Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2010, Az. B 13 R 67/09 R

13. Senat | REWIS RS 2010, 5218

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Nachversicherung - rückwirkende Erhebung von Säumniszuschlägen vom Nachversicherungsschuldner bei Organisationsverschulden


Leitsatz

1. Unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der Nachversicherungsbeiträge ist nicht glaubhaft gemacht, wenn sich der Nachversicherungsschuldner durch einfache organisatorische Maßnahmen die notwendige Kenntnis über das Fehlen von Aufschubtatbeständen verschaffen kann (sog Organisationsverschulden).

2. Der rückwirkenden Erhebung von Säumniszuschlägen steht weder der Grundsatz von Treu und Glauben noch das Rechtsinstitut der Verwirkung entgegen, wenn ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis im Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Trägern keinen Vertrauensschutz verdient.

Tatbestand

1

[X.] steht die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des [X.] in Höhe von 1778,00 [X.] wegen verspäteter Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Nachversicherung.

2

Der juristische Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendarin im Beamtenverhältnis auf Widerruf der 1969 geborenen [X.] (im Folgenden: Referendarin) bei der klagenden [X.] endete am [X.]. Die Personalstelle für Referendare beim [X.] zeigte dem für Nachversicherungen zuständigen Personalamt/Zentrale Personaldienste der Klägerin (im Folgenden: [X.]) an, dass die Referendarin ohne Anspruch auf Versorgung aus dem Dienst ausgeschieden war. Sie übermittelte die während dieses Zeitraums der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamtin erzielten [X.] in Höhe von 63 154,95 DM. Diese [X.] vom [X.] ging bei der [X.] der Klägerin am 7.12.2000 ein. Die [X.] wandte sich mit mehreren Schreiben (vom [X.], [X.] und 10.10.2002) zur Ermittlung von Gründen für den Aufschub der Nachversicherung an die Referendarin; diese reagierte auf keines dieser Schreiben. Am [X.] übersandte die Klägerin der Beklagten (damals: [X.]) die Bescheinigung über die Nachversicherung der Referendarin. Das nachzuversichernde Entgelt bezifferte die Klägerin mit 67 504,33 DM. Mit Wertstellung vom 10.2.2003 ging der Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 6730,31 [X.] (13 163,34 DM = 19,5% von 67 504,33 DM) bei der Beklagten ein.

3

Mit Schreiben vom [X.] (der Klägerin zugegangen am [X.]) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde künftig Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge erheben, und verwies hierzu auf das beigefügte Informationsblatt "Säumniszuschläge auf verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge". Hierin heißt es ua:

        

"Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ([X.]) weist mit dieser Information darauf hin, dass sie ihre bisherige Rechtsauffassung aufgibt und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung sowie dem [X.] künftig in allen Fällen der verspäteten Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen Säumniszuschläge (§ 24 [X.]) erheben wird. …

        

Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen die Ausführungen des [X.] in seinem Rundschreiben vom [X.] - [X.]-224012/55 -, wonach [X.]ner spätestens drei Monate nach [X.] Ausscheiden des Beschäftigten aus dem Beschäftigungs- bzw Dienstverhältnis über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden soll. Ein Säumniszuschlag wird deshalb nicht erhoben, wenn die Nachversicherungsbeiträge innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Voraussetzungen für die Nachversicherung gezahlt werden.
Frühester Zeitpunkt der Säumnis ist der 1.1.1995, weil seit diesem Zeitpunkt die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr im Ermessen der [X.] liegt, sondern von Gesetz wegen zu erfolgen hat."

4

Mit Bescheid vom [X.] erhob die Beklagte gemäß § 24 Abs 1 [X.] den Säumniszuschlag in Höhe von 1841,50 [X.], wobei sie 29 Monate der Säumnis, gerechnet ab 21.10.2000, zugrunde legte. Die Höhe der [X.] am 21.10.2000 wurde mit 12 451,64 DM (19,3% von 64 516,25 DM) beziffert.

5

Die vor dem [X.] erhobene Klage (Urteil vom 25.1.2006 - [X.]) und die Berufung vor dem L[X.] (Urteil vom 23.7.2008 - L 6 RA 64/06) blieben erfolglos. Das L[X.] hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] auf eine Anhörung (§ 24 Abs 1 [X.] ) rechtswirksam verzichtet. Die Beklagte habe den streitigen Bescheid zu Recht auf § 24 Abs 1 [X.] gestützt. Insofern werde der Rechtsprechung des BSG (Senatsurteil vom 12.2.2004 - [X.] 4-2400 § 24 [X.]) gefolgt. Ein Fall der Säumnis habe vorgelegen, weil die Klägerin die Beiträge zur Nachversicherung erst verspätet (am 10.2.2003) gezahlt habe. Der [X.] sei bereits ab dem unversorgten Ausscheiden der Referendarin aus dem Vorbereitungsdienst mit Bestehen der [X.] juristischen Staatsprüfung am [X.] eingetreten. Mit Wirkung vom 21.7.2000 (§ 8 Abs 2 Satz 1 [X.], § 181 Abs 5 [X.] <[X.]>) sei sie deshalb nachzuversichern gewesen. Aufschubgründe gemäß § 184 Abs 2 [X.] hätten nicht vorgelegen. Die Berechnung der Säumnis erst ab 21.10.2000 begünstige die Klägerin daher.

6

[X.] von ihrer Pflicht zur Beitragszahlung iS von § 24 Abs 2 [X.], der der Erhebung des [X.] entgegenstehe, habe die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe seit Erhalt der Anzeige der Personalstelle für Referendare am 7.12.2000 von der Zahlungspflicht gewusst und sei dennoch über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr untätig geblieben. Erst ab [X.] habe die Klägerin den [X.] bearbeitet. Sie habe selbst eingeräumt, dass der lange Zeitraum der Untätigkeit auf einer Fehlorganisation in der Personalverwaltung bzw auf einem Organisationsverschulden beruht habe. Hierfür spreche, dass die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen (einige Hundert) die Nachversicherung verspätet durchgeführt habe. Auch im Zeitraum ab der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Referendarin (Schreiben vom [X.]) bis zur Durchführung der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 habe keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen. Die schuldhafte Kenntnis der Klägerin bis 6.2.2002 habe sich nicht dadurch in eine schuldlose Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung mit der Folge schuldloser Säumnis gewandelt, dass die Referendarin auf keines der Schreiben der Klägerin reagiert habe. Die Klägerin hätte die [X.] - wegen Fehlens von [X.] - sofort entrichten und so eine Säumnis vermeiden können. Der Klägerin sei es auch zumutbar gewesen, personelle oder verfahrensordnende Vorkehrungen zu treffen, um eine Verzögerung bei der Durchführung der Nachversicherung zu vermeiden.

7

Dem stehe auch nicht das Schreiben der Beklagten vom [X.] nebst Informationsblatt entgegen. Hierbei handele es sich lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage und weder um einen Verzicht auf den streitigen Säumniszuschlag noch um die Zusicherung, von dessen Erhebung abzusehen. Die Festsetzung des [X.] sei auch nicht verwirkt. Zwar sei das [X.] als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch ) auch auf die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.7.2004 - [X.] 4-2400 § 7 [X.]) anzuwenden. Der Verwirkung stehe aber die seit Januar 1995 geltende Rechtspflicht des § 24 [X.] zur Festsetzung von Säumniszuschlägen entgegen, wonach der Beklagten kein Ermessen mehr eingeräumt sei. Im Übrigen könnten besonderen Umständen, aus denen sich eine Unbilligkeit der Festsetzung des [X.] im Einzelfall ergebe, nur durch Stundung oder Erlass (§ 76 Abs 2 [X.] bzw 3 [X.]) Rechnung getragen werden. Einer lückenausfüllenden Anwendung des [X.] der Verwirkung bedürfe es daher nicht. Insofern könne offen bleiben, ob es unbillig sei, wenn die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen die Nachversicherung verspätet vorgenommen und die Beklagte es andererseits jahrelang unterlassen habe, diese Praxis durch die Erhebung von Säumniszuschlägen zu sanktionieren. Hinsichtlich der Höhe der getroffenen Festsetzung könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin begünstigt worden sei. Die Beklagte habe lediglich 29 Monate im Hinblick auf das Rundschreiben des [X.] vom [X.] ([X.]-224012/55) berücksichtigt; tatsächlich seien aber 32 Monate (vom 21.7.2000 bis zur Wertstellung am 10.2.2003) der Säumnis zu berücksichtigen gewesen. Da sich der Beitragssatz im Jahre 2003 auf 19,5 % erhöht habe, ergebe dies eine höhere als die festgesetzte [X.] (von 7631,82 anstelle von 7553,55 [X.]).

8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 24 Abs 2 [X.]. Sie ist der Meinung, das [X.] habe den im Senatsurteil vom 12.2.2004 (BSG [X.] 4-2400 § 24 [X.]) aufgezeigten Anwendungsbereich der Norm auf [X.] verkannt. Sie räumt ein, bis zum Beginn der Bearbeitung des [X.]s im Februar 2002 fahrlässig in Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung gewesen zu sein. Allerdings sei die Verzögerung in der Bearbeitung ab Juli 2002 bis zur Zahlung der [X.] im Februar 2003 allein auf die fehlende Mitwirkung der Referendarin zurückzuführen. Während dieses Zeitraums (acht Monate) habe die Klägerin die Säumnis daher nicht verschuldet; dies entspreche auch dem der Norm zugrunde liegenden Schuldnerschutz. Die Erhebung des [X.] verletze den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Ausprägung der unzulässigen bzw rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung (venire contra factum proprium). Das [X.] sei mit Wertstellung der Beiträge am 10.2.2003 abgeschlossen worden. Erstmals mit Schreiben vom [X.] habe die Beklagte mitgeteilt, sie werde künftig Säumniszuschläge erheben. Eine Anpassung an die geänderte Verwaltungspraxis sei ihr für abgeschlossene Fälle weder tatsächlich möglich noch haushälterisch zumutbar. Schließlich sei der Anspruch auf den Säumniszuschlag verwirkt. Das [X.] sei auch auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen anzuwenden. Die Beklagte habe über einen langen Zeitraum (von 1995 bis März 2003) unterlassen, Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von [X.] entgegen bestehender Rechtspflicht zu erheben (Zeitmoment). Dieses dauerhafte Unterlassen sei bewusst und planmäßig erfolgt; im Nichtstun sei ein besonderer Umstand zu sehen (Umstandsmoment). Die Klägerin habe sowohl ihre Haushaltsplanung als auch ihre Aufbau- und Ablauforganisation auf das Nichtstun der Beklagten seit 1995 eingerichtet. Die Nacherhebung der Säumniszuschläge für alle Nachversicherungsfälle des Zeitraumes 1995 bis März 2003 führe zu einem unzumutbaren finanziellen Nachteil. Die Klägerin könne ihren Verpflichtungen aus Art 109 Grundgesetz (GG) und der landeseigenen Haushaltsordnung, den - ohnehin schon defizitären - Haushalt auszugleichen, nur erschwert nachkommen.

9

Die Beklagte hat den streitigen Säumniszuschlag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Betrag von 1778,00 [X.] reduziert.

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und beantragt,

        

die Urteile des [X.] vom 23.7.2008 und des [X.] vom 25.1.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom [X.] vollständig aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beruft sich hinsichtlich ihrer Verwaltungspraxis zusätzlich auf das Schreiben des [X.] ([X.]) vom [X.] und auf das Rundschreiben des [X.] vom [X.] ([X.]-224012/55).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.]lägerin ist nicht begründet.

1. Verfahrenshindernisse, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind (vgl [X.]-1300 § 84 [X.] Rd[X.] 22; [X.]-1500 § 158 [X.]), stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die [X.]lage ist zulässig, ohne dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ) bedurfte. Die klagende Freie und Hansestadt führt die [X.]lage als Land iS von § 78 Abs 1 Satz 2 [X.] SGG. Zu Recht hat die Beklagte den geforderten Säumniszuschlag durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 16.5.2003) festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern (vgl [X.] 2400 § 124 [X.]). Im [X.] anfallende Säumniszuschläge dürfen ebenfalls durch Verwaltungsakt und auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern geltend gemacht werden (vgl [X.]surteil vom 29.11.2007 - [X.], 227 = [X.]-2600 § 186 [X.]).

Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zu Recht als zulässig erachtet (§ 143 SGG). Insbesondere liegt keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden vor (§ 144 Abs 1 Satz 1 [X.] 2 SGG), so dass es auch bei der vorliegenden Beschwer von unter 10 000 Euro keiner Zulassung der Berufung bedurfte. Zwar sind an dem Rechtsstreit zwei juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt. Es handelt sich jedoch um keinen Erstattungsanspruch; es geht nicht darum, "Leistungs-"Vorgänge wirtschaftlich rückgängig zu machen, um den erstattungsberechtigten Träger so zu stellen, wie er stünde, wenn er keine Auslagen ([X.]osten, Leistungen) erbracht hätte ([X.]surteil vom 6.5.1998 - [X.] 3-1500 § 144 [X.]4 S 37 mwN). Säumniszuschläge dienen vor allem dem Zweck, der Säumnis bei Erfüllung von Zahlungspflichten entgegenzuwirken. Sie sind Druckmittel zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel ([X.]-2500 § 266 [X.] 4; [X.], 78 = [X.] [X.] zu § 397a RVO; BSG Urteil vom 23.10.1987 - 12 R[X.] 11/86 - ZIP 1988, 984).

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass die [X.]lägerin vor seinem Erlass nicht angehört worden ist (§ 24 Abs 1 SGB X). Nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) hat die [X.]lägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] auf ihr Anhörungsrecht verzichtet. Der [X.] hat bereits entschieden, dass ein solcher Verzicht wirksam ist (vgl [X.]surteil vom 29.11.2007 - [X.], 227 = [X.]-2600 § 186 [X.] mwN).

2. Die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des [X.] sind erfüllt (a); ein Fall unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungsverpflichtung hat die [X.]lägerin nicht glaubhaft gemacht (b); aus dem Schreiben der Beklagten vom [X.] nebst Informationsblatt kann die [X.]lägerin weder eine Zusicherung noch einen Verzicht herleiten (c); weder verstößt die Geltendmachung des [X.] gegen den Grundsatz von [X.] und Glauben (§ 242 [X.]) noch liegt eine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor (d).

a) Gemäß § 24 Abs 1 Satz 1 [X.] ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des [X.] gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von [X.] des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen.

Die [X.] für die Referendarin waren seit 21.7.2000 fällig. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß § 23 Abs 4 [X.] nach § 184 Abs 1 Satz 1 [X.] (§ 184 Abs 1 Satz 2 und 3 [X.] - mit Wirkung vom 1.1.2008 eingefügt -, die spezielle Regelungen zum Beginn der Säumnis iS von § 24 [X.] enthalten, sind vorliegend nicht anzuwenden). Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorliegen. Nachversicherungsschuldner und damit zahlungspflichtig ist die klagende Freie und Hansestadt als ehemaliger Dienstherr der Referendarin. Säumniszuschläge in [X.] sind auch von [X.]örperschaften des öffentlichen Rechts zu entrichten (vgl [X.]surteile vom 12.2.2004 - [X.], 150 = [X.]-2400 § 24 [X.] 2, Rd[X.]0 ff; vom 17.4.2008 - [X.], 215 = [X.]-2400 § 25 [X.] 2, Rd[X.]6). Die Voraussetzungen für die Nachversicherung liegen regelmäßig mit dem unversorgten Ausscheiden aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (hier Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst) vor (§ 8 Abs 2 [X.] [X.]).

Nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) war die Referendarin mit Ablauf des [X.] aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ausgeschieden, so dass die Nachversicherungsschuld am 21.7.2000 entstanden war. Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 [X.], § 184 Abs 2 Satz 1 [X.] bis 3 [X.]) lagen nicht vor und sind von der [X.]lägerin auch nicht behauptet worden. Damit entstand die Nachversicherungsschuld grundsätzlich am Folgetag des unversorgten Ausscheidens der Nachzuversichernden (vgl [X.]surteile vom 12.2.2004 - [X.], 150 = [X.]-2400 § 24 [X.] 2, Rd[X.] 23; vom 29.11.2007 - [X.], 227 = [X.]-2600 § 186 [X.], Rd[X.] 27; vgl auch [X.]-2600 § 8 [X.] 4 S 7 mwN). Der hiervon abweichend festgesetzte spätere Beginn der Säumnis (21.10.2000) - dem Rundschreiben des [X.] vom [X.] ([X.]-224012/55) entsprechend - begünstigt die [X.]lägerin und ist daher nicht zu beanstanden. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] sind die [X.] erst am 10.2.2003, also verspätet bei der Beklagten eingegangen.

b) Der Erhebung des [X.] steht auch keine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht der [X.] entgegen.

aa) Seit der mit Wirkung vom 1.1.1995 eingefügten Neufassung von § 24 Abs 1 [X.] (durch das [X.] zur Änderung des [X.] vom 13.6.1994 - 2. SGBÄndG, [X.], 1229) sind Säumniszuschläge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend zu zahlen und ist ihre Erhebung nicht mehr - wie noch nach der Vorläufervorschrift - in das Ermessen des [X.] gestellt. Die Neufassung lehnt sich an § 240 der Abgabenordnung an (vgl BT-Drucks 12/5187 [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 2007, [X.] § 24 Rd[X.] 2). Gemäß § 24 Abs 2 [X.] ist ein Säumniszuschlag jedoch dann nicht zu erheben, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der [X.]ner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine [X.]enntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Vorschrift dient der Vermeidung unbilliger Härten (vgl [X.]surteil vom 12.2.2004 - [X.], 150 = [X.]-2400 § 24 [X.] 2, Rd[X.] 24 unter Bezugnahme auf [X.] aaO Rd[X.]0).

bb) Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten iS von § 276 [X.] entgegen. Bei [X.]örperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen (sog [X.]) eine unverschuldete Unkenntnis iS von § 24 Abs 2 [X.] aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter zurechnen lassen muss (vgl [X.]surteile vom 17.4.2008 - [X.], 215 = [X.]-2400 § 25 [X.] 2, Rd[X.]8; vom 29.11.2007 - [X.], 227 = [X.]-2600 § 186 [X.], Rd[X.] 29; vom 12.2.2004 - [X.], 150 = [X.]-2400 § 24 [X.] 2, Rd[X.] 26; zum [X.] vgl [X.] aaO Rd[X.]1; Segebrecht in Juris Praxis[X.]omm, Stand 2006, § 24 [X.] Rd[X.]2; Verb[X.]omm, Stand 2008, § 24 [X.] Rd[X.] 5; [X.] in [X.]asseler [X.]omm, Stand 2008, § 24 [X.] Rd[X.]4a). Soweit in der Literatur die Frage aufgeworfen wird, ob erst Vorsatz die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht ausschließt (vgl [X.] in [X.]reikebohm/Spellbrink/Waltermann, [X.]omm zum Sozialrecht, 2009, § 24 [X.] Rd[X.] 8), ergibt sich für diese Auffassung kein Anhaltspunkt in der Rechtsprechung des BSG (Urteile des 12. [X.]s vom [X.] - [X.]-2400 § 14 [X.] 7 Rd[X.] 28 und vom [X.] - [X.] 3-2400 § 25 [X.] 7 S 35 f). Aus diesen Entscheidungen lässt sich eine Einengung des [X.]es in § 24 Abs 2 [X.] auf Vorsatz nicht herleiten. Lediglich die bei der Beurteilung des Vorsatzes iS des § 25 Abs 1 Satz 2 [X.] (Verjährung der Ansprüche auf Beiträge) entwickelten Maßstäbe sind hiernach auch bei der Prüfung des subjektiven Tatbestandes von § 24 Abs 2 [X.] anzuwenden; dh es ist eine [X.] Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dies aber gilt auch für die Prüfung der glaubhaft gemachten unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht der [X.].

cc) Unter Anlegung dieses [X.] sind die bindenden Feststellungen des [X.] zur fahrlässigen Unkenntnis der [X.]lägerin nicht zu beanstanden. Sie räumt selbst ein, die Unkenntnis von der Zahlungspflicht während des [X.]raumes der Nichtbearbeitung des [X.] bis zum 6.2.2002 verschuldet zu haben. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass; das [X.] ist davon ausgegangen, dass die [X.]lägerin ein Organisationsverschulden, insbesondere eine Fehlorganisation in der Personalverwaltung zu vertreten hat.

Rechtsfehlerfrei hat das [X.] für den anschließenden [X.]raum vom [X.] und auch ab Juli 2002 (wie von der [X.]lägerin geltend gemacht) bis zum [X.]punkt der Nachversicherung Anfang des Jahres 2003 festgestellt, dass die [X.]lägerin ihre unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht glaubhaft gemacht hat. Zwar hat die Referendarin gegen ihre Auskunftspflicht gemäß § 28o Abs 1 [X.] verstoßen, indem sie die Anfragen ab [X.] nach der Art ihrer Beschäftigung unbeantwortet ließ. Dennoch ist dem [X.] zuzustimmen, dass sich die bis dahin bestandene verschuldete Unkenntnis nicht deshalb in eine unverschuldete Unkenntnis umgewandelt hat. Die Auffassung der [X.]lägerin, dass ihr ein Verschulden spätestens ab dem [X.]punkt nicht mehr hätte vorgeworfen können, ab dem sie mit einer Antwort der Referendarin hätte rechnen dürfen, überzeugt nicht. Der [X.]lägerin wäre es durch einfache organisatorische Maßnahmen möglich und zumutbar gewesen, sich zeitnah die notwendige [X.]enntnis über das Vorliegen bzw Fehlen etwaiger Aufschubtatbestände zu verschaffen. Sie hätte die Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs durch geeignete Maßnahmen so vorantreiben können, dass die Nachversicherung innerhalb jener drei Monate erledigt worden wäre, die die Beklagte bei Ermittlung des für den Säumniszuschlag maßgebenden [X.]raums von vornherein unberücksichtigt gelassen hat.

Als eine solche Maßnahme hätte [X.] bereits das erste Schreiben der [X.]lägerin im Februar 2002 gegen [X.] an die Referendarin verschickt werden können, verbunden mit der Ankündigung, die Nachversicherung für den Fall durchzuführen, dass nicht binnen einer angemessenen Frist ein Aufschubtatbestand mitgeteilt wird. Das Außerachtlassen jeglicher organisatorischer Vorkehrungen, wie etwa der Erlass einer Dienstanweisung, die auch Nachversicherungsfälle bei gänzlich fehlender Mitwirkung der Nachzuversichernden erfasst, erfüllt den Tatbestand eines fahrlässigen Organisationsverschuldens. Während des maßgeblichen [X.]raums kann die [X.]lägerin daher keinen Schuldnerschutz geltend machen. Die [X.]lägerin trifft die Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Nachversicherung aufzuklären (§ 184 Abs 1 Satz 1 [X.]), über Aufschubtatbestände zu entscheiden 184 Abs 2 und 3 [X.]) und die Beiträge zur Nachversicherung zu zahlen (§ 185 [X.]). Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die [X.] und deren Fälligkeit selbst zu ermitteln (vgl BSG vom 12.2.2004 - [X.], 150, 156 = [X.]-2400 § 24 [X.] 2 Rd[X.]3) und bei Fälligkeit umgehend zu zahlen hat. Nur so sind Defizite im Haushalt des Rentenversicherungsträgers zu vermeiden.

c) Auch das Schreiben vom [X.] und das beigefügte Informationsblatt stehen dem Anspruch der Beklagten auf Erhebung des [X.] nicht entgegen. Das Schreiben enthält weder eine Zusicherung noch einen Verzicht.

Wie das [X.] zutreffend festgestellt hat, lässt sich diesem Schreiben eine Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB X) der Beklagten des Inhalts nicht entnehmen, dass sie die Festsetzung des [X.] für die am 10.2.2003 eingegangenen [X.] unterlassen werde. Ebenso wenig liegt in dem Schreiben ein Verzicht auf dessen Erhebung - etwa als Angebot einer Vereinbarung, eine Forderung nicht durchzusetzen (Erlassvertrag "pactum de non petendo", BSG vom 26.6.1980 - 5 RJ 70/90 - Juris Rd[X.] 63). Hierfür gibt der Wortlaut weder des Schreibens noch des Informationsblattes etwas her, insbesondere auch nicht das in beiden verwendete Wort "künftig", aus dem die [X.]lägerin herauslesen will, die Beklagte werde Säumniszuschläge nicht für zum [X.]punkt des Schreibens abgeschlossene Nachversicherungsfälle - wie den der Referendarin - geltend machen. Eine derartige Einschränkung kann den Texten jedoch gerade deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte dort ihre Erkenntnis mitteilt, sie sei - seit 1.1.1995 - gesetzlich verpflichtet, Säumniszuschläge auch in [X.] zu erheben, und die Nachversicherungsschuldner seien verpflichtet, diese (auch ohne Aufforderung seitens der Beklagten) zu zahlen. Wenn die Beklagte damit gleichzeitig auf einen Teil der - nicht ohnehin verjährten (§ 25 [X.], s hierzu [X.]surteil vom 17.4.2008 - [X.], 215 = [X.]-2400 § 25 [X.] 2, Rd[X.] 24 f) - Säumniszuschläge hätte verzichten wollen, hätte dies in den Texten deutlich zum Ausdruck kommen müssen, etwa durch Angabe eines Stichtags. Dies ist hier nicht geschehen.

d) Das [X.] des [X.] widerspricht schließlich nicht dem Grundsatz von [X.] und Glauben (§ 242 [X.]); es liegt keine Verwirkung als Fall der unzulässigen Rechtsausübung vor.

aa) Das [X.] ist als Ausprägung des Grundsatzes von [X.] und Glauben (§ 242 [X.]) auch im Sozialversicherungsrecht (vgl [X.], 199, 200; 34, 211, 213; 41, 275, 278; 59, 87, 94 = [X.] 2200 § 245 [X.] 4 S 22 f; [X.], 41, 43 = [X.] 3-2200 § 1303 [X.] 6 S 17 f) und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende [X.]en anerkannt (vgl [X.], 173, 174 f; 21, 52, 55 f; [X.] 47, 194, 196 = [X.] 2200 § 1399 [X.]1 S 15; [X.] 93, 119 = [X.]-2400 § 22 [X.] 2, Rd[X.]5).

Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (vgl [X.] in [X.], [X.], 69. Aufl 2010, § 242 Rd[X.] 87) voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren [X.]raumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete [X.] des Rechts nach [X.] und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl [X.] 32, 305; BVerwGE 44, 339, 343; [X.], 201, 202; [X.] 34, 211, 214; 35, 91, 95 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat ([X.]), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl [X.] 47, 194, 196 = [X.] 2200 § 1399 [X.]1 S 15 mwN; [X.], 41, 43 = [X.] 3-2200 § 1303 [X.]; BVerwGE 44, 339, 343 f).

bb) Zwar ist der [X.]lägerin insoweit zuzustimmen, dass das BSG noch nicht ausdrücklich die Frage entschieden hat, ob das [X.] auch auf Säumniszuschläge Anwendung findet. Nach den oben dargelegten Maßstäben bestehen hieran aber keine grundlegenden Zweifel. Für dessen Anwendbarkeit spricht bereits, dass die Hauptforderung (der durch Verwaltungsakt festgesetzte Nachversicherungsbeitrag) grundsätzlich der Verwirkung unterliegen kann, so dass dies erst recht für die Nebenforderung (Säumniszuschlag) gelten könnte. Letztendlich kann der [X.] diese Frage aber unentschieden lassen, weil die aufgezeigten Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt sind. Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verwirkung bereits entgegensteht, dass die seit 1995 geltende Neufassung des § 24 [X.] eine gebundene Norm ist, die der Behörde keine Ermessensausübung mehr einräumt (vgl die in der Literatur vertretene Auffassung, die die Anwendbarkeit der Verwirkung grundsätzlich auf "verzichtbare" Rechte der Behörde im Verwaltungsrecht beschränkt: so [X.]/[X.]/[X.]/[X.]luth, [X.], 12. Aufl 2007, § 37 Rd[X.]8; vgl [X.], Der Grundsatz von [X.] und Glauben im Allgemeinen Verwaltungsrecht, 2006, [X.]; [X.], NVwZ 1995, 547, 549 f; [X.]othe, [X.] 88 <1998>, 456, 487 f). Auch wenn das [X.] die Auffassung vertreten hat, dass mit Rücksicht auf die Möglichkeit eines haushaltsrechtlichen Erlasses des [X.] (§ 76 Abs 2 [X.] [X.]) es keiner "Lücken ausfüllenden" Anwendung des [X.] der Verwirkung bedürfe, reichen die tatsächlichen Feststellungen des [X.] noch aus, um das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu verneinen.

cc) Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an das Verwirkungsverhalten zu stellen, weil dem Interesse des [X.]ners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch [X.] in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die "kurze", vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 1 [X.] hinreichend Rechnung getragen wird, die auch auf Säumniszuschläge bei nicht vorsätzlichem Handeln Anwendung findet (vgl [X.]surteile vom 12.2.2004 - [X.], 150, 154 = [X.]-2400 § 24 [X.] 2 S 22, Rd[X.]9; vom 17.4.2008 - [X.], 215 = [X.]-2400 § 25 [X.] 2, Rd[X.] 24 mwN; während im Fall der vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge die 30jährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs 1 Satz 2 [X.] gilt). Ein “bloßes Nichtstun" als Verwirkungsverhalten reicht regelmäßig nicht aus; ein konkretes Verhalten des Gläubigers muss hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Forderung nicht besteht oder nicht geltend gemacht wird (vgl [X.] 2200 § 1399 [X.]1 S 17; BSG vom [X.] - [X.] 1989, 2030).

dd) Ein solches Verwirkungsverhalten der Beklagten, das bei der [X.]lägerin das berechtigte Vertrauen begründen durfte, die Beklagte werde auch fortan keine Säumniszuschläge erheben, liegt nicht vor. Die Beklagte hatte es - entgegen ihrer Gesetzesbindung (Art 20 Abs 3 GG) - unterlassen, die seit 1995 bestehende zwingende Gesetzespflicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen flächendeckend in die Praxis umzusetzen. Dieses rechtswidrige Unterlassen der Beklagten erfüllt nach den aufgezeigten Maßstäben weder die Anforderungen eines Vertrauen begründenden [X.] noch durfte die [X.]lägerin das “bloße Nichtstun“ der Beklagten als bewusst und planmäßig erachten und deshalb darauf vertrauen, nicht zu Säumniszuschlägen herangezogen zu werden.

Zwar mag im Einzelfall auch ein bloßes Unterlassen dann ein schutzwürdiges Vertrauen begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf ([X.] 45, 38, 48 = [X.]100 § 40 [X.]7 S 55; [X.] 47, 194, 198 = [X.] 2200 § 1399 [X.]1 S 17). Dies ist ([X.] 47 aaO) jedoch noch nicht einmal dann angenommen worden, wenn unterlassene Beitragszahlungen bei Betriebsprüfungen der Einzugsstellen nicht beanstandet wurden, sondern lediglich für den Fall erwogen worden, dass maßgebliche Personen der Geschäftsleitung entsprechende Erklärungen abgegeben hätten ([X.] 47 aaO, 199). Derartiges hat jedoch die [X.]lägerin nie behauptet.

[X.]einesfalls kann das Schreiben vom [X.] mit dem beigefügten Informationsblatt kausal für ein [X.] der [X.]lägerin im Sinne der oa Definition der Verwirkung gewesen sein. Denn selbst wenn aus dem Schreiben, wie die [X.]lägerin meint, die Ankündigung zu entnehmen wäre, (gesetzwidrig) Säumniszuschläge lediglich in noch nicht abgeschlossenen [X.] zu erheben, kann die zögerliche Bearbeitung des Nachversicherungsvorgangs der Referendarin in der [X.] zwischen Juli 2000 und Februar 2003 nicht auf einem durch das spätere Schreiben der Beklagten vom März 2003 gesetzten Vertrauen beruhen. Ein zeitlich früheres Verwirkungsverhalten der Beklagten hat die [X.]lägerin weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich.

Ebenso wenig ist ersichtlich, welches schutzwürdige [X.] die [X.]lägerin auf der erstmals in dem Schreiben und dem Informationsblatt enthaltenen Aussage, die Beklagte habe bisher eine gegenteilige "Rechtsauffassung" gehabt, hätte aufbauen können. Dieses müsste zeitlich zwischen dem Eingang des Schreibens der Beklagten vom [X.] und dem Eingang des - hierzu nach Ansicht der [X.]lägerin in Widerspruch stehenden - angefochtenen [X.] vom 16.5.2003 liegen. Insoweit ist jedoch gleichfalls weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.

Die vom [X.] in Fortführung der einschlägigen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäbe für die Verwirkung einer Forderung der Beklagten gegenüber der [X.]lägerin sind Ausdruck dessen, dass beide Beteiligte als Träger öffentlicher Verwaltung an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 GG) gebunden sind. Deshalb kann sich der Schuldner in der Regel nicht auf den Fortbestand eines rechtswidrigen Zustandes berufen, sondern muss ebenso wie der Gläubiger darauf achten, dass öffentliche Mittel rechtmäßig und sachgerecht verwendet werden. Die Beteiligten unterliegen beide dem Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der Einnahmen und der Fälligkeit der Ausgaben 67 Abs 1, 76 Abs 1 [X.]; § 11 Abs 2 Landeshaushaltsordnung der [X.] vom 23.12.1971, HmbGVBl 1972, 10). Ein Vertrauen auf die Beibehaltung einer als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis verdient im Verhältnis zwischen Behörden regelmäßig keinen Vertrauensschutz (vgl BVerwGE 23, 25, 30; 27, 215, 217 f; 60, 208, 211).

Der [X.] vermag sich aus den dargelegten Gründen auch nicht der Rechtsmeinung des [X.] (Urteil vom 1.11.2005 - [X.] R 661/05, rechtskräftig, unveröffentlicht) anzuschließen, wonach die geänderte Verwaltungspraxis der Beklagten für "alle künftigen Sachverhalte" (ab [X.]enntnis vom Informationsblatt der Beklagten am [X.]) und nicht rückwirkend auf vor diesem [X.]punkt gezahlte [X.] Anwendung finden soll. Eine solche - rechtswidrige - Praxis verdient wie dargelegt keinen Vertrauensschutz.

ee) Da es mithin an einer für ein mögliches [X.] kausalen Vertrauensgrundlage fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Erhebung des [X.] führt jedenfalls nicht zu einem unzumutbaren Nachteil der [X.]lägerin. Einen finanziellen Nachteil hat die [X.]lägerin nicht beziffert, sondern lediglich vorgetragen, dass es unzumutbar sei, Säumniszuschläge für den [X.]raum 1995 bis 2003 nachzuentrichten. Dem stehen allerdings mögliche Zinsvorteile im Haushalt der [X.]lägerin durch die verspätete Entrichtung von [X.]n gegenüber sowie die Vorteile, die die [X.]lägerin durch die fehlende Heranziehung von Säumniszuschlägen in bereits verjährten Fällen hatte.

ff) Schließlich liegt auch kein Fall der unzulässigen Rechtsausübung hinsichtlich des von der [X.]lägerin geltend gemachten Vorwurfs eines treuwidrigen Verhaltens in Form des "venire contra factum proprium" vor. Denn ein Verhalten, das zu eigenem früheren Verhalten in Widerspruch steht (s [X.] 65, 272, 277= [X.]100 § 78 [X.] 8 S 36 mwN), welches wiederum einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die [X.]lägerin berechtigterweise davon ausgehen durfte, Säumniszuschläge für verspätet gezahlte [X.] würden auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erhoben, ist der Beklagten nicht zur Last zu legen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es - über das "bloße Nichtstun" hinaus - an der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes bis zum Abschluss des [X.]s.

3. Die Höhe des Anspruchs haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] unstreitig gestellt. Die Beklagte hat den Säumniszuschlag auf den Betrag von 1778,00 Euro reduziert. Die [X.]lägerin hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit erledigt ist (§ 101 Abs 2 SGG).

4. Ob und inwieweit die Beklagte der [X.]lägerin den entstandenen Säumniszuschlag erlassen darf, wenn dessen Einziehung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre (§ 76 Abs 2 [X.] [X.]), ist im Rahmen des Einziehungsverfahrens zu entscheiden.

5. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der [X.]lägerin waren gemäß §§ 154 Abs 2, 162 Verwaltungsgerichtsordnung iVm § 197a Abs 1 Halbs 3 SGG die [X.]osten des ganz überwiegend ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen. Die [X.]lägerin ist als Land von der Zahlung der Gerichtskosten gemäß § 2 Abs 1 des Gerichtskostengesetzes befreit.

Meta

B 13 R 67/09 R

01.07.2010

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Hamburg, 25. Januar 2006, Az: S 10 RA 319/03, Urteil

§ 23 Abs 4 SGB 4, § 24 Abs 1 S 1 SGB 4 vom 13.06.1994, § 24 Abs 2 SGB 4, § 25 Abs 1 S 1 SGB 4, § 25 Abs 1 S 2 SGB 4, § 76 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 4, § 184 Abs 1 S 1 SGB 6, § 184 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 6, § 184 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB 6 vom 19.12.2007, § 184 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 6 vom 19.12.2007, § 184 Abs 3 SGB 6, § 185 SGB 6, § 34 SGB 10, § 242 BGB, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2010, Az. B 13 R 67/09 R (REWIS RS 2010, 5218)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5218

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