Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.04.2011, Az. I ZR 33/10

1. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7467

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) UNLAUTERER WETTBEWERB AUTO GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ MARKENRECHT

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Gegenstand

Markenrechtsverletzung: Verwendung der bekannten Wort-/Bildmarke eines Automobilherstellers in der Werbung einer Autoreparaturwerkstatt - GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE


Leitsatz

GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE

1. Benutzt eine Autoreparaturwerkstatt in der Werbung für Inspektionsarbeiten an Fahrzeugen eines Automobilherstellers blickfangmäßig dessen bekannte Wort-/Bildmarke, kann darin im Hinblick auf einen möglichen Imagetransfer eine Beeinträchtigung der durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geschützten Werbefunktion der Marke liegen .

2. Die Verwendung einer bekannten Wort-/Bildmarke eines Automobilherstellers in der Werbung einer Autoreparaturwerkstatt für Inspektionsarbeiten an den Fahrzeugen des Automobilherstellers kann gegen die guten Sitten im Sinne von § 23 Nr. 3 MarkenG verstoßen, wenn die Benutzung der Wortmarke die schützenswerten Interessen des Markeninhabers weniger beeinträchtigt .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.], 5. Zivilsenat, vom 16. Dezember 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin stellt Automobile her. Sie ist Inhaberin der nachfolgend dargestellten farbigen (silber, metallicblau, schwarz, weiß) Wort-/Bildmarke Nr. 302 27 192, die mit Priorität vom 5. Juni 2002 unter anderem für "Kraftfahrzeuge und deren Teile; Reparatur, Instandhaltung, Wartung von Fahrzeugen" eingetragen ist:

Abbildung

2

Die Klägerin ist außerdem Inhaberin der schwarz-weißen Wort-/Bildmarke Nr. 398 00 184

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sowie der für "Kraftwagen und deren konstruktionsbedingte Teile" eingetragenen Wortmarke Nr. 682214 "[X.]" und der weiteren für "Kraftfahrzeuge" registrierten Wortmarke "Volkswagen".

3

Die Beklagte betreibt mehrere hundert markenunabhängige Autoreparaturwerkstätten und vertreibt Autozubehör. Sie warb im Januar 2007 für die Inspektion von [X.]-Fahrzeugen in dem nachfolgend wiedergegebenen Werbeprospekt mit der Ankündigung "[X.] ALLE Abbildung

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4

Die Klägerin sieht in der Verwendung des [X.] "[X.] im Kreis" eine Verletzung ihrer Markenrechte. Sie hat ihre Ansprüche in erster Linie auf eine identische Benutzung ihrer Marke Nr. 302 27 192 im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in der angegriffenen Werbung gestützt und beantragt, die Beklagte zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung zu verurteilen und die Schadensersatzpflicht der Beklagten festzustellen.

5

Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

I. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung der [X.] Nr. 302 27 192 bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:

7

Die Beklagte verwende in der angegriffenen Werbung ein mit der [X.] Nr. 302 27 192 identisches Zeichen für eine der Waren- und Dienstleistungsgruppen, für die die Marke geschützt sei. Es liege auch eine markenmäßige Benutzung vor. Zwar beeinträchtige die konkrete Verwendung nicht die Herkunftsfunktion der Marke. Die Beklagte greife jedoch in die Werbefunktion der Marke ein.

8

Die Markenbenutzung sei nicht nach § 23 Nr. 3 [X.] gerechtfertigt. Es könne dahinstehen, ob die Benutzung der [X.] notwendig im Sinne dieser Vorschrift gewesen sei. Jedenfalls verstoße die Benutzung gegen die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel. Die Beklagte bediene sich unnötigerweise des besonderen Aufmerksamkeitswerts der bekannten Wort-/Bildmarke der Klägerin.

9

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung der Marke Nr. 302 27 192 in der angegriffenen Werbung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 [X.] zu.

a) Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 1 [X.] setzt Art. 5 Abs. 1 Buchst. a [X.] um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Dessen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die Benutzung des mit der Marke identischen Zeichens im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung des Markeninhabers für Waren oder Dienstleistungen erfolgt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, und wenn das Zeichen wie eine Marke benutzt wird, das heißt die Benutzung des Zeichens durch den [X.] die Funktionen der Marke und insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann. Zu den Funktionen der Marke gehören neben der Hauptfunktion, der Gewährleistung der Herkunft, auch ihre anderen Funktionen wie unter anderem die Gewährleistung der Qualität der mit ihr gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion (vgl. [X.], Urteil vom 23. März 2010 - [X.]/08 bis [X.]/08, [X.], 445 Rn. 76 f. - [X.] und [X.]; Urteil vom 8. Juli 2010 - [X.]/08, [X.], 841 Rn. 29 f. - [X.]; [X.], Urteil vom 14. Januar 2010 - [X.], [X.], 726 Rn. 16 = [X.], 1039 - [X.]). Der nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a [X.] gewährte Schutz ist somit weiter als der Schutz nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b [X.] (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), dessen Anwendung das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr und demnach die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Hauptfunktion der Marke voraussetzt (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2009 - [X.]/07, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 756 Rn. 59 - [X.]/[X.]). Kann die Benutzung des mit der Marke identischen Zeichens keine der Funktionen der Marke beeinträchtigen, kann der Markeninhaber ihr auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a [X.] nicht widersprechen ([X.], [X.], 841 Rn. 29 - [X.]).

b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass vorliegend ein Fall der Doppelidentität gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gegeben ist. Die Beklagte hat in dem in Rede stehenden Werbeprospekt ein mit der [X.] identisches Zeichen für identische Dienstleistungen verwendet, für die die Marke Schutz genießt. Die für die Marke eingetragene Dienstleistung "Instandhaltung von Fahrzeugen" umfasst [X.] an Kraftfahrzeugen, für die die Beklagte geworben hat.

c) Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass die Beklagte durch die Verwendung des fraglichen [X.] zwar nicht die Herkunftsfunktion, wohl aber die Werbefunktion der [X.] beeinträchtigt hat. Es hat angenommen, die Beklagte habe das angegriffene [X.] nicht nur beschreibend benutzt, sondern mit der Wiedergabe auch Werbezwecke verfolgt. Der Aufmerksamkeitswert der Werbung liege deutlich höher, wenn die Beklagte für ihre [X.] mit dem [X.] werbe statt die zur Beschreibung des Gegenstands der Dienstleistung ausreichenden Wörter "[X.]" oder "[X.]" zu verwenden. Das überragend bekannte und leicht erfassbare [X.] ziehe den Blick des Betrachters auf sich. Dazu trage auch der farbliche Kontrast zwischen dem blau/weißen Zeichen und dem roten Hintergrund bei. Die gegen diese Feststellungen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.

aa) Entgegen der Auffassung der Revision kommt es für die Beeinträchtigung der Werbefunktion nicht darauf an, ob die Beklagte zur Angabe der Gegenstände, auf die sich ihre Dienstleistungen beziehen, auf die Wiedergabe einer der Marken der Klägerin angewiesen ist. Für die Frage der Beeinträchtigung der Werbefunktion der [X.] ist es weiter belanglos, ob die Wortmarken und die Wort-/Bildmarken der Klägerin in dem Sinne gleichrangig sind, dass es dem Verwender freisteht, welche von mehreren Marken er benutzen will, wenn er zur beschreibenden Verwendung auf eine der Marken angewiesen ist. Ob die Verwendung der [X.] zur Bestimmung des Gegenstands der Dienstleistungen der [X.] notwendig ist, hat das Berufungsgericht bei der Prüfung der Beeinträchtigung der Werbefunktion der [X.] zu Recht unberücksichtigt gelassen, weil sich diese Frage erst bei der Schutzschranke des § 23 Nr. 3 [X.] und nicht im Rahmen der rechtsverletzenden Benutzung durch Beeinträchtigung der Werbefunktion stellt.

bb) Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass durch die beanstandete Verwendung des [X.] die Werbefunktion der überragend bekannten [X.] beeinträchtigt werden kann, ist auch im Übrigen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung der Werbefunktion ist gegeben, wenn durch die beanstandete Benutzung die Möglichkeit des Markeninhabers beeinträchtigt wird, die Marke als Element der Verkaufsförderung oder als Instrument der Handelsstrategie einzusetzen (vgl. [X.], [X.], 445 Rn. 92 - [X.] und [X.]). Versucht ein Dritter sich durch Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung der Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, liegt regelmäßig eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke vor (vgl. zu Art. 5 Abs. 2 [X.] [X.], [X.], 756 Rn. 49 - [X.]/[X.]; [X.], 445 Rn. 102 - [X.] und [X.]). Der mit der Ausnutzung der Wertschätzung oder der Unterscheidungskraft verbundene Imagetransfer bewirkt im Allgemeinen auch eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der bekannten älteren Marke und damit eine Beeinträchtigung ihrer Werbefunktion. Von einer entsprechenden Beeinträchtigung ist aufgrund der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommenen Wirkung der Verwendung des angegriffenen [X.] in der konkreten Werbung auszugehen.

d) Zu Recht hat das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen der Schrankenbestimmung des § 23 Nr. 3 [X.] verneint.

aa) Nach § 23 Nr. 3 [X.], der Art. 6 Abs. 1 Buchst. c [X.] umsetzt, hat der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, einem [X.] zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt.

bb) Die Beklagte hat die Wort-/Bildmarke der Klägerin in der Werbeaussage zur angebotenen Inspektion speziell für [X.]-Fahrzeuge als Hinweis auf die Bestimmung ihrer Dienstleistungen verwandt.

cc) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Benutzung der von der [X.] verwendeten Wort-/Bildmarke der Klägerin im Sinne des § 23 Nr. 3 [X.] notwendig war. Das Merkmal der Notwendigkeit ist indes erfüllt.

(1) Die Benutzung einer Marke ist notwendig, wenn die Information über den Zweck der Dienstleistung anders nicht sinnvoll übermittelt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 23. Februar 1999 - [X.]/97, [X.]. 1999, [X.] = [X.]. 1999, 438 Rn. 60 - [X.]/Deenik). Die Markennutzung muss praktisch das einzige Mittel darstellen, um der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über die Bestimmung der Dienstleistung zu liefern (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 2005 - [X.]/03, [X.]. 2005, [X.] = [X.], 509 Rn. 35 - [X.]). Es muss ausgeschlossen sein, dass diese Information auch auf andere Art und Weise, etwa durch Angabe technischer Standards oder Normen, bewerkstelligt werden kann. Dies ist in der Regel der Fall, wenn eine Dienstleistung allein für ein Produkt einer bestimmten Marke angeboten wird (vgl. [X.], [X.]. 1999, 438 Rn. 60 - [X.]/Deenik; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 23 Rn. 118).

(2) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts musste die Beklagte jedenfalls eine der Marken der Klägerin benutzen, um auf die Bestimmung der speziell für [X.]-Fahrzeuge angebotenen Dienstleistungen in der beanstandeten Werbung hinzuweisen. Als Alternative zur Wiedergabe der [X.] bot sich der [X.] nur die Möglichkeit, die Bezeichnungen "[X.]" oder "[X.]" zu verwenden, die ebenfalls für die Klägerin als Marken geschützt sind. In einer solchen Fallkonstellation ist die Benutzung der [X.] notwendig im Sinne von § 23 Nr. 3 [X.]. Dagegen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Wahl einer der anderen Marken die Interessen des Markeninhabers weniger stark beeinträchtigt hätte ([X.], [X.] 3, 256, 261 f.; aA [X.]/[X.] aaO § 23 Rn. 119; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 23 Rn. 86). Entsprechend hat der [X.] in der "[X.]/Deenik"-Entscheidung die Notwendigkeit der Benutzung auch allgemein auf die dort in Rede stehenden [X.]-Marken bezogen, ohne zwischen einzelnen Marken zu differenzieren (vgl. [X.], [X.]. 1999, 438 Rn. 60 - [X.]/Deenik). Die Entscheidung darüber, welche der Marken der Klägerin die Beklagte zur Bestimmung ihrer Dienstleistungen verwenden kann, ist erst im Rahmen der Prüfung der [X.] nach § 23 Nr. 3 [X.] zu treffen.

dd) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Benutzung der [X.] in der beanstandeten Werbung gegen die guten Sitten gemäß § 23 Nr. 3 [X.] verstößt.

(1) Das Merkmal der guten Sitten im Sinne des § 23 [X.] entspricht inhaltlich dem in Art. 6 Abs. 1 [X.] verwendeten Begriff der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel. Der Sache nach darf der Dritte den berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer Weise zuwiderhandeln (vgl. [X.], [X.]. 1999, 438 Rn. 61 - [X.]/Deenik; Urteil vom 11. September 2007 - [X.], [X.]. 2007, [X.] = GRUR 2007, 971 Rn. 33 und 35 - [X.]; [X.], Urteil vom 30. April 2009 - [X.], [X.]Z 181, 77 Rn. 29 - [X.]). Derjenige, der sich auf die privilegierte Benutzung beruft, muss alles getan haben, um eine Beeinträchtigung der Interessen des Markeninhabers nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juli 2004 - [X.], [X.], 163, 164 = [X.], 219 - Aluminiumräder). Hierfür ist eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls erforderlich.

(2) [X.] handelt unter anderem dann den berechtigten Interessen des Markeninhabers in unlauterer Weise zuwider, wenn er die Wertschätzung einer bekannten Marke in unlauterer Weise ausnutzt (vgl. [X.], [X.], 509 Rn. 41 und 43 - [X.]; [X.]Z 181, 77 Rn. 32 - [X.]). Davon ist auszugehen, wenn sich der Dritte in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, und ohne finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke ausnutzt (vgl. [X.], [X.], 756 Rn. 49 - [X.]/[X.]). Im Rahmen der Schutzschranke des § 23 Nr. 3 [X.] kommt es dabei auch maßgeblich auf die Aufmachung an, in der die fremde Marke zur Angabe der Bestimmung der eigenen Produkte verwendet wird (vgl. [X.], Urteil vom 7. Januar 2004 - [X.]/02, [X.]. 2004, [X.] = [X.], 234 Rn. 26 - [X.]; [X.], Urteil vom 20. Januar 2005 - [X.], [X.], 423, 426 = [X.], 496 - Staubsaugerfiltertüten). Zu berücksichtigen sind auch Begleitumstände, die außerhalb der eigentlichen Zeichengestaltung liegen (vgl. [X.], [X.], 509 Rn. 46 - [X.]). Die fremde Marke darf nicht für Werbezwecke eingesetzt werden, die über die mit der notwendigen Leistungsbestimmung einhergehende Werbewirkung hinausgehen. Hält sich die Benutzung dagegen in den Grenzen der notwendigen Leistungsbestimmung, muss es der Markeninhaber hinnehmen, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass der Dritte auch von dem hohen Prestigewert der bekannten Marke profitiert (vgl. [X.], [X.], 163, 165 - Aluminiumräder; [X.]Z 181, 77 Rn. 34 - [X.]).

(3) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Verwendung der fraglichen Wort-/Bildmarke in der beanstandeten Werbung nutze die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise aus. Es wäre der [X.] möglich und zumutbar gewesen, anstatt der Wort-/Bildmarke die Wortmarke "[X.]" oder "[X.]" zu verwenden, um auf ihr Leistungsangebot hinzuweisen. Dies beeinträchtige die Interessen der Klägerin weniger, weil der Wort-/Bildmarke ein besonderer, über die Wortzeichen hinausgehender Aufmerksamkeitswert zukomme. Diesen mache sich die Beklagte zunutze. Die überragend bekannte Marke werde in der beanstandeten Werbung blickfangmäßig eingesetzt. Ihre blau-weiße Gestaltung hebe sich vor dem Hintergrund des Prospekts besonders gut ab. Demzufolge ziehe sie unweigerlich den Blick des Betrachters auf sich. Dem Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung kein Rechtsfehler unterlaufen.

(4) Anders als die Revision meint, ist es nicht geboten, dem [X.] die Auswahl zu überlassen, welche von mehreren zur Bestimmung seiner Leistung geeigneten Marken er verwendet. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen einzelnen Markenformen kein Rangverhältnis in ihrer Bedeutung als Kennzeichnungsmittel für den Markeninhaber besteht. Vielmehr kommt es für die Beurteilung, welche von mehreren Marken zur Bestimmung der Dienstleistung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht, auf die Situation der konkreten Zeichenverwendung im Einzelfall an. Regelmäßig wird allerdings die Verwendung einer Wortmarke die berechtigten Interessen des Markeninhabers weniger einschneidend berühren als die Benutzung seiner Wort/Bildmarke oder Bildmarke, weil sich die Wortmarke in erster Linie zur Beschreibung der Bestimmung der Dienstleistungen eignet. Dementsprechend gibt es unzweifelhaft Fälle, in denen nur die Verwendung des Wortzeichens eines Herstellers nicht aber die Verwendung seiner Wort-/Bildmarke die Voraussetzungen der Schutzschranke des § 23 Nr. 3 [X.] erfüllt. So ist etwa die Wirkung einer Wortmarke im Fließtext im Zusammenhang mit der angebotenen Leistung regelmäßig darauf beschränkt, nur über die Bestimmung der Leistung des [X.] zu informieren. Ein bekanntes [X.] wird - wie im Streitfall vom Berufungsgericht zutreffend angenommen - oft eine darüber hinausgehende Aufmerksamkeit erzeugen und deshalb eher die Gefahr der Rufausbeutung in sich bergen. Erforderlich ist eine Interessenabwägung. Da Art. 6 Abs. 1 [X.] und § 23 [X.] dazu dienen, die Interessen des Markenschutzes und des freien Warenverkehrs sowie der Dienstleistungsfreiheit in der Weise in Einklang zu bringen, dass das Markenrecht seine Rolle als wesentlicher Teil eines unverfälschten [X.] spielen kann (vgl. [X.], [X.], 234 Rn. 16 - [X.]; [X.], 509 Rn. 29 - [X.]; Urteil vom 10. April 2008 - [X.]/07, [X.]. 2008, [X.] = GRUR 2008, 503 Rn. 45 - [X.]; [X.], 841 Rn. 57 - [X.]), darf kein zu engherziger Maßstab an das Vorliegen der Voraussetzungen der Schutzschranke angelegt werden. Zugunsten des [X.] kann auch zu berücksichtigen sein, dass ein [X.] gegenüber einer Wortmarke zu einer schnelleren und deutlicheren Erfassbarkeit des eigenen Angebots führen kann, ohne dass es zu einer nennenswerten Rufausbeutung kommen muss.

Im Streitfall stand der [X.] mit den Wortmarken "[X.]" und "[X.]" eine hinreichend klare und schnell erfassbare Möglichkeit zur Benennung ihrer Dienstleistungen zur Verfügung, die keine der [X.] vergleichbare blickfangmäßige Wirkung erzeugt hätte. Es ist nichts dafür ersichtlich und von der Revision auch nichts aufgezeigt, das dafür spricht, dass die Verwendung der Wortmarken die Verständlichkeit oder Prägnanz der Werbebotschaft der [X.] unzumutbar beeinträchtigt hätte. In Anbetracht dessen läuft die blickfangmäßige Herausstellung der bekannten Wort/Bildmarke und die damit verbundene Ausnutzung der Wertschätzung dieser Marke den berechtigten Interessen der Klägerin in unlauterer Weise zuwider.

Diese Wertung steht nicht in Widerspruch zu den Maßstäben, die für die Erschöpfung des Rechts aus der Marke nach § 24 [X.] gelten. Nach der Rechtsprechung des Senats stellt es allerdings keinen die Wirkung der Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 [X.] aufhebenden berechtigten Grund im Sinne des § 24 Abs. 2 [X.] dar, wenn der Händler in der Werbung statt der Wortmarke die Bildmarke des Herstellers verwendet (vgl. [X.], Urteil vom 7. November 2002 - [X.], [X.], 340, 342 = [X.], 534 - [X.]; Urteil vom 17. Juli 2003 - [X.], [X.], 878, 880 - [X.], 1231 - [X.] über [X.]). Diese Beurteilung beruht jedoch auf dem Wesen der Erschöpfung und ist auf die Schrankenbestimmung des § 23 Nr. 3 [X.] nicht übertragbar. Während sich bei der Erschöpfung die Frage stellt, ob der Händler bei der Werbung für den Absatz der vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung gekennzeichneten Waren dessen Marken verwenden darf, betrifft § 23 Nr. 3 [X.] die Verwendung einer Marke in der Werbung für die Waren oder Dienstleistungen des [X.]. Damit sind unterschiedliche Interessen auf Seiten des Markeninhabers - einerseits Werbung für Produkte des Markeninhabers, die von ihm selbst mit der Marke versehen worden sind und andererseits Werbung für Erzeugnisse oder Dienstleistungen eines [X.] - betroffen, die eine unterschiedliche Wertung rechtfertigen ([X.]/[X.] aaO § 23 Rn. 119; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 23 Rn. 86; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 23 [X.] Rn. 21).

2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 6 [X.] dem Grunde nach zu. Die Beklagte hat die Marke der Klägerin schuldhaft, und zwar fahrlässig, verletzt. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte die Beklagte erkennen können, dass sie mit der Verwendung des [X.] in der angegriffenen Werbung in den Schutzbereich der [X.] eingriff.

Der Auskunftsanspruch steht der Klägerin als Hilfsanspruch zum Schadensersatzanspruch nach § 242 BGB zu.

3. Eines Vorabentscheidungsersuchens an den [X.] bedarf es nicht. Eine Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten, wenn der Lösung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zugrunde liegt (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 2003 - [X.]/01, [X.]. 2003, [X.] = NJW 2003, 3539 Rn. 118 - [X.]). Davon ist im Streitfall aufgrund der zahlreichen Entscheidungen des Gerichtshofs der [X.] zur rechtsverletzenden Benutzung einer Marke und zu einem Verstoß gegen die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 6 Abs. 1 [X.] auszugehen. Die Umsetzung dieser Entscheidungspraxis im konkreten Fall ist Aufgabe der nationalen Gerichte (vgl. [X.], Urteil vom 16. November 2004 - [X.]/02, [X.]. 2004, [X.] = [X.], 153 Rn. 84 - Anheuser-Busch; [X.], 841 Rn. 65 f. - [X.]; vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin [X.] vom 6. April 2006 - [X.]/04, [X.]. 2007, [X.] Rn. 3 - [X.]/[X.] II).

III. Die Revision ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Bornkamm                                      Pokrant                                      Büscher

                          Schaffert                                       [X.]

Meta

I ZR 33/10

14.04.2011

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 16. Dezember 2009, Az: 5 U 47/08, Urteil

§ 14 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 23 Nr 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.04.2011, Az. I ZR 33/10 (REWIS RS 2011, 7467)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7467

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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