Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.04.2014, Az. B 1 KR 13/14 B

1. Senat | REWIS RS 2014, 6344

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Zulässigkeit der Revision - Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz sowie des Verfahrensfehlers


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 17. Dezember 2013 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt [X.], zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 17. Dezember 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Krankenkasse versichert gewesene Kläger ist mit seinem zuletzt noch streitigen Begehren auf Zahlung höheren Krankengeldes ([X.]) für die [X.] vom [X.] sowie weiteren [X.] für die [X.] vom 18.5. bis 31.10.1997 bei der [X.] und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das [X.] hat zur Begründung ua ausgeführt, einem Anspruch auf höheres [X.] stehe der wirksam geschlossene [X.] iS von § 54 SGB X entgegen. Es seien keine Anhaltspunkte zu erkennen, dass der Kläger durch Drohungen zur Abgabe seiner Willenserklärung gezwungen worden sei. Im Übrigen habe der Kläger die Anfechtungsfrist nicht gewahrt. Der Anspruch auf [X.] sei aufgrund der Begrenzung seiner Höchstbezugsdauer wegen derselben Krankheit auf 78 Wochen ab 18.5.1997 erschöpft. (Urteil vom 17.12.2013).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil und beantragt, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil Prozesskostenhilfe ([X.]) unter Beiordnung von Rechtsanwalt [X.] zu bewilligen.

3

II. Der Antrag des [X.] auf Bewilligung von [X.] und Beiordnung von Rechtsanwalt [X.] ist abzulehnen (dazu 1.), die Beschwerde des [X.] ist zu verwerfen (dazu 2.) .

4

1. Der Antrag auf Bewilligung von [X.] ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahrens vor dem [X.] nur dann [X.] bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn ua die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es.

5

Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter umfassender Würdigung des Vorbringens des [X.] Anhaltspunkte dafür, dass er einen der in § 160 Abs 2 [X.] bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte .

6

Die Sache bietet - auch jenseits der vorliegenden Begründung seiner eingelegten Beschwerde (vgl dazu [X.]) - keine Hinweise für eine über den Einzelfall des [X.] hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 [X.]). Es ist auch nicht ersichtlich, dass das [X.] entscheidungstragend von der Rechtsprechung des [X.], des [X.] oder des [X.] abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 [X.] SGG). Ebenso fehlt jeglicher Anhalt dafür, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des [X.] bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 [X.] SGG).

7

2. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.] SGG zu verwerfen. Die Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 [X.] SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (dazu a), der Divergenz (dazu b) sowie des Verfahrensfehlers (dazu c).

8

a) Der Kläger legt die für die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] SGG) notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwieweit diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB [X.]-1500 § 160a [X.]1 [X.]8; [X.]-4100 § 111 [X.] S 2 f; s auch [X.]-2500 § 240 [X.]3 S 151 f mwN).

9

Der Kläger formuliert bereits keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Sein Vortrag zielt auf die Auslegung des Rechtsbegriffs einer "Ungewissheit" der Rechtslage in § 54 Abs 1 SGB X. Selbst wenn sich diesem Vortrag eine Rechtsfrage entnehmen ließe, legt er jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit und Entscheidungserheblichkeit nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB Beschluss vom 21.10.2010 - [X.] [X.]/10 B - RdNr 7 mwN). Der Kläger verweist selbst auf die Entscheidung des [X.] (Urteil vom 1.4.1981 - 9 RV 43/80 - Juris), die er zur Begründung einer engen Auslegung des Begriffs der "Ungewissheit" heranzieht . Er schließt hieraus auf die Unwirksamkeit des abgeschlossenen Vergleichs. Er legt nicht hinreichend dar, wieso danach in rechtlicher Hinsicht noch Klärungsbedarf gegeben ist. Inwieweit die im Rahmen der engen Auslegung zu ermittelnden Grenzen des unbestimmten Rechtsbegriffs einer Ungewissheit der Rechtslage in § 54 SGB X vom [X.] bislang nicht geklärt sein sollen, erläutert er nicht. Daneben fehlen aber auch Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage. So führt der Kläger bei der geltend gemachten Divergenz (dazu b) selbst aus, dass der [X.] bereits nach § 57 Abs 1 SGB X, nach § 57 Abs 2 SGB X sowie nach § 61 S 2 SGB X iVm § 123 BGB unwirksam sei. Er hätte deshalb erläutern müssen, weshalb es für eine Entscheidung im Revisionsverfahren dennoch auf die Auslegung des Begriffs der "Ungewissheit" ankommt.

b) Der Kläger bezeichnet den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 [X.] SGG entsprechenden Weise. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in dem herangezogenen höchstrichterlichen Urteil andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB [X.] Beschluss vom 28.7.2009 - [X.] KR 31/09 B - RdNr 4; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] KR 26/10 B - RdNr 4; [X.] Beschluss vom 22.12.2010 - [X.] KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das [X.] bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB [X.] Beschluss vom 15.1.2007 - [X.] KR 149/06 B - RdNr 4; [X.]-1500 § 160 [X.]6 S 44 f mwN). An der Darlegung eines vom [X.] bewusst von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweichenden aufgestellten Rechtssatzes fehlt es indes. Der Kläger behauptet nur, dass die Entscheidung des [X.] der von ihm zitierten Rechtsprechung des [X.] "widerspreche", ohne zu verdeutlichen, welchen abstrakten Rechtssatz das [X.] vermeintlich abweichend von der Rechtsprechung des [X.] aufgestellt haben soll. Er legt damit keinen Fall der Divergenz dar, sondern kritisiert nur die Entscheidung des [X.] als unzutreffend.

c) Schließlich bezeichnet der Kläger auch einen Verfahrensmangel (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] SGG) nicht ausreichend. Nach § 160 Abs 2 [X.] SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB [X.] SozR 1500 § 160a [X.]4, 24, 36). Der Kläger legt in seinem Beschwerdevorbringen einen Verfahrensmangel nicht in diesem Sinne dar.

Der Kläger trägt zwar vor, dass er in der Berufungsschrift vom [X.] Beweis zu den Umständen des Zustandekommens des Vergleichs angeboten habe, dem das [X.] nicht gefolgt sei; dies genügt aber nicht für die Bezeichnung des [X.]. Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss unter anderem einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des [X.] wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl [X.] Beschluss vom 20.7.2010 - [X.] KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; [X.] Beschluss vom 1.3.2011 - [X.] KR 112/10 B - Juris Rd[X.] mwN; [X.] Beschluss vom 4.3.2014 - [X.] KR 113/12 B - Juris RdNr 5). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des [X.] die Darlegung, dass ein - wie hier - anwaltlich vertretender Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt oder (zumindest hilfsweise) aufrechterhalten hat (vgl dazu [X.] Beschluss vom 14.6.2005 - [X.] KR 38/04 B - Juris RdNr 5; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] KR 97/05 B - Juris RdNr 6; [X.] SozR 4-1500 § 160 [X.]3 Rd[X.]1 mwN). Hierzu fehlt aber jeglicher Vortrag. Der Kläger behauptet nur, dass er in der Berufungsschrift vom [X.] einen Beweisantrag gestellt habe, nicht aber, das er diesen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 wiederholt oder aufrechterhalten habe. Zudem fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung des [X.].

3. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 13/14 B

10.04.2014

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Münster, 13. November 2012, Az: S 16 KR 486/10

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 103 SGG, § 54 Abs 1 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.04.2014, Az. B 1 KR 13/14 B (REWIS RS 2014, 6344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6344

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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