Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 19.07.2016, Az. 2 BvR 470/08

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2016, 7965

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ÖFFENTLICHES RECHT DISKRIMINIERUNG BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) GRUNDRECHTE KOMMUNEN VORLAGEPFLICHT

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von Art 3 Abs 1 und Art 101 Abs 1 S 2 GG durch Festsetzung von reduzierten Eintrittspreisen für Bürger ortsnaher Gemeinden für die Nutzung eines kommunalen Freizeitbads - unmittelbare Bindung der öffentlichen Gewalt an die Grundrechte unabhängig von der Organisations- und der Handlungsform in Fällen, in denen öffentliche Unternehmen als juristische Personen des Privatrechts auftreten - zu den Voraussetzungen, unter denen nationale Gerichte sind von Amts wegen gehalten sind, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen


Tenor

Das Urteil des [X.] vom 6. Februar 2007 - 2 C 0116/06 - und das Urteil des [X.] vom 16. Januar 2008 - 3 U 1990/07 - verletzen den Beschwerdeführer in seinen verfassungsmäßigen Rechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die Urteile werden aufgehoben. Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen. Der Beschluss des [X.] vom 25. Februar 2008 - 3 U 1990/07 - ist gegenstandslos.

Der [X.] hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Benachteiligung ausländischer Besucher eines kommunalen [X.] gegenüber Einwohnern der das Bad in [X.] betreibenden Kommunen.

2

1. Der Beschwerdeführer ist [X.] Staatsangehöriger mit Wohnsitz in [X.]. Im September 2005 besuchte er ein Freizeitbad in [X.]. Dieses wird von der [X.] des Ausgangsverfahrens betrieben, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Alleingesellschafter der [X.] ist ein Fremdenverkehrsverband. Dieser Zweckverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 2 der Satzung vom 6. Juli 2004, [X.], zuletzt geändert durch Satzung vom 24. September 2014, [X.]). Mitglieder des Zweckverbands sind der Landkreis [X.] sowie fünf [X.] des [X.]. Einwohnern dieser fünf [X.] gewährte die [X.] einen Nachlass auf den regulären Eintrittspreis von etwa einem Drittel. Da der Beschwerdeführer nicht Einwohner dieser [X.] war, entrichtete er den regulären Eintrittspreis.

3

2. Der Beschwerdeführer sieht in dieser Preisgestaltung eine unzulässige Benachteiligung. Daher erhob er Klage zum [X.], mit der er von der [X.] die Rückzahlung des [X.] verlangte und außerdem die Feststellung begehrte, dass die [X.] verpflichtet sei, dem Kläger den Eintritt künftig zu dem ermäßigten Entgelt zu gewähren.

4

a) Das Amtsgericht wies die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 6. Februar 2007 ab. Ein Anspruch aus § 812 [X.] scheide aus. Der Beschwerdeführer habe den Differenzbetrag nicht ohne rechtlichen Grund bezahlt. Der dieser Zahlung zugrundeliegende Vertrag sei insbesondere nicht gemäß § 134 [X.] nichtig.

5

Als gesetzliches Verbot im Sinne dieser Bestimmung komme zwar Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) in Betracht, der auch die passive Dienstleistungsfreiheit schütze. Jedoch sei vorliegend nicht von der notwendigen Horizontalwirkung auszugehen. Denn unabhängig von der privaten Rechtsform der [X.] seien deren Leistungen nicht dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen, dem etwa die Versorgung mit Wasser oder Elektrizität sowie die Abfallentsorgung zugehörten. Vielmehr handele es sich um eine rein wirtschaftliche Tätigkeit. In diesem Bereich der Fiskaltätigkeit mangele es an der notwendigen Horizontalwirkung. Die [X.] sei auch weder qualitativ noch quantitativ mit in erheblicher Weise am [X.] teilnehmenden Verbänden oder Berufsorganisationen vergleichbar.

6

Nichts anderes ergebe sich aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV (Art. 18 A[X.]V). Auch diese Bestimmung richte sich nicht an private Rechtsteilnehmer, zumal die [X.] keinerlei tatbestandlich vorausgesetzte kollektive Regelungsmacht ausübe.

7

Die Grundrechte des Grundgesetzes schließlich seien keine Verbotsgesetze im Sinne des § 134 [X.]. Sie wirkten nur mittelbar über materiell-rechtliche Generalklauseln in das Privatrecht ein. Ein Verstoß gegen dergleichen Generalklauseln sei aber nicht ersichtlich. Der [X.] könne etwa ein Missbrauch einer Monopolstellung oder sittenwidrige Ausbeutung nicht vorgeworfen werden. Auch bestehe für die [X.] kein Kontrahierungszwang zu gleichen Preisen, da sie nicht im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sei.

8

b) Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wies das nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b GVG in der damals geltenden Fassung zuständige [X.] mit dem angegriffenen Urteil vom 16. Januar 2008 zurück.

9

aa) Der Vertrag sei nicht gemäß § 134 [X.] nichtig. Diese Bestimmung ordne die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur für diejenigen Fälle an, in denen sich aus dem verletzten Verbotsgesetz nicht etwas anderes ergebe. In der Regel könne Nichtigkeit nur angenommen werden, wenn sich das Verbot gegen beide Vertragsteile richte. Sei das Rechtsgeschäft dagegen nur für einen Vertragsteil verboten, sei es in der Regel gültig. Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) ordne für den Fall einer Verletzung keine Rechtsfolge an. Das in dieser Bestimmung enthaltene Diskriminierungsverbot richte sich nur gegen den [X.], nicht gegen den Diskriminierten. Da das Verbot demnach nicht beide Vertragsteile treffe, sei der Vertrag wirksam. Es könne deshalb dahinstehen, ob die [X.] Adressatin des in Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) enthaltenen Diskriminierungsverbots sei und ob eine Diskriminierung im Sinne dieser Vorschrift überhaupt vorliege. Aus den Entscheidungen des [X.]s der [X.] in den Sachen [X.] (Urteil vom 16. Januar 2003, [X.]/01, [X.]:[X.]) und [X.] (Urteil vom 6. Juni 2000, [X.]/98, [X.]:[X.]) ergebe sich nichts anderes. Dort habe der [X.] lediglich Verstöße der beklagten Mitgliedstaaten gegen deren europarechtliche Verpflichtungen festgestellt. Er habe sich jedoch nicht zur Frage der Wirksamkeit der diesen Verfahren zugrundeliegenden privatrechtlichen Verträge geäußert.

bb) Ein Zahlungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 [X.]. Schutzgesetze im Sinne dieser Bestimmung seien nur Vorschriften, die erkennbar die Schaffung eines Schadenersatzanspruchs erstrebten. Dies sei bei Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) nicht der Fall, der, wie dargelegt, eine Sanktion für Verstöße nicht anordne. Eine andere Einschätzung sei auch mit Blick auf die Rechtsprechung des [X.]s der [X.] nicht geboten. Der [X.] habe die Möglichkeit eines Schadenersatzanspruchs nur im Verhältnis zu Einrichtungen anerkannt, die unter staatlicher Aufsicht eine Dienstleistung im öffentlichen Interesse erbrächten und dazu mit besonderen Rechten ausgestattet seien. Die [X.] erfülle nicht die Merkmale des im vom [X.] entschiedenen Fall beklagten staatlichen Versicherungsunternehmens, wo es zudem, anders als hier, um die Frage der direkten Wirkung nicht rechtzeitig umgesetzter Richtlinien gegangen sei.

cc) Auch der Antrag auf Feststellung, dass die [X.] dem Beschwerdeführer künftig den Eintritt zum selben Preis wie den privilegierten Gemeindeangehörigen gewähren müsse, sei unbegründet. Dieser Antrag sei dahingehend auszulegen, dass der Beschwerdeführer die Feststellung begehre, dass es der [X.] untersagt sei, die Eintrittspreise nach den bisherigen Gesichtspunkten zu gestalten. Ein solcher Anspruch bestehe nicht. Er ergebe sich weder aus Europarecht noch aus nationalem Recht. Es gehe nicht um eine Frage der Auslegung des [X.], sondern um dessen Anwendung auf den konkreten Einzelfall, was allein Aufgabe der nationalen Gerichte sei. Ein Verstoß gegen die Generalklauseln des Privatrechts im Hinblick auf die Grundrechte sei weder dargetan noch ersichtlich. Mit Blick auf Art. 3 GG habe die [X.] sachbezogene Gründe für die Differenzierung bei den Eintrittspreisen dargelegt.

dd) Daraus ergebe sich schließlich auch, dass eine Vorlage an den [X.] der [X.] nicht veranlasst sei.

c) Die gegen dieses Urteil erhobene [X.] wies das [X.] durch den angegriffenen Beschluss vom 25. Februar 2008 zurück. Der [X.] habe den Vortrag des Beschwerdeführers umfassend zur Kenntnis genommen, er sei lediglich dessen Rechtsauffassung nicht gefolgt. Daraus ergebe sich keine Gehörsverletzung.

1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG und aus Art. 101 Abs. 1 GG.

a) Das Berufungsurteil habe Art. 3 Abs. 1 GG dadurch verletzt, dass es den Vorrang des Gemeinschaftsrechts und die Verpflichtungen des [X.]s aus Art. 10 EGV (Art. 4 Abs. 3 [X.]V) willkürlich missachte.

Mit Blick auf die Sanktionierung des gerügten Verstoßes gegen Art. 49 EGV sei es gemäß Art. 10 EGV Aufgabe des nationalen Richters, den Rechtsschutz zu gewähren, der sich für die Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ergebe. Das nationale Gericht müsse immer dann, wenn eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts keine eigene Sanktionsregelung enthalte, alle geeigneten Maßnahmen treffen, um die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Die nationalen Gerichte hätten darauf zu achten, dass Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach ähnlichen sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet würden wie nach Art und Schwere vergleichbare Verstöße gegen nationales Recht. Dabei müsse die Sanktion wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Es sei anerkannt, dass Verstöße gegen ein gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot - soweit dieses direkte Wirkung habe - zur Unwirksamkeit eines Vertrages gemäß § 134 [X.] führten, sowie, dass daraus Ansprüche auf Schadenersatz, Beseitigung und Unterlassung resultieren könnten.

b) Das [X.] verstoße ferner dadurch gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 101 Abs. 1 GG, dass es als letztinstanzliches Gericht (vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO) unterlassen habe, die Sache dem [X.] der [X.] nach Art. 234 EGV (Art. 267 A[X.]V) vorzulegen.

Da das [X.] der Auffassung sei, dass der [X.] noch nicht entschieden habe, ob ein Verstoß gegen Art. 49 EGV privatrechtlich zu sanktionieren sei, habe es diese Frage vorlegen müssen. Gleiches gelte für die Frage, ob eine privatrechtlich organisierte Einrichtung, deren Alleingesellschafter ein öffentlich-rechtlicher Verband sei, in dessen Aufsichtsrat nur Landräte und Bürgermeister sitzen, im Sinne der Rechtsprechung des [X.]s unter staatlicher Aufsicht stehe. Nach dieser Rechtsprechung gälten die Grundfreiheiten gegenüber allen Organisationen oder Einrichtungen, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Befugnissen ausgestattet sind.

c) Schließlich verstoße das [X.] gegen Art. 101 Abs. 1 GG auch dadurch, dass es die Revision nicht zugelassen habe. Die Sache habe evident rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2. Dem [X.] lagen die Akten des Ausgangsverfahrens vor. Die [X.] des Ausgangsverfahrens, das [X.], der 10. Revisionssenat des [X.] und die Vorsitzenden des V., des VI. und des [X.]. Zivilsenats des [X.] haben zum Verfahren Stellung genommen.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Das [X.] hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]).

1. Die Urteile des Amtsgerichts und des [X.]s verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Die fachgerichtliche Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts kann grundsätzlich nur daraufhin geprüft werden, ob sie willkürlich ist oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruht oder mit anderen verfassungsrechtlichen Vorschriften unvereinbar ist (vgl. [X.] 1, 418 <420>; 18, 441 <450>; 94, 315 <328>; 111, 307 <328>; 128, 193 <209>; st[X.]pr). Mit Blick auf das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Willkürverbot prüft das [X.], ob die Anwendung der einschlägigen einfachrechtlichen Bestimmungen und das dazu eingeschlagene Verfahren durch das Fachgericht vertretbar sind oder ob sich der Schluss aufdrängt, dass seine Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. [X.] 80, 48 <51>; 108, 129 <137, 142 f.>; 109, 13 <33>; 109, 38 <59>; [X.]K 2, 82 <85>; 2, 165 <173>; 6, 334 <342>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 19. November 2015 - 2 BvR 2088/15 -, juris, Rn. 22). Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. [X.] unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. [X.] 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 19. November 2015 - 2 BvR 2088/15 -, juris, Rn. 22).

b) Die Annahme der Fachgerichte, die Grundrechte des Beschwerdeführers seien vorliegend nicht anwendbar oder jedenfalls nicht verletzt, lässt sich unter keinem Blickwinkel nachvollziehen. Die [X.] ist gegenüber dem Beschwerdeführer unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Verstößt die [X.] durch den Vertragsschluss gegen Grundrechte, ist der Vertrag daher - gegebenenfalls teilweise - nichtig. Nach den bisherigen Feststellungen der Fachgerichte verletzt die differenzierende Preisgestaltung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) In privatrechtlichen Organisationsformen geführte Unternehmen, die vollständig im Eigentum des Staates stehen (öffentliche Unternehmen), sind unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Für eine bloß mittelbare Berücksichtigung der Grundrechte im Verhältnis öffentlicher Unternehmen zu [X.] im [X.] ist daher kein Raum.

(1) Art. 1 Abs. 3 GG ordnet die umfassende [X.] aller staatlichen Gewalt an. Die Grundrechte gelten nicht nur für bestimmte Bereiche, Funktionen oder Handlungsformen staatlicher Aufgabenwahrnehmung, sondern binden die staatliche Gewalt umfassend und insgesamt ([X.] 128, 226 <244>). Der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zwar auch am [X.] teilnehmen. Sie handeln dabei jedoch stets in Wahrnehmung ihres dem Gemeinwohl verpflichteten Auftrags (vgl. [X.] 128, 226 <244 f.>). Ihre unmittelbare Bindung an die Grundrechte hängt daher weder von der Organisationsform ab, in der sie dem Bürger gegenübertreten, noch von der Handlungsform.

(a) Die Wahl der Organisationsform hat keine Auswirkungen auf die [X.] des Staates oder anderer Träger öffentlicher Gewalt. Das gilt nicht nur dann, wenn sie ihre Aufgaben unmittelbar selbst oder mittelbar durch juristische Personen des öffentlichen Rechts erfüllen, sondern auch dann, wenn sie auf privatrechtliche Organisationsformen zurückgreifen. Das gilt auch für gemischt-wirtschaftliche Unternehmen des Privatrechts, solange sie diese beherrschen (vgl. [X.] 128, 226 <246 f.>). In diesen Fällen trifft die [X.] nicht nur die dahinterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auch unmittelbar die juristische Person des Privatrechts selbst (vgl. [X.] 128, 226 <245>).

Vor diesem Hintergrund können sich der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt grundsätzlich selbst nicht auf die Grundrechte berufen (vgl. [X.] 21, 362 <370>; 61, 82 <100 ff.>; 68, 193 <205 ff.>; 75, 192 <200>). Auch juristische Personen des Privatrechts, die im Alleineigentum des Staates stehen oder von diesem beherrscht werden, sind grundsätzlich nicht grundrechtsberechtigt (vgl. [X.] 56, 54 <79 f.>; 128, 226 <245 ff.>; [X.], Beschluss der [X.] des Ersten [X.]s vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 -, juris, Rn. 2 ff.; Beschluss der [X.] des Ersten [X.]s vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 -, juris, Rn. 16 f.).

(b) Die [X.] der öffentlichen Gewalt gilt auch unabhängig von den gewählten Handlungsformen und den Zwecken, zu denen sie tätig wird. Sobald der Staat oder andere Träger öffentlicher Gewalt eine Aufgabe an sich ziehen, sind sie bei deren Wahrnehmung an die Grundrechte gebunden. Dies gilt auch, wenn sie insoweit auf das Zivilrecht zurückgreifen. Eine Flucht aus der [X.] in das Privatrecht mit der Folge, dass der Staat unter Freistellung von Art. 1 Abs. 3 GG als Privatrechtssubjekt zu begreifen wäre, ist ihm verstellt ([X.] 128, 226 <245>).

Unerheblich ist auch, ob die für den Staat oder andere Träger öffentlicher Gewalt handelnde Einheit "spezifische" Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, ob sie erwerbswirtschaftlich oder zur reinen Bedarfsdeckung tätig wird ("[X.]" Handeln) und welchen sonstigen Zweck sie verfolgt. Der Vorstellung, die [X.] sei von der Natur des verfolgten Zwecks abhängig (vgl. [X.]/[X.], in: [X.]/[X.], GG, 73. Ergänzungslieferung 2014, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 475 ff.), liegt eine Dichotomie zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht zugrunde, die mit der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für eine umfassende [X.] aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3 GG) nicht vereinbar ist. Diese Bindung steht nicht unter einem Nützlichkeits- oder Funktionsvorbehalt ([X.] 128, 226 <245>). Sie macht die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand nicht unmöglich, verwehrt ihr jedoch, sich auf die allein dem Einzelnen zustehende Berechtigung zu gewillkürter Freiheit zu berufen (vgl. [X.] 128, 226 <247 ff.>).

(2) Für die in der Zivilrechtsprechung, vereinzelt auch in der Verwaltungsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 7 C 8/10 -, juris, Rn. 31 ff.) früher verbreitete Auffassung, wonach die in privatrechtlichen Handlungsformen jenseits des sogenannten Verwaltungsprivatrechts "fiskalisch" tätig werdende öffentliche Hand grundsätzlich keiner [X.] unterliege (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 2003 - [X.] ZR 397/02 -, juris, Rn. 12; vgl. auch [X.]Z 36, 91 <93 f.>; [X.], Urteil vom 24. Oktober 2003 - [X.] -, juris, Rn. 18 ff.; Urteil vom 14. Dezember 1976 - [X.] -, juris, Rn. 33 f.), ist daher kein Raum (vgl. nun [X.], Urteil vom 26. Juni 2015 - [X.] -, juris, Rn. 9).

Im Übrigen waren öffentliche Unternehmen auch nach dieser Auffassung zumindest an das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Willkürverbot gebunden, sodass Ungleichbehandlungen auch durch sachgerechte Gründe gerechtfertigt sein mussten (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 2003 - [X.] ZR 397/02 -, juris, Rn. 9, 12 f.).

(3) Verletzt die in privatrechtlichen Formen agierende öffentliche Hand Grundrechte eines am Rechtsgeschäft beteiligten Grundrechtsträgers, ist das Rechtsgeschäft grundsätzlich nichtig (vgl. [X.]Z 65, 284 <287>; 154, 146 <149>; [X.], Urteil vom 2. Dezember 2003 - [X.] ZR 397/02 -, juris, Rn. 9; siehe auch [X.], Urteil vom 18. September 2009 - [X.]/09 -, juris, Rn. 8 f.; [X.], Urteil vom 6. November 2009 - [X.]/09 -, juris, Rn. 15; [X.], in: [X.] Kommentar zum [X.], 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 33; [X.]/Seibl, in: [X.], [X.], [X.], Neubearbeitung 2011, § 134 Rn. 37; [X.], in: [X.], [X.], 14. Aufl. 2014, § 134 Rn. 10; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl. 2011, § 134 Rn. 33).

bb) Vor diesem Hintergrund besteht an der unmittelbaren und uneingeschränkten Bindung der [X.] des Ausgangsverfahrens an die Grundrechte kein Zweifel. Sie ist ein öffentliches Unternehmen, dessen einziger Gesellschafter eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, die sich ihrerseits auf einen Landkreis und fünf [X.] stützt.

Die Annahme des Amtsgerichts, die Grundrechte hätten für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch allenfalls mittelbare Bedeutung, verkennt daher Bedeutung und Tragweite von Art. 1 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar thematisiert das Amtsgericht eine etwaige Ausstrahlungswirkung der Grundrechte über die Generalklauseln des Zivilrechts; es verkennt damit jedoch bereits vom Ansatz her die unmittelbare [X.] der [X.]. Soweit es darüber hinaus davon ausgeht, dass die [X.] nicht im Bereich der "Daseinsvorsorge" tätig werde und deshalb keinem Kontrahierungszwang zu gleichen Preisen unterliege, verkennt es, dass die [X.] nicht davon abhängt, wie die staatliche Betätigung verwaltungsrechtlich einzuordnen ist oder welchen Zwecken sie dient.

Das [X.] hingegen zieht die Möglichkeit der unmittelbaren [X.] mit Blick auf den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Zahlungsanspruch überhaupt nicht in Betracht. Das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG erwähnt es ausschließlich mit Blick auf den Feststellungsanspruch. Das ist schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar.

cc) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Auffassung der Fachgerichte im Ergebnis hinzunehmen sein könnte, weil die in Rede stehende Ungleichbehandlung gerechtfertigt wäre. Rechtfertigende Sachgründe, die das [X.] behauptet, aber nicht offenlegt, sind nicht ersichtlich.

(1) Zwar ist es [X.] nicht von vornherein verwehrt, ihre Einwohner bevorzugt zu behandeln. Die darin liegende Ungleichbehandlung muss sich jedoch am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen und daher durch Sachgründe gerechtfertigt sein.

In der Rechtsprechung des [X.]s ist geklärt, dass der Wohnsitz allein kein eine Bevorzugung legitimierender Grund ist (vgl. [X.] 33, 303 <355>; 65, 325 <355>; 134, 1 <21 Rn. 60>). Die bloße Nichtzugehörigkeit zu einer Gemeinde berechtigt diese daher nicht, Auswärtige zu benachteiligen. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, eine Ungleichbehandlung an Sachgründe zu knüpfen, die mit dem Wohnort untrennbar zusammenhängen. Ein solches legitimes Ziel kann etwa die Versorgung mit wohnortnahen Bildungsangeboten (vgl. [X.] 33, 303 <355 f.>), die Verursachung eines höheren Aufwands durch Auswärtige (vgl. [X.] 65, 325 <355 f.>; 134, 1 <22 f. Rn. 64>), die Konzentration von Haushaltsmitteln auf die Aufgabenerfüllung gegenüber den Gemeindeeinwohnern (vgl. [X.] 112, 74 <87 f.>) oder ein Lenkungszweck sein, der vor der Verfassung Bestand hat (vgl. [X.] 134, 1 <23 Rn. 65>). Im kommunalen Bereich bedürfen nichtsteuerliche Abgaben zur Wahrung des Grundsatzes der Belastungsgleichheit, der aus der abgabenrechtlichen Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes folgt und die durch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie gewährleistete Finanzhoheit der [X.] (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) begrenzt, einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung (vgl. [X.] 137, 1 <20 Rn. 49> m.w.[X.]). Als solche sind neben der Kostendeckung auch Zwecke des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie [X.] Zwecke anerkannt ([X.] 133, 1 <20 Rn. 49> m.w.[X.]).

Verfolgt eine Gemeinde durch die Privilegierung Einheimischer das Ziel, knappe Ressourcen auf den eigenen Aufgabenbereich (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) zu beschränken, Gemeindeangehörigen einen Ausgleich für besondere Belastungen zu gewähren oder Auswärtige für einen erhöhten Aufwand in Anspruch zu nehmen, oder sollen die kulturellen und [X.]n Belange der örtlichen Gemeinschaft dadurch gefördert und der kommunale Zusammenhalt dadurch gestärkt werden, dass Einheimischen besondere Vorteile gewährt werden, kann dies mit Art. 3 Abs. 1 GG daher vereinbar sein.

(2) Es ist nicht ersichtlich, dass die [X.] vorliegend solche legitimen Ziele, die eine Bevorzugung Einheimischer rechtfertigen könnten, tatsächlich verfolgt.

Das Vermarktungskonzept der [X.] ist darauf angelegt, auswärtige Besucher anzuziehen. Satzungsmäßige Aufgabe des Alleingesellschafters der [X.] ist die Förderung des Fremdenverkehrs (§ 3 Abs. 1 der Satzung), wozu insbesondere die Unterhaltung entsprechender Einrichtungen gehört (§ 3 Abs. 2 Buchstabe b der Satzung). Zu diesem Zweck wurde die [X.] gegründet. Diese hat im vorliegenden Verfahren vorgetragen, sie sei mittels eines umfassenden Dienstleistungsangebots auf Gewinnerzielung und die Förderung des Tourismus ausgerichtet. Mit den erzielten Gewinnen bestreite sie den Pachtzins, die der Zweckverband an den Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich das Bad befindet, zahle.

Mit diesem Modell bezweckt die [X.] gerade nicht, das kulturelle und [X.] Wohl der Einwohner zu fördern, die örtliche Gemeinschaft zu stärken, den Nutzerkreis zu beschränken oder durch Verhaltenssteuerung die Auslastung des Bades zu gewährleisten. Das Bad ist im Gegenteil auf Überregionalität angelegt und soll, wie die [X.] im vorliegenden Verfahren dargelegt hat, Auswärtige ansprechen und gerade nicht kommunale Aufgaben im engeren Sinne erfüllen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Einwohner der die [X.] tragenden Gebietskörperschaften einen Ausgleich für finanzielle oder andere Belastungen erhalten sollen, zumal der größte Teil der Einwohner des [X.] - Einwohner der kreisangehörigen [X.], die nicht selbst Mitglieder des Zweckverbands sind - nicht zum privilegierten Nutzerkreis gehört. Daher ist weder ersichtlich, dass die Privilegierung einem solchen Ausgleich dient, noch wurde festgestellt, dass das Bad mit Haushaltsmitteln errichtet oder betrieben wurde. Vorbehaltlich weiterer Feststellungen, die die Fachgerichte zu treffen haben werden, liegen die Preisdifferenzierung rechtfertigende Gründe nicht vor.

c) Das Urteil des [X.]s verletzt Art. 3 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung als Willkürverbot ferner dadurch, dass es Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) mit Blick auf das darin enthaltene Diskriminierungsverbot nicht als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 [X.] ansieht. Diese Annahme lässt sich unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt begründen.

Zwar entspricht der Ausgangspunkt des [X.]s, Verstöße gegen [X.]en, die sich nur an einen von mehreren [X.] richten, führten in der Regel nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts, der Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 13. Oktober 2009 - [X.] -, juris, Rn. 12; Urteil vom 30. April 1992 - [X.] -, juris, Rn. 15). Nicht mehr nachvollziehbar ist indes die darauf aufbauende Erwägung des [X.]s, ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot könne nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts führen, weil sich dieses Verbot nur an den [X.] richte, nicht aber an den Diskriminierten. Diese Handhabung verkehrt nicht nur Sinn und Zweck des § 134 [X.] in ihr Gegenteil, sondern ist auch mit Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) nicht zu vereinbaren, da sie den mit diesen Bestimmungen bezweckten Schutz des Betroffenen dadurch konterkariert, dass sie die Ungleichbehandlung und damit die den freien Dienstleistungsverkehr beschränkende Wirkung des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz perpetuiert.

Gälte die dargestellte Regel auch dann, wenn das Verbot, das sich nur an die eine Vertragspartei richtet, gerade dem Schutz der anderen Vertragspartei dient, führte die Annahme der Wirksamkeit des Geschäfts dazu, dass der Schutzzweck der [X.] in sein Gegenteil verkehrt würde, wenn nur die - gegebenenfalls teilweise - Nichtigkeit des Geschäfts den bezweckten Schutz verwirklichen kann. Zur Vermeidung dieser Konsequenz entspricht es ständiger Rechtsprechung des [X.], dass auch Verstöße gegen nur einseitige Verbote als Ausnahme von der eingangs dargestellten Regel dann zur Nichtigkeit des Geschäfts führen, wenn es mit dem Sinn und Zweck des [X.] unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen ([X.]Z 37, 258 <262>; 46, 24 <26>; 53, 152 <157>; 65, 368 <370>; 71, 358 <360 f.>; 78, 263 <265>; 115, 123 <125>; 118, 142 <145>; 132, 229 <231 f.>; 146, 250 <257 f.>; 159, 334 <341 f.>; [X.], Urteil vom 12. Mai 2011 - [X.]/10 -, juris, Rn. 12; siehe auch [X.], Urteil vom 25. Juli 2002 - [X.]/02 -, juris, Rn. 7). Auch in der Literatur entspricht es einhelliger Auffassung, dass der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz dann zur Nichtigkeit des Geschäfts führt, wenn diese Rechtsfolge ein Gebot der Auslegung der [X.] ist (siehe [X.], a.a.[X.], § 134 Rn. 49; [X.], a.a.[X.], § 134 Rn. 13; [X.], in: [X.], [X.], 75. Aufl. 2016, § 134 Rn. 6; [X.], in: [X.], [X.], 13. Aufl. 1999, § 134 Rn. 14; [X.], a.a.[X.], § 134 Rn. 56 f.; [X.]/Seibl, a.a.[X.], § 134 Rn. 57 ff.). Nach der Rechtsprechung des [X.] sind daher auch Vorschriften des unionalen Primärrechts, die sich nur an eine Partei des Rechtsgeschäfts richten, zu dessen Nichtigkeit führende Verbotsgesetze, wenn deren Zweck nicht anders erreicht werden kann (zu Art. 88 Abs. 3 EGV <Art. 108 Abs. 3 A[X.]V> vgl. [X.], Urteil vom 4. April 2003 - [X.]/02 -, juris, Rn. 12).

Dass das [X.] eine Anwendbarkeit von Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) insoweit verneint, ist vor diesem Hintergrund schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar.

Die nach den dargestellten Grundsätzen erforderliche Auslegung dieser Bestimmung ergibt, im Gegenteil, dass die Wirksamkeit des zwischen dem Beschwerdeführer und der [X.] geschlossenen Vertrags insoweit mit der Garantie aus Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) unvereinbar ist, als der Beschwerdeführer im Vergleich zu Einheimischen, die in den Genuss des Preisnachlasses kommen, schlechter behandelt wird. Art. 49 EGV (Art. 56 A[X.]V) dient der Erleichterung der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung. Erbringer und Empfänger von Dienstleistungen sollen nicht dadurch von der Leistung der Dienste und ihrer Entgegennahme abgehalten werden, dass für sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit ungünstigere Konditionen gelten als bei rein nationalen Sachverhalten. Die Bestimmung gewährt insoweit ein unmittelbar anwendbares subjektives Recht. Bliebe die Wirksamkeit des Geschäfts im in Rede stehenden Umfang vom Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot unberührt, dauerte die Wirkung der Diskriminierung fort, sodass das Verbot insoweit wirkungslos wäre.

Die Annahme des [X.]s, das Unionsrecht sehe im vorliegenden Zusammenhang keine Sanktion vor, ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil es ständiger Rechtsprechung des [X.]s der [X.] entspricht, dass der Gleichheitssatz, solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nur dadurch gewahrt werden kann, dass die Vergünstigungen, die die Mitglieder der begünstigten Gruppe erhalten, auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe erstreckt werden ([X.], Urteil vom 4. Dezember 1986, [X.], 71/85, [X.]. 1986, S. 3870 <3876>; Urteil vom 21. Juni 2007, [X.], [X.]/06 bis 233/06, [X.]. 2007, [X.] , m.w.[X.]).

d) Ein eigenständiger Verstoß gegen das Willkürverbot liegt schließlich in der Annahme des [X.]s, es sei "keine Frage der Auslegung des [X.], sondern …. die Frage der Anwendung auf den vorliegenden konkreten Einzelfall, die allein Aufgabe des innerstaatlichen Gerichts ist", ob der Beschwerdeführer einen unionsrechtlichen Anspruch auf eine diskriminierungsfreie Preisgestaltung durch die [X.] habe. Diese Erwägung ist nicht nur in sich widersprüchlich, sie ist auch nicht geeignet, den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch abzuweisen.

2. Schließlich verletzt das Urteil des [X.]s den Beschwerdeführer auch in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

a) Der [X.] der [X.] ist [X.] im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. [X.] 73, 339 <366>; 135, 155 <230 Rn. 177>; st[X.]pr). Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 A[X.]V sind die nationalen Gerichte daher von Amts wegen gehalten, den [X.] anzurufen. Kommt ein [X.] Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des [X.]s im Wege des [X.] daher nicht nach, kann dem [X.] des Ausgangsrechtsstreits [X.] entzogen sein (vgl. [X.] 73, 339 <369>; 135, 155 <230 f. Rn. 177>; st[X.]pr).

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.]s der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982, [X.]. [X.]/81, [X.], [X.]. 1982, S. 3415 <3430 f.>) muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den [X.] war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. auch [X.] 82, 159 <193>; 135, 155 <231 Rn. 178>; st[X.]pr).

bb) Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG setzt aber voraus, dass die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 A[X.]V bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. [X.] 126, 286 <315 f.>; 135, 155 <232 Rn. 180>; st[X.]pr).

Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 A[X.]V wird unter anderem in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit einer unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht; vgl. [X.] 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>; 135, 155 <232 Rn. 181>).

Dies gilt erst recht, wenn sich das Gericht hinsichtlich des (materiellen) Unionsrechts nicht hinreichend kundig macht. Es verkennt dann regelmäßig die Bedingungen für die Vorlagepflicht (vgl. [X.]K 8, 401 <405>; 11, 189 <199>; 13, 303 <308>; 17, 108 <111>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 -, juris, Rn. 21). Gleiches gilt, wenn es offenkundig einschlägige Rechtsprechung des [X.]s nicht auswertet. Um eine Kontrolle am Maßstab des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu ermöglichen, hat es die Gründe für seine Entscheidung über die Vorlagepflicht anzugeben ([X.], Beschluss vom 10. Dezember 2014, a.a.[X.], Rn. 21).

b) Danach hat das [X.] vorliegend seine Vorlagepflicht offensichtlich unhaltbar gehandhabt, weil es sich hinsichtlich des materiellen Unionsrechts nicht hinreichend kundig gemacht hat.

Dies gilt zunächst für den Umgang des [X.]s mit der Frage, ob die [X.] als öffentliches Unternehmen unmittelbar an die Grundfreiheiten gebunden ist. Angesichts der Rechtsprechung des [X.]s der [X.] zur Bindungswirkung des Diskriminierungsverbots und der Grundfreiheiten für vom Staat beherrschte Unternehmen (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 1974, [X.], 155/73, [X.]. 1974, S. 411 <430>; Urteil vom 6. Juli 1982, [X.], 188/80 bis 190/80, [X.]. 1982, S. 2545 <2575, 2579>; Urteil vom 18. Juni 1991, [X.], [X.]/89, [X.]. 1991, [X.] ; [X.], a.a.[X.], Rn. 30 ff.) und mit Blick auf Art. 106 A[X.]V (Art. 86 EGV; vgl. [X.], in: [X.]/Hilf/[X.], Das Recht der [X.], [X.], Art. 106 A[X.]V Rn. 8 ) liegt die Annahme einer unmittelbaren Bindung der [X.] an die in Rede stehenden Vorgaben des Unionsrechts nahe.

Dies gilt ferner für die Frage, ob die Preisgestaltung der [X.] gegen Art. 56 A[X.]V (Art. 49 EGV) verstoße. Zu [X.] für die Nutzung kultureller Einrichtungen, die Gemeindeeinwohner bevorzugen, hat der [X.] der [X.] festgestellt, dass wirtschaftliche Ziele die darin liegende Beschränkung der Grundfreiheiten nicht rechtfertigen könnten und dass auch steuerrechtliche Gründe nur dann anzuerkennen seien, wenn ein spezifischer Zusammenhang zwischen der Besteuerung und den Tarifvorteilen bestehe ([X.], [X.], a.a.[X.], Rn. 22 ff.).

Die Urteile des Amtsgerichts und des [X.]s sind aufzuheben. Die Sache ist an das [X.] zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 [X.]).

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 [X.].

Meta

2 BvR 470/08

19.07.2016

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG München, 25. Februar 2008, Az: 3 U 1990/07, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, Art 18 AEUV, Art 56 AEUV, Art 267 Abs 3 AEUV, § 134 BGB, § 812 BGB, Art 12 EG, Art 49 EG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 19.07.2016, Az. 2 BvR 470/08 (REWIS RS 2016, 7965)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 3153 REWIS RS 2016, 7965

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