Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2005, Az. 5 StR 449/04

5. Strafsenat | REWIS RS 2005, 5023

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5 StR 449/04
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 15. Februar 2005 in der Strafsa[X.]he gegen

wegen Diebstahls u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 15. Febru-ar 2005, an der teilgenommen haben:

Ri[X.]hter [X.] als Vorsitzender,

Ri[X.]hter [X.], Ri[X.]hterin [X.], Ri[X.]hter Dr. Brause, Ri[X.]hter [X.]

als beisitzende Ri[X.]hter,

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Re[X.]htsanwalt

als Verteidiger,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle,
- 3 - für Re[X.]ht erkannt:

Die Revision der Staatsanwalts[X.]haft gegen das Urteil des [X.] vom 14. Juni 2004 wird verworfen.

Die Kosten des Re[X.]htsmittels und die dem Angeklagten da-dur[X.]h entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

[X.] Von Re[X.]hts wegen [X.]

G r ü n d e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls ([X.]) und wegen zweifa[X.]her versu[X.]hter Körperverletzung (Einzelfreiheitsstrafe se[X.]hs Monate) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt angeordnet. Die Staatsanwalts[X.]haft beanstandet mit ihrer auf die Sa[X.]hrüge gestützten Revision den S[X.]huldspru[X.]h und erstrebt eine höhe-re Bestrafung. Dem Re[X.]htsmittel, das vom [X.] vertreten wird, bleibt der Erfolg versagt.
1. Das [X.] hat im wesentli[X.]hen folgende Feststellungen ge-troffen:
Der drogenabhängige Angeklagte begab si[X.]h am Tattag na[X.]h voran-gegangenem [X.] zu einem Obsthändler und kaufte etwas Obst, weil er aufgrund seines Drogenkonsums nur no[X.]h lei[X.]hte Kost vertrug. Zu-gunsten des Angeklagten ni[X.]ht auss[X.]hließbar lieh der Obsthändler dem [X.] - geklagten ein [X.], das dieser in seine re[X.]hte Ja[X.]kentas[X.]he ste[X.]kte. Na[X.]h etwa einer Stunde betrat der Angeklagte einen Elektronikmarkt, in dem er einer [X.] mögli[X.]herweise unvers[X.]hlossenen [X.] Glasvitrine fünf Mobiltelefone im Gesamtwert von 1.585 Euro entnahm und in seine re[X.]hte Ja[X.]kentas[X.]he ste[X.]kte. Beim Versu[X.]h, das Ges[X.]häft dur[X.]h die Eingangstür zu verlassen, spra[X.]h ihn ein Wa[X.]hmann an und forderte ihn auf, den Laden dur[X.]h die elektronis[X.]he Warensi[X.]herung am Ausgang zu verlassen. Der Angeklagte versu[X.]hte, den Wa[X.]hmann vor das S[X.]hienbein zu treten, was jedo[X.]h [X.]. Sodann flü[X.]htete er in den Elektronikmarkt zurü[X.]k, wo er am oberen Ende der Rolltreppe vom Wa[X.]hmann eingeholt und festgehalten wurde. Au[X.]h jetzt versu[X.]hte der Angeklagte vergebli[X.]h, diesen mit dem Fuß zu treten. Als er si[X.]h [X.] für ihn selbst überras[X.]hend [X.] losreißen konnte, stürzte er zu Boden. Dabei geriet er versehentli[X.]h gegen eine S[X.]haufensters[X.]heibe, die zu Bru[X.]h ging. Er nahm den lauten Knall der zerberstenden S[X.]heibe aufgrund seiner dur[X.]h Drogen verminderten Wahrnehmung ni[X.]ht mehr wahr, konnte aber aus dem Ges[X.]häft flü[X.]hten. Auf der [X.] wurde er von einem Zeugen verfolgt und na[X.]h wenigen Metern eingeholt. Der Zeuge konnte einem gegen seinen Kopf geri[X.]hteten Fausts[X.]hlag des Angeklagten auswei[X.]hen. Jedo[X.]h geriet der Angeklagte, der bereits völlig außer Atem war, dur[X.]h die S[X.]hlagbewe-gung ins Strau[X.]heln und stürzte. Bei der ans[X.]hließenden Dur[X.]hsu[X.]hung des Angeklagten wurden in seiner Ja[X.]kentas[X.]he die entwendeten fünf Mobiltele-fone sowie darunter liegend das [X.] gefunden.
2. Das [X.] hat das Vorliegen eines Diebstahls mit Waffen verneint, weil es si[X.]h ni[X.]ht davon zu überzeugen vermo[X.]hte, daß der Ange-klagte hinsi[X.]htli[X.]h des mitgeführten Messers ein —au[X.]h nur aktuelles [X.] hatte. Der [X.] entnimmt dieser Begründung die re[X.]ht-li[X.]h zutreffende Auffassung, daß eine Verurteilung des Angeklagten na[X.]h § 244 Abs. 1 Nr. 1 Bu[X.]hst. a StGB nur dann in Betra[X.]ht kommen könnte, wenn der Angeklagte das [X.] bewußt gebrau[X.]hsbereit bei si[X.]h hatte (vgl. [X.], 396; NStZ-RR 2003, 12 m.w.N.). Nur dann ist das [X.] des —[X.] erfüllt. - 5 - Die Voraussetzungen eines räuberis[X.]hen Diebstahls na[X.]h § 252 StGB hat die [X.] ebenfalls mit re[X.]htli[X.]h zutreffendem Ausgangspunkt aus subjektiven Gründen verneint, weil der Angeklagte ni[X.]ht in der Absi[X.]ht ge-handelt habe, si[X.]h die Beute zu si[X.]hern.
3. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung des [X.]s ist ni[X.]ht zu beanstanden. Der Tatri[X.]hter hat eine fehlerfreie Würdigung der [X.] ausgewerteten Tatumstände vorgenommen. Zu einer eigenen ab-wei[X.]henden Gesamtwürdigung der belastenden Indizien ist der [X.] ni[X.]ht befugt. Daß eine sol[X.]he mögli[X.]h gewesen wäre, re[X.]htfertigt no[X.]h ni[X.]ht das Eingreifen des [X.] (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdi-gung 2; BGHSt 36, 1, 14).
a) Bei den tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen, daß der Angeklagte si[X.]h zum [X.]punkt der Tatausführung ni[X.]ht bewußt war, daß er das [X.] bei si[X.]h hatte, hat die [X.] zunä[X.]hst die Bes[X.]haffenheit des Messers berü[X.]ksi[X.]htigt. Es handelte si[X.]h um ein besonders kleines und wenig [X.], mit einer flexiblen Klinge versehenes Kü[X.]henobstmesser, das na[X.]h der Inaugens[X.]heinnahme in der Hauptverhandlung nur sehr einges[X.]hränkt zu Angriffs- oder Verteidigungszwe[X.]ken verwendbar war. Ferner hat das Land-geri[X.]ht darauf abgestellt, daß der Angeklagte das Messer während der Tat ni[X.]ht aus seiner Ja[X.]kentas[X.]he hervorgeholt oder mit dem Messer gedroht hat. Aus dem Umstand, daß bei der Festnahme des Angeklagten die fünf Mobiltelefone über dem Messer lagen, hat es den S[X.]hluß gezogen, daß für den Angeklagten während der gesamten Tatbegehung das Messer sowohl für das Überwinden von Hindernissen als au[X.]h zu Angriffs- oder Verteidi-gungszwe[X.]ken bedeutungslos war, weil er sonst die Mobiltelefone in die [X.] Ja[X.]kentas[X.]he geste[X.]kt hätte. Weiterhin hat das [X.] zugunsten des Angeklagten angenommen, daß er das [X.] erst kurze [X.] zuvor von einem Gemüsehändler geliehen bekommen hatte. Es hat hieraus den S[X.]hluß gezogen, daß der Angeklagte dieses für ihn fremde, zum Obsts[X.]hä-len benutzte Messer gar ni[X.]ht mehr im Sinn hatte, als er das Ges[X.]häft betrat - 6 - und si[X.]h ihm zufällig die Gelegenheit zum Diebstahl ergab. Dabei hat die [X.] au[X.]h beda[X.]ht, daß der Angeklagte dur[X.]h am Tattag einge-nommene Drogen in seiner Wahrnehmungsfähigkeit beeinträ[X.]htigt war, so daß er selbst das Zerbersten der Glass[X.]heibe ni[X.]ht wahrgenommen hatte und ferner bei seiner Flu[X.]ht bereits na[X.]h kurzer [X.] atem- und kraftlos ge-stellt werden konnte, was na[X.]h Angaben des Sa[X.]hverständigen typis[X.]he drogenbedingte Ausfallers[X.]heinungen sind.
b) Bei der Beweiswürdigung zu der Feststellung, daß der Angeklagte na[X.]h Begehung des Diebstahls ledigli[X.]h fliehen, ni[X.]ht jedo[X.]h eine Gewahr-samsentziehung der Mobiltelefone verhindern wollte (§ 252 StGB), hat der Tatri[X.]hter zwei Gesi[X.]htspunkte besonders hervorgehoben. Zum einen habe der erhebli[X.]h unter Drogen stehende Angeklagte ein Zusammentreffen mit der Polizei vermeiden wollen, weil ihm dann wegen des Bekanntwerdens seines Drogenrü[X.]kfalls der Widerruf der Zurü[X.]kstellung der Strafvollstre-[X.]kung (§ 35 BtMG) seiner Restfreiheitsstrafe gedroht hätte. Zum anderen habe der Angeklagte die [X.] ni[X.]ht zurü[X.]klassen können, ohne seine Flu[X.]ht erhebli[X.]h zu gefährden, weil er dazu die fünf Mobiltelefone umständ-li[X.]h aus der Tas[X.]he hätte holen müssen.
[X.]) Soweit die Revision die Beweiswürdigung für lü[X.]kenhaft hält, weil das Urteil ni[X.]ht mitteile, wie si[X.]h der Angeklagte zu seinen Vorstellungen hin-si[X.]htli[X.]h des Messers geäußert habe, wird ein dur[X.]hgreifender Re[X.]htsfehler ni[X.]ht aufgezeigt. Die Urteilsgründe weisen, au[X.]h unter Berü[X.]ksi[X.]htigung sei-ner Angaben zu den Motiven seines Flu[X.]htversu[X.]hs, insgesamt ausrei[X.]hend aus, daß der Angeklagte ni[X.]ht an eine Verwendung des Messers da[X.]hte. Au[X.]h mußte entgegen der Auffassung der Revision ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h [X.] werden, daß der Angeklagte das Obst inzwis[X.]hen gegessen hatte und das [X.] deshalb ni[X.]ht mehr zum S[X.]hälen benötigte. Daß der Ange-klagte das Messer erst kurze [X.] zuvor erhalten hatte und deshalb einiges für die Annahme spri[X.]ht, er habe genau gewußt, ein Messer dabei zu haben, ist vom [X.] beda[X.]ht worden. Das weitere Vorbringen der Revision, - 7 - der Angeklagte hätte lei[X.]hter fliehen können, wenn er si[X.]h zuvor der [X.], die den Angeklagten dur[X.]h ihre äußere Bes[X.]haffenheit und dur[X.]h ihr Gewi[X.]ht bei der Flu[X.]ht erhebli[X.]h behindert haben müssen, entledigt hätte, ist im Ergebnis nur der Versu[X.]h, eine eigene Beweiswürdigung an die Stelle der Beweiswürdigung dur[X.]h den hierzu berufenen Tatri[X.]hter zu setzen; damit kann die Bes[X.]hwerdeführerin ni[X.]ht gehört werden.
4. Dur[X.]hgreifende Re[X.]htsfehler zum Na[X.]hteil des Angeklagten, die der [X.] auf die Revision der Staatsanwalts[X.]haft zu bea[X.]hten hätte (§ 301 StPO), liegen ni[X.]ht vor. Da bei Annahme von Tateinheit ersi[X.]htli[X.]h keine ge-ringere (Einzel-)Freiheitsstrafe als die bisherige Gesamtstrafe in Betra[X.]ht gekommen wäre, besteht kein Anlaß zu vertiefter Behandlung der Frage, ob eine (doppelte) Anwendung des [X.] die [X.] etwa hätte veranlassen müssen, Tateinheit anzunehmen.

[X.] [X.] Gerhardt Brause [X.]

Meta

5 StR 449/04

15.02.2005

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2005, Az. 5 StR 449/04 (REWIS RS 2005, 5023)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5023

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