Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2011, Az. V ZB 314/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2672

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
V [X.] 314/10

vom

6. Oktober 2011

in der Abschiebungshaftsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 62, 429
Ein Feststellungsantrag nach § 62 FamFG kann nach dem Tod des von einer vollzo-genen Abschiebungs-
oder Zurückschiebungshaft [X.]etroffenen innerhalb der [X.] von einem Angehörigen oder einer Vertrauensperson i.S.d. § 429 Abs. 2 FamFG gestellt oder fortgeführt werden. Auf deren [X.]eteiligung am Verfahren erster Instanz kommt es nicht an.

[X.], [X.]eschluss vom 6. Oktober 2011 -
V [X.] 314/10 -
LG Lüneburg

AG [X.] ([X.])

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 6. Oktober 2011
durch [X.] [X.], [X.] [X.]
und
Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch, die Richterin [X.] und den
Richter Dr.
Czub
beschlossen:
Der [X.]eteiligten zu 2 wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Ver-fahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt [X.]beigeordnet.
Auf die Rechtsmittel
der [X.]eteiligten zu 2 wird der [X.]eschluss der 6.
Zivilkammer des [X.] vom 23.
November 2010 aufgehoben und festgestellt, dass die Anordnung der Haft in dem [X.]eschluss des Amtsgerichts [X.]/[X.] vom 28. Juni 2010 den [X.]etroffenen in seinen Rechten verletzt hat.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der [X.]hat der [X.]eteiligten zu 2 die ihr im [X.]eschwerde-
und im Rechtsbe-schwerdeverfahren entstandenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Gegenstandswert beträgt für das [X.]eschwerde-
wie für das Rechtsbeschwerdeverfahren 3.000

-
3
-
Gründe:
Der [X.]etroffene reiste mit der [X.]eteiligten zu 2 im August 1999 ohne die erforderlichen Dokumente nach [X.] ein und betrieb dort ohne Erfolg ein Asylverfahren. Die Abschiebung nach [X.] verzögerte sich bis April 2009, weil sich die Identität des [X.]etroffenen zunächst nicht feststellen ließ. Seitdem betrieb die beteiligte [X.]ehörde die Abschiebung des [X.]etroffenen. Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht am 28. Juni 2010 gegen den [X.]etroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung nach [X.] bis zum 8. Juli 2010 angeord-net. Am 2. Juli 2010 nahm sich der [X.]etroffene in der Haft das Leben. Die von seinen
damaligen Verfahrensbevollmächtigten für den [X.]etroffenen und für die [X.]eteiligte zu
2 als dessen Ehefrau und Erbin mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung erhobenen
[X.]eschwerden
hat das [X.]e-schwerdegericht als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die [X.] zu 2 mit der Rechtsbeschwerde. Die beteiligte [X.]ehörde beantragt, die [X.]eschwerde zurückzuweisen.

II.
Das [X.]eschwerdegericht meint, die [X.]eschwerde des [X.]etroffenen selbst sei infolge seines Ablebens unzulässig. Daran ändere sein postmortales [X.] nichts. Unzulässig sei aber auch die [X.]eschwerde
der [X.]n zu 2. Die Erledigung in der Hauptsache sei vor Einlegung der [X.]e-schwerde eingetreten. Die [X.]eteiligte zu
2 könne das Rehabilitierungsinteresse des [X.]etroffenen nicht wahrnehmen, da es als höchstpersönliche Rechtsposition nicht auf sie als Erbin übergegangen sei. Ihr [X.]eschwerderecht folge auch nicht aus § 429 FamFG. Danach stehe einem Angehörigen ein [X.]eschwerderecht nur 1
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zu, wenn er in erster Instanz nach § 418 FamFG beteiligt worden sei. Daran fehle es hier. Das [X.]eschwerderecht folge auch nicht
aus Art. 6 Abs. 1 GG.

III.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Gegen die Entscheidung des [X.] hat nur die [X.] zu 2 Rechtsbeschwerde eingelegt. In der [X.] heißt es zwar, worauf die beteiligte [X.]ehörde zutreffend hinweist, dass die Rechtsbe-schwerde "namens der Rechtsbeschwerdeführer zu 1) und 2)"
erhoben werde. Das ist aber ersichtlich ein Redaktionsversehen. Aus dem Rubrum der Rechts-beschwerdeschrift ergibt sich eindeutig, dass das Rechtsmittel nur durch die [X.]eteiligte zu
2, nicht auch durch den verstorbenen [X.]etroffenen selbst eingelegt werden sollte. Diese ist dort als "[X.]eschwerdeführerin, Rechtsbeschwerdeführe-rin"
bezeichnet, der [X.]eteiligte zu
1 demgegenüber
als "[X.]etroffener"
ohne einen Zusatz, der erkennen ließe, dass er post mortem Rechtsmittelführer sein soll. Aus der späteren [X.]egründung der Rechtsbeschwerde ergibt sich, dass das postmortale Rehabilitierungsinteresse des [X.]etroffenen von der [X.]eteiligten zu
2 als Ehefrau und Erbin wahrgenommen werden soll.
2. Die auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist mit dem gestell-ten Feststellungsantrag nach §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
3, Satz
2 FamFG ohne Zu-lassung statthaft
(Senat, [X.]eschlüsse vom 25. Februar 2010 -
V
[X.] 172/09, [X.] 2010, 150, 151 Rn. 9, 10 und vom 4. März 2010 -
V
[X.] 184/09, [X.] 2010, 152, 153 Rn. 4). Daran ändert es nichts, dass schon das [X.]eschwerdege-richt über einen Feststellungsantrag nach § 62 Abs. 1 FamFG entschieden hat und in dem Rechtsbeschwerdeverfahren die
Überprüfung dieser Entscheidung 3
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verlangt wird (vgl. Senat, [X.]eschlüsse vom 22. Juli 2010 -
V
[X.] 29/10, [X.] 2011, 27 Rn. 4 und vom 28. April 2011 -
V
[X.] 292/10, insoweit nicht in [X.] 2011, 200, juris Rn. 9).

3. Der Feststellungsantrag ist nach § 62 Abs. 1 FamFG zulässig.
a) Der Zulässigkeit steht entgegen der Annahme des [X.] nicht entgegen, dass sich die Hauptsache -
hier
-
schon vor der Einlegung der [X.]eschwerde erledigt hat. §
62 Abs. 1 FamFG verlangt nur, dass sich die "angefochtene Entscheidung", nicht aber das gegen sie eingelegte Rechtsmittel erledigt hat ([X.], [X.] 2005, 137, 138; [X.],
[X.], 186; [X.], FamFG, 17. Aufl., §
62 Rn.
9). Außerdem dient die Möglichkeit, die Feststellung der Rechtsverletzung zu beantragen, dem Rehabilitierungsinteresse des [X.]etroffenen nach einem Eingriff in sein Frei-heitsgrundrecht; sie hängt nicht von dem konkreten Ablauf des Verfahrens ab (vgl. [X.] 104, 220, 235
f.). Entscheidend ist nur, dass die angefochtene Entscheidung noch nicht formell rechtskräftig geworden ist. Denn die formelle Rechtskraft darf mit einem Feststellungantrag nach §
62 FamFG nicht durch-brochen werden (Senat, [X.]eschluss vom 28. April 2011 -
V
[X.] 292/10, [X.]
2011, 200, 201 Rn.
17). Diese zeitliche [X.]eschränkung ist hier [X.], weil die [X.]eschwerde mit dem Feststellungsantrag innerhalb der [X.]eschwer-defrist, die entgegen der Rechtsmittelbelehrung in der Entscheidung des [X.] einen Monat betrug, eingereicht worden ist.
b) Die
[X.]eteiligte zu 2 ist auch berechtigt, den Feststellungsantrag zu stel-len.
aa) Das ergibt sich entgegen ihrer Ansicht allerdings nicht schon aus §
429 FamFG. Danach steht neben anderen Personen auch dem Ehegatten des [X.]etroffenen in dessen Interesse das Recht der [X.]eschwerde gegen die 6
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Haftanordnung zu, wenn er im ersten Rechtszug (nach §
418 FamFG) beteiligt worden ist. An dieser zuletzt genannten Voraussetzung fehlt es hier. Die [X.] zu
2 ist durch das Amtsgericht nicht beteiligt worden. Ob das, wie sie meint, rechtswidrig war, bedarf keiner Klärung. Aus dem Recht der in §
429 Abs.
2
FamFG bezeichneten [X.]eteiligten zur Einlegung der [X.]eschwerde folgt nicht ohne weiteres auch das Recht, nach dem Tod des [X.]etroffenen dessen postmortales Rehabilitierungsinteresse wahrzunehmen.
bb) Das Recht der [X.]eteiligten zu 2 zur Wahrnehmung dieses Interesses folgt auch nicht daraus, dass sie ihn beerbt hat, wie sie vorgetragen hat und
was
mangels entsprechender Feststellungen
für das Rechtsbeschwerdeverfah-ren zu unterstellen ist. Das Rehabilitierungsinteresse ist eine höchstpersönliche (Verfahrens-) Rechtsposition, in die der Erbe nicht kraft Erbrechts eintritt (KG, [X.] 2009, 264, 265; [X.], [X.] 2010, 269).
[X.]) Das Recht der Angehörigen, das
Rehabilitierungsinteresse des [X.]e-troffenen nach dessen Tod geltend zu machen, folgt aber aus einer teleologisch erweiternden Auslegung von §
62 Abs.
2 FamFG.
[X.]) Ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit endet allerdings regel-mäßig, wenn der [X.]etroffene stirbt. Dann nämlich muss über die gegen ihn oder zu seinem Schutz beantragten Maßnahmen nicht mehr entschieden werden (KG und [X.] wie vor). Das war
auch in verwaltungsrechtlichen An-waltssachen früheren Rechts anerkannt, auf welche die Vorschriften über das Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anwendbar waren. Sie endeten kraft Gesetzes mit dem Tod des betroffenen Rechtsanwalts und konnten durch die Erben nicht fortgesetzt werden ([X.], [X.]eschlüsse vom 17.
Mai 1976 -
AnwZ
([X.]) 39/75,
[X.]Z 66, 297, 299 und vom 21.
März 2011 -
AnwZ ([X.]) 19/09, juris). Ein [X.]edürfnis, die Rechtmäßigkeit der getroffenen 10
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Maßnahmen nach dem Ableben des [X.]etroffenen zu überprüfen,
besteht in [X.] Verfahren regelmäßig nicht, weil die Maßnahme das Ansehen des [X.]e-troffenen nach dem Tod normalerweise nicht in Frage stellt. Ähnlich liegt es bei der Unterbringung.
Auch sie wird etwa nicht deshalb angeordnet, weil den [X.]e-troffenen, wie bei einem Strafurteil, ein Schuldvorwurf träfe,
sondern deshalb, weil sein schlechter Gesundheitszustand das erfordert ([X.]eispiel nach [X.]ayObLG, [X.], 1645, 1646).
(2) Das ist aber nicht bei allen Maßnahmen der freiwilligen Gerichtsbar-keit der Fall. Gerade bei der Abschiebungs-
oder der Zurückschiebungshaft, um die es hier geht, ist es anders. Sie ist nicht nur ein tief
greifender
Eingriff in das Freiheitsrecht des [X.]etroffenen. Mit der Anordnung von Haft zur Sicherung der Abschiebung ist, wie sich aus den in §
62 Abs.
2 [X.] angeführten Haft-gründen ergibt, notwendig die an das
zurechenbare Verhalten des Ausländers anknüpfende Feststellung verbunden, der [X.]etroffene werde ohne die Inhaftie-rung seine Abschiebung wesentlich erschweren oder vereiteln oder er werde versuchen unterzutauchen. Implizit enthält
eine richterliche Haftanordnung [X.] den Vorhalt, der betroffene Ausländer habe sich in einer Weise gesetzwidrig verhalten -
oder drohe sich so zu verhalten
-, die seine Inhaftierung rechtfertige. Die Haftanordnung ist damit auch geeignet, das Ansehen des [X.]etroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen ([X.] 104, 220, 235). Das machte es vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit notwendig, dem [X.]etroffenen praeter legem eine Möglichkeit der nachträglichen Feststellung der Rechtswid-rigkeit der erledigten Haft zu verschaffen. Mit §
62 FamFG hat der Gesetzgeber dieses verfassungsrechtliche Gebot aufgegriffen und die Möglichkeit, eine sol-che Feststellung zu beantragen, einfachrechtlich
vorgesehen. Zweck war es, die Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts umzusetzen (Entwurfsbe-gründung in [X.]T-Drucks
16/6308 S. 205). Dieses Ziel macht es nicht nur [X.]
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derlich, die Vorschrift im Rechtsbeschwerdeverfahren anzuwenden, für das sie nach dem Wortlaut des
Gesetzes nicht gilt (Senat, [X.]eschluss vom 25. Februar 2010 -
V
[X.] 172/09, [X.] 2010, 150, 151 Rn.
9). Das
Ziel eines effektiven Rechtsschutzes für den [X.]etroffenen macht es vielmehr auch erforderlich, sei-nen Angehörigen die Möglichkeit zu gewähren, dessen Rehabilitierungsinteres-se nach seinem Tod in seinem Interesse geltend zu machen.
[X.] [X.]estünde diese Möglichkeit nicht, könnte dem -
auch nach seinem Tod bestehenden
-
Interesse des [X.]etroffenen an seiner Rehabilitierung gegen-über dem mit der Haftanordnung verbundenen Vorwurf rechtswidrigen [X.] nicht angemessen Rechnung getragen werden. Ob die Haftanordnung rechtmäßig war, könnte dann nur indirekt, nämlich als ein Tatbestandsmerkmal bei der Geltendmachung der Haftentschädigung,
geprüft werden, die der [X.]e-troffene entsprechend Art.
5 Abs.
5 EMRK verlangen kann ([X.], Urteile vom 31. Januar 1966 -
III
ZR 70/64, [X.]Z 45, 46, 49 ff., vom 29. April 1993 -
III
ZR 3/92, [X.]Z 122, 268, 269 f.
und vom 18. Mai 2006 -
III
ZR 183/05, [X.], 960, 961). Ob die Haftanordnung rechtmäßig war oder den [X.]etroffenen in sei-nen Rechten verletzt hat, käme in dem Tenor der in einem solchen Verfahren ergehenden Entscheidung nicht zum Ausdruck.
Es muss, etwa bei einem Aner-kenntnis ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, nicht einmal dazu kommen, dass sich das Gericht mit der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung überhaupt be-fasst. Das wird dem Rehabilitierungsinteresse des [X.]etroffenen schon zu seinen Lebzeiten nicht gerecht. Das gilt umso mehr nach seinem Tod. Die Zahlung der Entschädigung an die Erben kann dem [X.]etroffenen eine Genugtuung nicht mehr verschaffen. Eine
angemessene Rehabilitierung ist in dieser Situation nur zu erreichen, wenn die Rechtmäßigkeit der Maßnahme selbst zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden kann. Mit der Vorschrift des §
62 FamFG will der Gesetzgeber einen
in diesem Sinne effektiven Rechtsschutz sicherstellen. Die Vorschrift
ist deshalb teleologisch erweiternd auszulegen und auch [X.]
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9
-
den, wenn die Angehörigen des [X.]etroffenen nach dessen Tod ein Rehabilitie-rungsinteresse geltend machen.
(4) Dem lässt sich nicht entgegengehalten, dass ein Ausschluss eines Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit angeordneter
Abschiebungs-

oder Zurückschiebungshaft nach dem Tod des [X.]etroffenen einem einheitlichen
Regelungskonzept des Gesetzgebers entspräche.
(a) Regelungen dieser Art hat der Gesetzgeber nur in Einzelfällen getrof-fen. So kann etwa eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung gemäß §
371 StPO auch nach dem Tod des Verurteilten aufgehoben werden. Zur [X.] oder Fortsetzung des [X.] ist dabei nicht nur die
Staatsanwaltschaft berechtigt. Antragsberechtigt sind vielmehr gemäß § 371 Abs. 2 StPO auch die Angehörigen des Verurteilten. Für die nicht rechtskräftige Verurteilung ist eine vergleichbare Regelung dagegen nicht vorgesehen. Stirbt der Angeklagte nach Erlass des Strafurteils, jedoch vor Eintritt der Rechtskraft, wird das Verfahren zwar durch förmlichen [X.]eschluss nach §
206a StPO einge-stellt, das -
mit dem Tod des Angeklagten gegenstandslose
-
Urteil aber nicht mehr inhaltlich überprüft ([X.], [X.]eschluss vom 8. Juni 1999 -
4
StR 595/97, [X.]St 45, 108, 113). Für die Untersuchungshaft und die [X.] fehlen entsprechende Regelungen.
(b) Daraus folgt, dass der Gesetzgeber in der Frage der Feststellung der Rechtswidrigkeit von Abschiebungs-
und Zurückschiebungshaft kein verfah-rensübergreifendes einheitliches Regelungskonzept verfolgt, sondern die Rechtsbehelfe nach den [X.]esonderheiten der jeweiligen Rechtsmaterie be-reichsspezifisch ausgestaltet hat. Es kommt deshalb entscheidend darauf an, ob die Möglichkeit,
post mortem die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Ab-schiebungs-
und Zurückschiebungshaft zu beantragen, dem mit §
62 FamFG 15
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-
für den [X.]ereich der Freiheitsentziehung verfolgten bereichsspezifischen Lö-sungsansatz und den hierbei zu beachtenden verfassungsrechtlichen Vorga-ben, an denen sich der Gesetzgeber auch ausrichten wollte, entspricht. Das ist
aus den dargelegten Gründen der Fall.
[X.]) Die [X.]eteiligte zu
2 ist als Ehefrau des [X.]etroffenen nach dessen
Tod berechtigt, die Feststellung nach §
62 FamFG zu beantragen. Der Kreis der in dieser Lage zur Stellung eines solchen Antrags berechtigten Personen lässt sich mangels tragfähiger sachlicher Unterschiede
nicht anders bestimmen als der Kreis der im Fall ihrer [X.]eteiligung am erstinstanzlichen Verfahren zur selb-ständigen [X.]eschwerde befugten Personen in §
429 Abs.
2 FamFG. Allerdings kann es auf die [X.]eteiligung schon am erstinstanzlichen Verfahren im Rahmen von §
62 FamFG nicht ankommen. Denn diesen Antrag sollen die in §
429 Abs.
2 FamFG bestimmten Personen nicht wegen ihrer bisherigen [X.]eteiligung am Verfahren, sondern gerade deshalb stellen können, weil der [X.]etroffene sein Rehabilitierungsinteresse nicht mehr selbst wahrnehmen kann und dieses
an-dernfalls unerfüllt bliebe.
Die Verwirklichung kann nicht davon abhängen, wie das Gericht erster Instanz sein [X.]eteiligungsermessen nach §
418 FamFG aus-geübt hat.
4. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Gegen
den [X.]etroffenen
hätte die Haft nicht angeordnet werden dürfen, weil ihr kein zulässiger Haftan-trag zugrunde lag. Ein Haftantrag ist nach §
417 Abs.
2 FamFG nur zulässig, wenn er eine den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG genügende [X.]egründung enthält. Dazu gehören Ausführungen
zu dem nach §
72 Abs.
4 [X.] erforderlichen, auch allgemein erteilbaren (Senat, [X.]eschluss vom 20.
Januar 2011 -
V
[X.] 226/10, [X.] 2011, 144, 146
Rn. 25) Einvernehmen der zuständigen Staatsanwaltschaft, wenn sich aus dem Haftantrag ergibt, dass gegen den [X.]etroffenen strafrechtliche Ermittlungen geführt werden
(Senat, [X.]e-18
19
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schluss vom 20. Januar 2011 -
V
[X.] 226/10, [X.] 2011, 144
Rn. 9). Fehlen sie, ist der Haftantrag unzulässig. Dieser Mangel kann nicht rückwirkend geheilt werden (Senat, [X.]eschluss vom 3. Mai 2011 -
V
ZA 10/11, juris
Rn.
11). So liegt es hier. In dem Haftantrag legt die beteiligte [X.]ehörde dar, dass sie gegen den [X.]etroffenen mehrfach Strafanzeige erstattet habe. Sie hatte deshalb auch [X.], dass die zuständige
Staatsanwaltschaft
allgemein oder im Einzelfall ihr Einvernehmen mit der Abschiebung erklärt hatte. Das ist nicht geschehen.

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
81 Abs.
1 Sätze 1 und 2, §
83 Abs.
2
und §
430
FamFG, Art.
5 Abs.
5 EMRK analog, §
128c Abs.
3 Satz
2 KostO. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach §
128c Abs. 2, §
30 Abs.
2 KostO.
Krüger
[X.]
Schmidt-Räntsch

Stresemann
Czub
Vorinstanzen:
AG [X.] ([X.]), Entscheidung vom 02.11.2010 -
14 XIV [X.] 2065 -

LG Lüneburg, Entscheidung vom 23.11.2010 -
6 [X.]/10 -

20

Meta

V ZB 314/10

06.10.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2011, Az. V ZB 314/10 (REWIS RS 2011, 2672)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2672

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 314/10

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