Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2000, Az. IX ZR 10/99

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2810

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[X.]DES VOLKESURTEILIX ZR 10/99Verkündet am:16. März 2000PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem RechtsstreitNachschlagewerk:jaBGHZ:[X.]§ 775a)Ist der Rechtsgrund für eine Bürgschaftsübernahme streitig, muß der Bürge, derden Hauptschuldner auf Befreiung von der [X.]in Anspruchnimmt, beweisen, daß ihm bezüglich der Bürgschaft die Rechte eines Beauf-tragten zustehen.b)Der Befreiungsanspruch ist auch dann nicht auf Zahlung an den Gläubiger ge-richtet, wenn dieser den Bürgen bereits in Anspruch nimmt (im Anschluß anBGHZ 140, 270, 274 f).BGH, Urteil vom 16. März 2000 - [X.]- [X.]2 - LG Köln- 3 -Der IX. Zivilsenat des [X.]hat auf die mündliche [X.]16. März 2000 durch [X.]und [X.]Recht erkannt:Auf die Revision der [X.]wird das Urteil des [X.]vom 17. Dezember 1998 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als die [X.]verurteilt [X.]sind, als Gesamtschuldner auf die Bürgschaftsforderung, [X.]des [X.]Kölnist, 40.000 DM nebst 6,81 % Zinsen seit dem 21. November 1997zu zahlen, und festgestellt worden ist, daß die [X.]ver-pflichtet sind, den dem Kläger durch die Inanspruchnahme [X.]entstandenen und noch entstehenden Schaden zu erset-zen.Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten [X.]und Entscheidung - auch über die Kosten des [X.]- an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts wegen- 4 -Tatbestand:Am 21. März 1994 übernahm der Kläger gegenüber der [X.](im folgen-den: Bank) eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 40.000 DM zur Siche-rung von Ansprüchen der [X.]gegen die verklagten Eheleute, mit denen [X.]seinerzeit befreundet war. Darüber hinaus gewährte der Kläger den [X.]Darlehen. Da die [X.]ihre Bankverbindlichkeiten nicht erfüllten,verklagte die [X.]den Kläger aus der Bürgschaft auf Zahlung von 40.000 DMnebst Zinsen (LG Köln 15 O 229/98).Der Kläger hat seinerseits die [X.]darauf in Anspruch genommen,an die [X.]die Beträge zu zahlen, welche die [X.]von ihm - dem Kläger -begehrt. Hilfsweise hat er Freistellung verlangt. Außerdem hat der Kläger [X.]beantragt, daß die [X.]verpflichtet sind, ihm auch jeglichenweiteren durch die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft entstandenen undnoch entstehenden Schaden zu ersetzen. Schließlich hat er Rückzahlung [X.]verlangt und eine negative Feststellungsklage erhoben. [X.]hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihrweitgehend stattgegeben. Dagegen wenden sich die [X.]mit ihrer Revi-sion. Diese hat der Senat nur insoweit angenommen, als es um die [X.]zur Zahlung von 40.000 DM an die [X.]und die Feststellung der Ver-pflichtung zum Schadensersatz [X.]-Entscheidungsgründe:A.Auch die Revision der [X.]zu 2 ist zulässig, obwohl das [X.]für diese die Beschwer auf lediglich 55.190 DM festgesetzt hat[X.]19 a.E.]. An diese [X.]ist der Senat nicht gebunden (§ 546Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie kann nicht nur auf gesonderten Antrag vor Einlegungder Revision, sondern auch danach (vgl. BGH, Urt. v. 15. Januar 1997 - VIII ZR303/96, NJW 1997, 1241) - sei es im Annahme-, sei es im [X.]-überprüft werden.Richtiger Ansicht nach beträgt der Wert der Beschwer für die Beklagtezu 2 - ebenso wie für den [X.]zu 1 - 70.000 DM. Die Aberkennung desAnspruchs, den der Beklagte zu 1 hilfsweise - erfolglos - gegen den [X.]zur Aufrechnung gestellt hat, ist auch bei der [X.]für die Beklagte zu 2 (allerdings lediglich in [X.]von 14.810 DM) zu berücksichtigen. Bei der subjektiven Klagehäufung istdie Beschwer aller Streitgenossen zusammenzurechnen, soweit es sich nichtum wirtschaftlich identische Streitgegenstände handelt (BGH, Urt. v. 28. Okto-ber 1980 - VI ZR 303/79, NJW 1981, 578; v. 23. Juni 1983 - IVa ZR 136/82,NJW 1984, 927, 928; v. 30. März 1998 - II ZR 146/96, NJW 1998, 2667, inso-weit in BGHZ 138, 211 n. abgedr.). Dies ist hier nicht der [X.]-B.Die Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung und Zurück-verweisung.[X.]Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger mache - im Hinblick aufseine Inanspruchnahme als Bürge - einen Befreiungsanspruch gemäß § 775Abs. 1 Nr. 3 BGB geltend. Dessen Voraussetzungen seien gegeben, weil [X.]mit der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der [X.]in [X.]seien. Dies folge aus ihrer - von den [X.]eingeräumten - gerichtli-chen Inanspruchnahme seitens der Bank. Aus demselben Grunde sei der [X.]ausnahmsweise auf Zahlung der Bürgschaftssumme an die[X.]gerichtet. Ihre Behauptung, daß der Kläger die Bürgschaft als vorläufigeGegenleistung für die Übertragung von Geschäftsanteilen übernommen habe,hätten die [X.]nicht bewiesen; dies gehe zu ihren Lasten.Der positive Feststellungsanspruch sei gerechtfertigt, weil dem Klägeraus seiner Inanspruchnahme als Bürge über die Zahlung der [X.]hinaus ein Schaden entstehen könne, den die [X.]als Gesamt-schuldner zu ersetzen [X.]7 -II.Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.1. Die Verurteilung der [X.]zur Zahlung von 40.000 DM nebstZinsen auf die Bürgschaftsverpflichtung des [X.]gegenüber der [X.]be-ruht auf Rechtsfehlern.a) Der Rechtsgrund für die Verbürgung durch den Kläger ist zwischenden Parteien umstritten. Der Kläger hat behauptet, er habe die Bürgschaft "ausFreundschaft" übernommen, um den [X.]aus einer vorübergehendenGeldverlegenheit zu helfen. Die [X.]haben demgegenüber geltend ge-macht, die Übernahme der Bürgschaft sei als "vorläufige Gegenleistung" für [X.]von GmbH-Anteilen durch die Beklagte zu 2 an den Kläger anzuse-hen. Dieses Vorbringen ist dahin zu verstehen, daß ein Bürgenregreß ausge-schlossen sein sollte.b) Zu Unrecht meint die Revision, der Kläger habe die [X.]gemäß § 775 BGB schon nicht schlüssig dargetan.Allerdings hat einen solchen Befreiungsanspruch nur ein Bürge, der [X.]kraft Auftrags, auftragsloser Geschäftsführung oder [X.]für den Hauptschuldner übernommen (§ 775 Abs. 1Satz 1 BGB) und aus diesem Verhältnis gegen den Hauptschuldner einenRückgriffsanspruch hat (Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. § 775 Rdnr. 7;MünchKomm-BGB/Habersack, 3. Aufl. § 775 Rdnr. 1; Palandt/Sprau, [X.]8 [X.]Aufl. § 775 Rdnr. 1; Schmitz, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, [X.]§ 91 Rdnr. 96). Die erforderliche Auslegung des Prozeßvortrags,eine Bürgschaft sei "aus Freundschaft" übernommen worden, kann der [X.]vornehmen (vgl. BGH, Urt. v. 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, NJW 1995,2593, 2594 unter 2 b; v. 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95, NJW-RR 1996, 1210,1211). Daß eine Bürgschaft "aus Freundschaft" übernommen wurde, schließtdas Bestehen eines Auftragsverhältnisses usw. nicht aus. Den Vortrag [X.]so zu verstehen, daß er sich "gefälligkeitshalber" - und nicht aufgrundeines Auftrags oder [X.]- verbürgt habe und im [X.]Inanspruchnahme als Bürge keinen Rückgriff gegen die [X.]habenehmen wollen, wäre nicht interessengerecht. Wer eine Bürgschaft übernimmtund damit für einen anderen Schuldhilfe leistet, kann dies von der Zahlung [X.](Avalprovision) durch den Hauptschuldner abhängig machen.Sieht er davon ab, kann man bereits die Annahme des Auftrags zur [X.]Bürgschaft als einen "Freundschaftsdienst" auffassen. Die Freundschaftmuß aber nicht so weit gehen, daß der Bürge im Falle seiner Inanspruchnahmebeim Hauptschuldner keinen [X.]nimmt. Für einen entsprechenden Ver-zicht müssen besondere Anhaltspunkte vorliegen. Solche haben die Beklagtennicht vorgetragen.c) Die Revision rügt indes mit Recht, daß das Berufungsgericht die [X.]für ihre Behauptung, die Bürgschaftsübernahme sei die Gegenleistungfür die Übertragung von Geschäftsanteilen gewesen, als beweisfällig angese-hen hat. Insofern hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislastverkannt. Nicht die [X.]hatten ihre Behauptung zu beweisen, sondernumgekehrt der Kläger seine Behauptung, daß ihm bezüglich der Bürgschaft dieRechte eines Beauftragten zustehen.- 9 -Der Bürge, der einen Befreiungsanspruch gemäß § 775 BGB geltendmacht, hat die Erteilung des [X.]bzw. den Abschluß eines [X.]oder das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ge-schäftsführung ohne Auftrag darzutun und zu beweisen (MünchKomm-BGB/Habersack, § 775 Rdnr. 16; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweis-last im Privatrecht 2. Aufl. § 775 BGB Rdnr. 1). Denn dabei handelt es sich- wie vorstehend unter [X.]dargelegt - um die Voraussetzung des Befreiungsan-spruchs.d) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht auch insoweit, alses angenommen hat, der Anspruch des § 775 BGB könne ausnahmsweise - soauch im vorliegenden Fall - auf Zahlung an den Gläubiger gerichtet sein.Grundsätzlich hat der Schuldner die Wahl, auf welche Art und Weise er [X.]freistellen will. Er kann an den Gläubiger zahlen oder diesen, z.B.durch Stellung einer anderen Sicherheit, zum Verzicht auf die Bürgschaft ver-anlassen. Einen Zahlungsanspruch hat der Bürge erst, wenn er Rückgriff [X.]darf. Dazu ist er gemäß § 774 BGB berechtigt, "soweit" er den Gläubiger"befriedigt" hat. Selbst dann, wenn der Gläubiger gegen den Bürgen bereits einvollstreckbares Urteil auf Erfüllung erwirkt hat, wird dadurch nur ein [X.]begründet (§ 775 Abs. 1 Nr. 4 BGB); als Voraussetzung für eine"Umwandlung" in einen Zahlungsanspruch kann dieser Umstand also nichtausreichen. Aus diesen Gründen hat sich der Senat mit Urteil vom 14. [X.](IX ZR 208/97, BGHZ 140, 270, 274 f = NJW 1999, 1182, 1183 f) gegendie vorzeitige "Umwandlung" eines Befreiungs- in einen Zahlungsanspruchausgesprochen. Zwar betraf diese Entscheidung einen Anspruch des [X.]-auf Zahlung an sich selbst. Für die im vorliegenden Fall begehrte Zahlung anden Gläubiger kann aber nichts anderes gelten.2. Da das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Anspruchs [X.]auf Befreiung von der Bürgschaftsverbindlichkeit nicht [X.]hat, kann auch die Feststellung der Schadensersatzpflicht der [X.]wegen Nichterfüllung keinen Bestand haben. Zwar hat das Berufungs-gericht insoweit nicht ausdrücklich auf den Befreiungsanspruch des Klägersgegen die Beklagten, sondern auf den Zahlungsanspruch der [X.]gegen [X.]abgestellt [X.]18 2. Abs.]. Die bloße Nichterfüllung der Bankver-bindlichkeiten hätte die [X.]dem Kläger gegenüber aber nicht schadens-ersatzpflichtig werden lassen. Dazu konnte es erst kommen, wenn die [X.]zugleich einen Befreiungsanspruch des [X.]verletzten. Dazu ist [X.]11 -C.Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die [X.]ist zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen(§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).Paulusch [X.] [X.] Ri[X.]Dr. Zugehör Ganter ist erkrankt und an der Unterschrift ver- hindert. Paulusch

Meta

IX ZR 10/99

16.03.2000

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2000, Az. IX ZR 10/99 (REWIS RS 2000, 2810)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2810

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