Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2011, Az. I ZR 108/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3993

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]/09
Verkündet am:

17. August 2011

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] II

[X.] § 14 Abs. 2 Nr.
3, Abs.
5 und 6, §
23 Nr.
2, §
49 Abs.
2 Nr.
1; ZPO §
253 Abs.
2 Nr.
2, § 291

a)
Hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen Ansprüche aus verschiedenen Kenn-zeichenrechten alternativ verfolgt, kann er in der Revisionsinstanz zwar zu einer eventuellen, nicht aber zu einer kumulativen Klagehäufung übergehen, um eine Abweisung der Klage als unzulässig zu vermeiden.
b)
Die Tatsachen, die der Bekanntheit einer Marke zugrunde liegen, können [X.] im Sinne von §
291 ZPO sein (hier: intensive Benutzung der Marke über einen längeren [X.]raum in weitem Umfang gegenüber dem allgemeinen Publi-kum) und auch ohne Einholung eines Verkehrsgutachtens die Annahme rechtferti-gen, dass die Marke bekannt im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] ist.
c)
Findet sich mit einer gewissen Häufigkeit die beschreibende Verwendung einer Marke (hier: die Bezeichnung "[X.]"), rechtfertigt dies für sich genommen nicht schon die Annahme, das Zeichen habe sich zu einer gebräuchlichen Bezeichnung im Sinne von §
49 Abs.
2 Nr.
1 [X.] entwickelt.
d)
Allein der Umstand, dass eine bekannte Marke nicht mit der angegriffenen Be-zeichnung verwechselt wird, kann die Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der bekannten Marke im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] nicht rechtfertigen.

[X.], Urteil vom 17. August 2011 -
I [X.]/09 -
[X.]

LG [X.]

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren, in dem bis zum 14.
Juli 2011 Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch [X.] Dr.
Bornkamm und [X.], Prof. Dr.
Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Die Revision der [X.] gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 9. Juni 2009 wird [X.].

Die [X.] der Klägerin wird verworfen.

Die [X.] tragen die Kosten der ersten und der zweiten In-stanz. Von den Kosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin 1/5 und die [X.] 4/5.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, die 1995 durch den Zusammenschluss mehrerer Techni-scher [X.] entstanden ist, trägt die [X.] "[X.] Süd Aktiengesellschaft". Sie bietet Dienstleistungen im Bereich der Anlagensicherheit an.

Die Klägerin ist Inhaberin
der mit Priorität vom 29.
Oktober 1979 einge-tragenen Marke Nr.
1005648 "Tüv" und der mit Priorität vom 4.
März 2004 ein-1
2
-
3
-
getragenen Wortmarke Nr.
30412680.2 "[X.] SÜD" sowie der nachfolgend wie-dergegebenen Gemeinschaftswort-/Bildmarke Nr.
03715901 (Priorität 17.
März 2004):

Die Marken sind für Dienstleistungen eines Ingenieurs sowie für die Dienstleistungen Begutachten, Forschen, Prüfen und Überwachen auf dem Ge-biet der Technik, insbesondere der Sicherheitstechnik, eingetragen.

Die [X.] zu
1 (nachfolgend:
[X.]), eine GmbH, befasst sich mit Dienstleistungen auf den Gebieten Arbeitsschutz, Sicherheits-
und Gesund-heitsschutz, Gefahrstoffe, Altlasten und Umweltschutz, technische Überwa-chung und Ausrüstung, Brandschutz, Explosionsschutz, Projekt-
und Bauma-nagement, Facility Management, Engineering und Qualitätsmanagement. Der [X.] zu
2 ist der Geschäftsführer der [X.].

Die [X.] veröffentlichte am 15.
Juni 2006 im [X.] die nachfolgend wiedergegebene Presseerklärung, in der
sie sich als "Privater
[X.]"
und "Erster privater [X.]"
bezeichnete, der bundesweit "[X.]-Dienstleistungen"
anbietet (Anlage K
19):

3
4
5
-
4
-

Die Klägerin sieht in der Verwendung der Bezeichnungen "Privater [X.]"
und "Erster privater [X.]"
sowie "[X.]-Dienstleistungen"
eine Verletzung der Rechte an ihren Marken und ihrem Unternehmenskennzeichen. Sie hat vorge-tragen, ihre Marken mit dem Bestandteil "[X.]" und ihre gleichlautende [X.] Bezeichnung seien bekannte Kennzeichen, die über einen hervorra-genden Ruf auf dem Gebiet der Überwachung und Prüfung technischer Einrich-tungen und Anlagen sowie der Zertifizierung von Dienstleistungen verfügten. Die [X.] nutze mit den beanstandeten Bezeichnungen die Wertschätzung 6
-
5
-
und Unterscheidungskraft dieser bekannten Kennzeichen aus und beeinträchti-ge sie zugleich.

Die Klägerin hat beantragt,

I.
die [X.] unter Androhung von Ordnungsmitteln
zu verurteilen, es zu unterlassen, zur Kennzeichnung der von ihnen
angebotenen oder [X.] Dienstleistungen eines Ingenieurs, nämlich des
Prüfens
von Anlagen, Gebäuden und/oder Betrieben die folgenden Angaben zu verwenden:

1.
"privater [X.]" und/oder
2.
"erster privater [X.]" und/oder
3.
"D.

G.

A.

(D.

-A.

GmbH)
bietet bundesweit [X.]-Dienstleistungen",

insbesondere wie geschehen im
Beitrag Anlage K
19 (es folgt die vor-stehend wiedergegebene Presseerklärung);

II.
die [X.] zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter I bezeichneten Handlungen vorgenommen haben; dabei haben die [X.] Art, Verbreitungsgebiet
und Auflage der Werbemittel anzugeben, in denen sie mindestens eine der Angaben ver-wendet haben;

III.
festzustellen, dass die [X.] als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die [X.] die unter I bezeichneten [X.] vorgenommen haben.

Die [X.] sind der Klage entgegengetreten und haben geltend ge-macht, der Begriff "[X.]"
habe sich zu einem Synonym für technische Prüfun-gen und Zertifizierungen entwickelt. Durch die fortgesetzte Verwendung als Gattungsbezeichnung
habe die Angabe "[X.]"
ihre kennzeichenrechtliche Un-terscheidungskraft verloren.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das Berufungsgericht die [X.] nach den Klageanträgen verurteilt
([X.], Urteil vom 9.
Juni 2009

20
U
27/08, juris).

7
8
9
-
6
-
Dagegen richten
sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der [X.] und die [X.] der Klägerin. Die [X.] erstreben mit ihrem Rechtsmittel, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, die [X.] des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin verfolgt
mit ihrer [X.] eine Verurteilung der [X.] nach dem Verbots-
und dem [X.] wegen einer Verwendung ihrer Kennzei-chen im Identitäts-
und Verwechslungsbereich. Die [X.] beantragen, die [X.] zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten [X.] aufgrund der [X.]n Nr.
1005648 und Nr.
30412680.2 und des Unternehmenskennzeichens der Klägerin nach §
14 Abs.
2 Nr.
3, Abs.
5 und 6, §
15 Abs.
3, 4 und 5 [X.], §
242 BGB
für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:

Die Verwendung
der Angaben "Privater [X.]", "Erster privater [X.]" und "D.

G.

A.

(D.

-A.

GmbH)
bietet bun-
desweit [X.]-Dienstleistungen" verletze die [X.] Marken "Tüv" und "[X.] SÜD" sowie das
Unternehmenskennzeichen "[X.] Süd
AG" der Klägerin. Die Zeichen würden durch den Bestandteil "[X.]" geprägt. Die Bezeichnung "[X.]" verfüge über originäre Unterscheidungskraft
und habe diese nicht dadurch ver-loren, dass sie als Synonym für die Hauptuntersuchung bei Kraftfahrzeugen und zur Formulierung von Forderungen nach Qualitätskontrollen benutzt werde. Der Bedeutung
des Zeichens "[X.]" als Herkunftshinweis stehe nicht entgegen, dass es mehrere [X.]-Gesellschaften gebe.

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11
12
-
7
-
Die Bezeichnung "[X.]" sei offenkundig ein bekanntes Zeichen.

Die [X.] habe das Zeichen "[X.]" markenmäßig verwandt. Der [X.] werde aufgrund der angegriffenen Angaben eine gedankliche Verbindung zu den Klagezeichen herstellen. Die Anwendung des §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] sei im Bereich der
Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit nicht aus-geschlossen.

Die [X.] nutze durch die Verwendung der Begriffe "Erster privater [X.]", "Privater [X.]" und "[X.]-Dienstleistungen" die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der bekannten Kennzeichen der Klägerin ohne rechtferti-genden Grund in unlauterer Weise aus. Die Benutzung der Zeichen durch die [X.] widerspreche den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Han-del. Die [X.] sei zur Beschreibung ihrer Leistungen nicht auf die Verwen-dung des aus sich heraus nichtssagenden Zeichens "[X.]" angewiesen. Auf eine Monopolstellung der Klägerin könne die [X.] sich nicht berufen. Die Bekanntheit des Zeichens "[X.]" sei nicht auf ein früher bestehendes Monopol zurückzuführen.

Der [X.]
zu
2
hafte als Geschäftsführer der [X.], weil er die rechtsverletzende [X.] pflichtwidrig nicht verhindert habe.

Die [X.] hätten die Klagezeichen schuldhaft verletzt und seien der Klägerin daher nach §
14 Abs.
6, §
15 Abs.
5
[X.] zum Schadensersatz verpflichtet. Der Auskunftsanspruch beruhe auf §
242 BGB.

B. Die Revision der [X.] und die [X.] der Klägerin haben keinen Erfolg.

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14
15
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17
18
-
8
-
I. [X.] der Klägerin

Die [X.] der Klägerin ist unzulässig.

1. Der für die unselbständige [X.] erforderliche rechtliche oder wirtschaftliche Zusammenhang mit der Hauptrevision ist zwar gegeben (vgl. [X.], Urteil vom 22.
November 2007 -
I
ZR
74/05, [X.]Z 174, 244 Rn.
38; Urteil vom 18.
Dezember 2008 -
I
ZR
63/06, [X.], 515
Rn.
20 = [X.], 445 -
Motorradreiniger). Im Streitfall besteht ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang. Die Revision und die [X.] betreffen Ansprüche aus denselben Kennzeichen zwischen denselben Parteien.
Die Ansprüche sind zudem auf dieselben Rechtsfolgen gerichtet.

2. Die Unzulässigkeit der [X.] folgt jedoch daraus, dass die Klägerin durch das angefochtene Urteil nicht beschwert ist (vgl. [X.], Urteil vom 31.
Mai 1995 -
VIII
ZR
267/94, NJW 1995, 2563, 2565).
Anders als
für
die
Zulässigkeit der
Anschlussberufung, die nicht auf die Beseitigung einer Be-schwer des [X.] gerichtet zu sein braucht, sondern auch das Ziel haben kann, die Klage zu ändern oder zu
erweitern (vgl. [X.], Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 17.
Dezember 1951

GSZ
2/51, [X.]Z 4, 229, 234; [X.], Urteil vom 7.
Dezember 2007
V
ZR
210/06, [X.], 1953 Rn.
18), ist für die Zulässigkeit der [X.] erforderlich, dass der [X.]skläger durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist (vgl. [X.], Urteil vom 21.
Juni 2001
XI
ZR
73/00, [X.]Z 148, 156, 160; Urteil vom 26.
September 2001
IV
ZR
198/00, NJW 2002, 672, 673).

a) Die [X.] macht erfolglos geltend, das Berufungsgericht habe nicht über sämtliche prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände), auf die die Klägerin ihr Klagebegehren gestützt habe, entschieden. Die Klägerin habe 19
20
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22
23
-
9
-
in den Vorinstanzen kumulativ sechs verschiedene prozessuale Ansprüche ver-folgt,
und zwar Ansprüche wegen Verletzung ihrer Marken aufgrund des [X.] nach §
14 Abs.
2 Nr.
1 [X.], des Verwechslungsschutzes nach §
14 Abs.
2 Nr.
2 [X.] und des Bekanntheitsschutzes nach §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] sowie wegen Verletzung ihrer [X.] nach §
15 Abs.
2 Fall
1 und 2 [X.] sowie §
15 Abs.
3 [X.]. Es handele sich um sechs unterschiedliche Streitgegenstände. Das [X.] habe allein über die Ansprüche aufgrund des Schutzes bekannter Marken und des bekannten Unternehmenskennzeichens der Klägerin
entschieden.

b) Entgegen der Ansicht der [X.] hat die Klägerin in den Vorinstanzen nicht kumulativ verschiedene Streitgegenstände geltend gemacht.

aa) Allerdings hat die Klägerin ihr Klagebegehren auf verschiedene Streitgegenstände gestützt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehr-te Rechtsfolge herleitet (vgl. [X.], Urteil vom 3.
April 2003 -
I
ZR
1/01, [X.]Z 154, 342, 347
f. -
Reinigungsarbeiten).
Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt ([X.], Urteil vom 7.
Dezember 2000 -
I
ZR
146/98, [X.], 755, 756
f.
= WRP 2001, 804 -
Telefonkarte; Urteil vom 20.
September 2007 -
I
ZR
94/04, [X.], 1066 Rn.
60 = [X.], 1466 -
Kinderzeit; Urteil vom 20.
September 2007

I
ZR
6/05, [X.], 1071 Rn.
56 =
[X.], 1461
Kinder
II; zum Urheberrecht
[X.], Urteil vom 24
25
26
-
10
-
24.
Mai 2007
I
ZR
42/04, [X.], 691 Rn.
17 =
[X.], 996
Staats-geschenk).

Der Senat hat auch erwogen, ob mehrere Streitgegenstände trotz glei-chen Klagebegehrens nicht auch bei einem einzelnen Kennzeichenrecht vorlie-gen können, wenn aus einem Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechs-lungsgefahr nach §
14 Abs.
2 Nr.
2, §
15 Abs.
2 [X.] als auch aufgrund des Bekanntheitsschutzes nach §
14 Abs.
2 Nr.
3, §
15 Abs.
3 [X.] geltend gemacht werden (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
März 2011

I
ZR
108/09, [X.], 521 Rn.
3 =
WRP 2011, 878
[X.]
I, zum Abdruck in [X.]Z vor-gesehen). Dass im Verhältnis zum Verwechslungsschutz
wie die Anschlussre-vision meint
die Geltendmachung identischer Verletzungen der Marken im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
1 [X.] und die identische Benutzung des [X.] nach §
15 Abs.
2 Fall
1 [X.] weitere [X.] darstellen, ist allerdings eher zu verneinen.

[X.]) Im Streitfall bestehen danach unterschiedliche Streitgegenstände [X.] insoweit, als die Klägerin aus vier Klagezeichen vorgeht. Ob darüber hinaus verschiedene Streitgegenstände vorliegen, weil die Klägerin aus den einzelnen Kennzeichenrechten Ansprüche wegen identischer Kennzeichenver-letzungen (§
14 Abs.
2 Nr.
1, §
15 Abs.
2 Fall
1 [X.]), wegen Verwechs-lungsgefahr (§
14 Abs.
2 Nr.
2, §
15 Abs.
2 [X.]) und wegen einer Ausnut-zung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung bekannter Kennzeichen (§
14 Abs.
2 Nr.
3, §
15 Abs.
3 [X.]) verfolgt, braucht nicht entschieden zu werden.

cc) Die Klägerin ist im Streitfall jedenfalls nicht dadurch beschwert, dass das Berufungsgericht nicht über sämtliche Streitgegenstände entschieden hat. Die Klägerin hat die verschiedenen Streitgegenstände in den Vorinstanzen nicht 27
28
29
-
11
-
kumulativ, sondern alternativ geltend gemacht.
Dies folgt aus einer Auslegung des Klagevorbringens.

Dafür, dass die Klägerin die verschiedenen Streitgegenstände im Wege kumulativer Klagehäufung verfolgt hat, ergeben sich vorliegend keine Anhalts-punkte. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es der
Klägerin nur darum ging, ihr einheitliches Klagebegehren durchzusetzen, ohne dass es ihr darauf ankam, aus welchem Streitgegenstand das Berufungsgericht die Klageanträge für begründet erachtete. In einem solchen Fall liegt eine alter-native Klagehäufung vor, bei der der Kläger sein Klagebegehren aus mehreren Streitgegenständen herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf wel-chen Streitgegenstand es die stattgebende Entscheidung stützt (vgl. [X.], [X.], 755, 757 -
Telefonkarte; GRUR
2011, 521 Rn.
6
ff.

[X.]
I). Diese Vorgehensweise entsprach einer im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes verbreiteten Übung, die der Senat in der Vergangenheit
nicht beanstandet und erst jüngst in dem in diesem Verfahren ergangenen Hinweisbeschluss vom 24.
März 2011 als unzulässig angesehen hat (vgl. [X.], [X.], 521 Rn.
8

[X.]
I). Ohne konkrete Anhaltspunkte im Sachvortrag der Klägerin
an denen es vorliegend fehlt
hatte das Berufungsgericht
vor dem Hintergrund der bis-lang geübten Praxis keinen Grund,
von einer kumulativen Klagehäufung auszu-gehen.

Hatte die Klägerin die verschiedenen Streitgegenstände in den [X.] nicht kumulativ, sondern alternativ geltend gemacht, ist sie nicht dadurch beschwert, dass das Berufungsgericht nicht über sämtliche Streitge-genstände entschieden hat.

Die Klägerin kann in der Revisionsinstanz auch nicht mehr von ihrer al-ternativen zur kumulativen Klagehäufung übergehen, weil darin eine Klageän-30
31
32
-
12
-
derung liegt, die in der Revisionsinstanz nicht mehr möglich ist (vgl. [X.], [X.] vom 6.
Dezember 2006 -
XII
ZR
97/04, [X.]Z 170, 152 Rn.
30). [X.] könnte der Übergang von der alternativen zur kumulativen Klagehäufung in der Revisionsinstanz an der fehlenden Beschwer der Klägerin nichts ändern.

II. Revision der [X.]

Die Revision der [X.] ist unbegründet.

1. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig.

a) Nach §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag -
und nach §
313 Abs.
1 Nr.
4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung
-
nicht derart un-deutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs-
und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der [X.] sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem [X.] verboten ist. Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ([X.], Urteil vom 5.
No-vember 2008 -
I
ZR
39/06, [X.], 766 Rn.
21 = [X.], 831 -
Stoff-fähnchen).

b) Auf den Hinweisbeschluss des Senats hat die Klägerin klargestellt, dass sie ihre Ansprüche zuerst auf die Marke Nr.
1005648 "Tüv", anschließend auf die Marke Nr.
30412680.2 "[X.] SÜD" und sodann auf ihr Unternehmens-kennzeichen "[X.] SÜD AG" stützt. Bei diesen Kennzeichen leitet die Klägerin ihre Ansprüche in erster Linie aus der Verletzung bekannter Kennzeichen nach §
14 Abs.
2 Nr.
3 und §
15 Abs.
3 [X.] ab und verfolgt in zweiter Linie ihre Ansprüche aufgrund [X.] zwischen den [X.] im 33
34
35
36
37
-
13
-
Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
2 und §
15 Abs.
2 [X.] und schließlich aufgrund identischer [X.] nach §
14 Abs.
2 Nr.
1 und §
15 Abs.
2 Fall
1 [X.].
Diese an sich schon in der Klage gebotene
Klarstellung konnte die Klägerin noch im Laufe des Verfahrens, und zwar auch noch in der [X.], nachholen (vgl. [X.], [X.], 521 Rn.
13
[X.]
I
mwN).

Die von der Klägerin gewählte Reihenfolge ist verfahrensrechtlich unbe-denklich, weil das Berufungsgericht die Verurteilung ebenfalls
auf einen Schutz der bekannten Marke Nr.
1005648 "Tüv" gestützt hat
(vgl. [X.], [X.], 521 Rn.
14
[X.]
I).

2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf-grund der Marke "Tüv" (Nr.
1005648) gegen die [X.] nach §
14 Abs.
2 Nr.
3, Abs.
5 [X.] zu.

a) Gemäß §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] ist es Dritten untersagt, ohne Zu-stimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit einer im [X.] bekannten Marke identisches oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn die Benutzung des Zeichens die Wertschätzung oder die Unterscheidungskraft der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in un-lauterer Weise ausnutzt.

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Marke der Klägerin sei
eine
im Inland bekannte Marke im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.]. Das
Zeichen sei einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt. Dafür spreche die Verwendung der Bezeichnung "[X.]" als Synonym für Prüfungsleistungen, ins-besondere für die Hauptuntersuchung bei Kraftfahrzeugen. Dem Verkehr sei geläufig, dass die
aus sich heraus nichtssagende Bezeichnung
"[X.]" auf ein 38
39
40
41
-
14
-
oder mehrere bestimmte Unternehmen oder
ihre Leistungen hinweise. Dieses Ergebnis werde durch das von der Klägerin vorgelegte Verkehrsgutachten [X.]. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

aa) Eine Marke ist bekannt im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.], wenn sie einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist, ohne dass bestimmte Prozentsätze des Bekanntheitsgrades zu fordern sind (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 2009 -
C-301/07, [X.]. 2009, [X.] =
[X.], 1158 Rn.
24 -
Pago/Tirolmilch; [X.], Urteil vom 10.
Oktober 2002 -
I
ZR
235/00, [X.], 428, 432 = [X.], 647 -
BIG [X.]). Erforderlich ist eine Bekanntheit als Kennzeichnungsmittel für bestimmte Waren oder
Dienstleistun-gen (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Oktober 2003 -
I
ZR
236/97, [X.], 235, 238 = [X.], 360 -
Davidoff
II). Maßgeblich sind bei der Prüfung dieser Voraussetzungen alle relevanten Umstände des Falles, also insbesondere der Marktanteil der älteren Marke, die Intensität, die geographische Ausdehnung und
die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Un-ternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (vgl. zu Art.
5 Abs.
2
[X.]
[X.], Urteil vom 14.
September 1999 -
C-375/97, [X.]. 1999, [X.] = GRUR Int. 2000, 73 Rn.
23
ff. -
Chevy; zu
§
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.]
[X.], Urteil vom 12.
Juli 2001 -
I
ZR
100/99, [X.], 340, 341 = [X.], 330 -
Fabergé).

[X.]) Nach diesem
Maßstab ist das Berufungsgericht zu Recht davon aus-gegangen, dass die Marke
"Tüv"
der Klägerin eine im Inland bekannte Marke
ist.

(1)
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob es sich bei der Marke Nr.
1005648 um eine Wortmarke oder eine Wort-/Bildmarke handelt. Es hat an-42
43
44
-
15
-
genommen, dass sich die Bildelemente auf eine graphische Hervorhebung der Buchstaben beschränken und die Marke durch ihren Wortbestandteil "Tüv" ge-prägt wird. Das Berufungsgericht ist im Weiteren davon ausgegangen, dass die [X.]
originär unterscheidungskräftig ist.

Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Begründung, die Bezeichnung "Tüv"
sei eine Abkürzung der rein [X.] Angabe "Technischer Überwachungsverein"; durch diesen Begriff werde nur der Gegenstand des Unternehmens bezeichnet.
An die Anforderungen
für die Unterscheidungskraft von Marken ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Ein nur beschreibender Anklang steht der Annahme originärer Un-terscheidungskraft eines [X.] eines Zeichens nicht entgegen. Über einen von Haus aus bloß beschreibenden Anklang geht die Bezeichnung
"Tüv"
als Hinweis auf einen Technischen Überwachungsverein aber nicht hinaus. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Bezeichnungen
"Tüv"
und "Technischer Überwachungsverein" ihrem Wesen nach nichtssagend und damit nicht rein beschreibend sind.

(2) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine Bekanntheit der Marken der Klägerin bejaht hat, halten auch im Übrigen einer rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Feststellung der Bekanntheit der [X.]n obliegt im [X.] dem Tatrichter. In der Revisionsinstanz ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder wesentliche Umstände nicht unberücksichtigt
gelassen
hat.

45
46
47
-
16
-
Das Berufungsgericht hat für die Beurteilung der Bekanntheit der Klage-marke
das von der Klägerin vorgelegte Verkehrsgutachten von Oktober 2006 der [X.] Infratest GmbH herangezogen. Danach sehen 71,7% der potentiellen Autobesitzer in der Bezeichnung "[X.]" einen Hinweis
auf ein ganz bestimmtes Unternehmen. Als Indiz für die Bekanntheit der Marke
der Klägerin mit dem Wortbestandteil "[X.]" konnte das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision auch den Umstand heranziehen, dass der Begriff als Synonym für Prüfungsleistungen oder Qualitätskontrollen Verwendung findet. Wird die Be-zeichnung "[X.]" in dieser schlagwortartigen Weise benutzt, ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht fernliegend, die Verwendung erfolge nur, weil dem allgemeinen Publikum bekannt sei, dass es Technische [X.] gebe, die diese Dienstleistungen erbrächten
und die mit der Abkürzung "[X.]" bezeichnet würden.

Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte nicht ohne Beweisaufnahme von der Bekanntheit der [X.] ausgehen dürfen.
Die Bekanntheit der [X.] kann zwar nicht offenkundig im Sinne des §
291 ZPO sein. Offenkundig können nur Tatsachen und nicht Erfahrungssätze sein. Die Feststellung, ob der Verkehr die Bezeichnung "[X.]" für die in Rede ste-henden Dienstleistungen als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auffasst, stützt sich auf Erfahrungswissen, das nicht durch Zeugenbeweis, sondern ge-gebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen zu ermitteln ist (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Oktober 2003 -
I
ZR
150/01, [X.]Z 156, 250, 253
f. -
Marktführerschaft). Allgemein geläufig und deshalb offenkundig im Sinne des §
291 ZPO können aber Tatsachen sein, die bei der Prüfung der relevanten Umstände des [X.] heranzuziehen sind.
Dazu rechnet auch, ob die Marke während eines län-geren [X.]raums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Oktober 1959 -
I
ZR
58/58, [X.], 126, 128 -
Sternbild;
[X.]/[X.],
[X.], 3.
Aufl., §
14 48
49
-
17
-
Rn.
1344 bis 1346; Büscher in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechts-schutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2.
Aufl., §
14 [X.] Rn.
289 und 530).

Das Berufungsgericht, [X.] zu den angespro-chenen Verkehrskreisen gehören, hat festgestellt, dass die Bezeichnung
"Tüv" der überwiegenden Mehrheit der Autofahrer als ein Hinweis auf eine mit der Hauptuntersuchung von Kraftfahrzeugen befasste Organisation bekannt ist. Das deckt sich mit dem vom Berufungsgericht herangezogenen [X.] Gutachten, das die Klägerin
vorgelegt hat, und das vom [X.] gemäß §
286 ZPO frei gewürdigt werden konnte.

c) Die Bezeichnung "Tüv"
hat sich auch nicht zu einer im geschäftlichen Verkehr gebräuchlichen Bezeichnung der Dienstleistungen entwickelt, für die sie eingetragen ist.

Nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wird die Eintragung einer Marke auf [X.] wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Be-zeichnung der Waren oder
Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, gewor-den ist. Den Löschungsgrund des Verfalls nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 [X.] kann der [X.] im Verletzungsprozess einredeweise geltend machen (vgl. [X.], Urteil vom 27. April 2006

[X.]/05, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 495 Rn. 35 -
Levi [X.]/[X.]; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 49 Rn. 5 und 33). Im Streitfall hat das Berufungsgericht die Umwandlung der originär kenn-zeichnungskräftigen Bezeichnung "Tüv"
in eine gebräuchliche Bezeichnung für die Dienstleistungen, für die die [X.]n geschützt sind, verneint. [X.] sind insoweit nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass sich mit einer gewissen Häufigkeit auch eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung "[X.]" findet, rechtfertigt nicht die Annahme, die
Marke
habe sich zu einer ge-50
51
52
-
18
-
bräuchlichen Bezeichnung entwickelt, weil an dieses Erfordernis grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. zum WZG
[X.], Urteil vom 12. Juli 1963
Ib
ZR 174/61, [X.], 82, 85
Lesering; zum [X.]
OLG München, [X.], 84, 86; [X.]/[X.] aaO § 49 Rn. 34; v. Gamm in Büscher/[X.]/[X.] aaO § 49 Rn. 12).

d) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die [X.] die angegriffenen Bezeichnungen "Privater [X.]", "Erster privater [X.]" und "D.

G.

A.

(D.

-A.

GmbH)
bietet bundesweit [X.]-Dienstleistungen" in dem fraglichen Artikel rechtsverlet-zend benutzt hat.

aa)
Für eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne des §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] reicht es aus, dass die beteiligten Verkehrskreise das [X.] wegen der hochgradigen Ähnlichkeit gedanklich mit der bekannten Marke verknüpfen (vgl. zu Art.
5 Abs.
2 [X.]
[X.], Urteil vom 23.
Oktober 2003

408/01, [X.]. 2003, [X.] =
[X.], 58
Rn.
29 und 39
[X.]/Fitnessworld; zu Art.
4 Abs.
4 Buchst.
a [X.]
[X.], Urteil vom 27.
No-vember 2008 -
C-252/07, [X.]. 2008, I-8823
=
[X.], 56 Rn.
30 -
Intel/CPM; zu §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.]
[X.], Urteil vom 3.
Februar 2005 -
I
ZR
159/02, [X.], 583, 584 =
[X.], 896 -
Lila-Postkarte). Ob eine gedankliche Verknüpfung vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevan-ten Umstände des konkreten Falls zu beurteilen, zu denen der Grad der Ähn-lichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der [X.], ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von [X.] zählen (vgl. [X.], [X.], 56 Rn.
41
f. -
Intel/CPM).

53
54
-
19
-
[X.]) Die Beurteilung, ob der
Verkehr eine gedankliche Verknüpfung zwi-schen der [X.] und der angegriffenen Bezeichnung herstellt, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter. Dem Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung kein Rechtsfehler unterlaufen.

(1) Das Berufungsgericht hat eine gedankliche Verknüpfung mit der [X.] bejaht, mit den beanstandeten Bezeichnungen nehme die [X.] auf die Klägerin und die anderen [X.]-Gesellschaften
Bezug. Nur dadurch, dass der Leser bei der Angabe "[X.]" an die Klägerin und die anderen [X.]-Gesellschaften und deren Dienstleistungen denke, erhielten die von der [X.] verwendeten Bezeichnungen einen Bedeutungsgehalt. Deshalb werde der Verkehr die
Begriffe
in dem Sinne verstehen, es handele sich um Dienstleistun-gen, die auch der [X.] anbiete.

(2) Die Revision macht dagegen geltend, das Berufungsgericht habe un-berücksichtigt gelassen, dass der Begriff "[X.]" als Gattungsbezeichnung für Prüfdienstleistungen eine eigenständige, von der ursprünglichen Bezeichnung bestimmter Unternehmen losgelöste Bedeutung habe. Die [X.] verwende die beanstandeten Bezeichnungen im Kontext des Artikels gattungsmäßig. Dem kann nicht zugestimmt
werden.

Das
Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang angenommen, dass die Bezeichnung "[X.]" sich nicht zu einer gebräuchlichen Bezeichnung für Prüfdienstleistungen entwickelt hat. Dass der Begriff "[X.]" gleichwohl im Verkehr als Synonym für Prüfdienstleistungen Verwendung findet und die [X.] sich durch den Hinweis, bei ihr handele es sich um einen privaten [X.], von der Klägerin abzugrenzen sucht, schließt eine gedankliche Verknüpfung nicht aus. Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass die [X.] der [X.] für das Publikum nur dadurch einen Sinn erhalten, dass es 55
56
57
58
-
20
-
bei den angegriffenen Bezeichnungen an die Klägerin und die anderen Techni-schen [X.] denkt.

Für eine gedankliche Verknüpfung der [X.]
mit den
beanstande-ten Angaben sprechen im Streitfall auch die Identität der Dienstleistungen und die hohe Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen.
Die [X.] be-nutzt die Bezeichnungen im Zusammenhang mit technischen Prüfleistungen, für die die [X.] geschützt ist.
Zwischen den [X.] besteht eine hochgradige Zeichenähnlichkeit. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen [X.] wird die in Rede stehende [X.] durch den Wortbestandteil "Tüv"
geprägt. Entsprechendes gilt für
die Begriffe "Erster pri-vater [X.]" und "Privater [X.]" sowie die Bezeichnung "[X.]-Dienstleistungen". Werden die kollidierenden Zeichen aber sämtlich durch den Bestandteil "[X.]" in [X.] Kleinschreibung geprägt, liegt zwischen den Zeichen eine hoch-gradige Zeichenähnlichkeit vor.

cc) Der von der Revision angeregten Vorlage an den Gerichtshof der [X.] nach Art.
267 Abs.
3 AEUV zur Klärung
der Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung ausscheidet, wenn aufgrund der deutlichen Abgren-zung der angegriffenen Zeichen von der Marke eine Beeinträchtigung der [X.] ausscheidet, bedarf es nicht. Die Maßstäbe für die Beurteilung der gedanklichen Verknüpfung
im Streitfall
sind durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Danach setzt eine gedankliche Verknüpfung zwischen den Zeichen keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion voraus, weil nur der Schutz einer Marke gegen [X.] eine Beeinträchti-gung der Herkunftsfunktion erforderlich macht, nicht aber der Identitätsschutz und der Schutz der bekannten Marke (vgl. [X.], [X.], 56 Rn.
58 -
Intel/CPM; [X.], Urteil vom 18.
Juni 2009 -
C-487/07, [X.]. 2009, [X.] =
[X.], 756 Rn.
59 -
L'Oréal/Bellure).
59
60
-
21
-

e) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorschrift des §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] trotz der Identität der Dienstleistun-gen, für die die [X.] geschützt ist und für die die angegriffenen Zeichen benutzt werden, anwendbar ist. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Union und des [X.] ist geklärt, dass der Schutz bekannter Marken nach Art.
5 Abs.
2 [X.] und §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] nicht ausgeschlossen ist, wenn ein mit der bekannten Marke ähnliches oder identisches Zeichen im Identitäts-
oder Ähnlichkeitsbereich der Waren oder Dienstleistungen benutzt wird (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Januar 2003

292/00, [X.]. 2003, 9 =
[X.], 240, 242 Rn.
30
Davidoff/[X.]; [X.], 58 Rn.
13
ff., 22
[X.]/Fitnessworld; [X.], [X.], 235, 238
Davidoff
II).

f)
Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Ausnut-zung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung der bekannten Marke
der Klägerin im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] bejaht.

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die [X.] die Unter-scheidungskraft der [X.]
dadurch ausnutzt, dass sie die Aufmerksam-keit, die mit der bekannten Marke
der Klägerin verbunden ist, dazu verwendet, auf ihre eigenen Leistungen hinzuweisen. Durch die Benutzung der beanstan-deten Begriffe in der Textüberschrift würden die Suchprogramme die Presseer-klärung in der Trefferliste erscheinen lassen, wenn ein Nutzer
mit dem Begriff "[X.]" im [X.] suche. Die Ausnutzung der Wertschätzung der [X.]
hat das Berufungsgericht daraus
gefolgert, dass die [X.] den
die Klage-marke
prägenden Wortbestandteil verwendet. Dadurch mache sich die [X.] den überragenden Ruf der Klägerin im Bereich technischer Prüfleistungen 61
62
63
-
22
-
zunutze. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revi-sion erinnert hiergegen auch nichts.

g) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], die [X.] benutze
das Zeichen der Klägerin ohne rechtferti-genden Grund in unlauterer Weise.

aa) Ob die Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschät-zung in unlauterer Weise erfolgt, ist aufgrund einer umfassenden Interessen-abwägung zu beurteilen (vgl. zu §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.]
[X.], Urteil vom 14.
Januar 1999 -
I
ZR
149/96, [X.], 992, 994
f.
=
WRP 1999, 931 -
BIG PACK; zu §
15 Abs.
3 [X.]
[X.], Urteil vom 1.
März 2001 -
I
ZR
211/98, [X.]Z 147, 56, 67 -
Tagesschau). Dabei können die Wertungen, wie sie bei der Beurteilung der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel im Sinne von Art.
6 Abs.
1 [X.] und §
23 Nr.
2 [X.] vorzu-nehmen sind, herangezogen werden (vgl. [X.], Urteil vom 2.
April 2009 -
I
ZR
78/06, [X.], 672 Rn.
26 =
[X.], 824 -
OSTSEE-[X.]).
Allerdings ist bei der identischen oder ähnlichen Benutzung einer bekannten Marke zu dem Zweck, die mit ihr verbundene Aufmerksamkeit oder Wertschät-zung auszunutzen, regelmäßig von einem die Unlauterkeit im Sinne von §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] begründenden Verhalten auszugehen (vgl. [X.], Urteil vom 17.
März 2005 -
C-228/03, [X.]. 2005, I-2337
=
[X.], 509 Rn.
49 -
Gillette Company/[X.]; [X.], [X.], 56 Rn.
39 -
Intel/CPM; [X.], [X.], 583, 584 -
Lila-Postkarte).

[X.]) Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] sei auf die Verwendung der Bezeichnung "[X.]" zur Beschreibung ihrer Leistungen nicht angewiesen. Sie sei seit 30
Jahren unter ihrer Unternehmensbezeichnung tätig. Ein legitimes Interesse zur Verwendung der Bezeichnung sei nicht ersichtlich. 64
65
66
-
23
-
Der Begriff "[X.]" sei aus sich heraus nichtssagend. Die Klägerin habe daher keine originär beschreibende Angabe als Marke gewählt und sei deshalb nicht verpflichtet, eine Beschränkung des Schutzbereichs der Marke hinzunehmen. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

cc) Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe keine Abwä-gung der Gesamtumstände vorgenommen und außer [X.] gelassen, dass eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der [X.] mangels Verwechs-lungsgefahr nicht gegeben sei. Zu Unrecht habe das Berufungsgericht auch darauf abgestellt, ob die [X.] auf die Verwendung der Bezeichnung "[X.]" angewiesen sei.

Bei dieser Argumentation lässt die Revision außer [X.], dass die [X.] der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung eines rechtfertigen-den Grundes bedarf und dieser nicht darin liegt, dass die bekannte Marke nicht mit der angegriffenen Bezeichnung verwechselt wird. Denn der Schutz gegen [X.] nach §
14 Abs.
2 Nr.
2 [X.] kommt jeder Marke zu, während bekannte Marken über einen erweiterten Schutz nach §
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] verfügen.

Mit Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass sich der vorliegend zu beurteilende
Sachverhalt
von den Fällen unterscheidet, in denen die Inhaberin der Marke "[X.]" aus dieser Marke gegen Wettbewerber, die den Bestandteil "Post" in ihren Kennzeichen verwendeten, vorgegangen war. In jenen Fällen hat der Senat die Beschränkung des Schutzumfangs der [X.] "[X.]" nach §
23 Nr.
2 [X.] und im
Rahmen des [X.] "ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise" im Sinne des
§
14 Abs.
2 Nr.
3 [X.] maßgeblich darauf gestützt, dass die dortige Markeninhaberin in der Vergangenheit ein Monopolunternehmen war und die 67
68
69
-
24
-
Wettbewerber ein besonderes Interesse an der Verwendung des von Haus aus für die Dienstleistungen beschreibenden
Begriffs "[X.]" zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen hatten (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Juni 2008 -
I
ZR
169/05, [X.], 798 Rn.
23 und 26 =
[X.], 1202 -
[X.]
I; Urteil vom 2.
April 2009 -
I
ZR
209/06, [X.], 678 Rn.
25 und 34 =
[X.], 839 -
[X.]/[X.]). An dieser letztgenannten Voraussetzung fehlt es im vorlie-genden Fall, weil die Bezeichnung "[X.]"
für die Dienstleistungen des Prüfens, [X.] und [X.] von Anlagen, Gebäuden und Betrieben, für die die [X.] die angegriffenen
Bezeichnungen in der in Rede stehenden Presseer-klärung verwandt hat, nicht glatt beschreibend ist.
Deshalb liegt auch der von der Revision geltend gemachte
Wertungswiderspruch zu §
8 Abs.
2 Nr.
2 [X.]
nicht vor, den die Revision darin sieht, dass es bei einem Eintra-gungshindernis nicht darauf ankommt, ob Dritte auf die Verwendung des [X.] zur Beschreibung der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleis-tungen angewiesen sind. Dasselbe gilt für die zwischen den Parteien [X.] Frage, ob die Klägerin die Wertschätzung der Marke
während der [X.] er-worben hat, als sie für bestimmte Dienstleistungen über ein Monopol verfügte.

h) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass neben der [X.]n zu
1 auch der [X.] zu
2 als deren Geschäftsführer für die Marken-verletzungen haftet. Dieser hatte nach den Feststellungen des [X.]s Kenntnis von den Markenverletzungen und hat sie nicht verhindert (vgl. auch [X.], Urteil vom 26.
September 1985 -
I
ZR
86/93, [X.], 248, 250
f. -
Sporthosen; Urteil vom 9.
Juni 2005

I
ZR
279/02, [X.], 1061, 1064 =
[X.], 1511
Telefonische Gewinnauskunft).

3. Der Schadensersatzanspruch beruht auf §
14 Abs.
6 [X.]. Das für den Schadensersatz erforderliche Verschulden der [X.] liegt vor. Diese haben die [X.] fahrlässig verletzt.
Das gilt auch für den [X.]
zu
2, 70
71
-
25
-
der gegen die Markenverletzung nicht eingeschritten ist, obwohl ihn als Organ der [X.] hierzu eine Rechtspflicht traf.

4. Zutreffend ist das Berufungsgericht
davon ausgegangen, dass sich der unselbständige Auskunftsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzan-spruchs aus §
242 BGB ergibt.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97
Abs.
1, §
92 Abs.
1 ZPO.

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Schaffert
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.03.2008 -
37 [X.]/07 -

[X.], Entscheidung
vom 09.06.2009 -
I-20 [X.]/08 -

72
73

Meta

I ZR 108/09

17.08.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2011, Az. I ZR 108/09 (REWIS RS 2011, 3993)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3993

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 108/09

8 U 237/07

20 U 87/08

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