Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.09.2014, Az. 4 ARs 20-1/14, 2 StR 104/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3099

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Tenor

Die Übernahme der Strafsache 2 StR 104/14 wird abgelehnt.

Gründe

1

Mit Bes[X.]hluss vom 23. Juli 2014 hat der 2. Strafsenat die bei ihm unter dem Aktenzei[X.]hen 2 StR 104/14 anhängig gewordene Strafsa[X.]he zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat abgegeben. Eine Übernahme der Strafsa[X.]he kommt ni[X.]ht in Betra[X.]ht, weil die Abgabe na[X.]h den Regelungen des Ges[X.]häftsverteilungsplanes des [X.] für das [X.] verspätet erfolgt ist.

I.

2

Gegenstand des Verfahrens sind Revisionen der Staatsanwalts[X.]haft und des Angeklagten gegen ein Urteil des [X.] vom 27. August 2013. Die Sa[X.]he wurde am 27. Mai 2014 beim 2. Strafsenat des [X.] anhängig. Mit Verfügung vom 17. Juni 2014 bestimmte dessen Vorsitzender Termin zur Hauptverhandlung über beide Re[X.]htsmittel auf den 23. Juli 2014. Na[X.]hdem in der Hauptverhandlung sowohl die Vertreterin der [X.], als au[X.]h die Verteidigerin ihre Anträge gestellt hatten, bes[X.]hloss der 2. Strafsenat, dass die Sa[X.]he zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat abgegeben wird, weil es si[X.]h um eine Verkehrsstrafsa[X.]he handele und deshalb der 4. Strafsenat zuständig sei. Die Akten gingen beim 4. Strafsenat am 3. September 2014 ein.

II.

3

Die Übernahme ist abzulehnen, weil die Abgabe dur[X.]h den 2. Strafsenat erst in der Revisionshauptverhandlung erfolgt ist. In diesem Verfahrensstadium ist die Abgabe einer Strafsa[X.]he an einen anderen Strafsenat na[X.]h Bu[X.]hstabe [X.]. 1. a) Satz 1 des [X.] des [X.] ni[X.]ht mehr mögli[X.]h.

4

1. Die Regelung unter Bu[X.]hstabe [X.]. 1. a) des Ges[X.]häftsverteilungsplanes bezieht si[X.]h auf alle bei dem [X.] na[X.]h § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] gebildeten Senate und erfasst damit au[X.]h die Abgabe von Strafsa[X.]hen.

5

a) Dies ergibt si[X.]h bereits aus dem Wortlaut der Vors[X.]hrift („ein Senat"), die eine Differenzierung zwis[X.]hen Straf- und [X.] ni[X.]ht vorsieht. Damit unters[X.]heidet si[X.]h Nr. 1. a) von anderen unter [X.]. getroffenen Bestimmungen, die entweder dur[X.]h die ausdrü[X.]kli[X.]he Benennung der betroffenen Senate (vgl. Nr. 4. a) und [X.]): „derjenige Zivilsenat") oder eine entspre[X.]hende Bes[X.]hreibung des Regelungsgegenstandes (vgl. Nr. 1. b): „in Strafsa[X.]hen"; Nr. 4. b): „Für Re[X.]htsstreitigkeiten über Verglei[X.]he"; Nr. 4. d): „Für Re[X.]htsstreitigkeiten über ungere[X.]htfertigte Berei[X.]herung"; Nr. 9: „Re[X.]htsstreitigkeiten in Zivilsa[X.]hen") eindeutige Bes[X.]hränkungen des Anwendungsberei[X.]hes enthalten. Hätte das Präsidium die Verfahrensabgabe zwis[X.]hen den Senaten in Nr. 1. a) für Zivilsa[X.]hen und in Nr. 1. b) für Strafsa[X.]hen getrennt regeln wollen, wäre dana[X.]h zu erwarten gewesen, dass es dies in Nr. 1. a) dur[X.]h eine eindeutige – der Wortwahl in Nr. 1. b) entspre[X.]hende - Formulierung („In Zivilsa[X.]hen"; „Era[X.]htet ein Zivilsenat" o.ä.) zum Ausdru[X.]k bringt. Dies ist jedo[X.]h ni[X.]ht ges[X.]hehen.

6

Au[X.]h der Umstand, dass in Nr. 1. a) Satz 1 Halbsatz 1 von einer „mündli[X.]hen Verhandlung" die Rede ist, weist ni[X.]ht darauf hin, dass die Vors[X.]hrift nur für Zivilsa[X.]hen gelten soll. Der Begriff der „mündli[X.]hen Verhandlung" wird au[X.]h in der Strafprozessordnung, und hier ni[X.]ht nur im Rahmen von besonderen Verfahrensarten (vgl. §§ 118, 122 Abs. 2 Satz 2, § 138d, 309, 441 Abs. 3 [X.]), sondern au[X.]h im strafprozessualen Regelverfahren (§ 338 Nr. 6 [X.]) verwendet.

7

b) Stattdessen ist davon auszugehen, dass die unter [X.]. 1. getroffene Regelung für die Verfahrensabgabe zwis[X.]hen den Senaten des [X.] dem Regel-Ausnahme-Prinzip folgt. Dabei wird unter [X.]. 1. a) Satz 1 Halbsatz 1 zunä[X.]hst für alle Senate bestimmt, unter wel[X.]hen Bedingungen (vor der Anberaumung eines Termins zur mündli[X.]hen Verhandlung, einstimmig era[X.]htete Zuständigkeit eines anderen Senats aufgrund der Art des anzuwendenden Re[X.]hts) eine Abgabe zu erfolgen hat, während Halbsatz 2 (aus besonderen Gründen unzwe[X.]kmäßig) und Nr. 1. b) (in Strafsa[X.]hen keine Abgabe bei na[X.]hträgli[X.]hem Entfallen einer Spezialzuständigkeit dur[X.]h eine Prozesshandlung) Ausnahmen von dieser Regel enthalten.

8

2. Diese Auslegung entspri[X.]ht au[X.]h Sinn und Zwe[X.]k der unter [X.]. 1. a) getroffenen Regelung. Es wäre gerade in Strafsa[X.]hen mit dem Bes[X.]hleunigungsgebot nur s[X.]hwer vereinbar, wenn eine Abgabe aufgrund von [X.] no[X.]h in einem Verfahrensstadium mögli[X.]h wäre, in dem die mündli[X.]he Verhandlung bereits begonnen hat und das Verfahren kurz vor dem Abs[X.]hluss steht. Eine Bes[X.]hränkung der Abgabemögli[X.]hkeit auf den Verfahrensabs[X.]hnitt bis zur Anberaumung eines Termins zur mündli[X.]hen Verhandlung trägt dagegen dem Anspru[X.]h des Angeklagten auf einen zügigen Verfahrensabs[X.]hluss Re[X.]hnung und korrespondiert mit verglei[X.]hbaren Abgabevors[X.]hriften der Strafprozessordnung (§§ 6a, 16 [X.]).

9

3. Die Abgabe von Sa[X.]hen zwis[X.]hen den Senaten wird dur[X.]h Bu[X.]hstabe [X.]. 1. des Ges[X.]häftsverteilungsplanes abs[X.]hließend geregelt. Na[X.]h der Anberaumung eines Termins ist eine Abgabe daher ni[X.]ht mehr mögli[X.]h. Dass das Präsidium die Frage, unter wel[X.]hen Bedingungen eine Abgabe von Sa[X.]hen zwis[X.]hen den Senaten mögli[X.]h sein soll, nur bis zur Anberaumung der mündli[X.]hen Verhandlung regeln und im Übrigen ungeregelt lassen wollte, liegt fern.

4. Die Regelung in Bu[X.]hstabe [X.]. 1. gerät bei einer sol[X.]hen Auslegung au[X.]h ni[X.]ht in Konflikt mit dem Re[X.]ht des Angeklagten auf [X.] (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Eine Regelung im Ges[X.]häftsverteilungsplan, die dazu führt, dass ein Senat na[X.]h der Anberaumung eines Termins au[X.]h dann mit einer Sa[X.]he befasst bleibt, wenn si[X.]h na[X.]h diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit eines na[X.]h demselben Ges[X.]häftsverteilungsplan gebildeten Spe-zialspru[X.]hkörpers herausstellt, ri[X.]htet si[X.]h na[X.]h allgemeinen Merkmalen und entzieht dem Angeklagten ni[X.]ht [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 1983 - 2 [X.], [X.], 181; [X.]/Spiess, § 21e [X.] Rn. 6 (Sti[X.]hwort: [X.]); [X.]/[X.], [X.], 57. Aufl., § 21e [X.] Rn. 3, jeweils zum Fall der Zuständigkeitsbegründung mit Eröffnung des Hauptverfahrens).

5. Der Abgabes[X.]hluss ist für den 4. Strafsenat ni[X.]ht na[X.]h [X.]. 1. a) Satz 2, 1. Alt. des [X.] bindend geworden. Dabei kann es dahinstehen, ob diese Regelung überhaupt anwendbar ist, wenn die Voraussetzungen für eine wirksame Abgabe na[X.]h [X.]. 1. a) Satz 1 ni[X.]ht vorliegen. Eine förmli[X.]he Anhörung des 4. Strafsenats zu einer Verfahrensübernahme unter Übersendung der Akten ist ni[X.]ht erfolgt. Die Akten wurden dem Senat vielmehr erstmals mit dem Abgabebes[X.]hluss des [X.] am 3. September 2014 vorgelegt. Das am 23. Juli 2014 in einer Sitzungspause des [X.] zwis[X.]hen den Vorsitzenden der Senate geführte Telefongesprä[X.]h über den Verfahrensgegenstand und die Erwägung einer Abgabe diente ni[X.]ht der Anhörung des Senats und konnte eine sol[X.]he deshalb ni[X.]ht ersetzen.

Sost-S[X.]heible                            Cierniak                              Franke

                           Bender                             [X.]

Meta

4 ARs 20-1/14, 2 StR 104/14

09.09.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.09.2014, Az. 4 ARs 20-1/14, 2 StR 104/14 (REWIS RS 2014, 3099)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3099

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