Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.02.2000, Az. XII ZR 25/98

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3271

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:2. Februar 2000Breskic,[X.] Geschäftsstellein der [X.]:ja[X.]Z: jaBGB §§ 1365 Abs. 1, 1368Zur Aufrechnungsbefugnis des [X.] im Rahmen der [X.].[X.], Urteil vom 2. Februar 2000 - [X.] - [X.] AG [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und Prof. Dr. Wagenitzfür Recht erkannt:Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 16. Zivilsenats- [X.] - des [X.] 30. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.Von Rechts [X.]:Die Klägerin verlangt von der [X.] gemäß § 1368 BGB Zahlungdes Betrages, den die Beklagte aus der Rückzahlung von [X.].Diese Wertpapiere hatte der Ehemann der Klägerin, mit der er im ge-setzlichen Güterstand lebt, ohne deren Zustimmung der [X.] verpfändet.Die Verpfändung erfolgte zur Sicherung aller gegenwärtigen und künftigen [X.], die der [X.] gegen den Ehemann der Klägerin zustehen.Die Beklagte übernahm eine Bürgschaft über 300.000 DM für eine ge-gen den Ehemann der Klägerin gerichtete Darlehensforderung; außerdem- 3 -schloß sie mit dem Ehemann einen [X.] DM und räumte ihm einen Kontokorrentkredit über 100.000 DM ein.Zum 20. Januar 1990 kündigte die Beklagte die dem Ehemann gewährtenDarlehen. Die in den Wertpapieren verbrieften Forderungen wurden in der [X.] zur Rückzahlung fällig. Die Beklagte brachte die Beträge dem Konto [X.] der Klägerin gut, dessen Darlehensschuld gegenüber der [X.] sich dadurch verminderte.Die Klägerin behauptet, mit der Verpfändung der Wertpapiere habe [X.] damals überschuldeter Ehemann über sein gesamtes ihm noch verblie-benes Vermögen verfügt, was die Beklagte auch gewußt habe. Sie hält dieVerpfändung der Wertpapiere deshalb nach § 1365 BGB für unwirksam. [X.] Klage hatte die Klägerin von der [X.] zunächst die Herausgabe [X.] verlangt. Das [X.] hat diese Klage abgewiesen. [X.] hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Zahlung [X.] DM nebst Zinsen an sie, hilfsweise an sie und ihren Ehemann als Ge-samtgläubiger, zu verurteilen. Das [X.] hat die Berufung derKlägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerinihr zweitinstanzliches Begehren weiter.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.- 4 -I.Das [X.] hat eine sich aus § 1365 BGB ergebende Un-wirksamkeit der Verpfändung verneint und einen Anspruch auf Herausgabe derauf die verpfändeten Wertpapiere geleisteten Rückzahlungen abgelehnt. [X.] dahinstehen lassen, ob die der [X.] verpfändeten Wertpapiere be-reits anderweit verpfändet waren, ob sie nahezu das ganze Vermögen [X.] der [X.] ausmachten und ob - bejahendenfalls - die [X.] wußte. Nach Auffassung des [X.]s findet § 1365 BGB näm-lich schon nach seinem Sinn und Zweck auf den vorliegenden Fall keine An-wendung: Die Vorschrift wolle einen möglichen [X.] nicht verfügenden Ehegatten sichern. Ein Zugewinnausgleichsanspruchkönne der Klägerin jedoch nach deren eigenem Vortrag nicht zustehen. [X.] Interesse an der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie kön-ne - als ein etwaiger weiterer Gesetzeszweck - die Anwendung der Vorschriftnicht rechtfertigen: Dieses Interesse sei nicht schutzwürdig, wenn - wie im vor-liegenden Fall - ein hoch verschuldeter Ehegatte einem Gläubiger eine Sicher-heit gebe. Könnte hier der andere Ehegatte die Sicherheit zurückverlangen,wäre eine Möglichkeit eröffnet, wesentliche Vermögensstücke dem Zugriff [X.] zu entziehen. Dies widerspreche auch der Wertung des § 3 Abs. 1AnfG, nach der das [X.] dem Interesse der Familie und insbe-sondere des anderen Ehegatten am Erhalt des Vermögens vorgehe. Im übrigenmüsse, wenn man nicht von einer wirksamen Verpfändung der [X.], die Klägerin gegen sich gelten lassen, daß der [X.] eine denWert der verpfändeten Wertpapiere weit übersteigende Forderung zugestan-den habe, mit der sie gegen eine Forderung des Ehemannes der Klägerin aufRückübertragung der Wertpapiere bzw. Zahlung des daraus eingelösten Be-- 5 -trages dadurch aufgerechnet habe, daß sie auf seinem Konto eine Verrech-nung mit seinem [X.] vorgenommen und seine Schuld reduziert habe.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht unein-geschränkt [X.] Zwar ist richtig, daß § 1365 BGB auch das Ziel verfolgt, den Zuge-winnausgleichsanspruch zu sichern (Senatsurteile [X.]Z 77, 293, 297; 101,225, 228). Die Gesetzesfassung abstrahiert jedoch bewußt von diesem Zweckund schützt damit - schon aus naheliegenden Gründen der Rechtssicherheit -einen Ehegatten vor Verfügungen seines Ehegatten auch dann, wenn abseh-bar ist, daß der nicht verfügende Ehegatte im Falle einer künftigen Auflösungder Ehe nicht ausgleichsberechtigt sein würde.Ebensowenig ist es für die Anwendbarkeit von § 1365 BGB von Bedeu-tung, ob der verfügende Ehegatte im Zeitpunkt der Verfügung bereits über-schuldet ist, ob die Verfügung einem Gläubiger des Ehegatten zugute kommtund welche Auswirkungen die Unwirksamkeit der Verfügung für diesen [X.] hat. Die Absicht des verfügenden Ehegatten, seinen drohenden wirtschaft-lichen Zusammenbruch zu verhindern oder doch hinauszuschieben, hindert dieAnwendung des § 1365 BGB nicht; für dessen Anwendung macht es auch kei-nen Unterschied, ob der verfügende Ehegatte dieses Ziel durch den [X.] oder nahezu aller ihm verbliebenen Vermögensgüter oder aber durch eineBeleihung dieser Vermögensgüter zu erreichen sucht, die deren Wert im [X.] (vgl. [X.]Z 123, 93, 95). In beiden Fällen werden dieseVermögensgüter aus dem noch vorhandenen Aktivvermögen - zumindest wirt-- 6 -schaftlich - ausgeschieden. Die Entscheidung über eine Verfügung von so weit-reichender wirtschaftlicher Bedeutung soll der im gesetzlichen Güterstand le-bende Ehegatte nach dem Willen des Gesetzes nicht ohne die - notfalls er-setzbare - Zustimmung seines Ehegatten treffen.Richtig ist allerdings, daß das Interesse eines Ehegatten am Erhalt [X.] (zu diesem Schutzzweck: Senat aaO) den Interessen [X.] des anderen Ehegatten nicht schlechthin vorgeht. Deshalb schützt,wie das [X.] zutreffend bemerkt, das Anfechtungsgesetz [X.] eines Ehegatten vor Transaktionen, die dessen Vermögensgüter aufden anderen Ehegatten verlagern und so dem Zugriff der Gläubiger entziehensollen. Aus dieser Erkenntnis lassen sich jedoch keine allgemeinen Rück-schlüsse auf eine eingeschränkte Anwendbarkeit des § 1365 bei Überschul-dung des verfügenden Ehegatten [X.] Die Klägerin kann dennoch von der [X.] nicht gemäß § 1368BGB den Betrag verlangen, den die Beklagte aus der Rückzahlung der [X.] erlangt hat.Dabei kann offenbleiben, ob die Verpfändung dieser Wertpapiere durchdie Beklagte überhaupt die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des§ 1365 BGB erfüllt hat, ob die verpfändeten Wertpapiere also nahezu dessenganzes Vermögen bildeten und die Beklagte dies wußte (vgl. etwa [X.]Z 43,174, 177). In diesem Fall war die Verpfändung der Wertpapiere zwar gemäߧ 1365 BGB unwirksam. Mangels eines wirksam bestellten und sich am Rück-zahlungsbetrag fortsetzenden Pfandrechts war die Beklagte folglich verpflich-tet, die von ihr für die Wertpapiere erlangten Beträge an den Ehemann derKlägerin zu leisten (§ 816 Abs. 2 BGB). Gegenüber diesem Anspruch hat [X.] jedoch mit dem ihr gegen den Ehemann der Klägerin zustehenden- 7 -Anspruch auf Rückzahlung der dem Ehemann gewährten Darlehen aufgerech-net. Die Aufrechnung erfolgte mit der Gutschrift der Rückzahlungsbeträge aufdas bei der [X.] bestehende Darlehenskonto des Ehemannes der Kläge-rin. Die Aufrechnung ist auch wirksam:Die Gegenseitigkeit der Forderungen ist gewahrt. Der Anspruch der [X.] auf Darlehensrückzahlung ist gegen den Ehemann der Klägerin ge-richtet. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch steht nicht der Kläge-rin, sondern deren Ehemann zu. § 1368 BGB gibt der Klägerin lediglich [X.], die sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung ihres Ehemannes ge-mäß § 1365 BGB ergebenden Ansprüche im eigenen Namen geltend zu ma-chen (h.M., vgl. etwa [X.], [X.]. 1993, § [X.]. 3; [X.]/[X.], 12. Aufl. 1984, § 1368 Rdn. 12; Soergel/[X.],[X.]. 1989, § 1368 Rdn. 9; [X.]/[X.], BGB 13. Bearb. 1994,§ 1368 Rdn. 18 f.). Zwar mag man das von § 1365 BGB statuierte [X.] als Ausdruck einer "eigenen" Mitwirkungs- und Mitbestim-mungskompetenz des [X.] Ehegatten ansehen, die dessen "ei-gene" Interessen an der Erhaltung der Vermögenssubstanz der Ehe sichernsoll (so [X.], Festschrift für Felgentraeger, 1969, 323, 344). Dieses [X.] rechtfertigt jedoch nicht den Schluß, daß dem einen Ehegatten aus der un-wirksamen Verfügung des anderen Ehegatten auch eigene Ansprüche erwach-sen (so [X.] aaO; für § 1369 BGB im Ergebnis ebenso [X.] FamRZ 1962,508, 510 [X.]. 31; zweifelnd [X.] FamRZ 1961, 281, 282), die materielleRechtsinhaberschaft an den Verfügungsgegenständen oder an den [X.] auf deren Surrogate also vom verfügenden Ehegatten auf den [X.] Ehegatten [X.] 8 -Der von §§ 1365, 1368 BGB verfolgte Schutzzweck steht der [X.] der Aufrechnung nicht entgegen. Das Zustimmungserfordernis des § 1365BGB sichert einen Ehegatten nicht umfassend vor Minderungen des Familien-vermögens durch den anderen Ehegatten; es hindert den anderen [X.] nicht an der Eingehung von Verbindlichkeiten, die ihn zwar nichtzu einer Verfügung über sein ganzes oder nahezu ganzes Vermögen [X.], die dessen Bestand aber gleichwohl nachhaltig gefährden. [X.] aus solchen Verbindlichkeiten eines Ehegatten Zahlungsansprüche, [X.] die Gläubiger des verpflichteten Ehegatten im Wege der Zwangsvollstrek-kung auf dessen Vermögen Zugriff nehmen. § 1365 BGB hindert die Zwangs-vollstreckung in das Vermögen des Ehegatten nicht; er gibt dem nicht-verpflichteten Ehegatten auch dann kein Recht, sich der [X.] widersetzen, wenn es sich bei den gepfändeten [X.] das ganze oder nahezu das ganze Vermögen des anderen Ehegatten han-delt. Ebensowenig wie vor einer Zwangsvollstreckung ist ein Ehegatte vor einerAufrechung geschützt, wenn der andere Ehegatte entgegen § 1365 BGB übersein ganzes oder nahezu sein ganzes Vermögen zugunsten eines [X.] und dem [X.] seinerseits ein Zahlungsanspruch gegen den [X.] zusteht. Der sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung ergebendeHerausgabeanspruch ist - nicht anders als der vom [X.] herauszugebendeVerfügungsgegenstand selbst - Vermögensbestandteil des anderen Ehegatten;als solcher unterliegt er dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger dieses [X.], also auch des [X.] als Gläubiger des gegen den herausgabeberech-tigten Ehegatten gerichteten Zahlungsanspruchs. Daran ändert sich grundsätz-lich nichts, wenn sich der aus der Unwirksamkeit der Verfügung folgende Her-ausgabeanspruch des Ehegatten in einen Zahlungsanspruch umwandelt. [X.] Anspruch kann von den Gläubigern des Ehegatten gepfändet werden;- 9 -der Dritte kann sich jedoch, da der gegen ihn gerichtete Anspruch des [X.] und seine eigene Forderung gegen den Ehegatten nunmehr auf gleich-artige Leistungen gerichtet sind, einfacher, nämlich - auch ohne Titel - im We-ge der Aufrechnung befriedigen (im Ergebnis ebenso [X.]aaO Rdn. 17; [X.]/[X.] aaO Rdn. 15; Soergel/[X.] aaO Rdn. 15;[X.]/[X.] aaO Rdn. 52).[X.] Krohn Hahne [X.] Wagenitz

Meta

XII ZR 25/98

02.02.2000

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.02.2000, Az. XII ZR 25/98 (REWIS RS 2000, 3271)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3271

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