Bundessozialgericht, Urteil vom 07.07.2011, Az. B 14 AS 153/10 R

14. Senat | REWIS RS 2011, 4963

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sprungrevision - Schriftform der Zustimmungserklärung - elektronischer Rechtsverkehr - Zurückverweisung mangels Feststellungen zur Anhörung Beteiligter bzw zur Heilung eines Verfahrensfehlers - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen - Bestimmtheit des Erstattungsbescheides - Vertretung der Bedarfsgemeinschaft - Zurechnung von Vertreterverschulden - Haftungsbeschränkung zugunsten des minderjährigen Kindes - verfassungskonforme Auslegung


Leitsatz

1. Das Schriftformerfordernis für die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision ist gewahrt, wenn ein Beteiligter die ihm als Telefax zugesandte Zustimmungserklärung eines anderen Beteiligten einscannt, in eine PDF-Datei umwandelt und als Anhang zu einer den Anforderungen an den elektronischen Rechtsverkehr genügenden Revisionsschrift übersendet.

2. Für die finanziellen Folgen, die Minderjährigen über die Vertretungsregelung für Bedarfsgemeinschaften im SGB 2 aufgebürdet werden, gilt die Vorschrift im BGB über die Beschränkung der Minderjährigenhaftung entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 9. August 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Erstattungsforderung.

2

Die am 14.7.1989 geborene Klägerin bezog von dem beklagten Grundsicherungsträger zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester seit dem 1.1.2005 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]). Die Anträge auf Gewährung von Leistungen stellte durchgehend die Mutter. Ab August 2005 bezog die Klägerin monatliche Unterhaltsleistungen von dem getrennt lebenden Vater. Eine Mitteilung gegenüber dem Beklagten erfolgte insoweit nicht.

3

Im Januar 2007 erfuhr der Beklagte von den Unterhaltszahlungen und hob mit an die Mutter gerichtetem Bescheid vom 28.6.2007 die für den [X.] bis 31.7.2006 ergangenen Bewilligungen "für Sie und Ihre Kinder" auf. Die Gesamtüberzahlung in Höhe von 2539,65 Euro war nach den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft und jeweils nach Regelleistung und Kosten für Unterkunft und Heizung aufgeschlüsselt. Für die Klägerin ergab sich ein Gesamtbetrag von 1820,90 Euro (1292,85 Euro Regelleistung und 528,05 Euro Leistungen für Unterkunft und Heizung). Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass der Bescheid, soweit er die Kinder betreffe, an die Mutter als gesetzliche Vertreterin ergehe, und die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Leistungen nach dem [X.] in Höhe von 2539,65 Euro gefordert. Auf den Widerspruch der Klägerin reduzierte der Beklagte die [X.] durch einen unmittelbar an die zwischenzeitlich volljährig gewordene Klägerin versandten Bescheid vom 1.10.2008 auf 1770,99 Euro und wies den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.11.2008).

4

Die hiergegen gerichtete Klage hat die Klägerin hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligungsbescheide zurückgenommen und der Beklagte hat die [X.] in einem Erörterungstermin am 7.1.2010 auf 1043,51 Euro reduziert. Die gegen das [X.] gerichtete Klage hat die Klägerin fortgeführt und zugleich "die Einrede des § 1629a [X.]" erhoben. Das Sozialgericht (SG) [X.] hat die Klage abgewiesen und zugleich die Sprungrevision zugelassen (Urteil vom [X.]). Der auf § 50 Zehntes [X.] ([X.]) gestützte [X.] sei rechtmäßig. § 1629a Bürgerliches Gesetzbuch ([X.]) stehe dem nicht entgegen. Ob diese Vorschrift ohnehin erst im Vollstreckungsverfahren Berücksichtigung finden könne, könne dahinstehen. Vielmehr sei diese Norm im Sozialrecht von vornherein nicht anwendbar. Insbesondere beschränke sich der in § 61 Satz 2 [X.] enthaltene Verweis auf die ergänzende Anwendung der Vorschriften des [X.] auf öffentlich-rechtliche Verträge und dies bedeute im Umkehrschluss, dass die Vorschriften des [X.] im Bereich des [X.] nicht allgemein anwendbar seien. Eine entsprechende Anwendung des § 1629a [X.] scheide aus, weil es an einer mit dem Zivilrecht vergleichbaren Interessenlage fehle und für die Anwendung dieser Vorschrift kein Bedürfnis bestehe. Bei der Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsaktes gemäß §§ 45 ff [X.] habe die Behörde bereits die unterschiedlichen öffentlichen und privaten Interessen abzuwägen. Etwas anderes folge auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten. Selbst wenn man von einer Anwendbarkeit des § 1629a [X.] ausgehe, stehe seiner Anwendung im konkreten Fall doch § 1629a Abs 2 Alt 2 [X.] entgegen, wonach die Haftungsbeschränkung nicht für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften gelte, die alleine der Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse des Minderjährigen dienten. Bei den nunmehr zurückgeforderten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes handele es sich um solche Verbindlichkeiten.

5

In ihrer fristgerecht unter Beifügung einer Zustimmungserklärung des Beklagten in elektronischer Form eingelegten Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 1629a [X.] sowie § 50 [X.]. Ergänzend beruft sie sich auf ein Schreiben des [X.] ([X.]) vom [X.] an den Petitionsausschuss des [X.], in dem ausgeführt wird, dass die Gefahr einer Überschuldung Minderjähriger durch die Rückforderung von Leistungen nach dem [X.] im Hinblick auf § 1629a [X.] nicht gesehen werde. Diese Norm begründe ein Leistungsverweigerungsrecht für das dann volljährige Kind gegenüber dem Gläubiger. Der Erstattungsanspruch bestünde weiterhin, müsse aber nicht mehr erfüllt werden. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass die Grundsicherungsstellen gemäß § 14 Erstes [X.] ([X.]) entsprechend beraten. Die Klägerin ist allerdings der Ansicht, dass es ihr möglich sein müsse, diesen Einwand bereits außerhalb des [X.] geltend zu machen.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts [X.] vom 9. August 2010 sowie den [X.] des Beklagten vom 28. Juni 2007 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. Oktober 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2008 sowie des [X.] des Beklagten vom 7. Januar 2010 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angefochtene Urteil und weist nur ergänzend darauf hin, dass § 1629a [X.] erst im Vollstreckungsverfahren Anwendung finden könne. Die Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Bescheids bleibe hiervon unberührt.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig (hierzu A.) und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das [X.] ([X.]) begründet (vgl § 170 Abs 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]>; hierzu B.).

A. Die Klägerin hat die Sprungrevision form- und fristgerecht eingelegt.

Die Revision ist nach § 164 Abs 1 Satz 1 iVm § 65a [X.] mittels eines elektronischen Dokuments mit qualifizierter elektronischer Signatur formgerecht erhoben worden (vgl § 65a Abs 1 Satz 3 [X.] iVm § 2 Abs 3 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim [X.], [X.], 3219; vgl grundlegend [X.], 47 zur "Funktionsäquivalenz" der Signatur zur eigenhändigen Unterschrift).

Die für die Sprungrevision geltenden Formerfordernisse sind erfüllt (vgl § 161 Abs 1 [X.]): Das [X.] hat die Sprungrevision in seinem Urteil zugelassen und die Zustimmungserklärung des [X.] ist innerhalb der Revisionsfrist beim [X.] (B[X.]) eingegangen. Denn der Revisionsschrift der Klägerin war eine Erklärung des [X.]n beigefügt, nach der er sich damit einverstanden erklärt, dass "die Sprungrevision eingelegt und zugelassen wird".

Dass die Zustimmungserklärung des [X.]n nicht im Original übersandt wurde, sondern in elektronischer Form als Anhang im pdf-Format zu der in elektronischer Form ordnungsgemäß übersandten Revisionsschrift, steht dem in § 161 Abs 1 Satz 1 [X.] enthaltenen [X.] nicht entgegen. Dass das Schriftformerfordernis für die Zustimmungserklärung erfüllt ist, wenn der Revisionskläger die ihm per Telefax zugeleitete Zustimmung des Gegners seinerseits per Fax an das Gericht weiterleitet, entspricht der ständigen Rechtsprechung des B[X.] (vgl nur B[X.] [X.] 3-1500 § 161 [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 161 Rd[X.] 4a). Denn angesichts der auch bei "Originalen" möglichen Fälschungen ist für die Erfüllung des Formerfordernisses entscheidend, dass aus der Erklärung die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision mit der Folge einer Übergehung der Berufungsinstanz, die Person des Erklärenden und dessen Wille, die Erklärung in den Verkehr zu bringen, entnommen werden kann.

Diese Voraussetzungen sind auch gewahrt, wenn ein Beteiligter die ihm als Telefax zugesandte Zustimmungserklärung eines anderen Beteiligten einscannt und in eine pdf-Datei umwandelt, um sie als elektronische Datei im Rahmen seiner elektronischen Aktenbearbeitung und Kommunikation mit dem Gericht weiterverwenden zu können. Aus der Einfügung des § 65a [X.] durch das [X.] vom 22.3.2005 ([X.] 837) und der damit begründeten Zulässigkeit der Übermittlung von elektronischen Dokumenten an die Gerichte kann nur hergeleitet werden, dass die Übermittlung eines eingescanntes Dokumentes als Anhang einer den Anforderungen des § 65a [X.] genügenden Revisionsschrift dem Schriftformerfordernis genügt. Die Möglichkeit, als Anlage ein eingescanntes Dokument zu versenden, ohne dabei mit verfahrensrechtlich vorgegebenen Formerfordernissen in Konflikt zu kommen, ist die notwendige Folge dieser technischen Möglichkeit und des mit dem Gesetz verfolgten Zweckes, auch in Gerichtsverfahren elektronische Dokumente als Äquivalent zur Papierform rechtswirksam zu verwenden (Gesetzesbegründung zum [X.], BT-Drucks 15/4067 [X.]).

B. Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das [X.] begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 [X.]). Ob die angefochtene Entscheidung mit revisiblem Recht vereinbar ist (vgl § 162 [X.]) kann aufgrund des vom [X.] festgestellten Sachverhalts (vgl § 163 [X.]) nicht abschließend geprüft werden.

Mangels fehlender Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der hier noch alleine streitgegenständliche und auf § 40 Abs 1 Satz 1 [X.]B II iVm § 50 [X.]B X beruhende [X.] vom 28.6.2007 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 1.10.2008 und des [X.] sowie des [X.] des [X.]n vom 7.1.2010 formell rechtmäßig ist; insbesondere ob die nach § 40 Abs 1 Satz 1 [X.]B II iVm § 24 Abs 1 [X.]B X erforderliche Anhörung stattgefunden hat oder ein entsprechender Verfahrensmangel geheilt worden ist ([X.]). Allerdings steht der materiellen Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts nicht bereits seine mangelnde Bestimmtheit entgegen ([X.]). Während die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 50 [X.]B X im vorliegenden Fall grundsätzlich vorliegen ([X.]), konnte aber ebenfalls nicht abschließend entschieden werden, ob die Haftung der Klägerin hier gemäß des entsprechend anwendbaren § 1629a [X.] begrenzt ist und der [X.] bereits deshalb (ggf teilweise) aufzuheben ist (s IV.).

I. Der Rechtsstreit unterliegt bereits deshalb der Zurückverweisung, weil der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] die formelle Rechtmäßigkeit des [X.]es nicht abschließend prüfen kann. Insbesondere fehlt es an Feststellungen zu der Frage, ob vor Erlass des [X.]es eine Anhörung der Klägerin gemäß § 24 Abs 1 [X.]B X stattgefunden hat.

Auch wenn die Erstattung entsprechend der Forderung des § 50 Abs 3 Satz 2 [X.]B X mit der (hier gemäß § 77 [X.] bindend gewordenen) Aufhebung verbunden worden ist, ändert dies nichts daran, dass es sich bei dem [X.] um einen eigenständigen Verwaltungsakt nach § 31 [X.]B X handelt, der seinerseits in die Rechte der Klägerin eingegriffen hat und deshalb vor seinem Erlass eine entsprechende Anhörung voraussetzt (vgl B[X.] [X.] 1300 § 45 [X.] 12).

1. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesem Anhörungserfordernis sind nicht gegeben. Ein Fall des Ausnahmekatalogs des § 24 Abs 2 [X.]B X liegt bereits tatbestandlich nicht vor. Insbesondere wurden nicht lediglich einkommensabhängige Leistungen an geänderte Verhältnisse angepasst (§ 24 Abs 2 [X.] 5 [X.]B X), weil die Behörde auf der Grundlage des § 50 [X.]B X für die Vergangenheit Leistungen erstattet verlangt.

Der Anwendungsbereich des § 24 [X.]B X ist für den vorliegenden Fall ebenfalls nicht - etwa im Sinne einer teleologischen Reduktion (vgl hierzu B[X.] [X.] 4-1300 § 24 [X.] 1) - eingeschränkt (vgl [X.] in [X.], [X.]B X, Stand 2001, § 24 Rd[X.] 6). Eine solche Einschränkung ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die Erstattung nach § 50 Abs 1 [X.]B X ohnehin akzessorisch zu der hier bestandskräftigen Aufhebung ist, weil es sich bei § 24 Abs 2 [X.]B X um einen abschließenden Ausnahmekatalog handelt, wie sich aus der rechtsstaatlichen Bedeutung der Anhörung und dem Vergleich mit § 28 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz ergibt, der eine Generalklausel mit Beispielen enthält (stRspr B[X.]E 44, 207 = [X.] 1200 § 34 [X.] 2; B[X.] [X.] 1200 § 34 [X.] 14; [X.]/[X.], [X.]B X, Stand 2011, § 24 Rd[X.] 10). Dass es nicht darauf ankommt, ob die Anhörung die Entscheidung in der Sache hätte beeinflussen können, folgt auch aus § 42 Satz 2 [X.]B X.

2. Das [X.] wird zu klären haben, ob bislang eine Anhörung gemäß § 24 Abs 1 [X.]B X stattgefunden hat oder ob, sollte dies nicht der Fall gewesen sein, im Widerspruchs- oder Klageverfahren gemäß § 41 Abs 2 [X.]B X eine Heilung dieses [X.] stattgefunden hat.

a) Dabei wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass, solange die Klägerin minderjährig war, die vor dem Erlass des [X.]es erforderliche Anhörung gegenüber einem vertretungsberechtigten Erziehungsberechtigten zu erfolgen hatte. Auf die Frage, ob § 38 [X.]B II für das Aufhebungs- und Erstattungsverfahren überhaupt Anwendung finden kann (vgl hierzu Link in Eicher/Spellbrink, [X.]B II, 2. Aufl 2008, § 38 Rd[X.] 2, 23b), kommt es deswegen nicht an.

Die Vertretungsmacht, die hier die Notwendigkeit einer Anhörung der Erziehungsberechtigten begründet, folgt aus der elterlichen Sorge (§ 1629 Abs 1 Satz 1 [X.]). Dabei lässt sich den Feststellungen des [X.] bereits nicht entnehmen, ob abweichend von der gemäß § 1629 Abs 1 Satz 2 [X.] grundsätzlich gemeinschaftlichen Vertretung des Kindes hier eine alleinige Vertretung durch die Mutter nach § 1629 Abs 1 Satz 3 [X.] in Betracht kommt (vgl hierzu B[X.]E 104, 48 = [X.] 4-1500 § 71 [X.] 2). Im Rahmen der Anhörung braucht dieser Frage allerdings nicht nachgegangen zu werden, weil die Anhörung eines Elternteils insoweit ausreichend ist.

Obwohl nach § 24 Abs 1 [X.]B X "der Beteiligte" (vgl § 12 [X.]B X) anzuhören ist, gilt dies nicht für den Fall, dass der Beteiligte sozialrechtlich nicht handlungsfähig ist (vgl § 11 Abs 1 [X.]B X). Dann ist sein gesetzlicher Vertreter anzuhören (vgl nur [X.] in [X.] Komm, [X.]B X, Stand 2011, § 24 Rd[X.] 10). Dem steht § 36 [X.]B I als öffentlich-rechtliche Ausnahme nach § 11 Abs 1 [X.] 2 [X.]B X (von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, § 11 Rd[X.] 7) nicht entgegen, weil es sich beim Aufhebungs- und Erstattungsverfahren um ein eigenständiges Verwaltungsverfahren handelt, das nicht auf die Gewährung von Sozialleistungen gerichtet ist und deswegen von § 36 Abs 1 Satz 1 [X.]B I, der erkennbar auf den rechtlichen Vorteil für den Minderjährigen abstellt, nicht umfasst ist (vgl Didong in: jurisPK-[X.]B I, § 36 Rd[X.] 16; [X.], [X.]B I, 4. Aufl 2010, § 36 Rd[X.] 15; [X.]/Link, [X.]b 2007, 513, 516).

Für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten gegenüber Minderjährigen hat der Senat unter Heranziehung des Zustellungsrechts des [X.] bereits entschieden, dass die Bekanntgabe gegenüber einem gesetzlichen Vertreter genügt (B[X.]E 102, 76 = [X.] 4-4200 § 9 [X.] 7, Rd[X.] 21 unter Berufung auf § 6 Abs 3 [X.]; vgl auch [X.]/Link, [X.]b 2007, 513, 516). Dies gilt entsprechend auch für die Anhörung. Dagegen spricht nicht, dass § 6 Abs 3 Verwaltungszustellungsgesetz ([X.]) letztlich der in § 1629 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 [X.] geregelten [X.] als Fall der "passiven" Stellvertretung entspricht (vgl zu § 6 Abs 3 [X.]: [X.], VwVG/[X.], 7. Aufl 2010, § 6 Rd[X.] 20; [X.]/App/Schlatmann, VwVG/[X.], 9. Aufl 2011, § 6 [X.] Rd[X.] 4; vgl zu § 1629 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 [X.]; [X.] in [X.], [X.], 70. Aufl 2011, § 1629 Rd[X.] 15). Denn das in § 24 Abs 1 [X.]B X geregelte Anhörungserfordernis dient in erster Linie dem Schutz vor Überraschungsentscheidungen. Zudem soll es das Vertrauensverhältnis zwischen dem Bürger und der Sozialverwaltung stärken (vgl BT-Drucks 7/868 S 28). Es erfüllt damit seinen Zweck, ohne dass es [X.] des [X.] bzw seines Vertreters voraussetzt. Im Übrigen erschiene es widersprüchlich, wenn zwar die mit der Gefahr der Bestandskraft einhergehende Bekanntgabe eines Bescheides an nur einen Elternteil erfolgen dürfte, nicht aber die vor dem Erlass des Bescheides notwendige Anhörung.

b) Im Hinblick auf die mögliche Heilung einer unterlassenen Anhörung, wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass die Nachholung der Anhörung nach § 41 Abs 2 [X.]B X im Gerichtsverfahren ein eingeständiges, nicht notwendigerweise förmliches Verwaltungsverfahren - ggf unter Aussetzung des Gerichtsverfahrens - voraussetzt, das auch die Erklärung der Behörde umfasst, sie halte nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Anhörung am bisher erlassenen Verwaltungsakt fest (ausführlich B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/09 R - [X.] 4-1300 § 41 [X.] 2 mwN, auch zur Veröffentlichung in B[X.]E vorgesehen).

c) Sollte das [X.] zu dem Ergebnis kommen, dass vor Erlass des [X.]es eine Anhörung nicht stattgefunden hat und dieser Verfahrensmangel bislang nicht geheilt worden ist - auch nicht im Rahmen des von der Klägerin durchgeführten Widerspruchsverfahrens oder des Erörterungstermins -, wird es zu beachten haben, dass jedenfalls im jetzt durchzuführenden Berufungsverfahren keine Heilung mehr in Betracht kommt.

Nach § 41 Abs 2 [X.]B X erfährt die Möglichkeit der Heilung insofern eine zeitliche Grenze, als die Anhörung nach § 41 Abs 1 [X.] 3 [X.]B X nur bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann. Entsprechend der mit § 41 Abs 2 [X.]B X korrespondierenden Vorschrift des § 114 Abs 2 Satz 2 [X.] (vgl B[X.] [X.] 3-2600 § 243 [X.] 9: "funktionale Einheit") ist diese Vorschrift nicht mehr anwendbar, nachdem erstmals die letzte Tatsacheninstanz abgeschlossen wurde. Im Falle der Sprungrevision wird die zeitliche Grenze damit durch den Erlass des erstinstanzlichen Urteils gesetzt (vgl allgemein [X.] in [X.] Komm, [X.]B X, Stand 2011, § 41 Rd[X.] 23, 27; offen gelassen von: B[X.] vom 2.6.2004 - B 7 [X.] 58/03 R - B[X.]E 93, 51 = [X.] 4-4100 § 115 [X.] 1, Rd[X.] 9 = Juris Rd[X.] 17; B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] AS 48/07 R - Juris Rd[X.] 19).

Gegen die Heilung eines [X.] durch Nachholung im Gerichtsverfahren im Rahmen eines wiedereröffneten Berufungsverfahrens nach einer Zurückverweisung spricht entscheidend, dass diese von einem Verfahrensmangel des [X.] - nämlich fehlenden Feststellungen zur Anhörung - abhängig ist. Denn eine Zurückverweisung kommt nur in Betracht, wenn das [X.] keine Feststellungen zur Anhörung getroffen hat. Hat das [X.] hingegen festgestellt, dass keine Anhörung erfolgt ist, besteht kein Grund für eine Zurückverweisung. Das Letztere muss ebenfalls gelten, wenn das [X.] keine Feststellungen getroffen hat und diese fehlenden Feststellungen des [X.] in Verbindung mit einer Aufklärungsrüge eines Beteiligten zu entsprechenden Ermittlungen und Feststellungen des [X.] führen. Für eine Verschlechterung der Rechtsposition des klagenden Adressaten eines Verwaltungsakts, in dem der beklagten Behörde eine weitere Gelegenheit zur Heilung ihres Verfahrensfehlers eingeräumt wird, wenn es im anschließenden gerichtlichen Verfahren zu einem Verfahrensmangel des angerufenen Gerichts gekommen ist, der von der Behörde erfolgreich gerügt wird, ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Dagegen spricht vielmehr der Ausnahmecharakter des § 114 Abs 2 Satz 2 [X.], nachdem der vergleichbare § 94 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung aufgehoben wurde (vgl [X.] in Festschrift 50 Jahre B[X.], 2004, 97, 115 f sowie B[X.] vom 16.12.2008 - [X.] AS 48/07 R - Rd[X.] 19; B[X.] vom 31.10.2002 - [X.] RA 43/01 R - Juris Rd[X.] 17).

II. Der angefochtene [X.] vom 28.6.2007 war (noch) inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 [X.]B X).

Das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt zum einen, dass der [X.] eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten (näher B[X.]E 105, 194 = [X.] 4-4200 § 31 [X.] 2, Rd[X.] mwN). Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden ([X.]E 123, 261, 283).

1. Bedenken gegenüber der hinreichenden Bestimmtheit des mit dem inzwischen bestandskräftig gewordenen [X.] verbundenen [X.]es ergeben sich nicht bereits daraus, dass der Adressat des [X.]s nicht hinreichend erkennbar wäre.

Zwar könnten sich deswegen Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit ergeben, weil der [X.] vom 28.6.2007 alleine an die Mutter der seinerzeit noch minderjährigen Klägerin gerichtet war. Auch wird die Mutter entsprechend dieser Adressierung an verschiedenen Stellen des Bescheides direkt angesprochen, wenn es etwa heißt, es bestünde gegen diese eine Gesamtforderung in Höhe von 2539,65 Euro und dieser Betrag sei von ihr gemäß § 50 [X.]B X zu erstatten. Entscheidend ist allerdings, dass sich aus dem Bescheid mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, dass der zurückzuzahlende Gesamtbetrag das Ergebnis einer Addition von insgesamt drei Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidungen ist, die sich jeweils an die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft richten. So heißt es im Rahmen der hier noch streitgegenständlichen Erstattungsregelung, es "wurden Ihnen und Ihren Kindern [...] Leistungen nach dem [X.]B II in Höhe von 2539,65 Euro zu Unrecht gezahlt". Die (individuelle) Aufschlüsselung der überzahlten Leistungen ist Bestandteil der Aufhebungsentscheidung, vor deren Hintergrund auch die Erstattungsregelung zu sehen ist, weil der [X.], entsprechend der Vorgabe des § 50 Abs 3 Satz 2 [X.]B X, beide Entscheidungen verbunden hat (vgl auch B[X.] [X.] 4-4200 § 11 [X.] 27 Rd[X.]).

Dass der [X.] bei Erlass des [X.]es nicht davon ausging, die Mutter der Klägerin sei (Gesamt-)Schuldnerin der Rückforderungssumme, ergibt sich dabei insbesondere aus der Formulierung: "Soweit der Bescheid Ihre Kinder betrifft, ergeht er an Sie als gesetzlichen Vertreter." Vor dem Hintergrund der fehlenden sozialrechtlichen Handlungsfähigkeit der Klägerin und ihrer Schwester zum damaligen Zeitpunkt war es konsequent, die Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung alleine von einem Elternteil zu verlangen, ohne dass dadurch die eigentlichen Bescheidadressaten nicht mehr erkennbar wären.

2. Weitergehende Bedenken gegenüber der Bestimmtheit des [X.]es bestehen nicht. Es bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob die zum Arbeitsförderungsrecht ergangene Rechtsprechung des B[X.], wonach ein Aufhebungsbescheid dann nicht hinreichend bestimmt iS des § 33 [X.]B X ist, wenn er nur eine Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrags ohne Konkretisierung dieses Betrags für die einzelnen Wochen enthält (B[X.]E 93, 51 = [X.] 4-4100 § 115 [X.] 1, Rd[X.] 10; [X.] 3-1500 § 128 [X.] 15 S 32 f), auf das [X.]B II, eventuell modifiziert um das hier grundsätzlich geltende Monatsprinzip, zu übertragen ist.

Zumindest für den hier noch streitgegenständlichen Erstattungsverwaltungsakt lässt sich die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung der gesetzlichen Regelung des § 50 [X.]B X nicht entnehmen (so auch [X.] in [X.] Komm, [X.]B X, Stand 2011, § 33 Rd[X.] 7; Sächsisches [X.] vom 18.9.2008 - L 3 AS 40/08 - Juris Rd[X.] 60). § 50 Abs 3 Satz 1 [X.]B X fordert lediglich, die "zu erstattende Leistung" festzusetzen. Weitergehende Differenzierungsanforderungen dürften nicht zuletzt der eigentlichen Zielvorgabe der Bestimmtheitsanforderung, nämlich eine eindeutige [X.] zu schaffen und dem Betroffenen das von ihm erwartete Verhalten klar vor Augen zu führen, eher abträglich sein.

3. Der [X.] ist auch nicht deshalb zu unbestimmt, weil er in der Gestalt, die er durch den Änderungsbescheid vom 1.10.2008 und den Widerspruchsbescheid vom 18.11.2008 erfahren hat, im Rahmen der Festsetzung der zu erstattenden Leistung nicht mehr zwischen dem der Klägerin bewilligten Sozialgeld und den Leistungen für Unterkunft und Heizung unterschied. Soweit teilweise vertreten wird, ein Aufhebungs- und wohl auch ein [X.] seien nur dann hinreichend bestimmt, wenn sie - spiegelbildlich zur Bewilligung - die aufgehobenen Leistungen nach Leistungsarten unterschieden, insbesondere also deutlich machten, ob es sich um Leistungen für Unterkunft und Heizung oder um die Regelleistung handele (so [X.] Rheinland-Pfalz vom [X.] - L 3 A[X.]8/08 - Juris Rd[X.] 54 ff), folgt dem der Senat jedenfalls für die Festsetzung der zu erstattenden Leistung nach § 50 [X.]B X nicht. Gegen die Notwendigkeit weiterer Differenzierungen im Rahmen der isolierten Rückforderung spricht die im Grundsatz bestehende Akzessorietät des Erstattungsverwaltungsakts zum Ergebnis der Aufhebungsentscheidung. Die Vorschrift des § 40 Abs 2 Satz 1 [X.]B II, wonach abweichend von § 50 [X.]B X unter bestimmten Umständen ein Teil der Unterkunftskosten von der Erstattung ausgenommen bleibt, steht dem nicht entgegen. Dies betrifft allenfalls die Begründung des Verwaltungsakts, nicht aber die hinreichende Bestimmtheit seines [X.]es.

III. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 50 Abs 1 Satz 1 [X.]B X liegen vor. Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen nach dieser Vorschrift zu erstatten. Hier ist der Aufhebungsbescheid vom 28.6.2007 durch die Rücknahme der Klage bereits bestandskräftig geworden (vgl § 77 [X.]).

Zutreffend hat sich der [X.] im Hinblick auf die Rückforderung zudem an die Klägerin gewandt. Ausgehend von der Annahme, dass das [X.]B II keinen Anspruch einer Bedarfsgemeinschaft als solcher kennt, sondern dass [X.] grundsätzlich jeweils alle einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind (grundlegend B[X.]E 97, 217 = [X.] 4-4200 § 22 [X.] 1, Rd[X.] 12), können auch in der [X.] nur von demjenigen Leistungen verlangt werden, dem sie zuvor bewilligt worden waren (vgl nur B[X.] [X.] 4-4200 § 22 [X.] 7 Rd[X.] 15; [X.]/Link, [X.]b 2007, 513, 514). Ein Erstattungsanspruch etwa gegen die gesetzlichen Vertreter des Leistungsempfängers scheidet auch dann aus, wenn diese die Überzahlung durch Verletzung ihrer Mitteilungspflichten hinsichtlich ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse verursacht haben (so zur Rechtslage nach dem [X.]sozialhilfegesetz bereits [X.], [X.] 1992, 156; [X.] 43, 324). Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber dem Vertreter nach § 34 [X.]B II wird davon nicht berührt.

IV. Eine abschließende Entscheidung der von der Revision aufgeworfenen Frage, ob § 1629a [X.] bereits zur Rechtswidrigkeit des [X.]es führt, ist nicht möglich. Entgegen der Ansicht des [X.] ist § 1629a [X.] auch im Rahmen der Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem [X.]B II entsprechend anwendbar (dazu unter 1.), und zwar bereits im Erstattungs- und nicht erst im Vollstreckungsverfahren (dazu unter 2.). Dem steht auch § 1629a Abs 2 Alt 2 [X.] nicht entgegen (dazu unter 3.). Jedoch hat das [X.], von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent, keine Feststellungen zur Höhe des Vermögens der Klägerin bei Eintritt der Volljährigkeit getroffen.

1. Dem Erstattungsanspruch des [X.]n gegen die Revisionsklägerin gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 [X.]B X kann die Beschränkung der Minderjährigenhaftung entgegenstehen.

In seinem Beschluss vom 13.5.1986 (1 BvR 1542/84 - [X.] 72, 155 = NJW 1986, 1859) hat das [X.]verfassungsgericht ([X.]) ua ausgeführt: Das als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) anerkannte Recht auf Selbstbestimmung wird berührt, wenn Eltern ihre minderjährigen Kinder kraft der ihnen zustehenden gesetzlichen Vertretungsmacht (§ 1629 Abs 1 [X.]) finanziell verpflichten können. Hierdurch können in erheblichem Maße die Grundbedingungen freier Entfaltung und Entwicklung und damit nicht nur einzelne Ausformungen allgemeiner Handlungsfreiheit, sondern die engere persönliche Lebenssphäre junger Menschen betroffen werden. Es ist verfassungsrechtlich noch hinnehmbar, wenn sich die Haftung des Minderjährigen bei einem ererbten und fortgeführten Handelsgeschäft auf das im Wege der Erbfolge erworbene Vermögen beschränkt. Nichts anderes kann für die finanziellen Folgen gelten, die Minderjährigen als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft über die Vertretungsregelung für Bedarfsgemeinschaften nach § 38 [X.]B II aufgebürdet werden.

Der Gesetzgeber ist der vom [X.] in dem Beschluss vom 13.5.1986 (aaO) formulierten Aufforderung, in Wahrnehmung seiner Wächteramtes (Art 6 Abs 2 Satz 2 GG) Regelungen zu treffen, die verhindern, dass der volljährig Gewordene nicht mehr als nur eine scheinbare Freiheit erreicht, nachgekommen und hat durch das Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz vom [X.] (<[X.]> [X.] 2487) § 1629a [X.] geschaffen. Danach ist die Haftung des ehemaligen Minderjährigen und nun volljährig Gewordenen für Verbindlichkeiten, die Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht mit Wirkung für den Minderjährigen begründet haben, beschränkt auf den Bestand des Vermögens des Minderjährigen bei Eintritt der Volljährigkeit. Diese in Ausführung der verfassungsrechtlichen Vorgaben erfolgte gesetzgeberische Entscheidung gilt mangels anderer Anhaltspunkte für die "Minderjährigenhaftung" im [X.]B II entsprechend.

Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 34a [X.]B II "Ersatzansprüche für rechtswidrig erhaltene Leistungen" durch das Gesetz zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] ([X.] 453 - [X.]), in der ausgeführt wird: "Die Regelung des neuen § 34a trägt damit dem praktischen Bedürfnis nach Inanspruchnahme des Verursachers Rechnung, da insbesondere bei Leistungsgewährung an minderjährige Kinder auch ein Anspruch gegenüber den gesetzlichen Vertretern bestehen kann. ... Im Übrigen gilt bei Eintritt der Volljährigkeit zugunsten der Schuldner § 1629a [X.], so dass insoweit eine Beschränkung auf das bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandene Vermögen gegeben sein kann." (BT-Drucks 17/3404 [X.]). Dies deckt sich mit der von der Klägerin zur Akte gereichten Antwort des [X.] an den Petitionsausschuss des Deutschen [X.]tages, wonach vor dem Hintergrund der Regelung des § 1629a [X.] eine Gefahr des überschuldeten Eintritts in die Volljährigkeit nicht gesehen werde und dementsprechend kein Tätigwerden des Gesetzgebers erforderlich sei.

2. Entgegen der Ansicht des [X.]n kann diese entsprechende Geltung der Haftungsbeschränkung gemäß § 1629a [X.] nicht erst im Verwaltungsvollstreckungsverfahren Anwendung finden (so aber für das Steuerfestsetzungsverfahren [X.], 5), weil schon der [X.] aus den aufgezeigten Gründen gegen das höherrangige Verfassungsrecht verstößt.

Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum ein (verfassungswidriger) [X.] gegenüber einem volljährig Gewordenen zunächst bestandskräftig werden sollte, bevor diesem die Möglichkeit gegeben werden soll, seine Haftungsbeschränkung, die zu diesem Zeitpunkt bereits "entscheidungsreif" wäre, geltend zu machen. Abgesehen von den durch das Vollstreckungsverfahren entstehenden weiteren (unnötigen) Kosten erscheint es auch unter Praktikabilitätsgesichtspunkten geboten, die ggf schwierige Feststellung des Vermögens bei Eintritt der Volljährigkeit möglichst zeitnah zu bestimmen.

Sollte - wie vorliegend - der Schuldner bei Erlass des [X.]es noch nicht volljährig sein, ist der [X.] zum Zeitpunkt seines Erlasses zunächst rechtmäßig. Dies entspricht der § 1629a [X.] zugrunde liegenden unbeschränkten Haftung des Minderjährigen bis zum Eintritt der Volljährigkeit (vgl nur [X.] in [X.], [X.], 70. Aufl 2011, § 1629a [X.] Rd[X.] 8; kritisch hierzu [X.], Festschrift für Derleder, 2005, [X.], 607). Soweit aber bei Eintritt der Volljährigkeit das an diesem Tag bestehende pfändbare Vermögen hinter den (unter § 1629a [X.] fallenden) Verbindlichkeiten zurückbleibt, kommt die Haftungsbeschränkung zum Zuge. In diesem Fall besteht gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] 1 [X.]B X ein Anspruch auf Aufhebung des [X.]es.

Tritt - wie in diesem Verfahren - die Volljährigkeit nach Erlass des ursprünglichen [X.]es, aber noch vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens ein, ist zu beachten, dass bei (reinen) Anfechtungsklagen der maßgebende Zeitpunkt in der Regel die Sach- und Rechtslage bei Erlass der letzten behördlichen Entscheidung ist (vgl nur [X.] in [X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 54 Rd[X.] 33 mwN). Sollten die Voraussetzungen des § 1629a [X.] gegeben sein, was mangels Feststellungen des [X.] zur Vermögenslage der Klägerin bei Eintritt der Volljährigkeit nicht beurteilt werden kann, wäre der [X.] von Anfang an rechtswidrig.

3. Der Haftungsbeschränkung der Klägerin steht vorliegend nicht entgegen, dass die Haftungsbeschränkung nicht für Rechtsgeschäfte aus der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse gilt (§ 1629a Abs 2 Alt 2 [X.]). Denn diese Regelung zielt entsprechend dem Begriff "persönliche Bedürfnisse" nicht auf das durch das [X.]B II abgedeckte Existenzminimum, sondern auf [X.] des täglichen Lebens seitens des Minderjährigen oder größere altersgerechte Anschaffungen wie ein Fahrrad oder einen Computer ab (vgl auch Gesetzesbegründung zum [X.], BT-Drucks 17/3404 [X.]).

Nach der Begründung der [X.]regierung zum Entwurf des [X.] sollen mit dieser Ausnahme von der Haftungsbegrenzung nicht nur [X.] des täglichen Lebens (zB Kauf von Nahrungsmitteln oder Schulutensilien), sondern auch größere Geschäfte erfasst werden, die für Minderjährige der jeweiligen Altersstufe typisch oder jedenfalls nicht ungewöhnlich sind (zB Kauf eines Fahrrades oder Computers). In beiden Fällen bedürfe der Minderjährige keines Schutzes, weil ihm der Gegenwert des Geschäfts unmittelbar zugute komme und keine "unzumutbaren" finanziellen Belastungen im Sinne der Entscheidung des [X.] ([X.] 72, 155, 173) in Rede stünden (BT-Drucks 13/5624 [X.], ebenso: [X.] in [X.], [X.], 70. Aufl 2011, § 1629a Rd[X.] 11).

Auch wenn die dem Minderjährigen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes den (im Sinne der Existenzsicherung) verstandenen "persönlichen Bedürfnissen" des Kindes dienten, sind diese von der Ausnahmeregelung nicht mit umfasst. Auf den Fall, dass grundsätzlich alle "persönlichen Bedürfnisse" des Kindes durch staatliche Fürsorgeleistungen sichergestellt werden müssen, weil die Leistungsfähigkeit der Eltern als Unterhaltsverpflichtete nicht genügt, zielt die Ausnahmeregelung erkennbar nicht ab. Zudem ist in diesen Fällen gerade nicht mehr der (generalisierte) Schluss zulässig, dass durch die Rückforderung keine unzumutbaren finanziellen Belastungen entstehen. Allein diese Grundannahme rechtfertigt aber die Anwendung dieser Ausnahmeregelung, ohne dass es im Rahmen der Rückforderung von [X.]B II-Leistungen überzeugen würde, eine summenmäßige Begrenzung einzuführen, ab der die auf dem Fehlverhalten der (grundsätzlich ebenfalls ersatzpflichtigen) Eltern beruhende Schuldenlast "unzumutbar" wäre (für eine teleologische Reduktion des § 1629a Abs 2 Alt 2 [X.] für den Fall, dass dem Minderjährigen erhebliche finanzielle Belastungen drohten, [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl 2008, § 1629a Rd[X.] 28).

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 14 AS 153/10 R

07.07.2011

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dortmund, 9. August 2010, Az: S 32 AS 516/08, Urteil

§ 161 Abs 1 S 1 SGG, § 161 Abs 1 S 2 SGG, § 161 Abs 1 S 3 SGG, § 164 Abs 1 S 1 SGG, § 65a Abs 1 S 1 SGG, § 65a Abs 1 S 2 SGG, § 65a Abs 1 S 3 SGG, § 2 Abs 3 ERVVOBSG, § 170 Abs 4 S 1 SGG, § 114 Abs 2 S 2 SGG, § 36 Abs 1 S 1 SGB 1, § 11 Abs 1 SGB 10, § 50 Abs 1 S 1 SGB 10, § 50 Abs 3 S 1 SGB 10, § 50 Abs 3 S 2 SGB 10, § 24 Abs 1 SGB 10, § 24 Abs 2 SGB 10, § 31 S 1 SGB 10, § 41 Abs 1 Nr 3 SGB 10, § 41 Abs 2 SGB 10, § 42 S 2 SGB 10, § 38 S 1 SGB 2 vom 24.12.2003, § 1629 Abs 1 BGB, § 1629a Abs 1 BGB, § 1629a Abs 2 Alt 2 BGB, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 6 Abs 2 S 2 GG, § 33 Abs 1 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 07.07.2011, Az. B 14 AS 153/10 R (REWIS RS 2011, 4963)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4963

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