Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 30.10.2012, Az. 1 ABR 61/11

1. Senat | REWIS RS 2012, 1809

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Gegenstand

Betriebliche Lohngestaltung - vereinbarte Arbeitsvergütung


Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin und unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des [X.] vom 7. Juli 2011 - 5 TaBV 26/09 - aufgehoben, soweit die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 29. Januar 2009 - 5 [X.] - zurückgewiesen wird.

2. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der vorgenannte Beschluss des [X.] abgeändert.

Die Anträge des Betriebsrats werden insgesamt abgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über die Auslegung eines Einigungsstellenspruchs.

2

Die Arbeitgeberin führt einen Schulbuchverlag. Sie beschäftigt derzeit 109 Arbeitnehmer. Antragsteller ist der im [X.]etrieb der Arbeitgeberin gebildete [X.]etriebsrat.

3

[X.] beschloss eine Einigungsstelle für die am Standort [X.] beschäftigten Arbeitnehmer eine Vergütungsordnung ([X.]VO 2006). Deren §§ 2, 3 und 5 lauten:

        

„§ 2 Vergütungsgrundsätze

        

Die Angestellten werden nach § 99 [X.]etrVG in Vergütungsgruppen eingruppiert. Die [X.]ezugsvergütung, auf die sich alle Gehälter beziehen, sowie deren Änderung wird vom Arbeitgeber festgesetzt und mitgeteilt. Entsprechend der jeweiligen Vergütungsgruppe erhalten die [X.]eschäftigten einen prozentualen Anteil der [X.]ezugsvergütung. …

        

§ 3 Vergütungsbestandteile

        

Die [X.]ezugsvergütung umfasst alle Arten von Zahlungen, die an alle Mitarbeiter oder Gruppen von Mitarbeitern geleistet werden. Hierzu gehören auch Tantiemen. Entgelte für Mehrarbeit bleiben bei der Festsetzung der [X.]ezugsvergütung unberücksichtigt.

        

§ 5 Vergütungstabelle

        

Für die einzelnen Vergütungsgruppen wird folgender Faktor von der [X.]ezugsvergütung vereinbart:

        

Gruppe

von     

bis     

        

A       

1,4     

2,0     

        

[X.]       

1,2     

1,5     

        

C       

0,95   

1,2     

        

...     

                 
        

[X.]ei der individuellen Vergütungsvereinbarung innerhalb der [X.] der einzelnen Vergütungsgruppen sind insbesondere die Leistung, die [X.]rktsituation, [X.]eschäftigungszeiten und Qualifikationen zu berücksichtigen.“

4

Die Arbeitgeberin setzte die [X.]ezugsvergütung mit Schreiben vom 23. November 2006 auf 2.900,00 Euro fest. In der Folgezeit vereinbarte sie mit mehreren Arbeitnehmern eine Vergütung oberhalb der in der [X.]VO 2006 festgelegten [X.].

5

Der [X.]etriebsrat hat gemeint, die [X.]VO 2006 enthalte eine abschließende und zwingende Regelung der Vergütungshöhe. Das Überschreiten der dort festgelegten Gehaltsbänder sei unzulässig. Dieser Verstoß führe - entsprechend der höchsten Überschreitung - zu einer Erhöhung der [X.]ezugsvergütung um 12 % auf 3.248,75 Euro.

6

Der [X.]etriebsrat hat - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von [X.]edeutung - zuletzt beantragt,

        

1.    

die Arbeitgeberin zu verpflichten, die [X.]ezugsvergütung gemäß § 2 des [X.]eschlusses der Einigungsstelle vom 14. November 2006 mit 3.248,75 Euro festzusetzen und dies mitzuteilen,

        

hilfsweise

                 
                 

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die [X.]ezugsvergütung für den [X.]raum, in dem sie gegen die [X.]etriebsvereinbarung vom 14. November 2006 - Spruch der Einigungsstelle - verstößt, in Relation zur höchsten Abweichung zu erhöhen,

        

höchst hilfsweise

                 

festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die [X.]ezugsvergütung für den [X.]raum, in dem sie gegen die [X.]etriebsvereinbarung vom 14. November 2006 - Spruch der Einigungsstelle - verstößt, so festzusetzen, dass die Regelung des § 5 Vergütungstabelle eingehalten wird,

        

2.    

festzustellen, dass die Arbeitgeberin den Spruch der Einigungsstelle vom 14. November 2006 verletzt, indem sie folgende Vergütungen an folgende Arbeitnehmer zahlt:

                 

Abteilungsleiterin [X.] 5.900,00 Euro anstelle von 5.800,00 Euro,

                 

Redakteurin [X.]i 3.500,00 Euro anstelle von 3.480,00 Euro,

                 

Redakteurin Me 3.600,38 Euro anstelle von 3.480,00 Euro,

                 

Redakteur G 3.600,00 Euro anstelle von 3.480,00 Euro,

                 

Redakteur Dr. H 3.620,00 Euro anstelle von 3.480,00 Euro,

                 

Redakteurin [X.]r 3.700,00 Euro anstelle von 3.480,00 Euro,

                 

Redakteurin A 3.800,00 Euro anstelle von 3.480,00 Euro.

7

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu 2. entsprochen und den erstinstanzlich allein gestellten Hauptantrag zu 1. abgewiesen. Dagegen haben beide [X.]eteiligten im Umfang ihres Unterliegens [X.]eschwerde eingelegt. Der [X.]etriebsrat hat im [X.]eschwerdeverfahren seinen Antrag zu 1. um die Hilfsanträge erweitert. Das [X.] hat die [X.]eschwerden zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die [X.]eteiligten ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.

9

[X.]. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet, während die Rechtsbeschwerde des [X.]etriebsrats erfolglos bleibt. Die Anträge sind teilweise unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

I. Das [X.] hat dem zu 2. gestellten Feststellungsantrag zu Unrecht entsprochen.

1. Der Antrag bedarf der Auslegung.

Nach seinem Wortlaut ist er darauf gerichtet, dass die Arbeitgeberin nicht berechtigt ist, den im Antrag genannten Arbeitnehmern eine höhere Vergütung zu zahlen als die in den [X.] für die jeweilige Vergütungsgruppe festgelegte Vergütungsobergrenze. Damit würde nur dieser Personenkreis von einer gerichtlichen Entscheidung erfasst. Ein solches Antragsverständnis würde dem [X.]egehren des [X.]etriebsrats jedoch nicht gerecht. Dieser hat sich zur [X.]egründung des Feststellungsantrags auf die aus seiner Sicht bindende Festlegung der Vergütung in §§ 2, 5 [X.]VO 2006 berufen. Er hält die Arbeitgeberin für verpflichtet, den von der [X.]VO 2006 erfassten Arbeitnehmern nur eine innerhalb der Gehaltsbänder liegende Vergütung zu gewähren. Dies ist [X.] des zwischen den [X.]eteiligten bestehenden Streits. Dementsprechend hat der [X.]etriebsrat im [X.]eschwerdeverfahren - ohne seinen Antrag insoweit zu erweitern - weitere Fälle eingeführt, in denen nach seinem Verständnis ein Verstoß gegen die [X.]VO 2006 vorliegt. Die aus Sicht des [X.]etriebsrats erfolgten Zuwiderhandlungen der Arbeitsgeberin bei den im Antrag genannten Personen dienen daher nur der Verdeutlichung der behaupteten Verletzungshandlungen. Dementsprechend ist das Antragsziel des [X.]etriebsrats auf eine von den angeführten Einzelfällen unabhängige gerichtliche Feststellung gerichtet, wonach die Arbeitgeberin nach der [X.]VO 2006 nicht berechtigt ist, eine Vergütung oberhalb der dort festgelegten Gehaltsbänder zu zahlen. Ausgenommen sind - entsprechend der Regelung in § 3 Satz 3 [X.]VO 2006 - nur [X.]. Ein entsprechendes Antragsverständnis hat der [X.]etriebsrat in der Anhörung vor dem Senat bestätigt.

2. Der so ausgelegte Antrag ist zulässig.

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er bezieht sich auf die Frage, mit welchem Inhalt die [X.]VO 2006 durchzuführen ist.

b) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.

aa) Die Auslegung der [X.]VO 2006 ist zwischen den [X.]eteiligten streitig. Die Arbeitgeberin wendet sie in anderer als der vom [X.]etriebsrat für richtig gehaltenen Auslegung an. Dieser Streit betrifft das zwischen den [X.]eteiligten bestehende betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis.

bb) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin entfällt das Feststellungsinteresse nicht deswegen, weil der [X.]etriebsrat sein [X.]egehren auch mit einem Leistungsantrag verfolgen könnte.

(1) Zwar ist ein Leistungsantrag auch im [X.]eschlussverfahren dem Feststellungsantrag aus prozessökonomischen Überlegungen vorzuziehen, weil aus ihm vollstreckt werden kann. Soweit es jedoch um die grundsätzliche Klärung eines streitigen Rechtsverhältnisses zwischen den [X.]etriebspartnern geht, ist das Feststellungsverfahren trotzdem häufig das geeignetere Verfahren, wenn es zu einer umfassenden [X.]ereinigung des Streits führt ([X.]AG 5. Dezember 1998 - 1 A[X.]R 9/98 - zu [X.] I 3 der Gründe, [X.]AGE 90, 288). Nach ständiger Senatsrechtsprechung kann daher ein Streit der [X.]etriebsparteien über die Frage, mit welchem Inhalt eine [X.]etriebsvereinbarung durchzuführen ist, im Feststellungsverfahren geklärt werden, selbst wenn ein vollstreckbarer Anspruch des [X.]etriebsrats auf Unterlassung [X.] [X.]ßnahmen in [X.]etracht käme ([X.]AG 20. Januar 2009 - 1 A[X.]R 78/07 - Rn. 29, AP [X.]etrVG 1972 § 77 [X.]etriebsvereinbarung Nr. 44 = EzA ZPO 2002 § 547 Nr. 2).

(2) Nach diesen Grundsätzen kann der [X.]etriebsrat die Auslegung der [X.]VO 2006 mit einem Feststellungsantrag verfolgen. Zwar wäre auch ein Leistungsantrag denkbar, mit dem es der Arbeitgeberin untersagt wird, den vom persönlichen Geltungsbereich der Vergütungsordnung erfassten Arbeitnehmern eine Vergütung zu zahlen, die über die in § 5 [X.]VO 2006 bestimmten Gehaltsbänder hinausgeht. Doch können die Meinungsverschiedenheiten zwischen den [X.]etriebsparteien durch einen Feststellungsbeschluss einer endgültigen Klärung zugeführt werden. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Arbeitgeberin nicht an eine entsprechende gerichtliche Feststellung halten wird, sind weder ersichtlich noch von dieser geltend gemacht worden.

II. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Arbeitgeberin ist durch die [X.]VO 2006 nicht gehindert, eine vereinbarte Vergütung auszuzahlen, selbst wenn diese die in § 5 [X.]VO 2006 bestimmten Gehaltsbänder übersteigt.

1. Zwar haben die [X.]etriebsparteien in den Schranken des § 77 Abs. 3 [X.]etrVG grundsätzlich eine umfassende Regelungskompetenz (vgl. [X.]AG [X.] 7. November 1989 - [X.] 3/85 - zu [X.] b und c der Gründe, [X.]AGE 63, 211). [X.]ei einem Einigungsstellenspruch stellt der Umfang der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des [X.]etriebsrats aber die Grenze der [X.] dar. Der Einigungsstelle ist es verwehrt, gegen den Willen des Arbeitgebers Regelungen über einen Gegenstand zu treffen, der nicht der erzwingbaren Mitbestimmung des [X.]etriebsrats unterfällt ([X.]AG 31. [X.]i 2005 - 1 [X.] - zu II 1 a der Gründe, [X.]AGE 115, 68).

2. Die Vereinbarung der Vergütungshöhe durch die Arbeitsvertragsparteien unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG.

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG hat der [X.]etriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von [X.]n und der Einführung und Anwendung von neuen [X.] sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das [X.]eteiligungsrecht soll die Angemessenheit des innerbetrieblichen [X.] und seine Transparenz gewährleisten. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG bezieht sich auf die Grundsätze, nach denen sich die Entgeltfindung im [X.]etrieb vollzieht. Es umfasst die Einführung von [X.]n und deren Änderung durch den Arbeitgeber ([X.]AG 3. Dezember 1991 - [X.] 1/90 - zu [X.] 3 c der Gründe, AP [X.]etrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). [X.] sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die [X.]elegschaft oder Teile der [X.]elegschaft ermittelt oder bemessen werden soll ([X.]AG 17. [X.]i 2011 - 1 [X.] - Rn. 16, AP [X.]etrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 138 = EzA [X.]etrVG 2001 § 87 [X.]etriebliche Lohngestaltung Nr. 25). Das Mitbestimmungsrecht erfasst alle geldwerten Leistungen, bei denen die [X.]emessung nach bestimmten Grundsätzen oder nach einem System erfolgt. Auch bei diesen soll das Mitbestimmungsrecht des [X.]etriebsrats die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit sicherstellen ([X.]AG 10. Juni 1986 - 1 A[X.]R 65/84 - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]AGE 52, 171).

b) Die [X.]etriebsparteien können abstrakte Grundsätze über die Art und Weise aufstellen, nach denen sich die [X.]emessung des Arbeitsentgelts richtet. Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach [X.] oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Zu den mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregeln gehören der Aufbau von Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale ([X.]AG 31. Januar 1984 - 1 [X.] - zu II 2 der Gründe, [X.]AGE 45, 91). Eine betriebliche Vergütungsordnung ist Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätzen niederschlägt ([X.]AG 18. Oktober 2011 - 1 A[X.]R 25/10 - Rn. 14, AP [X.]etrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 141 = EzA [X.]etrVG 2001 § 87 [X.]etriebliche Lohngestaltung Nr. 26). Das [X.]eteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG umfasst daher die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der [X.] nach Prozentsätzen oder anderen [X.]ezugsgrößen ([X.]AG 14. August 2001 - 1 [X.] 2 a der Gründe, [X.]AGE 98, 323). Erbringt der Arbeitgeber für bestimmte Formen der Arbeit Leistungen, können diese bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestands unter [X.]eachtung des vom [X.]etriebsinhaber zur Verfügung gestellten Dotierungsrahmens von den [X.]etriebsparteien ausgestaltet werden.

c) Gegenstand des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG bei der Aufstellung einer betrieblichen Vergütungsordnung ist die [X.]emessung der Vergütung, die der Arbeitnehmer aufgrund seiner auszuübenden Tätigkeit beanspruchen kann. Dies sind die Arbeitsaufgaben, die ihm vom Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder aufgrund seines Direktionsrechts (§ 106 [X.]) übertragen worden sind. Entsprechend dem Normzweck des [X.]eteiligungsrechts haben die [X.]etriebsparteien die Verpflichtung, eine Entgeltstruktur für die im [X.]etrieb ausgeübten Tätigkeiten zu schaffen. Diese bildet die Grundlage für die Eingruppierungsentscheidung des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG. Dazu muss er die dem Arbeitnehmer übertragene Tätigkeit einer der ausgebrachten Vergütungsgruppen zuordnen und zu dieser Entscheidung die Zustimmung des [X.]etriebsrats einholen.

d) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG erstreckt sich nicht auf die arbeitsvertraglich vereinbarten Entgelte der Arbeitnehmer. Solche Abreden betreffen die [X.] und sind daher der Regelungsmacht der [X.]etriebsparteien entzogen. Eine betriebliche Regelung, nach der die Vereinbarung oder die Auszahlung eines einzelvertraglich vereinbarten Gehaltsbestandteils von der Zustimmung des [X.]etriebsrats abhängig ist, ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG nicht zulässig. Der mit dem [X.]eteiligungsrecht bezweckte Schutz wird nach der Senatsrechtsprechung dadurch gewährleistet, dass der Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrags verpflichtet ist, die Arbeitnehmer nach den im [X.]etrieb geltenden [X.]n zu vergüten (zuletzt [X.]AG 18. Oktober 2011 - 1 A[X.]R 25/10 - Rn. 29, AP [X.]etrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 141 = EzA [X.]etrVG 2001 § 87 [X.]etriebliche Lohngestaltung Nr. 26). Hieraus folgt ein Anspruch auf das sich aus der betrieblichen Vergütungsordnung ergebende Entgelt.

3. Danach ist unerheblich, ob die Einigungsstelle mit der Regelung in §§ 3, 5 [X.]VO 2006 eine verbindliche Festlegung von [X.] schaffen wollte. Dies kann zugunsten des [X.]etriebsrats unterstellt werden. Zwischen den [X.]eteiligten ist jedoch unstreitig, dass es sich bei den über den [X.] liegenden [X.] nur um solche Entgeltbestandteile handelt, die von der Arbeitgeberin aufgrund einer mit den begünstigten Arbeitnehmern getroffenen Vereinbarung erbracht werden. Da diese dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG entzogen ist, wird das arbeitsvertraglich geschuldete Entgelt von der [X.]VO 2006 nicht erfasst. Dieses kann die Arbeitgeberin ohne Verstoß gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten an die Arbeitnehmer auszahlen. Ob die Arbeitgeberin für die von ihr individualrechtlich versprochene Vergütung einen besonderen Dotierungsrahmen zur Verfügung stellt, dessen Verteilung sich nicht nach den in der [X.]VO 2006 enthaltenen [X.]n richtet und daher bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestands dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG unterliegen würde, bedarf keiner Entscheidung. Ein solches Regelungsverlangen des [X.]etriebsrats ist nicht Verfahrensgegenstand.

III. Die Rechtsbeschwerde des [X.]etriebsrats ist unbegründet. Das [X.] hat den Antrag zu 1. sowie die Hilfsanträge zu Recht abgewiesen.

1. Der Antrag zu 1. ist nur teilweise zulässig.

a) Der als Leistungsantrag formulierte Hauptantrag ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin soll die [X.]ezugsvergütung, von deren Höhe die in der [X.]VO 2006 festgelegten Gehaltsbänder abhängen, neu bestimmen und diese Festsetzung dem [X.]etriebsrat mitteilen. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist der Antrag zu 1. nicht rechtsmissbräuchlich, weil der [X.]etriebsrat mit diesem Individualansprüche der von der [X.]VO 2006 begünstigten Arbeitnehmer geltend macht. Dies ist nicht der Fall. Der [X.]etriebsrat beruft sich für sein [X.]egehren auf seinen Durchführungsanspruch aus der [X.]VO 2006. Die Zahlung einer höheren Vergütung an die Arbeitnehmer verlangt er nicht.

b) Hingegen genügen die als Hilfsanträge formulierten Feststellungsanträge nicht dem gesetzlichen [X.]estimmtheitserfordernis. Dies hat das [X.] zutreffend erkannt. Die in den [X.] vorgesehene Handlungspflicht der Arbeitgeberin stünde bei einer Verurteilung in zeitlicher Hinsicht nicht eindeutig fest. Weder den gewählten Antragsformulierungen noch der dazu vom [X.]etriebsrat gegebenen [X.]egründung kann entnommen werden, wann ein Verstoß der Arbeitgeberin gegen die [X.]VO 2006 gegeben ist.

2. Der Hauptantrag zu 1. ist unbegründet. Für die vom [X.]etriebsrat begehrte Erhöhung der [X.]ezugsvergütung fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Deren Höhe unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]etrVG. Die Arbeitgeberin ist gegenüber dem [X.]etriebsrat nur zur Festsetzung eines [X.] verpflichtet, der die [X.]erechnung der Vergütung entsprechend den in der Vergütungsordnung bestimmten Entgeltgrundsätzen ermöglicht. Diese Verpflichtung hat die Arbeitgeberin mit dem an den [X.]etriebsrat gerichteten Schreiben vom 23. November 2006 erfüllt. Die [X.]VO 2006 enthält keine Vorgaben für die Anpassung der festgesetzten [X.]ezugsvergütung. Da die Arbeitgeberin mit der Auszahlung der vereinbarten Arbeitsvergütung nicht gegen die [X.]VO 2006 verstößt, bedarf es keiner Entscheidung, ob ein solcher Verstoß zu einer Anpassung der festgesetzten [X.]ezugsvergütung führen könnte.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    [X.]nfred Gentz    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 ABR 61/11

30.10.2012

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Braunschweig, 29. Januar 2009, Az: 5 BV 17/08, Beschluss

§ 87 Abs 1 Nr 10 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 30.10.2012, Az. 1 ABR 61/11 (REWIS RS 2012, 1809)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1809

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