Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. 2 StR 97/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 10050

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 97/14

vom
10. Juni 2015

in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:
ja
[X.]R:
ja
Veröffentlichung:
ja
MRK Art. 6 Abs.
1 Satz 1
Die rechtsstaatswidrige Provokation einer Straftat durch Angehörige von Strafverfol-gungsbehörden oder von ihnen gelenkte Dritte hat regelmäßig ein Verfahrenshinder-nis zur Folge.

[X.], Urteil vom 10.
Juni 2015 -
2 StR 97/14 -
LG [X.]

1.

2.

wegen
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat auf Grund der Verhandlung vom 6.
Mai 2015
in der Sitzung am 10.
Juni 2015, an denen teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer,

[X.] am [X.]
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],

Richterin am Amtsgericht
als Vertreterin
der [X.]anwaltschaft,

Rechtsanwältin

in der Verhandlung und bei der Verkündung und
Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger
des Angeklagten [X.]

,

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger des Angeklagten [X.]

,

die Angeklagten [X.]

und [X.]

jeweils in Person

in der Verhandlung und bei der Verkündung,

Justizangestellte

in der Verhandlung,
Justizangestellte

bei der Verkündung,

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1. Auf die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 13.
Februar 2013 aufgehoben.
2. Das Verfahren wird eingestellt.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens sowie die den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
4. Die Entscheidung über die Entschädigung der Angeklagten für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen
bleibt dem [X.] vorbehalten.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat die
Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum [X.] Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt und ange-ordnet, dass bei beiden Angeklagten vier Monate Freiheitsstrafe wegen rechts-staatswidriger Verfahrensverzögerungen

als vollstreckt gelten. Gegen
dieses Urteil richten sich sowohl die Revisionen der Angeklagten als auch die zu [X.] der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft mit [X.] und der Sachbeschwerde. Die Rechtsmittel führen zur Aufhebung des Urteils und Einstellung des Verfahrens.
1
-
4
-
A.
Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und [X.] getroffen:

I.
1.
Im Rahmen von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft [X.] gegen

D.

wegen des Verbleibs
des Lösegelds aus der R.

-Entführung ergab sich im Jahre 2009 ein
Verdacht, dass sich die Angeklagten
[X.]

und [X.]

wegen Geldwäsche strafbar gemacht haben
könnten. Im Zug eines im Mai 2009
gegen beide eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde durch richter-lichen Beschluss eine
längerfristige Observation des Angeklagten [X.]

sowie die Überwachung der Telekommunikation des Angeklagten [X.]

angeordnet. Im Rahmen der [X.] wurde festgestellt, dass sich

D.

sowie die Angeklagten [X.]

und [X.]

am 13.
Juni 2009 in Br.

(Nie-derlande)
mit

A.

trafen, gegen den in den [X.] [X.], wenn auch ergebnislos, wegen internationalen Rauschgifthandels ermittelt worden war. Ein weiteres Treffen fand möglicherweise
am 6.
August 2009 statt.
Am 10.
September
2009 wurde auf Grund einer inzwischen
ebenfalls
richterlich angeordneten Fahrzeuginnenraumüberwachung ein Gespräch zwi-schen dem Angeklagten [X.]

und

D.

aufgezeichnet, in dem sich die beiden über MDMA

unterhielten. Aus Äußerungen des Angeklagten [X.]

ge-genüber einem unbekannten Dritten in einem in [X.] geführten Telefonat am 27.
Oktober 2009 über
100
%

,

hatte, zogen 2
3
4
-
5
-
die Ermittlungsbehörden den Schluss, dass der Angeklagte [X.]

zwischen sei-nem Gesprächspartner und A.

ein Amphetamingeschäft vermittelt habe.
Eine nach einem Treffen der Angeklagten mit A.

Ende April 2010 bei der Wiedereinreise aus den [X.] durchgeführte Zollkontrolle blieb erfolg-los.
Im Oktober 2010 leitete
die für den Wohnsitz des Angeklagten [X.]

zu-ständige Staatsanwaltschaft [X.] ein Ermittlungsverfahren gegen beide Ange-klagte wegen des [X.] ein, nachdem sie von der Staatsanwaltschaft [X.] über die gewonnenen Erkenntnisse infor-miert worden war, die aus ihrer Sicht den Verdacht einer aktiven Verstrickung
der Angeklagten
in den internationalen
Rauschgifthandel
begründeten.
Tatsächlich waren seit der Zollkontrolle Ende April 2010 keine verdächti-gen Gespräche mehr aufgezeichnet worden. Aus Sicht der Polizei war damit auch nicht meg-te [X.]

seitdem andere Kommunikationswege nutze, um mit den Mittätern in [X.] und in den [X.] in Kontakt zu treten. Aus diesem Grund bean-tragte die Staatsanwaltschaft am 29.
November 2010 den Einsatz Verdeckter Ermittler, den
das Amtsgericht mit Beschluss vom 1.
Dezember 2010 [X.].
Die befristete Genehmigung wurde in der Folge jeweils durch richterlichen Beschluss bis zur Festnahme der Angeklagten am 10.
August 2011 verlängert. Auf Grund eines Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft genehmigte die Staatsanwaltschaft [X.] mit diversen Anordnungen zwischen dem 16.
März und dem 9.
August 2011
die Durchführung verdeckter Ermittlungen durch [X.] und [X.] Ermittler.
Darüber hinaus wurde mit [X.] vom 1.
Dezember 2010 die Observation der Beschuldigten und die 5
6
-
6
-
Überwachung ihres Fernmeldeverkehrs gestattet; auch
diese Beschlüsse [X.] bis zur Festnahme der Angeklagten verlängert.
2.
Beginnend ab dem 13.
Januar 2011 besuchten die [X.]n Ver-.

.

mehrmals
das vom Angeklagten [X.]

in Bo.

betriebene Lokal, nahmen Kontakt zu diesem auf
und intensivier-ten diesen allmählich. Am 10.
Februar 2011 machten .

.

den Angeklagten [X.]

mit ihren Freunden, den [X.]n Verdeckten Er-mittler.

.

,
bekannt. In den nachfolgenden Wochen trafen sich die Beteiligten in unterschiedlichen Besetzungen.

.

Stammgästen im Lokal des Angeklagten [X.]

.
Schließlich kam es zu folgenden, für das Verfahren bedeutsamen Zu-sammenkünften:
Bei einem Besuch in seinem Lokal am 5.
April 2011 .

n-geklagten [X.]

, dessen Vorstrafen
wegen Betäubungsmitteldelikten
ihm aus einem früheren Gespräch bekannt waren, ob dieser ihm nicht einen seiner dar-aus herrührenden [X.]n Kontakte vermitteln könne. Er

.

ha-be große Probleme mit seinen Lieferanten; diese würden sich noch vergrößern, wenn er

was zu befürchten sei

ein Geschäft in den [X.] in der nächsten
Woche nicht abwickeln könne. Der Angeklagte [X.]

lehnte jegliche Beteiligung an diesen Geschäften ab.
Anlässlich eines

.

Treffens am 11.

.

.

den Abend, woraufhin der Angeklagte
[X.]

ihn daran erinnerte, nichts mit [X.] zu tun haben zu wollen. Am selben Abend .dem
Angeklagten [X.]

, dass
ihn
sein Lieferant
tatsächlich
versetzt habe. Die erneute Bitte des .

seine [X.]n Kontakte zu Drogenlieferanten zu vermitteln, lehnte
der Angeklagte [X.]

wiederum ab. Er forderte .

zudem
auf, nicht 7
8
9
-
7
-
mehr nachzufragen, da sich sein Standpunkt nicht ändern werde.
Am 14. oder 15.

.

ten [X.]

, dass seine [X.] , da das Geschäft
mit ihnen
nicht zustande
gekommen sei. Sie
hätten .

bedroht, weshalb er seine .

Wohnort verlassen hätte
und bei Bekannten untergekommen wäre.

.den Angeklagten [X.]

nochmals
um Hilfe
und erklärte,
er würde jeden Preis zahlen,
der Angeklagte müsse nichts weiter unternehmen. Der Angeklagte [X.]

lehnte auch diese Bitte ab.
Bei einem Treffen am 30.

.

.

Ange-klagten [X.]

, dass sich die Situation weiter zugespitzt habe und die [X.] A.

zen gedroht hätten. Beide baten den Angeklagten [X.]

erneut, ihnen einen Kontakt
mit Drogenlieferanten
in Holland
zu vermitteln. Der Angeklagte [X.]

erklärte
wiederum, dass er mit Rauschgift-geschäften nichts zu tun haben wolle;
er stehe unter Bewährung und habe sich eine Existenz aufgebaut. .der An-geklagte [X.]

schließlich doch dazu bereit, einen Freund zu fragen, ob dieser .

.ne,
und setzte sich noch am selben Tag mit dem Angeklagten [X.]

in Verbindung. Dieser
wusste aus Erzählungen des Ange-klagten [X.]

.atte, wobei bei dem Angeklagten [X.]

der Eindruck entstand, es handele sich um ließ sich dazu überreden, Kontakt zu ei-nem [X.]n Betäubungsmittellieferanten herzustellen. Dieser erklärte bei einem Treffen am nächsten Tag in den [X.], kein Interesse zu ha-ben, verwies den Angeklagten [X.]

aber an einen
anderen Lieferanten, der sich interessiert zeigte
und ein Treffen in [X.]

(Niederlande)
vorschlug.
10
-
8
-
3.
Am 6.
Juni 2011 trafen sich die Angeklagten mit N.

und Ap.

in [X.]

, um mit den Lieferanten die Modalitäten des [X.] zu be-sprechen, wobei der Angeklagte [X.]

als einziger Beteiligter direkten Kontakt mit dem Lieferanten hatte und den anderen dessen Nachrichten überbrachte.

.Lieferung von 40.000
Ecstasy-[X.]n, die schließlich
für den nächsten Freitag vereinbart
wurde, wobei der exakte Kaufpreis offen blieb.
Am 10.
Juni 2011 gegen 12.00
Uhr .nd der Angeklagte [X.]

mit dem als Kurier für den Lieferanten fungierenden gesondert
Verfolgten

W.

auf einem Parkplatz in [X.]

.

W.

übergab Ap.

und dem Angeklagten [X.]

40.000
Ecstasy-[X.]n mit einem Wirkstoffgehalt von min-destens 20,5% [X.], also mit
einer Wirkstoffmenge von mindestens 3.004
g [X.]. Da vor Ort der Preis pro [X.] auf 1,20
Euro festgesetzt .von den bereitgestellten 50.000
Euro Kaufgeld einen Be-trag von 2.000
Euro, bevor er
das restliche Geld

W.

übergab. Der An-geklagte [X.]

kontrollierte den Betrag, stieg in den Pkw des gesondert Ver-folgten

W.

und fuhr mit diesem zum Lieferanten, dem das [X.] wurde. Der Angeklagte [X.]

und N.

befanden sich zum [X.]punkt der Übergabe ebenfalls in [X.]

, waren aber am eigentlichen Drogengeschäft nicht beteiligt. Das [X.] konnte nicht feststellen, dass die Angeklagten für ihre Tätigkeit eine Vergütung erhielten
oder jedenfalls erhalten sollten.
4.
Am 10.

.

Hilfe
und erklärte.e-ren großen Gefallen.
Am 19.

.

[X.]

heran
und berichtete vom

.eines neuen [X.] persönlich zu treffen.
Der Angeklagte [X.]

, 11
12
13
-
9
-
der sich darüber zwar wunderte,
erklärte sich
gleichwohl
damit einverstanden, den Angeklagten [X.]

zu kontaktieren. Zugleich
machte er deutlich, dass er mit weiteren Geschäften nichts mehr zu tun haben wolle. In der Folge scheiter-ten mehrere durch den Angeklagten [X.]

vermittelte Versuche eines Treffens .Im Rahmen der vielen Gespräche zwi-.

.

Anfang August 2011 .
killen.
5.
In der Folge wurde über den Angeklagten [X.]

eine erneute
Ecsta-sy-Lieferung vereinbart. Am 10.
August 2011 holte der gesondert Verfolgte

W.

mit seinem Pkw 250.000
Ecstasy-[X.]n
mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 19% [X.], also mit
einer Wirkstoffmenge von mindestens 17.334
g [X.],
bei dem [X.]n Lieferanten ab und begab sich mit dem Rauschgift zu einem Parkplatz in Ke.

(Niederlande). Neben Ap.

und [X.]

war ein weiterer Verdeckter Ermittler der [X.]n Poli-zei mit der Legende .

anwesend. Nachdem der deswegen irritierte

W.

vom Angeklagten
[X.]

beruhigt
worden war, zeigte
er Ap.

[X.]

die [X.]n und packte die Kartons in einen Einkaufswagen[X.] [X.]

verbrachten diese
sodann .

Als Ap.

im Anschluss

W.

die Tasche mit dem vermeintlichen [X.], erfolgte der polizeiliche Zugriff. Der Angeklagte [X.]

, der sich nicht vor Ort befand, wurde in Bo.

festgenommen. Der Angeklagte [X.]

sollte für seine Hilfe bei diesem Geschäft von .

Euro erhalten; ob der Angeklagte [X.]

ebenfalls eine Vergütung erhalten sollte, konnte das [X.] nicht feststellen.

14
-
10
-
II.
Das [X.]
hat sich von der Glaubhaftigkeit der Aussage des Ver-.

, der aufgrund einer teilweisen behördlichen Sperrung lediglich unter akustischer Abschirmung im Wege einer audiovisuellen Übertra-gung vernommen werden konnte, schon mangels eines persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung nicht überzeugen können. Darüber hinaus haben sich aus fehlender bzw. unklarer Dokumentation der Einsätze der Verdeckten Ermitt-ler sowie aus mangelnder Stimmigkeit der Angaben durchgreifende Zweifel an .

m-mer
der
Verurteilung allein die nicht widerlegten [X.]assungen
der Angeklagten zu Grunde gelegt.
Vor diesem Hintergrund wertete das [X.]
das Verhalten der [X.] bei beiden Taten jeweils als
Beihilfe
zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, da diese lediglich fremde Um-satzgeschäfte vermittelt und begleitet hätten, ohne dass sie eigenen Einfluss auf die [X.], die Preise oder den Weiterverkauf gehabt hätten, zumal eine Vergütungszusage nicht feststellbar bzw. die zugesagte Höhe der Vergütung in Anbetracht des Gesamtumsatzes vergleichsweise gering gewesen sei.
Bei der Strafzumessung wertete das [X.] hinsichtlich beider
An-geklagter
als von den beiden Verdeckten Ermittlern N.

und Ap.
kam und von diesen sinn-gemäß erklärt wurde, für die Angeklagten bestehe kein Risiko, da die [X.] in den [X.] erfolgen würden und ein Weiter-Weiter berücksichtige es als

Einsatz der Verdeckten Ermittler ange-sichts der massiven Vorstrafen gerade noch verhältnismäßig

.
15
16
17
-
11
-

[X.]
Die Revisionen
der
Angeklagten
führen zur Einstellung des Verfahrens.
Es liegt eine
rechtsstaatswidrige
Tatprovokation
vor, die zu einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernis führt.

I.
Die Urteilsgründe belegen die Voraussetzungen einer Art.
6 Abs.
1 Satz
1 [X.]
verletzenden rechtsstaatswidrigen Tatprovokation.
1.
Nach
der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) liegt eine gegen Art.
6 Abs.
1 Satz
1 [X.]
verstoßende Tatprovokation vor, wenn sich die beteiligten [X.] nicht auf
eine weitgehend passive Strafermittlung
beschränken, sondern die betroffene
Per-son
derart beeinflussen, dass sie zur Begehung einer Straftat verleitet wird, die sie ohne die Einwirkung nicht begangen hätte, und zwar mit dem Zweck,
diese
Straftat nachzuweisen, also Beweise für sie zu erlangen und
eine Strafverfol-gung einzuleiten. Der Grund für dieses Verbot liegt darin, dass es Aufgabe der Ermittlungsbehörden ist, Straftaten zu verhüten und zu untersuchen, und nicht, zu solchen
zu provozieren
(vgl. [X.], Entscheidung vom 23.
Oktober 2014

54648/09 [Furcht gegen [X.]], [X.], 81, 84 mit [X.]. [X.] = StraFo 2014, 504, 506 mit [X.]. [X.]
und [X.]. Hauer NJ 2015, 203; [X.]/[X.] [X.], 761 ff.; [X.] [X.], 411 ff.; Sinn/[X.] [X.], 379 ff.).
18
19
20
-
12
-
Im Rahmen der Prüfung, ob die Ermittlunggeführt wurden, untersucht der [X.] sowohl die Gründe, auf denen die verdeckte Ermittlungsmaßnahme beruhte, als auch das Verhalten der die verdeckte Maßnahme durchführenden Ermittlungs-personen:
Insoweit stellt der Gerichtshof zunächst darauf ab, ob es objektive [X.] für den Verdacht
gab, dass der Betroffene bereits an kriminellen Aktivitäten beteiligt oder der Begehung von Straftaten zugeneigt war. Dabei spielt es eine Rolle, ob der Betroffene
vorbestraft ist (was
aber für sich allein noch kein ausreichendes Indiz darstellt) und
bereits ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden war.
Darüber hinaus kann im Rahmen dieser [X.], je nach den Umständen des konkreten Falles, nach Ansicht des Gerichts-hofs
Folgendes für eine
Tatgeneigtheit sprechen: die zu Tag getretene Ver-trautheit des [X.] mit den im illegalen Betäubungsmittelhandel üblichen Prei-sen, seine
Fähigkeit, kurzfristig Drogen beschaffen zu können, sowie der [X.], dass er aus dem Geschäft
einen finanziellen Vorteil ziehen würde.
Bei der Prüfung des Verhaltens der [X.] untersucht der [X.], ob auf den Betroffenen Druck ausgeübt wurde, die Straftat zu begehen.
In [X.] können nach Ansicht des Gerichtshofs
folgende Verhaltensweisen dafür
sprechen, dass die Ermittlungsbehörden den Bereich des passiven Vorgehens verlassen ha-ben: das Ergreifen der Initiative beim Kontaktieren des Betroffenen, das [X.] des Angebots trotz anfänglicher Ablehnung, hartnäckiges Auffordern zur Tat, Steigern des Preises über den Durchschnitt oder Vorspiegelung von [X.], um das Mitleid des Betroffenen zu erregen (vgl. [X.] aaO
mwN; siehe auch [X.], Entscheidung vom 4.
November 2010
21
22
23
-
13
-

18757/06 [[X.] gegen [X.]], Rn.
37
ff.; Urteil
vom 18.
Oktober 2011

21218/09 [[X.] gegen [X.]], NJW 2012, 3502, 3503; Urteil
vom 5.
Februar 2008

74420/19 [[X.] gegen [X.]], NJW 2009, 3565, 3566
f.; Urteil
vom 9.
Juni 1998

44/1997/828/1034 [[X.] gegen [X.]], NStZ 1999, 47, 48).
2.
Nach der Rechtsprechung des [X.]
liegt
eine staatliche Tatprovokation
vor, wenn ein
Verdeckter
Ermittler (oder eine von einem Amts-träger
geführte Vertrauensperson) h-tung auf eine Weckung der Tatbereitschaft oder eine Intensivierung der Tatpla-nung mit einiger Erheblichkeit stimulierend auf den Täter einwirkt. Sie ist
nur zulässig, wenn diese
gegen eine Person eingesetzt wird, die in einem den
§
152 Abs.
2, §
160 [X.] vergleichbaren Grad verdächtig ist, an einer bereits begangenen Straftat beteiligt
gewesen oder zu einer zukünftigen Straftat bereit zu sein (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Mai 2001

1
StR
42/01, [X.]St 47, 44, 47
f.; Urteil vom 18.
November 1999

1
StR
221/99, [X.]St 45, 321, 336
f.). Eine unverdächtige und zunächst nicht tatgeneigte Person darf hingegen nicht in einer dem Staat zurechenbaren Weise zu einer Straftat verleitet werden. Auch bei anfänglich bereits bestehendem Anfangsverdacht kann eine rechtsstaats-widrige Tatprovokation vorliegen, wenn
die Einwirkung auf die Zielperson im

(vgl. [X.], Ur-teil vom 11.
Dezember 2013

5
StR
240/13, [X.], 277, 279; Urteil vom 23.
Mai 1984

1
StR
148/84, [X.]St 32, 345, 346
f.; [X.], Urteil vom 21.
September 1983

2
StR
370/83, [X.], 78, 79); im Rahmen der erfor-derlichen Abwägung sind insbesondere Grundlage und Ausmaß des gegen den Betroffenen bestehenden Verdachts, Art, Intensität und Zweck der Einfluss-nahme sowie die eigenen, nicht fremdgesteuerten Aktivitäten des Betroffenen in den Blick zu nehmen (vgl. [X.], Urteil vom 23.
Mai 1984 -
1 [X.], [X.]St 24
-
14
-
32, 345, 346 f.; [X.], Urteil vom 21. September 1983 -
2 [X.], [X.], 78, 79).
3.
An beiden Maßstäben gemessen überschritt das Verhalten der [X.] die durch den Grundsatz des fairen Verfahrens und das Rechtsstaatsprinzip gezogenen Grenzen.
a)
Der Einsatz der Verdeckten Ermittler beschränkte sich nicht auf eine uropäische Gerichtshof für Menschenrechte für zulässige Einflussnahmen auf den Täter voraussetzt, son-dern stellt sich als eine massive aktive Einwirkung auf die Angeklagten dar, die dazu führte, dass sie sich nur deshalb an den begangenen Straftaten beteilig-ten.
aa)
Bei der nach der Rechtsprechung des [X.], auf denen die verdeckte Maßnahme beruhte, ist in den Blick zu nehmen, dass beide Angeklagte wegen Drogendelikten
vorbestraft waren. Doch begründen Vorstrafen für sich allein weder einen Anfangsverdacht für die Begehung weiterer Straftaten noch geben sie auch nur einen (ausreichenden) Anhalt für die Annahme möglicher Tatge-neigtheit. Andernfalls wäre die Resozialisierungswirkung der Vorstrafe generell
in Frage gestellt. Zu berücksichtigen ist im konkreten Fall zudem, dass sich auch nach der erfolgten Verleitung zu Straftaten eine tatsächliche Einbindung der Angeklagten in das Drogenmilieu zu Beginn des Einsatzes der Verdeckten Ermittler nicht feststellen ließ. Der Angeklagte [X.]

hatte selbst keine
einschlä-gigen
Kontakte mehr und musste den Mitangeklagten [X.]

für die Suche nach Betäubungsmittelhändlern gewinnen. Dieser sprach zunächst eine ihm fremde Person an, die aber kein Interesse an einem Drogengeschäft hatte und ihn an einen anderen Lieferanten weiterverwies.
25
26
27
-
15
-
Auf Grund der im Zug des Ermittlungsverfahrens wegen Geldwäsche gewonnenen Erkenntnisse haben die Ermittlungsbehörden allerdings (noch) rechtlich vertretbar einen Anfangsverdacht hinsichtlich von Betäubungsmittel-straftaten
bejaht und im Oktober 2010 ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dieser Verdacht war aber nicht sonderlich gewichtig und stützte sich nur auf wenige, zudem vage Umstände. Hierbei ist insbesondere zu berücksich-tigen, dass sich nach den im Oktober 2009 aus der Telefonüberwachung ge-

der Vermittlung eines Amphetamingeschäfts durch den Angeklagten [X.]

aus-gegangen sind, keine weiteren Hinweise auf eine kriminelle Verstrickung der Angeklagten ergeben hatten. Eine PKW-Kontrolle im April 2010 nach einem Treffen der Angeklagten mit

A.

, gegen den in den [X.] wegen des Verdachts der Teilnahme am internationalen Drogenhandel

allerdings ergebnislos

ermittelt worden war, brachte keine neuen [X.]. Die Annahme der Ermittlungsbehörden, dass der Angeklagte [X.]

eben andere Kommunikationswege nutze und sich deshalb keine weiteren [X.] ergeben hätten, stellt sich letztlich als eine bloße Spekulation dar, die ohne weitere Anhaltspunkte für eine allgemeine kriminelle Verstrickung auch nicht durch kriminalistische Erfahrung gedeckt ist. Die auf die beschriebe-nen Umstände gestützte richterliche Gestattung des Einsatzes Verdeckter Er-mittler im Dezember 2010 mag

unter Berücksichtigung des ermittlungsrichter-lichen Beurteilungsspielraums

noch von den gesetzlichen Vorschriften getra-gen gewesen sein; zu berücksichtigen ist allerdings, dass damit nicht ohne [X.] auch die Zulässigkeit einer Tatprovokation einhergeht, zumal es für diese konkrete Maßnahme selbst keine spezialgesetzliche Regelung gibt (vgl. §
110c [X.]). Für die Beurteilung des Vorliegens der Eingriffsvoraussetzungen kommt es zudem auf die Verdachtslage zum [X.]punkt der Einwirkung des [X.] 28
-
16
-
auf die Zielperson an. Je stärker der Verdacht ist, desto nachhaltiger kann nach der Rechtsprechung des [X.] auch die Einflussnahme sein (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Mai 2001 -
1 [X.], [X.]St 47, 44, 49). Je geringer der Tatverdacht aber ist, umso weniger an Stimulierung ist erlaubt. Schließlich ist besondere Zurückhaltung geboten, wenn sich trotz Beobachtung und Versu-chen der Einflussnahme gerade keine weiteren belastbaren Anhaltspunkte für eine (unabhängig von der
Tatprovokation) geplante oder durchgeführte Tatbe-gehung ergeben.
Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass zwar aus der Sicht der Ermittlungsbehörden noch hinreichende Gründe für die Anordnung von
ver-deckten Ermittlungsmaßnahmen
gegeben waren, dem provozierenden Tätig-werden aber mit Blick auf die Stärke des geringen Tatverdachts von Anfang an enge Grenzen gesteckt waren.
[X.])
Bei der weiteren nach der Rechtsprechung des [X.] notwendigen Erörterung, ob und in welcher Weise durch die Verdeck-ten Ermittler Druck auf die Angeklagten ausgeübt wurde, sind die konkreten Umstände in den Blick zu nehmen, wie es zur Tatverleitung der Angeklagten gekommen ist. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass Verdeckte Ermittler aus den [X.] in [X.] tätig geworden sind, ohne dass zu jedem p..

Februar 2011 in [X.] im Einsatz, eine Genehmi-gung ist aber erst am 16.
März 2011 erteilt worden.
Darüber
hinaus ist festzu-halten, dass sich der Angeklagte [X.]

.

Vermittlung seiner Drogenkontakte in den [X.] seit Anfang April 2011 widersetzte, bevor er dem ständigen und immer intensiverem Drängen am 30.
Mai 2011 schließlich nachgab. Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, 29
30
-
17
-
dass dem Angeklagten [X.]

.

.

.

.

Wohnort
gewechselt habe. Erst als ihm erklärt wurde, dass sich die Situation noch weiter zugespitzt habe, erklärte sich der Angeklagte [X.]

, der wiederholt betont hatte, mit [X.] nichts zu tun haben zu wollen, dazu
be-reit, einen Freund zu fragen, ob dieser helfen könnte. Dabei verfügte der Ange-klagte [X.]

nicht über eigene Kontakte; deshalb schaltete er den Angeklagten [X.]

ein, bei dem durch vorangegangene Erzählungen der Eindruck entstan-den war, es hdeshalb zur Tatbeteiligung überreden, konnte aber nicht auf einen bestimmten Lieferanten zurückgreifen, sondern musste einen solchen erst suchen. Die [X.] der Angeklagten waren
dabei gepr.

.

e
zu keinem
[X.]punkt auf eigenem Antrieb und ging
auch nicht auf eigenes Gewinnstreben zurück. Es handelte
sich um ein ganz und gar fremdnütziges Verhalten, zu dem es nicht gekommen wäre, wären der Angeklagte [X.]

und mittelbar auch der Mitange-klagte [X.]

nicht durch die Verdeckten Ermittler

Dies gilt in gleicher Weise für das zweite Geschäft, nicht nur für den [X.] weitgehend unbeteiligten Angeklagten [X.]

, der zwar den Angeklagten [X.]

u-gleich deutlich machte, damit nichts mehr zu tun haben zu wollen. Es betrifft auch den Angeklagten [X.]

, der zwar aufgrund der vorgetäuschten
Bedro-hungslage bereit war, einen Kontakt zum Lieferanten herzustellen, aber an-sonsten mit dem Geschäft auch nichts zu tun haben wollte. Dies alles gilt umso mehr, als nach Durchführung der ersten Tat aus der Sicht der [X.], deren Ziel die Aufklärung von Straftaten und nicht deren [X.]
-
18
-
rung ist (vgl. [X.] NJW
2015, 1083, 1084), kein legitimer Grund
mehr be-.

eine zweite Tat zu initiieren.
Mit diesem Verhalten der Verdeckten Ermittler gegenüber den Angeklag-ten haben die Ermittlungsbehörden in beiden Fällen die ihnen bei Ermittlungen nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens vorgegebene passive Haltung bei der heimlichen Aufklärung von Straftaten verlassen. Sie haben vielmehr

unter Außerachtlassung des ohnehin nur geringen Tatverdachts gegen die Angeklag-ten und der ständigen, zu einer weiteren Handlungsbegrenzung führenden Weigerungen des Angeklagten [X.]

, sich an einem Betäubungsmittelgeschäft
eines anderen zu beteiligen

ihre Einflussnahme im Laufe der [X.] immer [X.] verstärkt und damit letztlich erst die Beteiligung der Angeklagten an ihrem eigenem Geschäft veranlasst. In beiden Fällen liegt damit nach den Maßstäben des [X.] hinsichtlich beider [X.] eine gegen Art.
6 Abs.
1 [X.] verstoßende polizeiliche Tatprovokation vor.
b)
Auch nach der Rechtsprechung des [X.] ist
im vorlie-genden Fall eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation
gegeben.
Die Handlungen der Verdeckten Ermittler erschöpften sich nicht darin, die Angeklagten lediglich ohne sonstige Einwirkung angesprochen oder eine
offen erkennbare Bereitschaft zur Begehung weiterer Straftaten ausgenutzt zu haben. Sie waren vielmehr

trotz wiederholter Weigerung, sich an [X.]n beteiligen zu wollen

darauf gerichtet, gerade doch eine solche Beteiligung erreichen zu wollen, und stellen damit ohne Weiteres auch im Sinne der Rechtsprechung des [X.] eine staatliche [X.] dar. Diese war auch unzulässig, auch wenn sie sich gegen Personen 32
33
34
-
19
-
richtete, gegen die ein wenn auch geringer Tatverdacht bestand. Zwar ist bei diesem Personenkreis eine über das

machenInitiie-rung oder Steigerung des (eigentlichen) Tatentschlusses grundsätzlich nicht unzulässig, doch bestehen auch hier rechtsstaatliche Grenzen eines Lockspit-zeleinsatzes. Die Einwirkung auf eine verdächtige oder tatgeneigte Person darf im Verhältnis zum [X.] dies war
hier aber der Fall. Es bestand

wie oben ausgeführt

allen-falls ein vager Anfangsverdacht gegen die Angeklagten, die sich erst bereit er-klärten, an den [X.] mitzuwirken, nachdem die [X.] über Monate hinweg das Vertrauen des Angeklagten [X.]

gewonnen hatten und diesem vorgespiegelt worden war, sie würden von serbi-schen Abnehmern des Rauschgifts bedroht. Es liegt ein deutliches Missverhält-nis zwischen dem bestehenden Anfangsverdacht einerseits und den [X.], massiven Einwirkungshandlungen der Verdeckten Ermittler andererseits vor.
c)
Sowohl nach der Rechtsprechung des [X.] als auch derjenigen des [X.] ist demnach eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation anzunehmen. Der [X.] braucht deshalb an dieser Stelle nicht zu entscheiden, ob

wie der 1.
Strafsenat meint (Beschluss vom 19.
Mai 2015

1
StR
128/15, [X.], 541, 544)

die die
Rechtspre-chung des [X.]
für Menschenrechte in der Auslegung des Art.
6 Abs.
1 [X.] prägenden Kriterien
der Tatprovokation in der Judikatur des [X.] abgebildet werden oder ob nicht die Rechtsprechung des [X.] in ihren Voraussetzungen zur Annahme einer rechts-e-deshalb an die (wohl) weitergehende Judikatur des [X.] 35
-
20
-
für Menschenrechte wäre
(vgl. dazu [X.]/[X.], [X.], 761, 769).

II.
Der danach gegebene Verstoß gegen Art.
6 Abs.
1 Satz
1 [X.]
führt im vorliegenden Fall zur Einstellung des Verfahrens
wegen eines Verfahrenshin-dernisses.
1.
Zwar entspricht es der bisher ständigen Rechtsprechung des [X.]-gerichtshofs, dass eine unzulässige Tatprovokation kein Verfahrenshindernis nach sich
zieht, sondern nur
im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichti-gen ist (vgl. nur [X.], Urteil vom 21.
Oktober 2014

1
StR
78/14,
juris Rn.
7, insoweit in [X.], 226 nicht abgedruckt; Urteil vom 11.
Dezember 2013

5
StR
240/13, [X.], 277, 280; Urteil vom 30.
Mai 2001

1
[X.], [X.]St 47, 44, 47; Urteil vom 18.
November 1999

1
StR
221/99, [X.]St 45, 321, 324 ff.; Urteil vom 23.
Mai 1984

1
StR
148/84, [X.]St 32, 345, 348 ff.).

2.
An dieser angesichts der [X.] Rechtsprechung des [X.] (nachfolgend
a) nicht mehr fest.
Die
gebotene Berücksichtigung der Rechtspre-chung des [X.]
(nachfolgend
b) führt
nach Ansicht des [X.]s dazu, dass jedenfalls in den Fällen der vorlie-genden Art ein Verfahrenshindernis zur Kompensation der Konventionsverlet-zung erforderlich ist (nachfolgend
c).

36
37
38
-
21
-
a)
Der [X.]
hat in seiner Ent-scheidung Furcht gegen [X.] vom 23.
Oktober 2014 (54648/09, Rn.
47,
[X.], 81, 84
=
StraFo 2014, 504, 506), mit der erstmals die Strafzumes-sungslösung der [X.]n Rechtsprechung unmittelbar überprüft und als [X.] der Kompensation des Konventionsverstoßes verworfen wurde, erneut be-tont, das öffentliche Interesse an der Verbrechensbekämpfung rechtfertige nicht die Verwendung von Beweismitteln, die als Ergebnis polizeilicher [X.] gewonnen wurden, denn dies würde den Beschuldigten der Gefahr ausset-zen, dass ihm von Beginn an kein faires Verfahren zu Teil wird.
Der Entscheidung lag eine Fallkonstellation
zu Grunde,
in der zum maß-geblichen [X.]punkt des Herantretens
der Verdeckten Ermittler
an den Betroffe-nen
bereits keine objektiven Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass dieser in [X.] Rauschgifthandel verwickelt oder der Begehung von Straftaten sonst [X.] war. Zwar hatte der Betroffene in der Folge die Möglichkeit eines Rauschgiftverkaufs selbst vorgeschlagen. Da aber der Verdeckte Ermittler nach der Erklärung des Betroffenen, an einem Rauschgiftgeschäft nicht mehr inte-ressiert zu sein, erneut Kontakt mit diesem aufgenommen und ihn überredet hatte, mit der [X.] fortzufahren, kam der [X.] zu dem Schluss, dass der Einsatz über eine rein passive Ermittlungstätigkeit
hinausging und einen Verstoß gegen Art.
6 Abs.
1 Satz
1 [X.]
begründete.
In Zusammenhang mit der Frage, ob dem Betroffenen durch die vom [X.] vorgenommene erhebliche, wenn auch nicht bezifferte Strafmilde-rung eine ausreichende Kompensation für den Konventionsverstoß gewährt wurde, wiederholte
der [X.], dass alle als Ergebnis polizeilicher Tatprovokation gewonnenen Beweismittel ausge-39
40
41
-
22
-
schlossen werden müssen oder ein Verfahren mit vergleichbaren Konsequen-zen gewählt werden
muss, damit das Verfahren fair im Sinne von Art.
6 Abs.
1 [X.]
ist
([X.], aaO, Rn.
64, 68).
Alle anderen Maßnahmen können danach nicht als ausreichend angesehen werden, um eine angemessene Wiedergut-machung für eine Verletzung von Art.
6 Abs.
1 [X.] zu leisten. Aus diesem Grund kam
der Gerichtshof nicht zuletzt aufgrund der Bedeutung des durch die unzulässige Tatprovokation gewonnenen [X.] für den Beweis der Schuld zu dem Schluss, dass selbst eine erhebliche Milderung der Strafe nicht
ngesehen werden könne ([X.], aaO, Rn.
68 f.).
b)
Diese Rechtsprechung ist vom [X.] bei der Bestimmung der Rechtsfolge einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation zu berücksichtigen.
aa)
Innerhalb der [X.]n Rechtsordnung stehen die [X.] und ihre Zusatzprotokolle

soweit sie für die Bun-desrepublik [X.] in [X.] getreten sind

im Range eines [X.]geset-zes. Diese Rangzuweisung führt dazu, dass [X.] Gerichte die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des [X.] im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben ([X.]E 111, 307, 317; 128, 326, 366 f.). Eine besondere Bedeutung für das Konventionsrecht als Völker-vertragsrecht haben die Entscheidungen des [X.], weil sich in ihnen der aktuelle Entwicklungsstand der Konven-tion und
ihrer Protokolle widerspiegelt ([X.]E 111, 307, 319).
Zur Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht (Art.
20 Abs.
3 GG) ge-hört daher die Berücksichtigung der Gewährleistungen der [X.] und der Entscheidungen des Gerichtshofs im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung
des innerstaatlichen Rechts. So-42
43
44
-
23
-
wohl die fehlende Auseinandersetzung mit einer Entscheidung des Gerichtshofs als auch deren gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische "Vollstre-ckung" können nach der Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts ge-gen Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen

([X.]E 111, 307, 323
f.; [X.] NJW
2015, 1083, 1085). Die Rechtspre-chung des [X.] ist danach auch auf [X.] des einfachen Rechts möglichst schonend in das vorhandene, dog-matisch ausdifferenzierte nationale Rechtssystem einzupassen (vgl. [X.]E
111, 307, 327; 128, 326, 371).
[X.])
Danach kommt die Strafzumessungslösung, deren Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung des [X.]
im Schrifttum von Anfang an umstritten war (vgl. statt vieler Imme [X.], Die Rechtsfolgen schwerwiegender Rechtsstaatsverstöße in der Strafrechtspflege, 4.
Aufl., 2004, S.
179
ff.; [X.]/[X.], [X.], 58.
Aufl., [X.]. Rn.
148a, beide mwN)
als Konsequenz rechtsstaatswidriger
Tatprovokation nicht mehr in Betracht
(so auch [X.]/[X.], [X.], 761, 769; [X.],
StraFo 2014, 508; [X.], [X.], 88, 89; [X.], [X.], 411 f.; Sinn/[X.], [X.], 379, 381 f.).
Zwar muss das nationale Rechtssystem nicht zwingend dem dogmati-schen Ansatz des [X.]
folgen (siehe [X.], NJW
2015, 1083, 1085). Denn solange die inhaltlichen Anforderungen, die Art.
6 Abs.
1 Satz
1 [X.]
an die Fairness des Strafverfahrens stellt, erfüllt sind, überlässt es der Gerichtshof
den nationalen Gerichten zu entscheiden, wie die Anforderungen der Konvention in die jeweiligen nationalen Strafrechtssys-teme zu integrieren sind. Der Gerichtshof betont dementsprechend
im Allge-meinen, dass die Frage der Zulässigkeit und Würdigung einzelner Beweise vor-45
46
-
24
-
nehmlich der Regelung des nationalen Rechts vorbehalten bleibe, wohingegen seine Aufgabe darin bestehe festzustellen, ob das Verfahren als Ganzes, ein-schließlich der Art und Weise der Beweisaufnahme, fair war (vgl. [X.], Urteil
vom 23.
Oktober 2014

54648/09 [Furcht gegen [X.]], [X.]
2015, 84; Urteil
vom 9.
Juni 1998

44/1997/828/1034 [[X.] gegen [X.]], NStZ 1999, 47, 48; Urteil
vom 5.
Februar 2008

74420/19 [[X.] gegen [X.]], NJW 2009, 3565, 3566, jew. mwN).
Dementsprechend hält der Gerichtshof
auch ein Verfahren mit ähnlichen Konsequenzen grundsätzlich für geeignet, eine ausreichende Wiedergutmachung des Verstoßes gegen Art.
6 Abs.
1 Satz
1 [X.]
zu gewährleisten.
Wie der [X.]
aber nunmehr

nachdem der [X.] in der Vergangenheit wiederholt die Straf-zumessungslösung als ausreichend zur Kompensation angesehen hatte

aus-drücklich festgestellt
hat, führt auch eine erhebliche Milderung der Strafe nicht zu Konsequenzen, die einem Ausschluss sämtlicher durch die konventionswid-rige Tatprovokation des Staates erlangten Beweismittel vergleichbar sind. Die Strafzumessungslösung, soweit sie nicht zu einem vollständigen Absehen von Strafe führt
(dafür Sinn/[X.],
[X.], 379, 383)
stellt damit auch keine voll-ständige
Wiedergutmachung im Sinne des Art.
41 [X.]
dar (vgl. Imme [X.]
aaO S.
181 f.). Die Einhaltung der Mindeststandards der Konvention in
der Aus-legung durch den [X.] (Art.
1, 19 [X.]) wird durch die Strafzumessungslösung daher nicht gewährleistet
(vgl. aber [X.], Beschluss vom 19.
Mai 2015 -
1 [X.], Rn.
7 f., wo die ab-schließenden Konsequenzen aus der neueren Rechtsprechung des [X.] allerdings nicht ausdrücklich erörtert wer-den).
47
-
25
-

c)
Die
danach
gebotene
Neubewertung der staatlichen Tatprovokation führt bei der erforderlichen schonenden
Einpassung der Rechtsprechung des [X.] in das nationale Rechtssystem im vorliegenden Fall zur Annahme eines [X.].
aa)
Die Wendung des Gerichtshofs, wonach alle als Ergebnis polizeili-cher Provokation gewonnenen Beweismittel ausgeschlossen werden müssen oder aber ein Verfahren mit vergleichbaren Konsequenzen eingreifen muss, damit das Verfahren

auch als Ganzes

als fair angesehen werden kann, könnte zwar für die Annahme eines umfassenden [X.] sprechen.
Ein solches Beweisverwertungsverbot stünde, wie der [X.] bereits dargelegt hat,
indes mit grundlegenden Wertungen des [X.]n [X.] nicht ohne Weiteres in Einklang und führte
zu unlösbaren Ab-grenzungsschwierigkeiten
(vgl. schon [X.], Urteil vom 18.
November 1999

1
StR
221/99, [X.]St 45, 321, 334
f.; Urteil vom 23.
Mai 1984

1
StR
148/84, [X.]St 32, 345, 355).
So betrifft ein Beweisverwertungsverbot
grundsätzlich
nur
die unmittelba-re Verwertung von bestimmten, rechtswidrig erlangten Beweismitteln zur Fest-stellung der Schuldfrage (vgl. [X.],
NJW
2015, 1083, 1085; [X.],
NJW 2011, 2417, 2419; [X.]/[X.], [X.], 58.
Aufl., [X.]. Rn.
55; KK-[X.]/Senge, 7.
Aufl., Vor
§
48 Rn.
82; [X.]/[X.], Strafverfahrens-recht, 28.
Aufl., §
24 Rn.
21). In den Fällen der rechtsstaatswidrigen [X.] betrifft das rechtswidrige, gegen Art.
6 Abs.
1 Satz
1 [X.]
verstoßende Handeln des Staates dagegen nicht erst die Erlangung von Beweismitteln, son-48
49
50
51
-
26
-
dern es hat die Tat als solches zur Folge
(vgl. auch [X.], Tatprovokation als Ermittlungsmaßnahme, 2014, S.
223
ff.; [X.]/[X.], [X.] 2008, 279, 286).
Insofern greift die Überlegung zu kurz, es seien die durch die [X.]

zu eliminieren. Im Übrigen stellt sich die [X.] Erhebung dieser Beweise im Strafverfahren jedenfalls nicht als von vornhe-rein rechtswidrig
dar. Die Beweiserhebung durch den Tatrichter ist vielmehr [X.] regelmäßig geboten, um die tatsächlichen Umstände einer behaupteten Tatprovokation klären und die daraus folgenden Konsequenzen prüfen zu [X.].
Umso weniger
erscheint, was den Umfang eines möglichen Verwer-tungsverbotes angeht,
eine Differenzierung

l-rlangten Beweisen durchführbar (hierfür aber wohl [X.], [X.], 1083, 1086).
Dies wird exemplarisch in den
Fällen deutlich, in denen

wie hier
und in dem der Entscheidung des [X.]verfas-sungsgerichts
zu Grunde liegenden Fall

die Verurteilung der Angeklagten im Wesentlichen auf deren Geständnis beruht. Wie der [X.] unter B[X.]gnahmen auf Rechtsprechung des [X.]
bereits entschieden hat, könnte die erforderliche
Beschränkung der Zulässigkeit polizeilicher Tatprovokation nicht erreicht werden, wenn darauf abgestellt würde, ob die Angaben des Verdeckten Ermittlers (oder der [X.])
das wichtigste Beweismittel darstellen. In vielen Fällen sind deren Angaben zur eigentlichen Überführung des Provozierten nicht notwendig, weil häufig auch Polizeibeamte die Rauschgiftübergabe beobachten
und dabei unter Sicherstellung von Drogen und Festnahme der Täter zugreifen, so dass
es für die Beweiswürdigung häufig nicht entscheidend darauf ankommt, ob der Ange-klagte später

bedingt durch die erlangten Ermittlungsergebnisse oder um gel-tend zu machen, zur Tat provoziert worden zu sein

ein Geständnis ablegt
52
-
27
-
([X.], Urteil vom 18.
November 1999

1
StR
221/99, [X.]St 45, 321, 331
f.).
Allein der Ausschluss der Angaben der Lockspitzel von der Beweisführung ge-währleistet nicht, dass am Ende ein Verfahren stehen könnte, welches im Ein-klang mit der Rechtsprechung des [X.] für Menschen-rechte in seiner Gesamtheit lers, [X.], 761, 765; ebenso wohl auch Sinn/[X.], [X.], 379, 383). Die Nicht-verwendung aller auch in mittelbarer Weise erlangten Beweismittel liefe auch der Sache nach auf ein Verfahrenshindernis hinaus (so auch [X.]/[X.], [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 411, 413).
[X.])
Demgegenüber fügt sich die Annahme eines [X.] schonend

in das [X.] Strafrechtssystem ein und genügt den Vorgaben des [X.].
(1)
Die Anerkennung eines [X.] knüpft an die provo-zierte Tat selbst und daher

anders als ein Beweisverwertungsverbot

an der unmittelbaren Folge des rechtsstaatswidrigen Handelns an. Es führt zur Einstel-lung des Verfahrens hinsichtlich dieser Tat (§§
206a, 260 Abs.
3 [X.]) und damit zu vergleichbaren Konsequenzen wie der Ausschluss sämtlicher als Er-gebnis polizeilicher Tatprovokation gewonnener Beweismittel
(so auch Petz-sche [X.], 88, 89; [X.]/[X.], [X.] 2008, 279, 286).
(2)
Gegen die Annahme eines [X.] als Folge einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation bestehen auch keine durchgreifenden dogmatischen Einwände
nach dem System des nationalen Rechts. Diese Lö-sung wurde bereits früher von der Rechtsprechung
des [X.] (vgl. nur [X.], Urteil vom 6.
Februar 1981

2
StR 370/80, NJW 1981, 1626; Beschluss
vom 13.
November 1981

2
StR
242/81, [X.], 126;
Beschluss
53
54
55
-
28
-
vom 23.
Dezember 1981

2
StR
742/81, [X.], 156) und wird auch heute noch von
Teilen der Literatur (vgl. etwa [X.]
aaO S.
225
ff.; [X.]/[X.], [X.] 2008, 279, 286; [X.], Auf dem Weg zu einem [X.] Strafverfahrensrecht, 2002, S.
178; [X.]/[X.], [X.], 114, 117; [X.], [X.], 257; s. auch [X.], [X.], 26. Aufl.,
§
163 Rn.
72) befürwor-tet. Die Rechtsfigur des [X.] ist unbeschadet der Tatsache, dass sie in der Strafprozessordnung nicht allgemein definiert ist, eine [X.] dogmatische Kategorie und stellt daher

anders als etwa die Annahme eines gesetzlich nicht geregelten [X.]
(hierfür etwa I.
[X.] aaO S.
220
ff.)

eine aus dem Blickwinkel der innerstaatlichen Rechtsordnung schonende Möglichkeit der Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] dar. Dem steht auch nicht die Notwen-digkeit
entgegen, das Vorliegen des [X.] aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu prüfen. Diese [X.] kann sich im Einzelfall auch bei der Prüfung anderer Verfahrensvorausset-zungen oder [X.] ergeben, so etwa bei der Frage einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Oktober 2000

2 [X.], [X.]St 46, 159, 168 ff.) oder etwa beim [X.] eines besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung
eines relativen Antragsdelikts, des Nichteintritts der [X.] oder des Eingreifens eines Straffreiheitsgesetzes. Auch ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich ein Verfahrenshindernis erst nach umfangreicher Sachverhaltserforschung ergibt
(aA Imme [X.] aaO S.
210 mwN), [X.] in den Fällen des Strafklageverbrauchs.
Der Gesichtspunkt, dass [X.] in der Regel

wenngleich nicht stets

an objektiv feststellbare Tatsachen anknüpfen und nicht Ergebnis wertender Abwägungen sind (vgl. [X.], Urteil vom 23. Mai 1984

1 [X.], [X.]St 32, 345, 351),
muss im Übrigen zurücktreten, wenn feststeht, dass für eine solche Abwägung aufgrund -
29
-
des Gewichts des Verstoßes kein Raum bleibt, wie sich hier aus den Vorgaben des [X.]
ergibt.
Der Annahme eines [X.] als regelmäßige Folge einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation kann auch nicht entgegengehalten werden, die unterschiedslose Behandlung aller davon erfassten Fälle würde den großen Unterschieden insbesondere hinsichtlich des Umfangs des späteren schuldhaf-ten Verhaltens des Provozierten nicht gerecht (so aber noch [X.], Urteil vom 18.
November 1999 -
1 [X.], [X.]St 45, 321, 333). Zum einen dürften etwa Fälle wie diejenigen eines zufälligen Ansprechens eines bislang unver-dächtigen [X.], der daraufhin eigene, umfangreiche Aktivitäten zur Durchführung eines Betäubungsmittelgeschäfts entfaltet, schon keine Kon-stellation sein, die als rechtsstaatswidrige Tatprovokation anzusehen ist, obwohl sie vielfach als Beispiele dafür angeführt werden, dass für solche Fälle die An-nahme eines [X.] nicht angemessen sei. Zum anderen stellt das in diesem Zusammenhang bemühte Argument, im Hinblick auf die [X.] der anfänglichen Verdachtslage, die Hartnäckigkeit des Verdeckten Ermitt-lers sowie die Schuld des durch diesen zur Tat Provozierten gebe es weit [X.] liegende Fallgestaltungen, die eine Differenzierung erforderten (vgl. [X.], Urteil vom 18.
November 1999

1 [X.], [X.]St 45, 321, 333 f.), eine Behauptung dar, die jedenfalls mit den Vorgaben des [X.] für Menschenrechte nicht (mehr) in Einklang zu bringen ist. Mit der Annahme der Voraussetzungen einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation müssen alle als Ergebnis polizeilicher Provokation gewonnenen Beweismittel ausgeschlossen werden oder aber es muss ein Verfahren mit vergleichbaren Konsequenzen eingreifen, damit das Verfahren

auch als Ganzes

als fair angesehen werden kann. Dies schließt weitere Differenzierungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten aus.
56
-
30
-
(3)
Ein Verfahrenshindernis widerspricht auch nicht den verfassungs-rechtlichen Vorgaben.
Das [X.]verfassungsgericht
hat zwar bislang offenge-lassen, ob aus einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation ein Verfahrenshinder-nis hergeleitet werden kann;
es hat dies aber jedenfalls in Ausnahmefällen
für möglich erachtet,
wenn sich ein tatprovozierendes Verhalten gegen einen (bis dahin) gänzlich Unverdächtigen richtet, der lediglich Ermittlungsbehörden einen vorgefertigten [X.] ohne eigenen Antrieb ausge-

(vgl. [X.],
NJW 1987, 1874; NJW 1995, 651, 652; Beschluss vom 18.
Mai 2001

2
BvR
693/01; NJW 2015, 1083, 1084). Damit ist verfassungs-rechtlich die Annahme eines [X.] aber nicht schon auf [X.] beschränkt.
Insbesondere erfolgt auch die Herleitung der bisherigen

selbst; sie ist einfachrecht-lich begründet. Eine andere Reaktion auf die rechtsstaatswidrige [X.] wäre, worauf das [X.]verfassungsgericht in seinem Beschluss vom 18.
Dezember 2014 (NJW 2015, 1083, 1086) ausdrücklich hingewiesen
hat, daher von [X.] wegen zulässig. Soweit das [X.]verfassungsgericht darüber hinaus die Strafgerichte aufgefordert hat, zukünftig ein [X.] bezüglich der unmittelbar durch die rechtsstaatswidrige Tatprovokation gewonnenen Beweise (insbesondere bezüglich der unmittelbar in die [X.] verstrickten Zeugen) zu erwägen, stellt sich dies als ein

jedenfalls nicht aus verfassungsrechtlichen Erwägungen gewonnener

Hinweis dar, der im Übrigen im Rahmen der Nichtannahmeentscheidung der Kammer eine Bin-dungswirkung nach §
31 Abs.
1 [X.] nicht entfaltet
(vgl. [X.]E 92, 91, 107).
3.
Danach folgt aus der festgestellten rechtsstaatswidrigen [X.] ein Verfahrenshindernis, obwohl im vorliegenden Fall mit Blick auf den ge-gen die Angeklagten bestehenden Tatverdacht die Voraussetzungen eines Ver-57
58
-
31
-
fahrenshindernisses von [X.] wegen nicht gegeben sind. Es kann da-hinstehen, ob in allen Fällen der rechtsstaatswidrigen Tatprovokation

was an-gesichts der strikten Rechtsprechung des [X.] nahe liegt

die Annahme eines [X.] aus menschenrechtlicher Sicht geboten ist (so wohl [X.]/[X.], [X.], 761, 770) oder ob in be-sonderen Ausnahmefällen eine Kompensation der Verletzung des fairen Ver-fahrens nach Art.
6 Abs.
1 [X.] auf andere Weise als durch die Einstellung des Verfahrens denkbar ist, denn angesichts des festgestellten Gewichts des tatprovozierenden Verhaltens kam hier die Annahme eines Ausnahmefalls nicht in Betracht.

III.
Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen beruht auf §
467 Abs.
1 [X.]. Nachdem die angeklagte Tat von vornherein auf eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation zurückgeht, sah der [X.] keinen Anlass, von der Ausnah-meregelung des §
467 Abs.
3
Satz
2 Nr.
2 [X.] Gebrauch zu machen (vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 58.
Aufl., §
467
Rn.
18 mwN).
Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Entschädigung für Strafver-folgungsmaßnahmen (§
8 StrEG) ist vom [X.] zu treffen, weil Art und Umfang der entschädigungspflichtigen Maßnahmen ohne weitere Feststellun-gen und ohne weitere Anhörung der Beteiligten nicht abschließend zu bestim-men sind.

59
60
-
32
-
C.
Revision der Staatsanwaltschaft
Aus den unter [X.]
dargelegten Gründen war das Urteil auch auf die

insoweit zu Gunsten der Angeklagten (§
301 [X.]) wirkende

Revision der Staatsanwaltschaft aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

D.
Eines Anfrage-
und Vorlageverfahrens
gemäß §
132 [X.] bedurfte es nicht.
1. Die Entscheidung des [X.] vom 23.
Oktober 2014 (54648/09 [Furcht gegen [X.]])
eröffnete
die
Möglichkeit und begründete zugleich die,
die aus der Konvention herrührende Pflicht, die fachgerichtliche Rechtsprechung zu den Folgen einer rechtsstaats-widrigen Tatprovokation ohne Bindung an bisherige Rechtsprechung zu über-prüfen. Zwar kommt den Entscheidungen des Gerichtshofs keine den Entschei-dungen des [X.]verfassungsgerichts (vgl. §
31 Abs.
1 [X.]G) oder des [X.] (vgl. Art.
267 AEUV) vergleichbare Bindungswir-kung zu, die eine Vorlagepflicht ohne Weiteres entfallen ließe (vgl. KK-[X.]/Hannich, [X.], 7. Aufl., §
132 [X.] Rn.
8). Nach Art.
46 [X.] sind
die beteiligten Vertragsparteien lediglich im Hinblick auf einen bestimmten Streitge-genstand an das endgültige Urteil des [X.] gebunden (vgl. [X.]E 111, 307, 320).
61
62
63
-
33
-
Indes haben sich die Vertragsparteien der Konvention mit der Ratifikation verpflichtet sicherzustellen, dass ihre innerstaatliche Rechtsordnung mit der Konvention übereinstimmt (vgl. Art.
1 [X.]); sie haben die [X.] zu gewährleisten (vgl. Art.
52 [X.]). Wie bereits unter [X.]II.2.b dargelegt, haben die [X.]n Gerichte daher die Konvention

unter besonderer Berücksichti-gung der Rechtsprechung des [X.] für Menschenrech-te

wie anderes Gesetzesrecht des [X.] im Rahmen methodisch vertretba-rer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Von daher kann sich auch aus einer Entscheidung des [X.] nach Art.
34 [X.]
ein zwingender Neuregelungsbedarf für die [X.] Rechtspre-chung ergeben. Dies
gilt insbesondere dann, wenn

wie hier

die [X.]re-publik [X.] Verfahrensbeteiligte ist und
die bisherige
Rechtsprechung
eine Rechtsfigur des [X.]n Richterrechts als nicht ausreichende Kompen-sation einer Konventionsverletzung im Sinne von Art.
41 [X.]
angesehen wurde
und deshalb eine
erneute Verurteilung der [X.]republik
zu besorgen ist. Diese aus der Entscheidung des [X.] für Menschen-rechte resultierende Pflicht, die bisherige
insoweit

des [X.] zu überprüfen und anzupassen, trifft alle Strafsenate unmittelbar und gleichermaßen. Bei dieser Sachlage war
ein Anfrage-
und Vor-lageverfahren gemäß §
132 [X.] nicht veranlasst.
2. Der [X.] war auch mit Blick auf die Entscheidung des 1.
Strafsenats vom 19.
Mai 2015 (1 [X.]) nicht gehindert, ohne Durchführung eines An-frage-
oder Vorlageverfahrens zu entscheiden. Abgesehen davon, dass der im schriftlichen Verfahren nach § 349 Abs.
2 [X.] gefasste Beschluss, dessen Gründe erst am 21.
Juli 2015 und damit mehr als einen Monat nach der [X.] der Presseerklärung über die Urteilsverkündung im hiesigen Verfah-64
65
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34
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ren auf die Geschäftsstelle des 1. Strafsenats gelangten und erst am 30.
Juli 2015 auf der Homepage des [X.] veröffentlicht wurden, dem [X.] bei seiner Urteilsverkündung am 10.
Juni 2015 nicht bekannt war, stellen sich die dortigen Erwägungen, mit denen der 1. Strafsenat die Annahme eines [X.] ablehnen möchte, letztlich als nicht tragende Überle-gungen dar, von denen abzuweichen es ein Verfahren nach § 132 [X.] nicht voraussetzt. Die Frage eines [X.] kann sich erst stellen, wenn eine unzulässige Tatprovokation festgestellt ist. Der 1. Strafsenat befasst sich in seiner Entscheidung vom 19. Mai 2015 aber losgelöst von einer solchen Feststellung allgemein mit der Frage nach den Folgen einer möglichen rechts-staatswidrigen Tatprovokation, deren Vorliegen er im konkreten Fall aber er-sichtlich verneint. Denn es fehlen

so der 1. Strafsenat im dort zu entscheiden-den Fall

nicht nur jegliche Anhaltspunkte für eine ausnahmsweise aus verfas-sungsrechtlicher Sicht zum Verfahrenshindernis führende polizeiliche [X.]. Der 1. Strafsenat geht zudem davon aus, dass sämtliche Betäubungs-mittelstraftaten auf den bereits ohne polizeiliche Intervention gefassten Tatent-schluss zurückgegangen seien. Schließlich lassen die Ausführungen des
1.
Strafsenats zur Verfahrensrüge wegen Verletzung von Art.
6 [X.] bzw. Art.
2 Abs.
1 und Art.
20 Abs.
3 GG deutlich erkennen, dass er das Vorliegen einer Tatprovokation auf Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen verneint. Denn der [X.] bemängelt den im
Rahmen der Verfahrensrüge erfolgten unzu-reichenden Tatsachenvortrag des Beschwerdeführers, der ihn nicht in die Lage versetze zu prüfen, ob
eine unzulässige Tatprovokation gegeben sei. Diese Ausführungen wären nicht verständlich, wäre der 1. Strafsenat bereits auf der Grundlage der im Urteil getroffenen tatrichterlichen Feststellungen von einer unzulässigen Tatprovokation ausgegangen.

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35
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3. Dass die zeitlich nachfolgende Entscheidung des 1.
Strafsenats vom 9.
Juli 2015 (1 StR 7/15),
die in ihrer Begründung ohnehin lediglich das Vorlie-gen eines extremen Ausnahmefalls, wonach bei einer rechtsstaatswidrigen [X.] (aus verfassungsrechtlicher Sicht) ein Verfahrenshindernis ange-nommen werden könne, verneint, dem am 10.
Juni 2015 verkündeten und durch eine Presseerklärung am selben Tag öffentlich bekannt gemachten Urteil des [X.]s nicht entgegenstand, bedarf keiner Erläuterung.
Fischer [X.] Eschelbach

[X.] [X.]

66

Meta

2 StR 97/14

10.06.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. 2 StR 97/14 (REWIS RS 2015, 10050)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10050

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 252/15

Zitiert

2 StR 97/14

1 StR 128/15

1 StR 7/15

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