Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2006, Az. XII ZR 5/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1163

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 25. Oktober 2006 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.]BGB Art. 17 Abs. 1 Satz 2; Art. 3 Nr. 2 Buchst. b des [X.] Gesetzes Nr. 898 vom 1. Dezember 1970 zur Regelung der Fälle der Eheauflösung (in der Fassung des [X.] vom 6. März 1987) a) Soweit Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB die regelwidrige Anwendung [X.] Scheidungsrechts vorsieht, wenn die Ehe auf den Antrag des [X.] oder ehemals [X.] Ehegatten nach dem primär berufenen ausländischen Recht nicht geschieden werden kann, kommt es für diese Voraussetzung auf den [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung an, nicht auf den [X.]punkt der Rechtshängigkeit des [X.]. b) Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB führt nicht schon immer dann zur Anwendung [X.] Sachrechts, wenn die Ehe nach dem ausländischen Recht derzeit noch nicht geschieden werden kann, etwa weil die nach diesem Recht erfor-derliche Trennungszeit noch nicht abgelaufen ist. Kann die Ehe nach dem ausländischen Recht derzeit nur deshalb noch nicht geschieden werden, weil der Antragsteller es versäumt hatte, das ihm zumut-bare, nach dem ausländischen Recht für den Beginn der Frist maßgebliche Trennungsverfahren einzuleiten, rechtfertigt dies nicht die Scheidung nach [X.] Recht. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2006 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 4. [X.] des [X.] vom 20. November 2003 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Antragstellerin begehrt, ihre am 6. August 1994 in [X.] geschlos-sene, kinderlos gebliebene Ehe nach [X.] Recht zu scheiden. Sie ist [X.], der Antragsgegner [X.]er. Bis zur Trennung im Juni 1995 lebten die Parteien in [X.], die Antragstellerin seitdem in [X.]. 1 Ihren Scheidungsantrag vom 7. Juni 1999 hatte die Antragstellerin [X.] nicht weiter betrieben, nachdem sie mit Schriftsatz vom 7. September 2000 mitgeteilt hatte, mit dem Antragsgegner Einvernehmen darüber erzielt zu haben, ein Scheidungsverfahren in [X.] durchzuführen. 2 Im April 2002 nahm die Antragstellerin das Verfahren wieder auf. Auf den Hinweis des Familiengerichts, dass [X.] Recht anzuwenden sei, wel-ches eine gerichtliche Feststellung der mindestens dreijährigen Trennung vor-3 - 3 - aussetze, beantragte sie in der mündlichen Verhandlung vom 15. August 2002 zunächst, die Trennung der Parteien seit 1995 festzustellen, nahm diesen [X.] aber sogleich wieder zurück. Ihr Scheidungsbegehren blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. [X.] richtet sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. 5 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in [X.], 954 f. (mit Anmerkung [X.], 534) veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte, die in jeder Lage des [X.] - auch vom Revisionsgericht - von Amts wegen zu prüfen ist ([X.]sur-teil [X.] 160, 332, 334), für den hier schon am 4. Januar 2000 zugestellten Scheidungsantrag zutreffend aus § 606 a ZPO Abs. 1 Nr. 1 ZPO hergeleitet, weil die Antragstellerin [X.] ist. 6 2. Ebenso zutreffend hat es [X.] Sachrecht für primär anwend-bar gehalten, weil gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]BGB die Scheidung dem Recht unterliegt, das im [X.]punkt des Eintritts der Rechtshängigkeit für die [X.] Wirkungen der Ehe maßgebend ist. Insoweit war das [X.] [X.], das zuletzt nur noch im Verhältnis zwischen der Bundes-republik [X.] und [X.] galt, nicht mehr zu beachten, weil es von der [X.] zum 23. August 1987 und damit schon vor Rechtshängigkeit des [X.] gekündigt worden war. Vielmehr richten sich die [X.] - 4 - gemeinen Wirkungen der Ehe der Parteien gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 [X.]BGB nach [X.] Recht, weil beide Parteien während der Ehe ihren [X.] Aufenthalt zuletzt in [X.] hatten und der Antragsgegner dort auch jetzt noch wohnt. Allerdings fehlen Feststellungen dazu, ob das [X.] internationale Privatrecht die Verweisung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 [X.]BGB auch annimmt (vgl. [X.] 1991, 422 und 1987, 167). Das ist indes der Fall: Nach Art. 31 Abs. 1, 2. Halbs. des [X.] vom 31. Mai 1995 über die Reform des [X.] Systems des internationalen Privat-rechts (Übersetzung bei [X.]/[X.]/[X.], Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil [X.] - [X.] - S. 42 g) ist auf die persönliche Trennung und die Auflösung der Ehe beim Fehlen eines gemeinsamen Heimat-rechts das Recht des Staates anzuwenden, in welchem das eheliche [X.] überwiegend stattgefunden hat (vgl. [X.] 1997, 193, 196), hier also ebenfalls das [X.] Recht. 8 3. Ferner hat das Berufungsgericht zum Inhalt des [X.] Schei-dungsrechts (Art. 3 Nr. 2 b Abs. 2 des Gesetzes Nr. 898 vom 1. Dezember 1970 in der Fassung des [X.] vom 6. März 1987) festgestellt, dass die Scheidung (genauer: die Auflösung der Ehe, Art. 1 des Gesetzes 898; vgl. auch [X.] StAZ 1997, 201) eine gerichtlich bestätigte oder angeordnete Trennungszeit von drei Jahren voraussetze. Diese Voraussetzung liege man-gels Durchführung eines gerichtlichen Trennungsverfahrens nicht vor. 9 Auch das wird von der Revision nicht angegriffen und lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Darauf, dass das [X.] Recht bei einer sogenannten Konkordatsehe nur den Ausspruch der Beendigung der zivilrechtlichen Wirkun-gen der Ehe vorsieht (Art. 2 des Gesetzes Nr. 898), kommt es hier schon [X.] - 5 - halb nicht an, weil die Parteien ausweislich der in den Akten befindlichen [X.] eine Zivilehe geschlossen haben. Ergänzend zu den Feststellun-gen des Berufungsgerichts ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die gericht-lich ausgesprochene (oder bestätigte einvernehmliche) Trennung bei [X.] der Scheidungsklage (Art. 3 Nr. 2 b Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes Nr. 898, Übersetzung bei [X.]/[X.]/[X.] aaO - [X.] - S. 105, vgl. auch [X.] FamRZ 1990, 703, 705), zumindest aber im [X.]punkt ihrer Zustellung (vgl. [X.] 1991 aaO; [X.]/[X.] v. Mohrenfels 4. Aufl. Art. 17 [X.]BGB [X.]. 70 m.N.) schon drei Jahre angedauert haben muss, und zwar von dem [X.]punkt an gerechnet, zu dem die Parteien vor [X.] des Trennungsverfahrens erschienen sind. 4. Die Revision wendet sich - ohne Erfolg - allein gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall sei Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB nicht anzuwenden. Nach dieser Vorschrift unterliegt das Scheidungsbegehren eines Ehegatten, der [X.]r ist oder dies bei der Eheschließung war, (re-gelwidrig) [X.] Recht, wenn die Ehe nach dem sonst berufenen auslän-dischen Sachrecht nicht geschieden werden kann. 11 Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur weit verbreiteten Ansicht vertritt das Berufungsgericht die Auffassung, hierfür reiche es nicht aus, dass die Ehe nach ausländischem Recht derzeit, das heißt im [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung, (noch) nicht geschieden werden könne. Die regelwid-rige Anwendung [X.] Rechts sei vielmehr erst dann gerechtfertigt, wenn das an sich maßgebliche ausländische Recht entweder weitaus strengere An-forderungen an die Begründetheit des Scheidungsbegehrens stelle als das [X.] Recht oder die erforderliche Trennungszeit im Vergleich zu § 1566 BGB um soviel länger sei, dass dies praktisch einen Scheidungsausschluss bedeute. Das sei hier nicht der Fall, zumal die Antragstellerin schon zu Beginn 12 - 6 - des Verfahrens auch vor dem [X.] Gericht die erforderliche Trennungs-entscheidung hätte herbeiführen können. 5. Der [X.] schließt sich dieser Auffassung im Grundsatz an. Die ange-fochtene Entscheidung ist somit zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden. 13 a) Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB legt nicht fest, wann die Voraussetzung gegeben sein muss, dass die Ehe nach dem ausländischen [X.] nicht geschieden werden kann. Da es sich um eine Rechtsfrage handelt, ist sie aus der Sicht der letzten mündlichen Verhandlung zu beurteilen (vgl. [X.]/[X.] v. Mohrenfels aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 68 m.N.; Pa-landt/[X.] BGB 65. Aufl. Art. 17 [X.]BGB [X.]. 9). 14 Der Gegenansicht, die auf den [X.]punkt der Rechtshängigkeit abstellt ([X.] 1987 aaO 168 ohne nähere Begründung; [X.] FamRZ 1992, 268, 274 im Interesse der Vermeidung eines unerwünschten Statutenwechsels während des Verfahrens), vermag sich der [X.] nicht anzuschließen, zumal auch [X.] (aaO 274 f.) für die persönlichen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB auf den [X.]punkt der mündlichen Verhand-lung abstellt. 15 Art. 17 Abs. 1 Satz 2 BGB soll einen [X.] oder ehemals [X.] Antragsteller nämlich nur vor der Anwendung eines scheidungsunfreundlicheren fremden Rechts schützen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll diese Vorschrift über das an sich maßgebliche Recht hinaus eine Scheidungsmög-lichkeit eröffnen, "um bei ausreichend starkem Inlandsbezug dem berechtigten Bestreben (Art. 6 Abs. 1 GG) nach Wiedererlangung der Eheschließungsfreiheit auch ohne eine - daneben nicht ausgeschlossene - Inanspruchnahme des ordre public Rechnung zu tragen". Hingegen bezweckt diese Vorschrift nicht, dem [X.] Ehegatten auch die Anwendung des [X.] Rechts auf die 16 - 7 - Scheidungsfolgen zu sichern. Soweit der Gesetzgeber dies für erforderlich hielt, hat er entsprechende Sonderregelungen an anderer Stelle getroffen, nämlich für den Versorgungsausgleich in Art. 17 Abs. 3 Satz 2 [X.]BGB und für den [X.] in Art. 18 Abs. 2 [X.]BGB. Daraus folgt, dass die Frage des auf die Scheidungsfolgen anzuwendenden Rechts kein Kriterium ist, das schon bei der Auslegung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB zu berücksichtigen wäre. Des im Hinblick auf die Wiedererlangung der Eheschließungsfreiheit ge-botenen Schutzes bedarf es z.B. aber nicht mehr, wenn das ausländische Recht, das eine Scheidung bislang überhaupt nicht zuließ (z.B. [X.]), sein Recht nach dem [X.]punkt der Rechtshängigkeit mit Rückwirkung ändert und die Scheidung nunmehr auch nach diesem Recht ausgesprochen werden könn-te. Maßgeblich ist das über Art. 17 [X.]BGB berufene Recht in seiner jeweiligen Gestalt zum [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. [X.]/[X.] BGB [2003] Art. 17 [X.]BGB [X.]. 130). 17 Auch räumt Art. 17 Abs. 1. Satz 2 [X.]BGB dem [X.] Antragsteller kein Wahlrecht ein, das [X.] zu bestimmen. Dem liefe es aber zu-wider, wenn der [X.] Antragsteller eine solche Wahl beispielsweise [X.] treffen könnte, dass er seinen Scheidungsantrag entweder nach oder aber vor Ablauf einer nach dem ausländischen Recht erforderlichen Trennungs-frist einreicht (vgl. [X.]/[X.] v. Mohrenfels aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 68; [X.] FamRZ 1996, 841, 851). Jedenfalls dann, wenn man der vom Berufungsgericht aufgezeigten herrschenden Meinung folgt, wäre im ersten Fall (Antragstellung nach Ablauf der Trennungsfrist) gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]BGB das ausländische Recht maßgeblich; im zweiten Fall (Antragstellung vor Ablauf der Trennungsfrist) wäre hingegen nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB [X.]s Recht anwendbar, weil dem [X.] nach dem ausländischen Recht noch nicht entsprochen werden könnte. 18 - 8 - Der von [X.] (aaO 274) befürchteten umgekehrten Manipulations-möglichkeit, dass nämlich der Antragsgegner, der die Anwendung des auslän-dischen Rechts erreichen möchte, das Verfahren bis zum Ablauf der nach [X.] Recht maßgeblichen Trennungsfrist hinauszögert, wird das Gericht ohne-hin nach dem [X.] entgegenzuwirken haben. Den Erfolg des Scheidungsbegehrens kann der Antragsgegner aber auch damit nicht ver-hindern. Und nur die [X.] als solche will Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB im Interesse der Wiedererlangung der Eheschließungsfreiheit gewährleisten (vgl. [X.]/[X.] v. Mohrenfels aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 69; BT-Drucks. 10/504 S. 61). 19 b) Nach inzwischen einhelliger Meinung, der sich auch der [X.] an-schließt, setzt Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB andererseits nicht etwa voraus, dass Ehen nach dem primär anwendbaren Recht grundsätzlich nicht scheidbar sind. Bereits dem Wortlaut der Vorschrift ("die Ehe") ist zu entnehmen, dass ihre Anwendung auch schon dann in Betracht kommt, wenn die individuelle Ehe im konkreten Einzelfall nach dem [X.] nicht oder nicht mehr geschieden werden kann (vgl. [X.]/[X.] Eherecht 4. Aufl. Art. 17 [X.]BGB [X.]. 26 m.N.). 20 Umstritten ist lediglich die Frage, ob die subsidiäre Anwendung deut-schen Scheidungsrechts bereits dann gerechtfertigt ist, wenn die Ehe derzeit, d.h. im [X.]punkt der mündlichen Verhandlung, nach dem [X.] noch nicht oder nur unter erheblichen Erschwernissen geschieden werden kann. Dies wird von der herrschenden Meinung insbesondere auch für den Fall bejaht, dass eine nach ausländischem Recht erforderliche Trennungszeit noch nicht abgelaufen ist ([X.] FamRZ 1987, 159, 160; [X.] [10. Zivilsenat] FamRZ 1996, 946, 947; [X.], 544 ff.; OLG Zweibrücken [X.] 2002 168, 170; OLG Schleswig OLGR 2004, 7 f. m.Anm. [X.] 2004, 187 f.; 21 - 9 - [X.] NJW-RR 1990, 779 f.; [X.] 1998, 374 m.Anm. [X.]; [X.]/[X.] aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 168; [X.]/[X.]. Art. 17 [X.]BGB [X.]. 24; [X.]/[X.] v. Mohrenfels aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 67; [X.]/[X.] BGB 12. Aufl. Art. 17 [X.]BGB [X.]. 26; [X.]/[X.] aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 9; [X.]/[X.]/[X.] BGB Art. 17 [X.]BGB [X.]. 10; [X.] in [X.]/[X.] Praxishandbuch Familien-recht P 37; Kegel Internationales Privatrecht 7. Aufl. [X.] bb S. 652; [X.] 1987, 74, 75; [X.], 1205, 1213; kritisch: [X.] FamRZ 1986, aaO 850 f. und [X.]/[X.] aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 26 f.; ohne Einschränkung nunmehr [X.]., Internationales Scheidungsrecht 2. Aufl. [X.]. 92; [X.] Internationales Privatrecht 2. Aufl. § 46 I 5 S. 325; a.A. OLG Stuttgart FamRZ 2006, 43 f.; [X.] FamRZ 1998, 1590; [X.] und nachfolgend [X.] [14. Zivilsenat] [X.] 1989, 310; [X.] FamRZ 2005, 1678). Jedenfalls für Fallkonstellationen der vorliegenden Art, in denen das [X.] berufene ausländische Scheidungsrecht für eine nicht einverständliche Scheidung eine gleich lange Trennungsfrist von drei Jahren vorsieht wie § 1566 Abs. 2 BGB, die Trennungsfrist nach dem ausländischen Recht aber mangels Einleitung eines förmlichen Trennungsverfahrens noch nicht zu laufen [X.] hat, schließt der [X.] sich der Ansicht des Berufungsgerichts an, und zwar aus den nachstehend dargelegten Erwägungen: 22 c) Die Regelung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB ist rechtspolitisch fragwürdig (vgl. [X.] 1989, 310, 311), weil sie den ausländischen [X.] benachteiligt, indem sie ihm unter Umständen [X.]s Recht auf-zwingt, wenn sein Ehegatte die Scheidung in [X.] begehrt, während er selbst als Antragsteller die möglicherweise gewünschte Anwendung [X.] Rechts nicht erreichen kann. Auch läuft diese Regelung dem erstrebenswerten 23 - 10 - Ziel einer einheitlichen Entscheidung im Inland und im Ausland zuwider (vgl. [X.] FamRZ 1986, aaO 850 a.E.; [X.] 1987, aaO 168). Sie erweist sich auch deshalb als Ausnahmevorschrift gegenüber dem allgemeinen Grund-satz des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]BGB, weil sie einerseits die Anwendung deut-schen Rechts (regelwidrig, vgl. [X.]/[X.] aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 9) auch unterhalb der Schwelle ermöglichen will, die für die Inanspruchnahme des [X.] ordre public zu beachten ist (vgl. BT-Drucks. 10/504 S. 61), [X.] aber die Möglichkeit ausschließt, die durch Nichtanwendung der ausländi-schen Vorschrift entstehende Lücke vorrangig durch eine äquivalente Ersatzlö-sung des ausländischen Rechts zu schließen, wie dies bei einem Verstoß ge-gen den [X.] ordre public grundsätzlich geboten ist, bevor auf die Rege-lung des [X.] Rechts zurückgegriffen werden kann (vgl. [X.]/[X.] aaO Art. 6 [X.]BGB [X.]. 95). Statt dessen schreibt Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB die lex fori zwingend als Ersatzrecht vor, und zwar auch dann, wenn bei nur ehemaliger [X.]r Staatsangehörigkeit des Antragstellers allenfalls ein schwacher Inlandsbezug gegeben ist (vgl. [X.] FamRZ 1992, 268, 273). Bereits aus diesen Gründen verbietet sich nach Auffassung des [X.]s eine weitestmögliche Auslegung dieser Vorschrift, wie sie die herrschende [X.] befürwortet. 24 Die Anwendung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB ist daher auf die Fälle zu beschränken, in denen der [X.] oder ehemals [X.] Antragsteller des Schutzes dieser Vorschrift bedarf, um seine Eheschließungsfreiheit wieder-zuerlangen. Das ist aber nicht schon immer dann der Fall, wenn er die Schei-dung bei Anwendung [X.] Rechts schneller erreichen könnte. Wenn der Gesetzgeber dies bezweckt hätte, hätte er eine Meistbegünstigungsklausel ge-schaffen, die eine wahlweise Anwendung des [X.] oder des [X.] - 11 - schen Scheidungsrechts ermöglicht, je nachdem, welches Recht schneller oder einfacher (z.B. ohne die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme) zu der begehr-ten Scheidung führt. Statt dessen schreibt Art. 17 Abs. 1 [X.]BGB aber zwin-gend vor, zunächst die [X.] nach dem primär berufenen ausländi-schen Recht zu prüfen, bevor die Anwendung [X.] Rechts in Betracht kommt. Es genügt daher nicht schon die Feststellung, die Ehe könne "[X.]" nach [X.] Recht geschieden werden (vgl. [X.]/[X.] aaO Art. 17 [X.]BGB [X.]. 24). Dem Gesetzgeber, der eine derartige IPR-rechtliche Regelung trifft, kann nicht unterstellt werden, er habe die Schwierigkeiten übersehen, die in der [X.] mit der Feststellung ausländischen Rechts verbunden sind und häufig zu einer erheblichen Verlängerung des Verfahrens (z.B. durch Einholung eines Rechtsgutachtens) führen. Gleiches gilt für die Notwendigkeit einer unter Um-ständen im Ausland vorzunehmenden Beweisaufnahme, wenn etwa das aus-ländische Recht die Scheidung nur aus einem Verschulden des anderen [X.] zulässt. Diese Erschwernisse und Verzögerungen mutet der [X.] dem [X.] Antragsteller zu und nimmt dabei auch in Kauf, dass sich gegebenenfalls erst nach längerer [X.] herausstellt, dass schließlich doch auf [X.]s Sachrecht zurückgegriffen werden kann und muss. Auch angesichts eines zusammenwachsenden [X.] Rechtssystems kann und darf der Staat seinen eigenen Bürgern derartige Opfer bis zu den Grenzen des ordre public auferlegen (vgl. [X.], Auf dem Weg zu einem [X.] Schei-dungskollisionsrecht, Diss. [2005] S. 124 f.; vgl. auch [X.] aaO 1591). 26 - 12 - Insoweit weist der [X.] darauf hin, dass das sogenannte "[X.]n-privileg" des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB voraussichtlich ohnehin nicht von Bestand bleiben, sondern durch ein harmonisiertes europäisches Kollisions-recht ("[X.]") ersetzt werden wird. Nach dem endgültigen Vorschlag der [X.] vom 17. Juli 2006 für eine [X.] des Rates zur Änderung der Verordnung ([X.]) Nr. 2201/2003 im [X.] auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich ([X.] [2006] 399) soll sich das Scheidungs- oder Trennungsverfahren in [X.]gelung einer (gemeinsa-men) Rechtswahl der Parteien vorrangig nach dem Recht des Staates richten, in dem die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Fehlt es an einem solchen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, soll der [X.] gemeinsame Aufenthalt maßgeblich sein, sofern einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort dort noch hat (Art. 20 [X.]. b des Vorschlags). Das Recht des Staates, in dem der Antrag gestellt wird, soll äußerst ersatzweise nur dann anwendbar sein, wenn die zuvor genannten Anknüpfungsvoraussetzun-gen nicht gegeben sind und auch die Anknüpfung an eine gemeinsame Staats-angehörigkeit ausscheidet (Art. 20 [X.]. c und [X.]). Die Anwen-dung des danach berufenen Rechts soll nur bei einem offenkundigen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung des Staates des angerufenen Gerichts versagt werden können (Art. 20 e des Vorschlags). 27 Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB ist daher nicht als Garantie für den deut-schen Antragsteller zu verstehen, die Scheidung ebenso schnell und problem-los erreichen zu können, wie dies der Fall wäre, wenn von vornherein nur [X.] Sachrecht in Betracht käme. 28 Eine Scheidung nach [X.] Recht ist daher nicht gerechtfertigt, wenn der Antragsteller beispielsweise einen nach dem ausländischen Recht 29 - 13 - gegebenen Scheidungsgrund (z.B. Ehebruch) nicht mehr geltend macht (oder den erforderlichen Vorschuss für eine Beweisaufnahme nicht zahlt) und damit eine Prozesslage, die die Scheidung nach ausländischem Recht unmöglich macht, selbst herbeiführt. Gleiches gilt aber auch, wenn der Antragsteller es unterlässt, rechtzeitig die ihm zumutbaren Schritte zu unternehmen, die ihm in absehbarer, hier sogar den Trennungsfristen des [X.] Rechts vergleichbarer [X.] die Scheidung nach ausländischem Recht ermöglicht hätten. Ein solcher Fall liegt hier vor. 30 d) Der [X.] schließt sich der Beurteilung des Berufungsgerichts an, dass die für die Scheidung nach [X.] Recht erforderliche materiell-rechtliche Voraussetzung, die Trennung gerichtlich bestätigen oder ausspre-chen zu lassen, keine unzumutbare Erschwernis darstellt, zumal ein solches Verfahren auch vor den [X.] Gerichten durchgeführt werden kann ([X.] 47, 324, 335 ff.). 31 Abgesehen davon, dass die Voraussetzungen eines Trennungsverfah-rens hier bereits seit 1995 gegeben waren, hätte die bei Einleitung des Verfah-rens im Juni 1999 anwaltlich vertretene Antragstellerin jedenfalls sogleich auf Bestätigung oder Ausspruch der Trennung antragen können, und auch hierfür wäre ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen gewesen. Nach dem als lex fori an-wendbaren [X.] Verfahrensrecht hätten auch keine Bedenken bestanden, vorsorglich hilfsweise zugleich die Scheidung zu beantragen, oder auch umge-kehrt (vgl. [X.] aaO 1591). Dann hätte die Ehe möglicherweise, nach-dem die Antragstellerin das Verfahren von September 2000 bis April 2002 nicht betrieben hatte, bereits auf die mündliche Verhandlung erster Instanz am 15. August 2002 nach [X.] Recht geschieden werden können, [X.] - 14 - tens jedoch auf die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 20. November 2003. Es kommt daher nicht darauf an, dass die Antragstellerin einen in diesem Sinne auszulegenden Antrag, nämlich "festzustellen, dass die Parteien seit 1995 getrennt leben", erst in der mündlichen Verhandlung vom 15. August 2002 gestellt, aber sogleich wieder zurückgenommen hat. Deshalb bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob das Berufungsgericht andernfalls am 20. No-vember 2003 gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]BGB [X.]s Recht hätte [X.] müssen, weil eine Scheidung nach [X.] Recht frühestens im August 2005 möglich gewesen wäre. 33 Wegen der ausdrücklichen Rücknahme des auf die Feststellung oder den Ausspruch der Trennung gerichteten Antrages bedarf es hier auch keiner Entscheidung, ob ein solcher Antrag generell als in einem Scheidungsantrag enthaltenes Minus angesehen werden kann (so [X.] aaO 1591). Ab-gesehen davon, dass dies dem Scheidungsbegehren der Antragstellerin (nach [X.] Recht) wohl nur zum Erfolg hätte verhelfen können, wenn sie den "weitergehenden" Scheidungsantrag zurückgenommen und nach dem Tren-nungsausspruch erneut gestellt hätte, hat die Antragstellerin hier mit der aus-drücklichen Rücknahme ihres Antrags auf Bestätigung oder Ausspruch der Trennung ihr schon zuvor geäußertes Begehren verdeutlicht, (nur) nach [X.] Recht geschieden zu werden. Ihr Scheidungsantrag kann daher nicht dahin ausgelegt werden, er umfasse (ungeachtet der Rücknahme des aus-drücklich darauf gerichteten Antrags) nach wie vor auch die Feststellung oder den Ausspruch der Trennung, so dass das Berufungsgericht jedenfalls in [X.] Umfang ihrem Begehren gegebenenfalls hätte stattgeben müssen. 34 - 15 - e) Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Ent-scheidung nicht etwa bedeutet, dass die Ehe der Antragstellerin nun überhaupt nicht mehr geschieden werden kann, was auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen könnte (vgl. [X.]surteil vom 11. Oktober 2006 - [X.] ZR 87/04 -, zur [X.] bestimmt). Die Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung steht beispielsweise nicht einem erneuten Scheidungsbegehren entgegen, das darauf gestützt wird, inzwischen seien die nach [X.] Recht bestehen-den Scheidungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. [X.]/[X.] aaO § 1564 [X.]. 104, 106). 35 Hahne [X.] [X.] Wagenitz Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.08.2002 - 173 F 2494/99 - [X.], Entscheidung vom 20.11.2003 - 4 UF 226/02 -

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XII ZR 5/04

25.10.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2006, Az. XII ZR 5/04 (REWIS RS 2006, 1163)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1163

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