer unzulässigen Willensbeeinträchtigung beider Abgabe der Verzichtserklärung geführt hat (B[X.]H, [X.]. vom [X.] - 1 StR 607/99 = [X.], 386). Als Beispiel für eine unzulässige Wil-lensbeeinflussung hat der 1. Strafsenat die Verzichtserklärung "aufgrund einerunzulässiger Weise vor Erlaß des Urteils im Rahmen einer verfahrensbeen-denden Absprache getroffenen Vereinbarung" bezeichnet (B[X.]H, [X.]. vom5. Dezember 2001 - 1 [X.] = NStZ-RR 2002, 114). Der erkennende Se-nat hat sich bislang hierzu nicht ausdrücklich geäußert. Er hat aber die [X.] eines [X.] jedenfalls dann in Betracht gezogen, wenner "Bestandteil einer die Willensbildung des Angeklagten unzulässig beeinflus-senden Absprache gewesen wäre" (B[X.]H, [X.]. vom 8. Mai 2002 - 3 [X.]/02).Diese differierenden Auffassungen dürften ihren wesentlichen [X.]rund inder unterschiedlichen Beurteilung der Wirkungen haben, die das im Rahmeneiner Absprache abgegebene [X.] auf den Angeklagten hat,wenn dieser - zumeist unmittelbar nach der Urteilsverkündung - [X.] erklärt. Der 1. und der 2. Strafsenat, möglicherweise auchder 5. Strafsenat, messen dem bloßen [X.]versprechen keinedie Willensfreiheit beeinflussende Wirkung zu. Sie halten das [X.] für generell geeignet, den Willen des Erklärenden zu beeinflussen, [X.] aber im Einzelfall den Nachweis, daß es zu einer unzulässigen Willens-beeinträchtigung gekommen ist. Nach Auffassung des anfragenden [X.]sund des [X.] ist angesichts der dem Revisionsgericht inzwischen zu-gänglichen Erfahrungen mit der [X.] in jedem Fall von einer [X.] 16 -chen Willensbeeinträchtigung des Angeklagten auszugehen, so daß es einesEinzelnachweises nicht bedarf.[X.] [X.] fragt bei den anderen Strafsenaten an, ob sie an ihrer der be-absichtigten Entscheidung entgegenstehenden Rechtsprechung festhalten.1. Er beschränkt die Anfrage insoweit auf die Wirksamkeit der Rechts-mittelverzichtserklärung des Angeklagten, weil allein diese in den zugrundelie-genden Verfahren auf ihre Wirksamkeit zu prüfen sind und deshalb nur dieseRechtsfrage entscheidungserheblich ist. Ob dieselben [X.]rundsätze auch für die[X.]erklärung der Staatsanwaltschaft oder des [X.] gelten haben, muß nicht entschieden werden.2. Im Hinblick auf die dem Revisionsverfahren gegen [X.] ([X.] 2.)zugrundeliegende Sachverhaltsgestaltung besteht zugleich Anlaß zu einer Er-weiterung der Fragestellung.Nach Auffassung des [X.]s ist es nicht nur unzulässig, das Verspre-chen eines [X.] zum Bestandteil einer Absprache über [X.] zu machen. In einem Strafverfahren, das durch eine [X.] werden soll, ist es dem [X.]ericht darüber hinaus auch nicht erlaubt, aufeinen Rechtsmittelverzicht des Angeklagten hinzuwirken, dies auch nicht in [X.], daß es zum Ausdruck bringt, es erwarte einen Rechtsmittelverzichtoder erachte ihn für wünschenswert. Auch den Rechtsmittelverzicht, der nichtausdrücklich vereinbart wurde, aber einer vorab zum Ausdruck gebrachten Er-wartung des [X.]erichts entspricht, hält der [X.] für [X.] 17 -a) Was die Frage der Zulässigkeit einer solchen Einflußnahme anbe-langt, besteht - mit Blick auf die Beeinträchtigung der Willens- und Entschlie-ßungsfreiheit des Angeklagten sowie ihres Ausmaßes - kein grundsätzlicherUnterschied, ob das [X.]ericht das Versprechen eines [X.] aus-drücklich zum unzulässigen [X.]egenstand einer Urteilsabsprache macht (so [X.] des Angeklagten [X.] ) oder ob es im Zusammenhang mit einer [X.] in anderer Weise auf die Abgabe eines [X.] hinwirkt.Auch wenn das [X.]ericht (wie im Fall der Angeklagten [X.]) nur zum Ausdruckbringt, es halte einen Rechtsmittelverzicht für wünschenswert, ist zu befürch-ten, daß beim Angeklagten und namentlich bei dem an das [X.] das wechselseitige Vertrauen in zukünftigen Strafverfahren vor demselben[X.]ericht denkenden Verteidiger der Eindruck entstehen kann, das [X.]ericht [X.] das Versprechen des [X.] - wenn auch nicht ausdrücklich- zum Inhalt der Urteilsabsprache und verbinde die Zusage der in Aussicht ge-stellten Strafobergrenze mit der Erwartung der Verzichtserklärung nachder Urteilsverkündung (vgl. B[X.]H NStZ 2002, 219; [X.], Verteidigung in Be-täubungsmittel-Strafverfahren, in: Handbuch des [X.],S. 1133, 1198). Würde nur die ausdrückliche Abrede eines Rechtsmittelver-zichts als unzulässig angesehen, bestünde zudem die naheliegende [X.]efahrdes Ausweichens auf andere, nur in der Form unverbindlich scheinende Erklä-rungen. Die allem Anschein nach weit verbreitete Praxis, im Rahmen [X.] - unzulässigerweise - auch den wechselseitigen [X.] zu verabreden, diese Abrede aber anders als den sonstigen Inhalt [X.] nicht offen zu legen und insbesondere nicht in das Protokollaufzunehmen, ist hinreichender Beleg für diese Befürchtung.Solange der Amtsermittlungsgrundsatz, die Pflicht zur Erforschung dermateriellen Wahrheit und das [X.]ebot gerechten Strafens ausnahmslos [X.]eltung- 18 -beanspruchen, muß danach jegliche Erörterung eines [X.] imZusammenhang mit Urteilsabsprachen unterbleiben. Ein [X.] für einen Rechtsmittelverzicht bei einer Urteilsabsprache ist ohnehinnicht ersichtlich.b) Die Erwägungen, die zur Unwirksamkeit des vereinbarten [X.] führen (oben II[X.]), sprechen dafür, auch dem Rechtsmittelverzicht,auf den das [X.]ericht lediglich hingewirkt hat, die Wirksamkeit zu versagen.c) Zu der Rechtsfrage, ob auch derjenige Rechtsmittelverzicht unwirk-sam ist, auf den das [X.]ericht, ohne ihn sich im Rahmen der Absprache unzu-lässigerweise versprechen zu lassen, lediglich hingewirkt hat, liegt bislang eineEntscheidung des [X.] nicht vor. Der 4. Strafsenat hat nur denaufgrund ausdrücklicher Vereinbarung erklärten Rechtsmittelverzicht für un-wirksam erachtet (B[X.]HSt 45, 227; vgl. auch B[X.]H StV 1999, 411). [X.] Strafsenat hat den Fall, in dem der Verteidiger den Rechtsmittelverzicht nur"vage in Aussicht gestellt" hatte, ausdrücklich nicht als "Versprechen" im [X.] B[X.]HSt 43, 195 angesehen (B[X.]H, [X.]. vom 20. März 2002 - 5 StR 1/02= NStZ 2002, 496).In dieser Situation erscheint es dem [X.] zweckmäßig, die anderenStrafsenate auch um eine Stellungnahme zu dieser Frage zu bitten. Zum einenliegt nahe, daß für diejenigen, die einen abredegemäß erklärten [X.] für wirksam erachten, auch die Wirksamkeit eines Verzichts nicht [X.] steht, der entsprechend einer zum Ausdruck gebrachten Erwartung des[X.]erichts erklärt wird. Zum anderen erscheint es aber auch nicht von vornherein- 19 -ausgeschlossen, beide Fallgestaltungen unterschiedlich zu beurteilen und ent-gegen der Auffassung des [X.]s nur dem aufgrund einer Verständigung mitwechselseitigem [X.] erklärten Rechtsmittelverzicht die Wirk-samkeit abzusprechen.VRiB[X.]H Prof. Dr. Tolksdorf[X.][X.]befindet sich im Urlaub undist deshalb gehindert, seineUnterschrift beizufügen. [X.]RiB[X.]H [X.] befindet sich [X.] und ist deshalb gehin-dert, seine Unterschrift beizufügen.[X.][X.]

Meta

3 StR 368/02

24.07.2003

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2003, Az. 3 StR 368/02 (REWIS RS 2003, 2146)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2146

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