Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.06.2013, Az. IV R 28/10

4. Senat | REWIS RS 2013, 5232

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Keine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStGa.F.) beim echten Factoring - Prüfung der Auslegung von Verträgen durch das FG0 in der Revisionsinstanz


Leitsatz

NV: Bei echtem Factoring fehlt es grundsätzlich an einer Schuld i.S.d. § 8 Nr. 1 Alternative 2 GewStG a.F. Auch Vorschussleistungen des Factors ändern daran nichts.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der [X.] ([X.]). Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von ….

2

Ende 1997 schlossen die [X.] und die auf [X.]inggeschäfte spezialisierte Finanzdienstleisterin "A-GmbH" (zwischenzeitlich umfirmiert in "B-GmbH"; im Folgenden: [X.]) eine als "[X.]ing-Vertrag" (im Folgenden: Vertrag) überschriebene Vereinbarung, die im Streitjahr (1998) und den folgenden Jahren tatsächlich durchgeführt wurde.

3

Danach war die [X.] verpflichtet, dem [X.] sämtliche nach Vertragsschluss entstandenen [X.]en aus Warenlieferungen zum Kauf anzubieten. Der [X.] war innerhalb festgelegter Einzelgrenzen sowie einer Gesamthöchstgrenze zur Annahme verpflichtet. Für die gekauften [X.]en übernahm der [X.] das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der Debitoren. Die [X.] haftete hingegen gegenüber dem [X.] weiterhin für den rechtlichen Bestand der verkauften [X.] sowie für deren Einwendungs- und Einredefreiheit (Verität der Forderung).

4

Der [X.]ingvertrag enthielt dazu u.a. folgende Regelungen (die [X.] wird im Vertrag als "Kunde" bezeichnet):

5

Nr. 7.1: Als Kaufpreis vergütet der [X.] dem Kunden einen Betrag, der dem aus der Ausgangsrechnung an den jeweiligen Debitor ersichtlichen Zahlungsanspruch entspricht, abzüglich der vereinbarten [X.]ing-Gebühr und abzüglich eines gesondert vereinbarten Zinses für die tatsächliche Laufzeit der Forderung (Zahlungseingang beim [X.] bzw. Eintritt des [X.]s im [X.]-Fall)... .

6

Nr. 7.2 Die Kaufpreisforderung des Kunden ist fällig bei Eingang der Zahlung des Debitors beim [X.], spätestens bei Eintritt des [X.]... .

7

Nr. 7.3 Der [X.] gewährt Vorauszahlungen auf den Kaufpreis der gekauften Forderungen bis zur Höhe von 90 % des Gegenwerts der [X.]. Die Gutschrift erfolgt unter Abzug der [X.]ing-Gebühr nach Einreichung und Überprüfung der Rechnungen... .

8

Nr. 7.4 Die Vorauszahlungen werden einem beim [X.] geführten Kontokorrentkonto belastet. Die in Anspruch genommenen Beträge auf dem Kontokorrentkonto sind mit einem ... festgelegten Satz kontokorrentmäßig zu verzinsen, und zwar für die [X.] von der Inanspruchnahme bis zum Zahlungseingang beim [X.]... .

9

Nr. 17.2 Im Falle einer Kündigung des Vertrags aus wichtigem Grund entfällt mit der Kündigung die Ankaufs- und Vorschusspflicht der [X.]s. Soweit auf angekaufte Forderungen Vorschüsse gewährt werden, entfällt dafür mit der Kündigung der Rechtsgrund; die Vorschüsse sind zurückzuführen. Die Wirksamkeit der über die Einzelforderungen abgeschlossenen Kaufverträge und das [X.] werden von der Kündigung aus wichtigem Grund nicht berührt.

Vereinbarungsgemäß führte der [X.] ein sog. "Kontokorrentkonto". Auf diesem wurden u.a. die [X.]inggebühr sowie die [X.] und die kontokorrentmäßigen "[X.]" (zu Gunsten des [X.]s) belastet. Die "[X.]" wurden für Debetsalden des [X.] täglich berechnet und jeweils am Monatsende auf diesem Konto abgerechnet. Eingehende Zahlungen der Debitoren bzw. Leistungen des [X.]s bei Eintritt des [X.]falls wurden dem Konto gutgeschrieben. Aus Sicht der [X.] wies das Konto im Streitjahr stets einen durchschnittlichen Schuldensaldo von … DM aus.

Die ersten beiden [X.] (Nr. 7.3 des Vertrags), die die [X.] nach Vertragsschluss Ende 1997 in Anspruch genommen hatte, verwandte sie zur vollständigen Tilgung ihrer Kontokorrentschulden bei inländischen Kreditinstituten.

In der Bilanz zum 31. Dezember 1998 wies die [X.] unter den sonstigen Vermögensgegenständen Forderungen aus [X.]ing aus. Die Gewinn- und Verlustrechnung enthielt gewinnmindernd "Zinsen für kurzfristige Verbindlichkeiten an den [X.]". [X.] erfasste die [X.] den Vorgang nicht.

Nach einer u.a. für das Streitjahr 1998 bei der [X.] durchgeführten Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Auffassung, dass es sich bei den aufgrund der [X.] entstandenen [X.] um Entgelte für [X.] § 8 Nr. 1 Alternative 2 des [X.] (GewStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Buchst. a des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988 ([X.], 1093) --GewStG a.[X.]-- handele. Dementsprechend erging am 25. Oktober 2004 der streitgegenständliche geänderte [X.] für den Erhebungszeitraum 1998.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) folgte dem [X.] in der Beurteilung, dass der [X.]ingvertrag sich keinesfalls ausschließlich als Forderungskauf darstelle und dass auch allein die zivilrechtliche Qualifizierung des echten [X.]ings als Forderungskauf nicht die Schlussfolgerung rechtfertige, dass die --dem echten [X.]ing immanente-- Vorfinanzierung des Kaufpreises die Anwendung des § 8 Nr. 1 Alternative 2 GewStG a.[X.] ausschließe. Das [X.] legte den Vertrag dahingehend aus, dass es sich bei den [X.] des [X.]s nicht um tilgungsbestimmte Vorauszahlungen auf den Kaufpreis der erworbenen [X.]en, sondern um eine Vorfinanzierung aufgrund einer durch den [X.]ingvertrag separat begründeten Schuld handele (gesondertes Kreditgeschäft). Diese Würdigung beruhte maßgeblich auf der Überlegung, dass das einheitliche Vertragswerk ([X.]ingvertrag) unterschiedliche und trennbare [X.] enthalte, und zwar einerseits die durch die [X.]inggebühr pauschal abgegoltene Übernahme des [X.]risikos, sowie andererseits eine separat zu würdigende Vereinbarung über die (entgeltliche) Vorfinanzierung der Kaufpreisforderung, wofür die [X.] ein Entgelt in Form von Zinsen zu zahlen habe. Dies ergebe die Auslegung des Vertragstextes, insbesondere der [X.]. 7.1 bis 7.4 sowie der Nr. 17.2 des Vertrags.

Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1911 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Für die Anwendung der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Alternative 2 GewStG a.[X.] fehle es bereits an einer Schuld.

Sie beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Niedersächsischen [X.] vom 6. Mai 2010  11 K 358/07 den [X.] 1998 vom 25. Oktober 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2007 dahingehend zu ändern, den [X.] auf … € … DM) herabzusetzen.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefo[X.]htenen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgeri[X.]htsordnung --[X.]O--).

Das [X.] ist zwar zu Re[X.]ht davon ausgegangen, dass dur[X.]h die Vereinbarung zwis[X.]hen der [X.] ein e[X.]htes Fa[X.]toringges[X.]häft begründet wurde. Entgegen der Auffassung des [X.] und des [X.] liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vorauszahlungen des Fa[X.]tors (Nr. 7.3 des Vertrags) aufgrund einer separat begründeten "S[X.]huld" i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.[X.] geleistet wurden (gesondertes Kreditges[X.]häft).

1. Bei der im Streitfall mit dem Fa[X.]tor getroffenen Vereinbarung handelt es si[X.]h um e[X.]htes Fa[X.]toring.

a) Dem Fa[X.]toring von Forderungen liegen zwei unters[X.]hiedli[X.]he Re[X.]htsverhältnisse zu Grunde. Einerseits entsteht ein Re[X.]htsverhältnis aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen zwis[X.]hen dem sog. [X.] (Verkäufer oder Dienstleister) und dessen Kunden (Debitoren). Aus diesem Re[X.]htsverhältnis resultiert eine Forderung des [X.] (hier: der [X.]) gegenüber dem Debitor (Debitorenforderung). Andererseits kommt das Fa[X.]toringges[X.]häft hinzu, bei dem regelmäßig ein Rahmenvertrag zwis[X.]hen dem Fa[X.]tor und dem [X.] als umfassende Dauerre[X.]htsbeziehung ges[X.]hlossen wird. In diesem verpfli[X.]htet si[X.]h der Ans[X.]hlusskunde, grundsätzli[X.]h alle (no[X.]h ni[X.]ht fälligen) Debitorenforderungen aus seinen Ges[X.]häftsbeziehungen dem Fa[X.]tor anzubieten, während si[X.]h der Fa[X.]tor verpfli[X.]htet, die im [X.] bestimmten Forderungen zu erwerben, was sodann dur[X.]h die jeweils konkreten Andienungsverträge ges[X.]hieht (Mün[X.]hKommBGB/[X.], 6. Aufl., § 398 Rz 164 ff.).

b) Zivilre[X.]htli[X.]h wird dabei zwis[X.]hen e[X.]htem und une[X.]htem Fa[X.]toring unters[X.]hieden. Beide Ausgestaltungen haben grundsätzli[X.]h den Finanzierungsaspekt als gemeinsamen Nenner, also die Liquidierung der Außenstände des [X.] (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 11. Oktober 2012 IV R 32/10, [X.], 248, [X.], 538, unter [X.] [X.][X.] (2) ([X.]), m.w.N.). Während das une[X.]hte Fa[X.]toring zivilre[X.]htli[X.]h den Kreditges[X.]häften zuzuordnen ist, wird das e[X.]hte Fa[X.]toring als Forderungskauf i.S. der §§ 433, 453 des Bürgerli[X.]hen Gesetzbu[X.]hs (BGB) qualifiziert (Urteil des [X.] --BGH-- vom 15. April 1987 [X.] 97/86, [X.], 353, unter [X.], m.w.N.).

[X.]) E[X.]htes Fa[X.]toring liegt vor, wenn der Fa[X.]tor die Debitorenforderung seines [X.] endgültig ankauft, er also das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der Debitoren ([X.]) übernimmt, während dieser den Gegenwert, den der Fa[X.]tor für die angekauften Forderungen zahlt, endgültig --ohne die Mögli[X.]hkeit der [X.] behalten darf (endgültige Finanzierung der Debitorenforderung; vgl. BFH-Urteile in [X.], 248, [X.], 538, unter [X.] [X.][X.] (2) ([X.]) (aa); vom 4. September 2003 V R 34/99, [X.], 209, [X.], 667, unter [X.] und b). Zivilre[X.]htli[X.]h verliert der Ans[X.]hlusskunde seine Debitorenforderung und erhält eine neu entstandene Kaufpreisforderung. Wirts[X.]haftli[X.]h betra[X.]htet stellt si[X.]h dieser Vorgang aus Si[X.]ht des [X.] als S[X.]huldnerwe[X.]hsel dar. Sein Vermögen wird dadur[X.]h ni[X.]ht mit einer Verbindli[X.]hkeit (S[X.]huld) belastet.

d) Zu Re[X.]ht hat dana[X.]h das [X.] im Streitfall den Vertrag zwis[X.]hen der [X.] als e[X.]htes Fa[X.]toring eingeordnet. Ausweisli[X.]h des Vertrags hat der Fa[X.]tor die Debitorenforderungen der [X.] endgültig gekauft und damit das [X.]risiko übernommen.

2. E[X.]htes Fa[X.]toring begründet keine Dauers[X.]huld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.[X.]

a) Na[X.]h § 8 Nr. 1 Alternative 2 GewStG a.[X.] werden bei der Ermittlung des [X.] dem Gewinn (u.a.) die Hälfte der Entgelte für S[X.]hulden wieder hinzugere[X.]hnet, die der ni[X.]ht nur vorübergehenden Verstärkung des [X.] dienen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. S[X.]huld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.[X.] ist eine Belastung des Vermögens, die als betriebli[X.]h veranlasste Verpfli[X.]htung gegenüber einem anderen re[X.]htli[X.]h entstanden oder wirts[X.]haftli[X.]h verursa[X.]ht ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. März 2007 IV R 55/05, [X.], 103, [X.], 655, unter [X.], m.w.N.).

b) Aus dem e[X.]hten Fa[X.]toring ergibt si[X.]h keine "S[X.]huld" im Sinne dieser Norm.

aa) Die Abgrenzung zwis[X.]hen Forderung und S[X.]huld ist im jeweiligen Einzelfall aufgrund einer Gesamtbetra[X.]htung der vertragli[X.]hen Bestimmungen vorzunehmen. Zur Forfaitierung von Forderungen, die in den hier maßgebli[X.]hen Punkten mit dem Fa[X.]toring übereinstimmt (vgl. [X.], [X.] Steuerre[X.]ht --DStR-- 1994, 1749), hat die Re[X.]htspre[X.]hung im Wesentli[X.]hen auf das [X.] des [X.] abgestellt. Von einem Kauf ist auszugehen, wenn das Risiko der wirts[X.]haftli[X.]hen Verwertbarkeit der Forderungen ([X.]) auf den Erwerber übergeht, insoweit also keine Mögli[X.]hkeit des Regresses besteht (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 2000 I R 37/99, [X.], 416, [X.] 2001, 722, unter [X.]; vom 26. August 2010 I R 17/09, [X.], 210, unter II.2.).

bb) Infolge der Einordnung des e[X.]hten Fa[X.]torings als Forderungskauf fehlt es bei einem sol[X.]hen Vertragsverhältnis grundsätzli[X.]h an einer S[X.]huld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.[X.] (so au[X.]h: [X.], DStR 1993, 1841, 1842; von [X.] in [X.]/von [X.], Handelsgesetzbu[X.]h, 3. Aufl., Besondere Handelsverträge, Fa[X.]toring, Rz 7; offengelassen: [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 8 Nr. 1 Bu[X.]hst. a Rz 168; [X.]/Hofmeister, § 8 GewStG Rz 450 --Fa[X.]toring--). Eine dur[X.]h den [X.] begründete S[X.]huld kommt nur dann in Betra[X.]ht, wenn si[X.]h das Fa[X.]toringges[X.]häft --aufgrund seiner vertragli[X.]hen Ausgestaltung-- im Ergebnis als Kreditgewährung darstellt (Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 7. Aufl., § 8 Nr. 1a Rz 77; Batzer/Li[X.]kteig, Die steuerli[X.]he Betriebsprüfung 2000, 137, 141). So verhält es si[X.]h beim une[X.]hten Fa[X.]toring (s. oben unter [X.]).

[X.][X.]) Diese Auslegung folgt au[X.]h aus dem Sinn und Zwe[X.]k der [X.]ure[X.]hnungsnorm. Die [X.]ure[X.]hnung der Entgelte für S[X.]hulden ist Ausfluss des [X.] der Gewerbesteuer. Es soll der Gewerbebetrieb als sol[X.]her und ni[X.]ht dessen Inhaber besteuert werden. Dementspre[X.]hend soll die Ertragskraft des Gewerbebetriebs ermittelt und der Ertrag des im Betrieb arbeitenden Kapitals in vollem Umfang der Besteuerung na[X.]h dem Gewerbeertrag unterworfen werden, ohne Rü[X.]ksi[X.]ht darauf, ob die Kapitalausstattung des Betriebs mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert wurde. Dur[X.]h die [X.]ure[X.]hnung der Entgelte für S[X.]hulden soll die Fremdkapitalfinanzierung der Eigenkapitalfinanzierung glei[X.]hgestellt werden ([X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 8 Nr. 1 Bu[X.]hst. a Rz 24). Beim e[X.]hten Fa[X.]toring wird das Betriebskapital ni[X.]ht verstärkt. Insbesondere werden dem Betrieb keine (neuen Fremd-)Mittel zugeführt. Vielmehr stellt si[X.]h das e[X.]hte Fa[X.]toring als [X.] dar, bei dem es s[X.]hon ni[X.]ht zu einer Erhöhung des Betriebsvermögens kommt.

3. Au[X.]h die Inanspru[X.]hnahme von [X.] begründet keine Dauers[X.]huld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.[X.] Werden im Rahmen eines e[X.]hten Fa[X.]torings vor Fälligkeit der Kaufpreise für die abgetretenen Forderungen vertragsgemäß Vors[X.]hüsse an den [X.] geleistet, stellt si[X.]h der [X.] dadur[X.]h weder insgesamt als Kreditges[X.]häft dar no[X.]h lässt die Vors[X.]husszahlung einen Rü[X.]ks[X.]hluss auf ein separates Kreditges[X.]häft zu (im Folgenden unter a). Diese zivilre[X.]htli[X.]he Wertung ist im Rahmen des § 8 Nr. 1 GewStG a.[X.] maßgebli[X.]h (im Folgenden unter b) und wird dur[X.]h die Neufassung der Norm gestützt (im Folgenden unter [X.]).

a) Das e[X.]hte Fa[X.]toring wird ni[X.]ht dadur[X.]h zum Kreditges[X.]häft, dass der Ans[X.]hlusskunde Vors[X.]hüsse in Anspru[X.]h nehmen darf. Vors[X.]hussleistungen sind für e[X.]htes Fa[X.]toring zwar ni[X.]ht zwingend, aber typis[X.]h ([X.] vom 19. September 1977 [X.] 169/76, [X.], 254, unter [X.]; von [X.] in [X.]/von [X.], a.a.[X.], Besondere Handelsverträge, Fa[X.]toring, Rz 3 und Rz 11). Dadur[X.]h kommt der dem Fa[X.]toringges[X.]häft innewohnende Finanzierungszwe[X.]k zum Ausdru[X.]k (s. unter [X.] und [X.]). Vors[X.]hussleistungen des Fa[X.]tors nehmen dem e[X.]hten Fa[X.]toring daher ni[X.]ht den Charakter als Forderungskauf.

b) Das Tatbestandsmerkmal "S[X.]huld" i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.[X.] knüpft an dieses zivilre[X.]htli[X.]he Verständnis an. Bei Vorliegen eines e[X.]hten Fa[X.]torings ist der Vors[X.]huss grundsätzli[X.]h eine Leistung auf den Kaufpreis, so dass kein Raum für die Annahme eines separat begründeten S[X.]huldverhältnisses verbleibt (vgl. zur Forfaitierung BFH-Urteil in [X.], 416, [X.] 2001, 722, unter [X.]).

[X.]) Die gesetzli[X.]he Neuregelung des § 8 Nr. 1 Bu[X.]hst. a Satz 2 GewStG in der für den Erhebungszeitraum 2008 erstmals geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 1 Bu[X.]hst. a des [X.] 2008 vom 14. August 2007 ([X.], 1912, [X.], 630) bestätigt diese Auslegung des § 8 Nr. 1 GewStG a.[X.] Denn dana[X.]h werden ausdrü[X.]kli[X.]h au[X.]h Vorteile im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit als Entgelte für S[X.]hulden fingiert. Die Fiktion verdeutli[X.]ht, dass derartige Vorteile, zu denen au[X.]h der Finanzierungsaufwand des [X.] im Rahmen des e[X.]hten Fa[X.]toring gehört, --au[X.]h na[X.]h Ansi[X.]ht des [X.] andernfalls (ohne die Fiktion) ni[X.]ht von den Entgelten für S[X.]hulden i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG erfasst werden.

4. Die [X.] hat dana[X.]h dur[X.]h die in Anspru[X.]h genommenen Vors[X.]hüsse --anders als das [X.] ents[X.]hieden hat-- keine separate S[X.]huld begründet, die zu einer [X.]ure[X.]hnung von Entgelten führen könnte.

a) In der Revisionsinstanz ist die Auslegung von Verträgen dur[X.]h das [X.] au[X.]h daraufhin zu prüfen, ob die gesetzli[X.]hen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze bea[X.]htet wurden; weiterhin kann das Revisionsgeri[X.]ht na[X.]hprüfen, ob die Vorinstanz die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände erfors[X.]ht und re[X.]htli[X.]h zutreffend gewürdigt hat. Hat das [X.] eine (präzise) Auslegung eines ents[X.]heidungserhebli[X.]hen Vertrags unterlassen, so kann sie das Revisionsgeri[X.]ht nur auf der Grundlage der dafür ausrei[X.]henden Tatsa[X.]henfeststellungen selbst vornehmen (BFH-Urteil vom 22. Januar 2004 IV R 32/03, [X.], 1092, m.w.N.).

b) Anders als das [X.] meint, enthält der [X.] keine Anhaltspunkte dafür, dass die in Nr. 7.3 des Vertrags vereinbarten Vorauszahlungen aufgrund eines gesonderten Kreditges[X.]häfts geleistet würden.

aa) Der Fälligkeits- und Vors[X.]hussregelung (Nrn. 7.2 und 7.3 des Vertrags) lässt si[X.]h ein sol[X.]her Charakter ni[X.]ht entnehmen. Zwar tragen diese Regelungen dem Finanzierungsbedarf der [X.] Re[X.]hnung. Die Finanzierungsfunktion ist dem Fa[X.]toring jedo[X.]h wesenhaft (s. unter [X.]). Dem Finanzierungsbedarf des [X.] kann dadur[X.]h Re[X.]hnung getragen werden, dass die Kaufpreisforderung bereits im Zeitpunkt des Zustandekommens des Kaufvertrags zwis[X.]hen Fa[X.]tor und [X.] fällig wird oder --wie im [X.] dadur[X.]h, dass der Ans[X.]hlusskunde bereits vor Fälligkeit --auf seine Anforderung-- einen Vors[X.]huss erhält. Im ersten Fall stände die Leistung des Fa[X.]tors auf die Kaufpreisforderung außer Frage. Daraus umgekehrt zu s[X.]hließen, dass im letzteren Fall ein "gesondert" vereinbartes Kreditges[X.]häft gegeben sein müsse, wäre s[X.]hon mit § 271 BGB ni[X.]ht vereinbar. Dana[X.]h sind die Vertragsparteien grundsätzli[X.]h frei darin --wie im Streitfall ges[X.]hehen--, Erfüllbarkeit und Fälligkeit einer Forderung zu gestalten (Mün[X.]hKommBGB/[X.], 6. Aufl., § 271 Rz 5 ff.). Die Fälligkeits- und Vors[X.]hussregelung (Nrn. 7.2 und 7.3 des Vertrags) begründet hier ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Die Kaufpreisforderung wird regelmäßig erst bei Eingang der Zahlung des [X.] oder im [X.]fall fällig (Nr. 7.2 des Vertrags). Ausnahmsweise besteht jedo[X.]h das Re[X.]ht der [X.], bis zu 90 % der Kaufpreisforderung vor der "regulären" Fälligkeit fordern zu können (Nr. 7.3 des Vertrags). Sie hat somit das Re[X.]ht, den Zeitpunkt der Leistung für einen Teil des Kaufpreises (90 %) --abwei[X.]hend vom vereinbarten [X.] selbst bestimmen zu können. Daraus lassen si[X.]h indes keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Vors[X.]hüsse aufgrund eines gesonderten Kreditges[X.]häfts geleistet wurden. Die Vereinbarung trägt allein dem Liquiditätsinteresse der [X.] Re[X.]hnung und ermögli[X.]ht ihr zuglei[X.]h, bestimmen zu können, inwieweit sie dur[X.]h die Inanspru[X.]hnahme von [X.] Abs[X.]hläge --in Form von [X.] für die Laufzeit der Forderung hinnehmen mö[X.]hte.

bb) Au[X.]h der in Nr. 17.2 des Vertrags geregelte Rü[X.]kzahlungsanspru[X.]h stützt ni[X.]ht die Annahme einer Vors[X.]hussleistung aufgrund einer separat begründeten S[X.]huld. Denn diese Regelung betrifft nur den Ausnahmefall einer außerordentli[X.]hen Kündigung. Wäre im Übrigen die Vors[X.]husspfli[X.]ht des Fa[X.]tors --wie das [X.] meint-- als gesondert vereinbartes Kreditges[X.]häft zu werten, dann ergäbe si[X.]h bereits aus § 488 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB ein Anspru[X.]h auf Rü[X.]kzahlung der gewährten Vors[X.]hüsse. Ein sol[X.]her Rü[X.]kzahlungsanspru[X.]h träfe dann sämtli[X.]he Vors[X.]hüsse und ni[X.]ht nur sol[X.]he, die von der außerordentli[X.]hen Kündigung betroffen wären.

[X.][X.]) Au[X.]h sonst kann aus den im Vertragswerk verwendeten Formulierungen ni[X.]ht darauf ges[X.]hlossen werden, dass es si[X.]h bei der Vors[X.]hussleistung um eine Vorfinanzierung aufgrund einer separat begründeten S[X.]huld handelt. Zwar werden Begriffli[X.]hkeiten (wie "Finanzierung", "Zinsen", "Kreditlinie", "Finanzierungsgrenzen" und "Vorfinanzierung") verwendet, die au[X.]h bei Kreditges[X.]häften übli[X.]h sind. Im Streitfall dienen sie jedo[X.]h erkennbar der Bere[X.]hnung des Vorteils der [X.] dur[X.]h die Inanspru[X.]hnahme der Vors[X.]hüsse (s. im Folgenden unter [X.]). Sie ändern aber ni[X.]hts daran, dass die Vors[X.]hüsse zur Tilgung des Kaufpreises für die abgetretenen Forderungen und ni[X.]ht zur Begründung einer separaten S[X.]huld bestimmt sind.

[X.]) Au[X.]h die Ermittlung des Kaufpreises für die abgetretenen Forderungen unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der in Anspru[X.]h genommenen Vors[X.]hüsse re[X.]htfertigt ni[X.]ht die Annahme, es habe si[X.]h um ein gesondertes Kreditges[X.]häft gehandelt. Das gilt insbesondere für die Belastung des Vors[X.]husses auf dem vereinbarungsgemäß geführten "Kontokorrentkonto" sowie die kontokorrentmäßige Verzinsung der Debetsalden (vgl. Nr. 7.4 des Vertrags). Das Kontokorrentkonto diente auss[X.]hließli[X.]h der praktis[X.]hen Umsetzung des Vertrags, insbesondere zur Abre[X.]hnung des Kaufpreises für alle im jeweiligen Zeitpunkt offenen Kaufpreisforderungen. Ein [X.] dieses Kontos bedeutete, dass die [X.] Vors[X.]hüsse für künftig eingehende Zahlungen der Debitoren oder Zahlungen des Fa[X.]tors im [X.]fall in Anspru[X.]h genommen hatte. Dabei hatte ein [X.] ni[X.]ht die Bedeutung einer e[X.]hten Forderung des Fa[X.]tors gegenüber der [X.]. Vielmehr bildete das Konto die no[X.]h offenen Debitorenforderungen sowie den darauf bereits geleisteten Kaufpreis des Fa[X.]tors ("Vors[X.]huss") ab. Die tägli[X.]he Feststellung und Verzinsung des [X.]s ermögli[X.]hte dem Fa[X.]tor die taggenaue Bere[X.]hnung der mit den Vors[X.]hussleistungen verbundenen Kosten im Rahmen der Kaufpreisermittlung. Die Verzinsung der Vors[X.]hussleistung stellt si[X.]h daher im Ergebnis als (taggenaue) Abzinsung des Kaufpreises für die Leistung vor Fälligkeit dar (vgl. au[X.]h Nr. 7.1 des Vertrags) und ni[X.]ht als Verzinsung eines Darlehens.

Zwar könnte ein gesondertes Kreditges[X.]häft vorliegen, wenn die Summe der Vors[X.]hussleistungen 100 % der Kaufpreisforderungen überstiegen hätte. Im Streitfall ist dies aber weder festgestellt no[X.]h geltend gema[X.]ht. Der Umstand, dass die [X.] Ende 1997 mit den ersten [X.] ihre Kontokorrentkredite bei anderen Kreditinstituten vollständig abgelöst hatte, ist deshalb als Anhaltspunkt für ein gesondertes Kreditges[X.]häft ungeeignet.

ee) Unerhebli[X.]h ist zudem, ob die Vors[X.]hussleistungen genau 90 % (wie vertragli[X.]h vereinbart) oder --entgegen Nr. 7.3 des [X.] weniger oder mehr als 90 %, aber ni[X.]ht mehr als 100 % der Kaufpreisforderungen betragen haben.

5. Die Sa[X.]he ist spru[X.]hreif. Der [X.] kann in der Sa[X.]he selbst ents[X.]heiden. Das Urteil des Niedersä[X.]hsis[X.]hen [X.] vom 6. Mai 2010 und die Einspru[X.]hsents[X.]heidung des [X.] vom 9. Juli 2007 sind aufzuheben. Der Gewerbesteuermessbes[X.]heid 1998 vom 25. Oktober 2004 ist insoweit zu ändern, dass bei der Ermittlung des [X.] die "kontokorrentmäßige Verzinsung" der aufgrund des [X.]s gewährten Vors[X.]hussleistungen ni[X.]ht als Entgelte für eine Dauers[X.]huld dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zur Hälfte wieder hinzuzure[X.]hnen sind.

Meta

IV R 28/10

06.06.2013

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 6. Mai 2010, Az: 11K 358/07, Urteil

§ 8 Nr 1 Alt 2 GewStG 1991, § 133 BGB, § 157 BGB, § 118 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.06.2013, Az. IV R 28/10 (REWIS RS 2013, 5232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5232

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

27 U 200/04 (Oberlandesgericht Hamm)


XI R 28/13 (Bundesfinanzhof)

Zur Haftung des Abtretungsempfängers für Umsatzsteuer beim sog. echten Factoring


IX ZR 105/07 (Bundesgerichtshof)


12 U 44/18 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


IV R 32/10 (Bundesfinanzhof)

Abgrenzung von Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung bei Vermögensanlage in auf dem Zweitmarkt erworbene Lebensversicherungen - …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.