Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2010, Az. VIII ZB 36/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3446

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[X.] ZB 36/10 vom 14. September 2010 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 14. September 2010 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.] Achilles, die Richterin [X.] und [X.] Bünger beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des [X.] vom 19. April 2010 auf-gehoben. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger werden die [X.] und II des [X.] vom 26. No-vember 2009 dahin abgeändert, dass über die dort festgesetzten Kosten hinaus die von dem [X.]n an die Kläger aufgrund des Urteils des [X.] vom 22. April 2009 zu erstattenden Kosten auf jeweils weitere 132,38 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juli 2009 festgesetzt werden. Der [X.] hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Streitwert: 264,76 •. Gründe: [X.] Die Kläger haben vom [X.]n Schadensersatz wegen Lieferung einer mangelhaften Küche beansprucht; der [X.] hat widerklagend die Zahlung des restlichen Kaufpreises für die von ihm gelieferte Küche beansprucht. Das 1 - 3 - Amtsgericht hat der Klage unter Abweisung der weitergehenden Klage und der Widerklage durch Urteil vom 22. April 2009 teilweise stattgegeben. Die Kosten des Rechtsstreits und des zuvor durchgeführten selbstständigen Beweisverfah-rens hat es dabei den Klägern zu 28 Prozent und dem [X.]n zu 72 Prozent auferlegt. Hierauf gestützt haben die Parteien Kostenausgleichung beantragt, wobei die Kläger die nach einem Streitwert von 7.280 • bemessene Verfah-rensgebühr für das selbstständige Beweisverfahren ungekürzt mit dem 1,6-fachen Satz gemäß Nr. 3100, 1008 VV [X.], also mit 659,20 •, in Ansatz [X.] haben. Das Amtsgericht hat die Kosten im Verhältnis des [X.]n zu den bei-den Klägern jeweils gesondert ausgeglichen und die von dem [X.]n an die Kläger zu erstattenden Kosten auf jeweils 590,05 • nebst Zinsen festgesetzt. Dabei hat es die durch ein vorprozessuales Tätigwerden des Prozessbevoll-mächtigten der Kläger angefallene Geschäftsgebühr mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die zur Ausgleichung angemeldete Verfahrensgebühr für das selbstständige Beweisverfahren angerechnet und die Verfahrensgebühr - je-weils hälftig auf die Kläger verteilt - nur mit dem 0,85-fachen Satz in Ansatz [X.]. Deren mit dem Ziel, die Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsge-bühr zu beseitigen, eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom [X.] insoweit zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Kläger ihren Antrag auf Berücksichtigung einer ungekürzten 1,6-fachen Verfah-rensgebühr und demgemäß der Festsetzung eines Betrages von insgesamt jeweils 722,43 • weiter. 2 I[X.] Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 575 ZPO) hat Erfolg. 3 - 4 - 1. Das Beschwerdegericht ist mit dem Amtsgericht der Auffassung, dass es nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] zu einer Kürzung der von der [X.] angesetzten Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV [X.] kommen müsse, weil § 15a [X.] nicht auf Altfälle anwendbar sei. Denn bei dieser Bestimmung handele es sich nicht lediglich um eine Klarstellung der bestehenden [X.], sondern um eine Gesetzesänderung, die die Frage der Anrechnung der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr neu geregelt habe. Dies falle nach dem klaren Gesetzeswortlaut unter die Übergangsvorschrift des § 60 [X.], wonach die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen sei, wenn - wie hier - der unbedingte Auftrag zur Klage vor dem Inkrafttreten der [X.] erteilt worden sei. Wenn der Gesetzgeber die Absicht gehabt [X.], den neu eingefügten § 15a [X.] von der Geltung des § 60 [X.] auszuneh-men, hätte es nahe gelegen, dies klarzustellen. 4 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 5 Die Rechtsbeschwerde macht zutreffend geltend, dass die in Vorbemer-kung 3 Abs. 4 VV [X.] vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens im Rahmen des [X.] in der Weise hätte erfolgen müssen, wie sie nunmehr in § 15a [X.] beschrieben ist, der durch Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des [X.] zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen [X.], zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 ([X.] I S. 2449) in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügt worden und gemäß Art. 10 Satz 2 dieses Gesetzes am 5. August 2009 in [X.] getreten ist. 6 a) Die Frage, ob sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV [X.] die in einem anschlie-7 - 5 - ßenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.] gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] vermindert, war bislang umstrit-ten und ist auch nach Einfügung des § 15a [X.] umstritten geblieben, soweit es den zeitlichen Geltungsbereich dieser Anrechnungsvorschrift betrifft. Dessen Absatz 1 bestimmt zur Anrechnung einer Gebühr, dass in Fällen, in denen das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorsieht, der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern kann, jedoch nicht mehr als den um den [X.] verminderten Gesamtbetrag der bei-den Gebühren. Absatz 2 sieht vor, dass ein Dritter sich auf die Anrechnung nur berufen kann, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. b) Der Senat hat bis zum Erlass des § 15a [X.] in ständiger Rechtspre-chung die Auffassung vertreten, dass sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV [X.] auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV [X.] anfallende [X.] vermindert und dass es für die Anrechnung ohne Bedeutung ist, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits begli-chen ist oder nicht. Dieser im Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 ([X.] ZB 57/07, [X.], 1323 Rn. 6 ff.) näher ausgeführten Sichtweise, der insbe-sondere mehrere Zivilsenate des [X.] gefolgt sind, hat sich der I[X.] Zivilsenat des [X.] (Beschluss vom 2. September 2009 - [X.], [X.], 3101 Rn. 6 ff.), nicht anzuschließen vermocht, seine Beden-ken jedoch nicht näher ausgeführt, weil er den zwischenzeitlich in [X.] getrete-nen § 15a [X.] auch auf noch nicht abgeschlossene [X.] - 6 - fahren angewandt wissen will. Dies hat er damit begründet, dass der [X.] mit dem neu eingefügten § 15a [X.] das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits vor dessen Einfügung bestehende Rechtslage klargestellt habe, derzufolge sich die [X.] gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] grundsätzlich im Verhältnis zu [X.], also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht auswirke, sondern nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant betreffe. Dieser Sichtweise, der sich mehrere Zivilsenate des [X.] angeschlos-sen haben, ist auch der Senat durch Beschluss vom 10. August 2010 ([X.] ZB 15/10, zur [X.] vorgesehen) zur Vermeidung eines der Sache nicht angemessenen Vorgehens nach § 132 [X.] beigetreten. Danach ist auch für die [X.] vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes da-von auszugehen, dass die in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV [X.] angeordnete Anrechnung für die Höhe der gesetzlichen Gebühren, deren Erstattung § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Verhältnis der Prozessparteien untereinander vorsieht, ohne Bedeutung ist und eine obsiegende Prozesspartei mithin die Erstattung einer ungekürzten Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.] beanspruchen kann. 9 3. Die Rechtsbeschwerde rügt hiernach zu Recht, dass das Beschwer-degericht die angemeldete Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.] für das selbstständige Beweisverfahren nicht mit dem 1,6-fachen Satz, sondern durch die Anrechnung von insgesamt 309 • um 154,50 • je Kläger gekürzt in Ansatz gebracht hat. Im Ergebnis kann jeder der Kläger deshalb die Festsetzung eines weiteren Betrages von 132,38 • beanspruchen (154,50 • netto = 183,86 • [X.] x 72 %). Da in der Sache keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, son-dern der Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 577 10 - 7 - Abs. 5 ZPO nach Maßgabe vorstehender Beschlussformel in der Sache selbst zu entscheiden. Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 26.11.2009 - 8 C 185/07 - [X.], Entscheidung vom 19.04.2010 - [X.]/10 + [X.]/10 -

Meta

VIII ZB 36/10

14.09.2010

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2010, Az. VIII ZB 36/10 (REWIS RS 2010, 3446)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3446

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VIII ZB 15/10

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