Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2003, Az. 3 StR 177/03

3. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2704

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[X.]/03vom17. Juni 2003in der [X.] versuchter Vergewaltigung u. [X.] 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am17. Juni 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das [X.]eil des [X.] vom 4. Februar 2003 aufgehoben, jedoch werdendie Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und [X.] aufrechterhalten.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] Die weitergehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter [X.] Tateinheit mit versuchtem erpresserischem Menschenraub, mit gefährlicherKörperverletzung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis unter Ein-beziehung von drei Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Ange-klagte rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellenRechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.Nach den Feststellungen wollte sich der Angeklagte in den Besitz einesFahrzeugs bringen. Sein Plan sah vor, an geeigneter Stelle zu warten, bis ein- 3 -Pkw-Fahrer ein Fahrzeug aufgeschlossen hatte, diese Person sodann unterVorhalt eines Messers in seine Gewalt zu bringen, sich des Pkw und der Per-son zu bemächtigen und mit dem Pkw fort zu fahren. Weiter sollte das [X.] dem Vorhaben des Angeklagten gefesselt und an einsamer Stelle ausge-setzt werden, um ein rasches Herbeiholen von Hilfe zu verhindern.Hierzu lauerte der Angeklagte auf einem Krankenhausparkplatz einemgeeigneten Opfer auf. Als die 20jährige Schwesternschülerin [X.]sich in ihrdort abgestelltes Fahrzeug gesetzt und den Zündschlüssel ins Schloß gesteckthatte, riß der Angeklagte die Fahrertür auf und drängte sie auf den [X.]. Sodann zwang er sein Opfer unter Vorhalt des Messers, den Kopf nachvorne zwischen die Knie zu beugen. Angesichts der Drohungen mit dem [X.] verharrte sie in dieser Stellung, während der Angeklagte mit dem Pkw zueinem Feldweg in einem Moorgebiet fuhr. Obgleich er sein Messer zwischen-zeitlich verloren hatte, kam die Geschädigte seinen Aufforderungen angesichtsder erlebten Drohungen nach und ließ sich mit einem mitgeführten [X.]. Spätestens jetzt faßte er den Entschluß, mit ihr den [X.] auszuführen. Als er versuchte, der vor ihm liegenden Zeugin die [X.], wehrte sich diese. In dem Handgemenge gelang esdem Opfer zu fliehen.[X.] Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Vor-aussetzungen eines (versuchten) erpresserischen Menschenraubs sind [X.]. Das [X.] hat den Tatbestand eines versuchten erpresseri-schen Menschenraubs nach § 239 a Abs. 1 StGB ohne jede nähere [X.] pauschal bejaht, wobei zunächst unklar bleibt, welche der beiden rechtlichunterschiedlich ausgestalteten Tatbestandsalternativen des § 239 a Abs. 1StGB (Sichbemächtigen in [X.] - jedenfalls insofern hätte im- 4 -übrigen die Annahme eines vollendeten Delikts nahegelegen - oder [X.] zu einer Erpressung) es als versucht angesehen hat.Für beide Alternativen sind indes die rechtlichen Voraussetzungen dem festge-stellten Sachverhalt nicht zu entnehmen.1. Nach § 239 a Abs. 1 Alt. 1 StGB (Sichbemächtigen in Erpressungsab-sicht) muß der Täter zugleich mit dem Entführen oder Sichbemächtigen [X.] haben, die Sorge des Opfers um sein Wohl zu einer Erpressung aus-zunutzen. Dabei ist ein funktionaler Zusammenhang zwischen dem [X.] des Entführens oder Sichbemächtigens und dem zweiten Teilakt der ange-strebten Erpressung erforderlich (vgl. [X.]St 40, 350, 355; [X.] NStZ 2002,31; [X.], [X.]. vom 5. März 2003 - 2 [X.]). Nach den Feststellungen hatder Angeklagte das Opfer entführt, um es an einsamer Stelle gefesselt auszu-setzen und so an der Herbeiholung rascher Hilfe zu hindern. Da er bereits zuBeginn der Entführungshandlung den erstrebten Besitz am Pkw erlangt hatte,bleibt unklar, worin die [X.] die beabsichtigte Erpressung gesehen hat,insbesondere zu welcher Vermögensverfügung das Opfer dann noch gezwun-gen werden sollte.2. Für die weitere Alternative des § 253 Abs. 1 StGB (Ausnutzen einerBemächtigungssituation zu einer Erpressung) fehlt es an jeglichem Anhalt.I[X.] Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Schuldspruchs insge-samt, da es sich bei dem abgeurteilten Geschehen um eine Tat handelt unddas [X.] zu Recht davon ausgegangen ist, daß die übrigen festgestell-ten Straftatbestände in Tateinheit verwirklicht worden sind. Eine Umstellungdes Schuldspruchs auf die verbleibenden Delikte durch das [X.] nicht erfolgen, weil nach Sachlage eine Verurteilung wegen [X.] § 239 b StGB in Betracht kommt (vgl. Abschnitt II[X.]).- 5 -Dagegen können die für sich rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungenzum äußeren Sachverhalt und zur Frage der Schuldfähigkeit bestehen bleiben.Der [X.] kann ausschließen, daß anderweitige Feststellungen des neuen [X.] zu den vom Angeklagten verfolgten Absichten eine andere Beurteilungseiner Schuldfähigkeit bedingen könnten. [X.] ist nicht gehin-dert, ergänzende, dazu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen zu tref-fen.II[X.] Für die neue Hauptverhandlung gibt der [X.] folgende Hinweise:1. [X.] wird zunächst neu zu prüfen haben, welche Ab-sichten der Angeklagte bei der "Kaperung" des Pkw und der Entführung [X.] hatte. Dabei wird er die auffälligen Parallelen zu dem [X.], das dem [X.]eil des [X.]s Bremen vom 15. Februar 1995zugrunde liegt, ebenso zu bedenken haben wie das Fehlen einer [X.] Erklärung dafür, wozu der Angeklagte das Fahrzeug verwenden wollte.Sollte er hierbei zur Überzeugung kommen, daß der Angeklagte [X.] sexuelle Absichten verfolgte und daß in dem Vorhalten des [X.] konkludente Drohung mit Erstechen zu sehen ist, kommt eine Verurteilungwegen Geiselnahme nach § 239 b Abs. 1 Alt. 1 StGB in Betracht (Sichbemäch-tigen in der Absicht, zu sexuellen Handlungen zu nötigen, vgl. [X.]St 40, 350).2. Sollte dagegen wiederum festgestellt werden, daß der Angeklagte [X.] keine sexuellen Absichten hatte, sondern lediglich den Pkw besitzenwollte, wird die zweite Alternative des § 239 b Abs. 1 StGB zu prüfen sein(Ausnutzen einer Bemächtigungslage zur Nötigung zu sexuellen Handlungen,vgl. [X.] NStZ 2002, 317).- 6 -In diesem Fall wird ferner nach den Kriterien der Rechtsprechung zuprüfen sein, ob er das Fahrzeug lediglich unbefugt gebrauchen oder es sichzueignen wollte (vgl. dazu Tröndle/[X.], StGB 51. Aufl. § 242 Rdn. 38 ff.).Bei der ersten Möglichkeit käme besonders schwere räuberische [X.] §§ 253, 255, 250 Abs. 3 Nr. 1 StGB und bei der zweiten besondersschwerer Raub nach § 250 Abs. 3 Nr. 1 StGB in Betracht.3. Bei der Aburteilung der versuchten Vergewaltigung wird zu berück-sichtigen sein, daß der Angeklagte nach den Feststellungen ein mitgeführtesKlebeband zur Fesselung verwendet hat, um der Geschädigten einen [X.] unmöglich zu machen. Dies erfüllt die Voraussetzungen einer versuchtenschweren Vergewaltigung nach § 177 Abs. 1, 2, 3 Nr. 2, § 22 StGB ([X.] Mittels zur Verhinderung des Widerstandes, vgl. [X.]R StGB § 177Abs. 3 Nr. 2 Werkzeug 1).Tolksdorf [X.] von [X.]

Meta

3 StR 177/03

17.06.2003

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2003, Az. 3 StR 177/03 (REWIS RS 2003, 2704)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2704

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