Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2008, Az. 3 StR 220/08

3. Strafsenat | REWIS RS 2008, 2932

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[X.] vom 8. Juli 2008 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 8. Juli 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. März 2008 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger da-durch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht [X.] verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. 1 1. Die Ablehnung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch des heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen begangenen Mordes begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. 2 Nach den Feststellungen versetzte der Angeklagte dem Nebenkläger zwei wuchtige Stiche mit einem Küchenmesser in den oberen Rückenbereich und den rechten Oberarm und brachte ihm eine weitere oberflächliche Stichver-letzung am Unterbauch bei. Das [X.] ist zu der Auffassung gelangt, dass der Angeklagte, als er nach dem letzten Stich von dem stark blutenden Nebenkläger abließ, davon ausging, alles Erforderliche getan zu haben, um den von ihm beabsichtigten [X.] herbeizuführen. 3 - 3 - Die Annahme des [X.], es liege ein beendeter Versuch des [X.] vor, beruht auf einer unzureichenden Würdigung der festgestellten Tatumstände. 4 Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt nämlich ein unbeendeter Versuch auch dann in Betracht, wenn der Täter nach seinem Handeln den [X.] zwar für möglich hält, unmittelbar darauf aber zu der Annahme gelangt, [X.] könne den Erfolg doch nicht herbeifüh-ren und er nunmehr von weiteren fortbestehenden Handlungsmöglichkeiten zur Herbeiführung des Erfolges absieht (vgl. [X.]St 36, 224; [X.] NStZ-RR 2002, 73). Die Frage, ob nach diesen Rechtsgrundsätzen von einem beendeten oder unbeendeten Versuch auszugehen ist, bedarf insbesondere dann eingehender Erörterung, wenn das angegriffene Tatopfer nach der letzten Ausführungshand-lung noch - vom Täter wahrgenommen - zu körperlichen Reaktionen fähig ist, die geeignet sind, Zweifel daran aufkommen zu lassen, das Opfer sei bereits tödlich verletzt. Ein solcher Umstand kann geeignet sein, die Vorstellung des [X.] zu erschüttern, alles zur Erreichung des gewollten Erfolgs getan zu ha-ben (vgl. [X.] NStZ 2005, 331). 5 Diese zur Korrektur des Rücktrittshorizonts entwickelten Grundsätze hat das [X.] nicht erörtert, obwohl die Feststellungen zum unmittelbaren Nachtatgeschehen zur Prüfung dieser Frage drängten. Dem zwar stark bluten-den, aber nicht akut lebensgefährlich verletzten Tatopfer war es nämlich nach dem letzten Stich gelungen, sich ohne fremde Hilfe auf den Beifahrersitz des am [X.] abgestellten Pkws der Zeugin [X.]zu setzen und dort - ohne das Bewusstsein zu verlieren - das Eintreffen der Rettungskräfte abzuwarten. Diese Feststellungen lassen es jedenfalls als möglich erscheinen, dass der [X.] infolge dieses von ihm beobachteten Verhaltens des Geschädigten alsbald 6 - 4 - nach der letzten Tathandlung nicht mehr davon ausging, diesen tödlich verletzt zu haben. Zwar liegen nach den getroffenen Feststellungen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Versuch, den Nebenkläger zu töten, nach der Vorstellung des [X.] infolge des Einschreitens der Zeugin [X.] fehlgeschlagen sein könnte, mithin auch ein Rücktritt vom unbeendeten Versuch ausgeschlossen war (vgl. [X.]St 39, 221, 228, 232; 41, 368, 369; [X.] NStZ 2005, 263). 7 Mit dieser Frage hat sich das [X.] indes nicht auseinanderge-setzt. Die bisherigen Feststellungen, insbesondere zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach dem Einschreiten der Zeugin, lassen einen sicheren Schluss auf einen Fehlschlag des Versuchs nicht zu. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Zeugin zwar zunächst schreiend auf den Angeklagten zurann-te, sich dann aber - was der Angeklagte erkannte - wieder vom [X.] entfernte. Dass sich der Angeklagte, der weiterhin Zugriff auf die Tatwaffe und zwei [X.] hatte, durch das Verhalten der Zeugin an einer Tatvollendung gehin-dert sah, versteht sich deshalb nicht von selbst. 8 2. Sollte der neue Tatrichter wiederum zu dem Ergebnis kommen, dass der Angeklagte ein versuchtes Tötungsdelikt begangen hat, wird er sich [X.] näher mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob die Tatmotivation des Angeklagten tatsächlich in objektiver und subjektiver Hinsicht die Voraus-setzungen der sonstigen niedrigen Beweggründe im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB erfüllt. 9 - 5 - 3. Der dargelegte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils insge-samt. Die Aufhebung erfasst auch die für sich genommen rechtsfehlerfreie Ver-urteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung (vgl. [X.]R StPO § 353 Aufhebung 1). 10 Ri[X.] [X.] befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. [X.] Becker von [X.]

Meta

3 StR 220/08

08.07.2008

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2008, Az. 3 StR 220/08 (REWIS RS 2008, 2932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2932

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