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PDF anzeigen [X.] [X.]/06 vom 20. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit - -
2 Der [X.]V. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf, [X.] und Dr. [X.] am 20. Dezember 2006 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Zivil-senats des [X.] vom 6. Juli 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. [X.]: 34.198,25 •.
Gründe: [X.] Die Klägerin erstrebt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Das die Klage abweisende Urteil des [X.] ist ihrem Prozessbevollmächtigten am 2. Januar 2006 zugestellt worden. Seine Berufungsschrift, mit der er den [X.] verbunden hat, ist am 17. Februar 2006 beim [X.] eingegangen. 1 1. Die Fristversäumnis wird damit begründet, eine gut ausgebildete und bisher stets zuverlässige Büromitarbeiterin des [X.] habe aus letztlich unerklärlichen Gründen ihre Pflichten bei der Fristenkontrolle versäumt. [X.]m Büro des Prozessbevollmächtigten sei die 2 - -
3Überwachung von [X.] in der Weise organisiert, dass bei Eingang einer Entscheidung in einen elektronischen Fristenkalender das Fristende und die bereits eine Woche davor endende Vorfrist mit einer bestimmten Kennung eingetragen würden. Beide Fristen würden auch auf der Entscheidung notiert. Sodann geschehe die Fristüberwachung mittels täglich ausgedruckter Listen über jeweils ablaufende Fristen, [X.] derer die betreffenden Handakten herausgesucht und dem zustän-digen Bearbeiter vorgelegt würden. Eine Frist dürfe nur dann aus diesen Listen gestrichen und in der elektronischen Datenspeicherung gelöscht werden, wenn entweder eine ausdrückliche diesbezügliche Verfügung ergehe oder ein fristwahrender [X.] in der Postausgangsmappe zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Eine darüber hinaus gehende ge-sonderte Kontrolle betreffend die Einhaltung von Vor- und Endfrist sei weder praktiziert worden noch vom Rechtsanwalt geschuldet. Er habe sich vielmehr darauf verlassen dürfen, dass das beschriebene Kontroll-system "tagtäglich gelebt und geleistet" worden sei.
Hier habe es die zuständige Büroangestellte nach ordnungsgemä-ßer Notierung der Vorfrist und des Fristablaufs im Weiteren versäumt, die Handakte dem zuständigen Rechtsanwalt rechtzeitig vorzulegen. Das beruhe möglicherweise darauf, dass in der Handakte noch eine Abrech-nung von Reisekosten habe vorgenommen werden sollen und die Akte wegen anderweitiger von der betreffenden Mitarbeiterin zu [X.], ferner auch wegen mehrerer im Wesentlichen rechtlich gleich ge-lagerter [X.] vorübergehend "aus dem Blickfeld geraten" sei. [X.] die ausgedruckten Kontrolllisten nicht nur am Tage des Ablaufs der Vorfrist sondern auch zu Ende der Berufungsfrist nicht ordnungsgemäß 3 - -
[X.] worden seien, könne - ebenso wie der Verbleib der [X.] beiden Listen - nicht mehr geklärt werden.
2. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurück-gewiesen, weil die Klägerin ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurech-nendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der [X.] nicht hinreichend ausgeräumt habe. Es liege ein gravierender Mangel in der Büroorganisation ihres Prozessbevollmächtigten darin, dass nicht am Ende eines jeden [X.] von einem eigens damit beauftragten Mitarbeiter anhand des Fristenkalenders noch einmal überprüft worden sei, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder [X.] versandfertig gemacht worden seien. Das sei hier insbesondere deshalb geboten gewesen, weil es sich bei den täglich abgearbeiteten ausgedruckten Kontrolllisten um lose Blätter gehandelt und für diese ein hohes Verlustrisiko bestanden habe. Bezeichnenderweise habe der Pro-zessbevollmächtigte der Klägerin auf Nachfrage zum Verbleib der hier maßgeblichen beiden Listen nichts erklären können. Bei einer wirksamen täglichen Endkontrolle wäre die Berufungsfrist voraussichtlich gewahrt worden, zumal weder die Vorfrist noch der endgültige Fristablauf im [X.] des EDV-gestützten Fristenkalenders gelöscht gewesen [X.]. 4 [X.][X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. 5 6 1. Die nach § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaf-te Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig, weil die Frage, welche Maßnahmen zur Kontrolle von [X.] bei - -
[X.] EDV-gestützten Büroorganisation eines Rechtsanwalts geboten er-scheinen, für eine Vielzahl gleich und ähnlich gelagerter Fälle Bedeutung gewinnen kann.
2. Die Rechtsbeschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. 7 Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 233 ZPO voraus, dass die [X.] ohne ihr Verschulden gehindert war, die [X.] Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung wäre hier nur dann er-füllt, wenn die Berufungsfrist allein infolge eines Fehlverhaltens des [X.] des Prozessbevollmächtigten der Klägerin versäumt worden wäre; denn dies hätte die Klägerin nicht zu vertreten. So liegt der Fall aber nicht, vielmehr hat an der Fristversäumnis ursächlich auch ein Or-ganisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten mitgewirkt, wel-ches sich die Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. 8 Der Rechtsanwalt darf die von ihm einzuhaltenden Fristen auch [X.] mit Hilfe eines elektronischen Fristenkalenders überwachen, ohne verpflichtet zu sein, parallel dazu noch einen schriftlichen Fristenkalen-der zu führen ([X.], Beschlüsse vom 10. Oktober 1996 - [X.] - [X.], 257 = NJW 1997, 327 unter [X.]; 29. Juni 2000 - [X.]/00 - VersR 2001, 656 = NJW 2000, 3006 unter [X.][X.] 2 a). Er muss aber durch begleitende organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass [X.] nicht nur ordnungsgemäß notiert, sondern im Weiteren auch tatsäch-lich beachtet werden. 9 10 a) Dazu gehört zunächst ein [X.] (vgl. dazu [X.], [X.] vom 23. März 1995 - [X.] - NJW 1995, 1756 unter [X.]; - -
620. Februar 1997 - [X.] - NJW-RR 1997, 698 unter [X.][X.] 3) und Vorlagesystem, welches gewährleistet, dass die Akten jeweils rechtzeitig vor Fristablauf dem zuständigen Mitarbeiter vorgelegt werden.
[X.]nsofern ist das im Büro des Prozessbevollmächtigten der Klägerin praktizierte System der Aktenvorlage anhand täglich ausgedruckter Com-puterlisten, aus denen sich die jeweils ablaufenden Vor- oder Endfristen (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 29. Juni 2000 aaO) ergeben, nicht zu beanstanden. Die vom Berufungsgericht hervorgehobene Gefahr des Verlustes solcher Listen ist schon dadurch gemindert, dass der gespei-cherte Datenbestand unabhängig davon erhalten bleibt, so dass sich diese Listen selbst bei einem Verlust jederzeit wieder ausdrucken [X.]. 11 b) Weiter hat der Rechtsanwalt dafür Sorge zu tragen, dass Fristen im elektronischen Kalender nicht vorzeitig gelöscht werden; denn anders als etwa durchgestrichene Einträge in schriftlichen Aufzeichnungen [X.] gelöschte Einträge in einem elektronischen Datenverarbei-tungssystem weitgehend spurlos und können danach von den für die Fristwahrung zuständigen Mitarbeitern nicht mehr erkannt werden. 12 Die hier bestehende Anweisung, Löschungen erst entweder nach entsprechender Einzelverfügung oder Vorlage eines fristwahrenden [X.]es in der Postmappe vorzunehmen, genügt zunächst den dazu aufgestellten Anforderungen der Rechtsprechung (vgl. dazu [X.], [X.] vom 11. Oktober 2000 - [X.], 85 = NJW 2001, 76 unter [X.] und [X.] c; 2. März 2000 - [X.]/00 - NJW 2000, 1957 unter [X.][X.]; 17. Oktober 1990 - X[X.][X.] ZB 84/90 - FamRZ 1991, 423 unter [X.][X.]). 13 - -
7 c) Allein mit Hilfe von Vorsichtsmaßnahmen, die einer vorzeitigen Löschung von Fristeintragungen im elektronischen Kalender vorbeugen sollen, lässt sich indes nicht ausreichend sicher gewährleisten, dass et-wa ein fristgebundener [X.] nicht nur rechtzeitig hergestellt wird, sondern auch vor Fristablauf beim zuständigen Gericht eingeht. Der [X.] hat deshalb ausgesprochen, dass die Büroorganisation des Rechtsanwaltes zusätzlich auch eine tägliche Ausgangskontrolle um-fassen muss, welche sicherstellt, dass die Erledigung der fristgebunde-nen Sachen am Abend eines jeden [X.] von einer dazu beauf-tragten Bürokraft überprüft wird (Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2000 aaO unter [X.] b m.w.N.; [X.], Beschlüsse vom 2. März 2000, 9. Juni 1992 und 17. Oktober 1990 jeweils aaO m.w.N.; Beschluss vom 23. September 1998 - X[X.][X.] ZB 99/98 - [X.], 1303 unter a m.w.N.). Die Notwendigkeit einer solchen täglichen Ausgangskontrolle ergibt sich schon aus der allgemeinen Erwägung, dass auch in einer sachgerechten Büroorganisation bei der Fristenkontrolle individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu korrigieren gilt. [X.]nsofern ist es unerheblich, dass das Berufungsgericht die Notwen-digkeit der täglichen Endkontrolle vorwiegend mit einem drohenden [X.] der täglich ausgedruckten [X.] begründet hat. Denn auch wenn man - wie der Senat - diese Gefahr angesichts der Möglichkeit des jederzeitigen Neuausdrucks solcher Listen als gering ansieht, ändert dies nichts daran, dass allabendlich die Erledigung der [X.] in der von der Rechtsprechung geforderten Weise gesondert überprüft wer-den muss. 14 - -
8 Daran fehlt es hier. Eine den vorgenannten Anforderungen genü-gende Endkontrolle sah die Büroorganisation des Prozessbevollmächtig-ten der Klägerin nicht vor. Er hat vielmehr gemeint, er könne darauf ver-trauen, dass die von ihm beschriebene, in seinem Büro täglich [X.] zuverlässig funktioniere und eine darüber hinaus ge-hende, gesonderte Kontrolle von ihm nicht "geschuldet" sei. Das ist [X.] fahrlässig. 15 Soweit die Rechtsbeschwerde nunmehr geltend macht, die Beru-fungsfrist sei nur deshalb versäumt worden, weil die zuständige Büroan-gestellte die erforderliche "Endkontrolle" sowohl bei Ablauf der Vor- wie auch der eigentlichen Berufungsfrist pflichtwidrig versäumt habe, über-sieht sie, dass eine den Maßstäben der Rechtsprechung genügende, ge-sonderte Endkontrolle nach dem Vortrag der Klägerin gar nicht Teil der Büroorganisation ihres Prozessbevollmächtigten war. 16 Aus dem Beschluss des [X.] vom 29. Juni 2000 ([X.]/00 aaO) ergibt sich nichts anderes. Denn dort ist lediglich ent-schieden worden, dass neben einem EDV-gestützten Fristenkontrollsys-tem nicht zusätzlich und parallel ein schriftlicher Fristenkalender geführt werden müsse. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist damit aber nicht weitergehend der Grundsatz aufgestellt worden, dass jegliche dop-pelte Fristenkontrolle entbehrlich sei. 17 - -
9 Auf die Frage, aus welchen Gründen im Einzelnen die für die Be-arbeitung zuständige Büromitarbeiterin sowohl die Vorfrist wie auch den Ablauf der Frist zur Einlegung der Berufung unbeachtet gelassen hat, kommt es nicht an. 18 Terno [X.] Dr. [X.][X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 23.12.2005 - 9 O 348/05 - [X.], Entscheidung vom 06.07.2006 - 9 U 52/06 -
Meta
20.12.2006
Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2006, Az. IV ZB 25/06 (REWIS RS 2006, 112)
Papierfundstellen: REWIS RS 2006, 112
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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