Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.04.2012, Az. I ZB 77/11

1. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7110

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Gegenstand

Urheberrechtsverletzung: Auskunftsanspruch gegen den Internetprovider bei unbefugter Zugänglichmachung von Filmwerken in einer Internet-Tauschbörse


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 6. Zivilsenats des [X.] vom 30. September 2011 aufgehoben.

Der Beschluss der 18. Zivilkammer des [X.] vom 26. Juli 2011 wird auf die Beschwerde der Antragstellerin teilweise abgeändert.

Der Beteiligten wird weitergehend gestattet, der Antragstellerin unter Verwendung von Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 TKG auch über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer Auskunft zu erteilen, denen die in der Anlage ASt 1 des Beschlusses der 18. Zivilkammer des [X.] vom 10. Juni 2011 im Blick auf die Filmwerke "[X.]" und "[X.]" aufgeführten IP-Adressen mit den laufenden Nummern 55 bis 91 sowie 139 bis 161 zu den jeweiligen Zeitpunkten zugewiesen waren.

Die Kosten der gerichtlichen Anordnung trägt die Antragstellerin.

Gegenstandswert: 6.000 €.

Gründe

1

I. Die Antragstellerin ist ein Filmverleihunternehmen. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte des [X.] zur Online-Verwertung der Bild- und Tonträger, auf die - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung - die Filmwerke "[X.]" und "[X.]" aufgenommen sind, insbesondere des Rechts, die Bild- und Tonträger zur öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen.

2

Die Antragstellerin hat die [X.] beauftragt, die illegale Verbreitung der auf ihren Bild- und Tonträgern aufgenommenen Filmwerke in [X.] zu ermitteln und die zur Durchsetzung möglicher Ansprüche erforderlichen Daten zu sichern. Die [X.] verfügt über eine Software, mit der festgestellt werden kann, über welchen [X.]anschluss eine bestimmte Datei zum Download angeboten wird. Die von der Antragstellerin vorgelegte Anlage ASt 1 enthält von der [X.] ermittelte IP-Adressen, die Nutzern zugewiesen waren, die den Bild- und Tonträgern aufgenommenen Filmwerke "[X.]" und "[X.]" in der [X.] zwischen dem 6. und dem 8. Juni 2011 über eine [X.]-Tauschbörse anderen Nutzern zum Herunterladen angeboten hatten. Die jeweiligen (dynamischen) IP-Adressen waren den Nutzern von der (weiteren) Beteiligten, der [X.], als [X.]-Provider zugewiesen worden.

3

Die Antragstellerin hat gemäß § 101 Abs. 9 [X.] in Verbindung mit § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] beantragt, der Beteiligten zu gestatten, ihr unter Verwendung von Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 [X.] über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer Auskunft zu erteilen, denen die in der Anlage ASt 1 aufgeführten IP-Adressen zu den jeweiligen [X.]punkten zugewiesen waren.

4

Das [X.] hat den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben ([X.], Beschluss vom 30. September 2011 - 6 W 213/11, juris). Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter.

5

II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die zum Erlass der begehrten Anordnung erforderliche Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß sei hinsichtlich der Bild-/Tonaufnahmen "[X.]" und "[X.]" nicht gegeben. Dazu hat es ausgeführt:

6

Von einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß könne mehr als sechs Monate nach Beginn der Auswertung eines Films auf DVD nur aufgrund besonderer, die Fortdauer der relevanten Verwertungsphase belegenden Anhaltspunkte ausgegangen werden. Dem liege eine die Interessen der Rechtsinhaber und der Anschlussinhaber einbeziehende wirtschaftliche Betrachtung und die dem [X.] in anderen Verfahren von Rechteinhabern vermittelte Erfahrung zugrunde, dass bei Film-DVDs spätestens sechs Monate nach dem Erscheinen sowohl Erstvermarktung (Verkauf im Fachhandel) als auch [X.] (Verkauf zu bereits teilweise reduzierten Preisen über alle Vertriebskanäle) im Wesentlichen abgeschlossen seien. Gegenteilige Anhaltspunkte seien hier nicht feststellbar. Insbesondere habe die Antragstellerin keine konkreten Absatzzahlen mitgeteilt, sondern sich nur auf Angaben zur Platzierung der Filme in den [X.] beschränkt. Dies sei unzureichend, zumal die [X.] für den gleichen [X.]raum weit schlechtere Verkaufsränge auswiesen.

7

III. Die gemäß § 101 Abs. 9 Satz 4 [X.], § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Antrag, es der Beteiligten zu gestatten, der Antragstellerin unter Verwendung von Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 [X.] über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer Auskunft zu erteilen, denen die in der Anlage ASt 1 aufgeführten IP-Adressen zu den jeweiligen [X.]punkten zugewiesen waren, kann mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung nicht abgelehnt werden.

8

1. Die durch das [X.] mit Wirkung vom 1. September 2009 in das [X.]sgesetz eingefügte Bestimmung des § 101 [X.] gibt dem Verletzten einen Auskunftsanspruch sowohl gegen den Verletzer als auch gegen Dritte: Wer in gewerblichem Ausmaß das [X.] oder ein anderes nach dem [X.]sgesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden (§ 101 Abs. 1 Satz 1 [X.]). In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von § 101 Abs. 1 [X.] auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß - was im vorliegenden Fall allein von Bedeutung ist - für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte, es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 ZPO im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt (§ 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.]). Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 [X.]) erteilt werden, ist für ihre Erteilung nach § 101 Abs. 9 [X.] eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist.

9

2. Der Antrag auf Erteilung einer Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten (§ 101 Abs. 9 [X.]) ist nur begründet, wenn ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskunft besteht. Entgegen der Annahme des [X.] setzt der von der Antragstellerin behauptete Anspruch aus § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] auf Auskunft gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte, nicht voraus, dass die rechtsverletzenden Tätigkeiten das [X.] oder ein anderes nach dem [X.]sgesetz geschütztes Recht in gewerblichem Ausmaß verletzt haben ([X.], Beschluss vom 20. März 2009 - 4 OH 49/09, juris Rn. 6 ff.; [X.], [X.] 2010, 104, 105 ff.; im Ergebnis ebenso Dreier in Dreier/[X.], [X.], 3. Aufl., § 101 Rn. 12; offengelassen von [X.], ZUM 2011, 762, 770; [X.], [X.], 12, 13; [X.], [X.], 188, 189; [X.], [X.], 239 f.; [X.], ZUM 2010, 893, 897; O[X.], [X.], 68, 69; [X.], [X.], 645; [X.], [X.], 15). Es kann daher offenbleiben, ob das unbefugte Einstellen eines einzigen urheberrechtlich geschützten Werks in eine Online-Tauschbörse - wie das Beschwerdegericht im vorliegenden und in anderen Verfahren ([X.], [X.], 85 f.; [X.], 87 f.; [X.], 70 f.) angenommen hat - nur unter besonderen Umständen ([X.], [X.], 12, 13; [X.], [X.], 188, 189; O[X.], [X.], 296, 297 f.) oder grundsätzlich ohne weiteres (O[X.], [X.], 68, 69 f.; [X.], ZUM 2011, 762, 767 ff.) als eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß anzusehen ist (vgl. auch [X.], [X.], 379, 381 f.; [X.] [X.], 240; [X.], ZUM 2010, 893, 897 f.).

a) Der Wortlaut des § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] bietet keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass der Anspruch auf Auskunft gegen die Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte, nur unter der einschränkenden Voraussetzung besteht, dass die rechtsverletzenden Tätigkeiten gleichfalls ein gewerbliches Ausmaß hatten (vgl. [X.]/Geißler, [X.], 787; [X.], [X.], 1, 3; [X.], [X.] 2010, 104, 106).

Der Begriff "in gewerblichem Ausmaß" in § 101 Abs. 2 Satz 1 [X.] bezieht sich nicht auf das am Anfang dieses Satzes stehende Wort "Rechtsverletzung", sondern auf den - bei Nummer 3 dieses Satzes - verwendeten Begriff des Erbringens von Dienstleistungen. Die Formulierung des § 101 Abs. 2 Satz 1 [X.] "in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat," und der Begriff "rechtsverletzende Tätigkeiten" in § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] verweisen zur Bestimmung der Art der Rechtsverletzung ersichtlich auf § 101 Abs. 1 Satz 1 [X.], dem zu entnehmen ist, dass damit eine Verletzung des [X.]s oder eines anderen nach dem [X.]sgesetz geschützten Rechts gemeint ist. Der Begriff der Rechtsverletzung im Sinne des § 101 [X.] umfasst dagegen nicht allein Rechtsverletzungen in gewerblichem Ausmaß. Das ergibt sich bereits daraus, dass sich das gewerbliche Ausmaß nach § 101 Abs. 2 Satz 2 [X.] sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben kann und demnach nicht jede Rechtsverletzung zugleich eine solche in gewerblichem Ausmaß ist.

Die Formulierung "der Anspruch" in § 101 Abs. 2 Satz 1 [X.] bezieht sich zur Bestimmung des [X.], nicht aber zur Bestimmung der Anspruchsvoraussetzungen auf § 101 Abs. 1 [X.]. Damit, dass der Anspruch aus § 101 Abs. 2 [X.] "unbeschadet von Absatz 1" besteht, ist nicht gemeint, dass ein Auskunftsanspruch gegen Dritte aus § 101 Abs. 2 [X.] nur begründet ist, wenn zugleich die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs gegen den Verletzer aus § 101 Abs. 1 [X.] erfüllt sind und eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß gegeben ist (aA [X.], [X.], 239 f.). Die Formulierung "unbeschadet von Absatz 1" bringt allein zum Ausdruck, dass die in Absatz 2 genannten Personen auch gemäß Absatz 1 in Anspruch genommen werden können, wenn sie Störer sind. Das ist deshalb von Bedeutung, weil die Inanspruchnahme nach Absatz 2 weiteren Voraussetzungen unterliegt (BT-Drucks. 16/5048, [X.] zu § 101 [X.] in Verbindung mit [X.] zu § 140b [X.]). Die Wendung "auch" besagt nur, dass ein Auskunftsanspruch nicht nur gegen den Verletzer, sondern auch gegen Dritte besteht.

b) Aus der Systematik des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums ergibt sich ebenfalls nicht, dass der Auskunftsanspruch gegen Dritte nach § 101 Abs. 2 [X.] eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraussetzt.

Durch das [X.] ist in den anderen Gesetzen des geistigen Eigentums jeweils ein Auskunftsanspruch geschaffen worden, der dem des § 101 [X.] entspricht (§ 140b [X.], § 24b [X.], § 46 [X.], § 37b SortSchG und § 19 [X.]). Diese Auskunftsansprüche sind nur begründet, wenn eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß vorliegt. Das folgt allerdings nicht aus dem Wortlaut dieser Regelungen, die weder für den Auskunftsanspruch gegen den Verletzer (anders als § 101 Abs. 1 [X.]) noch für den Auskunftsanspruch gegen Dritte (wie auch § 101 Abs. 2 [X.]) eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß verlangen, sondern aus dem Umstand, dass sich die Wirkungen dieser Schutzrechte von vornherein nicht auf Handlungen erstrecken, die im privaten Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen werden (§ 11 Nr. 1 [X.], § 12 Nr. 1 [X.], § 40 Nr. 1 [X.], § 10a Nr. 1 SortSchG) oder nur Handlungen erfassen, die im geschäftlichen Verkehr erfolgen (§§ 14, 15, 17 [X.]). Handlungen zu gewerblichen oder geschäftlichen Zwecken stellen zugleich Handlungen in gewerblichem Ausmaß dar (vgl. BT-Drucks. 16/5048, [X.] zu § 140b [X.] und [X.] zu § 19 [X.]).

Daraus folgt allerdings nicht, dass der Auskunftsanspruch aus § 101 Abs. 2 [X.] gegen Dritte gleichfalls nur bei einer Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr bzw. in gewerblichem Ausmaß greift, weil dadurch ein Gleichlauf mit den entsprechenden [X.] in den anderen Gesetzen des geistigen Eigentums erreicht wird (so die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/5048, [X.] zu § 101 Abs. 2 [X.]). Die Schutzwirkung des [X.]s und der anderen nach dem [X.]sgesetz geschützten Rechte ist nicht auf Handlungen zu geschäftlichen oder gewerblichen Zwecken beschränkt, sondern erfasst auch Handlungen im privaten Bereich. Der Gedanke des Gleichlaufs der Auskunftsansprüche in den Gesetzen des geistigen Eigentums spricht daher nicht gegen, sondern für die Annahme, dass der Auskunftsanspruch gegen Dritte nach § 101 Abs. 2 [X.] - wie auch die Auskunftsansprüche nach § 140b Abs. 2 [X.], § 24b Abs. 2 [X.], § 46 Abs. 2 [X.], § 37b Abs. 2 SortSchG und § 19 Abs. 2 [X.] - ohne Einschränkungen bei jeder Rechtsverletzung besteht (vgl. die Stellungnahme des [X.] zu § 101 Abs. 2 [X.], BT-Drucks. 16/5048, [X.] f.).

c) Auch der Zweck des Gesetzes spricht nicht gegen, sondern für die Annahme, dass der Auskunftsanspruch gegen Dritte keine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraussetzt.

aa) Der Auskunftsanspruch gegen Dritte nach § 101 Abs. 2 [X.] dient nicht lediglich der Durchsetzung des Auskunftsanspruchs gegen den Verletzer nach § 101 Abs. 1 [X.] und ist daher auch nicht an dessen Voraussetzungen geknüpft (aA [X.], [X.], 239 f.; [X.], ZUM 2010, 893, 897).

Der Auskunftsanspruch gegen Dritte ist kein Hilfsanspruch zur Vorbereitung des Auskunftsanspruchs gegen den Verletzer. Er dient jedenfalls nicht in erster Linie der Ermittlung der Lieferanten und Abnehmer des Rechtsverletzers, sondern soll es dem Rechtsinhaber ermöglichen, überhaupt erst den Rechtsverletzer zu ermitteln (vgl. BT-Drucks. 16/5048, [X.] zu § 140b [X.] und [X.] zu § 101 [X.]). Das gilt jedenfalls in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung gemäß § 101 Abs. 2 Satz 1 Fall 1 [X.] (zu Fällen, in denen der Verletzer bekannt ist und der Verletzte gegen ihn Klage erhoben hat - § 101 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 [X.] -, vgl. [X.] in Schricker/Loewenheim, [X.], 4. Aufl., § 101 [X.] Rn. 60 bis 62).

Der Auskunftsanspruch gegen Dritte gemäß § 101 Abs. 2 [X.] ist demnach ein Hilfsanspruch zur Vorbereitung von Unterlassungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen gegen den Verletzer. Er ist daher nicht an die Bedingung geknüpft, dass die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs gegen den Verletzer aus § 101 Abs. 1 [X.] vorliegen, sondern daran, dass die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs oder Schadensersatzanspruchs aus § 97 [X.] erfüllt sind. Diese Ansprüche setzen - anders als die entsprechenden Ansprüche in den anderen Gesetzen des geistigen Eigentums und anders als der Auskunftsanspruch gegen den Verletzer nach § 101 Abs. 1 [X.] - keine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraus, sondern bestehen bei jeder Rechtsverletzung.

Die Vorschrift des § 101 Abs. 2 Satz 1 [X.] erweitert daher nicht nur den Kreis der Auskunftspflichtigen (aA [X.], [X.], 239 f.; [X.], ZUM 2010, 893, 897). Vielmehr hat der Auskunftsanspruch aus § 101 Abs. 2 Satz 1 auch ein anderes Ziel und einen anderen Inhalt als der Auskunftsanspruch aus § 101 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Aus diesem Grund verbietet sich auch der Schluss, dass - wenn schon der Auskunftsanspruch gegen den Verletzer eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraussetze - dies erst recht für den Auskunftsanspruch gegenüber dem unbeteiligten [X.] gelten müsse (aA [X.], [X.], 188, 189; [X.], [X.], 239 f.; [X.], [X.], 15).

bb) Es widerspräche dem mit der Einführung des Auskunftsanspruchs gegen Dritte verfolgten Zweck des Gesetzes, wenn dieser Anspruch nur bei einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß begründet wäre ([X.], [X.] 2010, 104, 108).

Die Vorschrift erfasst vor allem Rechtsverletzungen, die im [X.] unter Nutzung der Möglichkeit vorgenommen werden, dort weitgehend anonym zu kommunizieren, insbesondere das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen von Musikwerken und Filmwerken über [X.]. [X.] kein Auskunftsanspruch gegen den [X.]-Provider, könnte der Rechtsinhaber diese Rechtsverletzungen nicht verfolgen, weil er den Verletzer nicht ermitteln könnte (vgl. Stellungnahme des [X.], BT-Drucks. 16/5048, [X.] und 59). Wäre ein Auskunftsanspruch gegen Dritte nur bei einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß gegeben, könnten die [X.] auf Unterlassung und Schadensersatz auch nur bei einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß durchgesetzt werden. Der Rechtsinhaber, dem Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz aber nicht nur gegen den im gewerblichen Ausmaß handelnden Verletzer, sondern gegen jeden Verletzer zustehen, wäre dann insoweit faktisch schutzlos gestellt. Dies widerspräche dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im [X.] wirksam zu bekämpfen. Insbesondere für [X.], bei denen in großem Umfang [X.]sverletzungen stattfinden, besteht ein besonderes Interesse an einer Auskunft, ohne die der Verletzer nicht ermittelt werden kann (BT-Drucks. 16/5048, [X.] f.). Denn solche massenhaften Rechtsverletzungen beeinträchtigen die urheberrechtlich geschützten Rechte und wirtschaftlichen Interessen des [X.] auch dann ganz erheblich, wenn die einzelne Rechtsverletzung für sich genommen kein beträchtliches Ausmaß erreicht.

d) Die Richtlinie 2004/48/[X.] vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, deren Umsetzung das [X.] vor allem dient, steht der Regelung in einem Mitgliedstaat nicht entgegen, nach der ein Auskunftsanspruch gegenüber [X.] nicht nur bei einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß besteht ([X.]/bel in [X.]/[X.], [X.], 2010, Rn. 13.8.16; [X.], [X.], 12, 13; [X.] [X.], 239 f.; [X.], ZUM 2010, 893, 897; [X.], [X.], 15; vgl. auch die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/5048, [X.]).

aa) Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/[X.] stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Gerichte im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums auf einen begründeten und die Verhältnismäßigkeit wahrenden Antrag des [X.] hin anordnen können, dass Auskünfte über den Ursprung und die Vertriebswege von Waren oder Dienstleistungen, die ein Recht des geistigen Eigentums verletzen, vom Verletzer (Art. 8 Abs. 1 Fall 1 der Richtlinie 2004/48/[X.]) und/oder jeder anderen Person erteilt werden, die nachweislich rechtsverletzende Dienstleistungen in gewerblichem Ausmaß erbrachte (Art. 8 Abs. 1 Fall 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/[X.]). Diese Regelung gilt gemäß Art. 8 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/[X.] unbeschadet anderer gesetzlicher Bestimmungen, die dem Rechtsinhaber weitergehende Auskunftsansprüche einräumen. Gemäß Erwägungsgrund 14 Satz 1 der Richtlinie 2004/48/[X.] müssen die Maßnahmen nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/[X.] nur bei in gewerblichem Ausmaß vorgenommenen Rechtsverletzungen angewandt werden. Unbeschadet davon können die Mitgliedstaaten diese Maßnahmen gemäß Erwägungsgrund 14 Satz 2 der Richtlinie 2004/48/[X.] auch bei anderen Rechtsverletzungen anwenden.

bb) Soweit die Bestimmung des § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, einen Auskunftsanspruch gegen eine Person vorsieht, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte, entspricht sie dem Gebot des Art. 8 Abs. 1 Fall 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/[X.], im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Verletzung des Rechts des geistigen Eigentums, einen Auskunftsanspruch gegen solche Personen vorzusehen. Soweit die Regelung des § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] einen solchen Auskunftsanspruch auch in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung vorsieht, geht sie zwar über die Vorgaben der Richtlinie 2004/48/[X.] hinaus. Jedoch handelt es sich dabei um eine nach Art. 8 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/[X.] zulässige andere gesetzliche Bestimmung, die dem Rechtsinhaber weitergehende Auskunftsrechte einräumt (vgl. BT-Drucks. 16/5048, [X.]). Ein solcher weitergehender Auskunftsanspruch darf - wie sich aus Erwägungsgrund 14 Satz 2 der Richtlinie 2004/48/[X.] ergibt - auch für Fälle vorgesehen werden, in denen die Rechtsverletzung kein gewerbliches Ausmaß annimmt.

e) Aus der Begründung des [X.] eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums geht zwar hervor, dass die Verfasser des [X.] der Ansicht waren, der Auskunftsanspruch gegen Dritte setze eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraus. Darauf kommt es für die Auslegung des § 101 Abs. 2 [X.] jedoch nicht entscheidend an ([X.], [X.], 12, 13; [X.], [X.], 188, 189; [X.], [X.], 239 f.; [X.], ZUM 2010, 893, 897; [X.], [X.], 15); denn diese Ansicht hat im Gesetz keinen hinreichenden Niederschlag gefunden.

Die im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vorgeschlagene Fassung des Auskunftsanspruchs (BT-Drucks. 16/5048, S. 17) stimmt mit der Gesetz gewordenen Fassung des Auskunftsanspruchs überein. Zwar erfordert der Auskunftsanspruch gegen den Verletzer (§ 101 Abs. 1 [X.]) in der Fassung des [X.] eine Rechtsverletzung "im geschäftlichen Verkehr", während die Gesetz gewordene Fassung eine Rechtsverletzung "in gewerblichem Ausmaß" verlangt. Diese Änderung geht auf eine Beschlussempfehlung des Rechtsauschusses des [X.] zurück (BT-Drucks. 16/8783, [X.]), der damit hinsichtlich der Terminologie einen Gleichlauf des [X.]sgesetzes mit der [X.] erreichen wollte (vgl. BT-Drucks. 16/8783, [X.]). Für die Frage, ob der Auskunftsanspruch gegen den [X.] (§ 101 Abs. 2 [X.]) ebenso wie der Auskunftsanspruch gegen den Verletzer eine Rechtsverletzung "im geschäftlichen Verkehr" bzw. "in gewerblichem Ausmaß" erfordert, kommt es darauf jedoch nicht an. Denn dieser Auskunftsanspruch setzt weder in der Fassung des [X.] noch in der Fassung des Gesetzes ein besonderes Ausmaß der Rechtsverletzung voraus.

Die Verfasser des [X.] waren allerdings - wie bereits erwähnt - der Auffassung, dass auch der Auskunftsanspruch gegen Dritte aus § 101 Abs. 2 Satz 1 [X.] ebenso wie der Auskunftsanspruch gegen den Verletzer aus § 101 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur bei einer Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr gegeben sei. In der Begründung des [X.] zu § 101 [X.]-E heißt es, auch der in Absatz 2 geregelte Auskunftsanspruch setze voraus, dass die Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr erfolgt sei (BT-Drucks. 16/5048, [X.]). Diese Auffassung hat jedoch - wie bereits oben ausgeführt (vgl. Rn. 10 ff.) - in § 101 Abs. 2 Satz 1 [X.] keinen hinreichenden Niederschlag gefunden. Hierauf hat der Bundesrat während des Gesetzgebungsverfahrens hingewiesen. In seiner Stellungnahme zu § 101 [X.]-E heißt es, dem Gesetzeswortlaut sei entgegen der Entwurfsbegründung nicht zu entnehmen, dass der Auskunftsanspruch gegenüber [X.] eine Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr voraussetze (BT-Drucks. 16/5048, [X.]); es werde darum gebeten, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens klarzustellen, dass der Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 2 [X.]-E nicht voraussetze, dass die Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr erfolgt sei (BT-Drucks. 16/5048, [X.]). Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung lediglich ihre abweichende Auffassung, der Auskunftsanspruch gegenüber unbeteiligten [X.] erfordere, dass die zugrundeliegende Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr erfolgt sei, bekräftigt (BT-Drucks. 16/5048, [X.]), ohne dieser Auffassung durch Änderung oder Ergänzung des Gesetzestextes Ausdruck zu verleihen.

Die Ansicht der Verfasser des [X.] zum Verständnis des § 101 Abs. 2 [X.] ist daher für die Auslegung dieser Vorschrift nicht maßgeblich. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der darin zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich. Nicht entscheidend ist demgegenüber die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung ([X.] 1, 299, 312; [X.], Urteil vom 20. Mai 1954 - [X.], [X.]Z 13, 265, 277). Die vorrangig am objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientierende Auslegung kann nicht durch Motive gebunden werden, die im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut aber keinen Ausdruck gefunden haben ([X.], Beschluss vom 8. Februar 2011 - [X.], [X.]Z 188, 200 Rn. 20 - S-Bahn-Verkehr [X.]/Ruhr I, mwN; vgl. auch [X.], Urteil vom 14. April 1983 - [X.], [X.]Z 87, 191, 194 ff.; [X.], Beschluss vom 25. Juni 2008 - [X.], [X.]Z 177, 131 Rn. 17).

IV. Danach ist der Beschluss des [X.] auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da diese zur Endentscheidung reif ist (§ 101 Abs. 9 Satz 4 [X.], § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG). Der Beschluss des [X.]s ist auf die Beschwerde der Antragstellerin abzuändern. Dem Antrag, der Beteiligten zu gestatten, der Antragstellerin unter Verwendung von Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 [X.] über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer Auskunft zu erteilen, denen die in der Anlage ASt 1 im Blick auf die Filmwerke "[X.]" und "[X.]" aufgeführten IP-Adressen mit den laufenden Nummern 55 bis 91 sowie 139 bis 161 zu den jeweiligen [X.]punkten zugewiesen waren, ist stattzugeben.

1. Die Antragstellerin hat gegen die Beteiligte einen Anspruch aus § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] auf Auskunft über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer, denen die in der Anlage ASt 1 aufgeführten IP-Adressen zu den jeweiligen [X.]punkten zugewiesen waren.

a) Die Antragstellerin ist berechtigt, den Auskunftsanspruch geltend zu machen. Anspruchsberechtigt ist nicht nur der Urheber oder der Inhaber eines anderen nach dem [X.]sgesetz geschützten Rechts, sondern auch der Inhaber eines ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechts. Die Antragstellerin ist Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte des [X.]. Der Filmhersteller hat - unter anderem - das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zur öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die Antragstellerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte des [X.], die Bild- und Tonträger, auf die die Filmwerke "[X.]" und "[X.]" aufgenommen sind, zur öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen.

b) Dieses ausschließliche Recht ist dadurch verletzt worden, dass Nutzer die auf den Bild- und Tonträgern aufgenommenen Filmwerke "[X.]" und "[X.]" in der [X.] zwischen dem 6. und dem 8. Juni 2011 über eine [X.]-Tauschbörse anderen Nutzern zum Herunterladen angeboten haben. Die Rechtsverletzung ist auch offensichtlich; sie ist so eindeutig, dass eine ungerechtfertigte Belastung der Beteiligten ausgeschlossen erscheint (vgl. BT-Drucks. 16/5048, [X.]).

c) Die Beteiligte hat als [X.]-Provider den Nutzern die [X.]anschlüsse zur Verfügung gestellt und die jeweiligen (dynamischen) IP-Adressen zugewiesen und damit in gewerblichem Ausmaß für die rechtsverletzenden Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht.

d) Die Inanspruchnahme der Beteiligten auf Auskunftserteilung ist im Streitfall auch nicht unverhältnismäßig (§ 101 Abs. 4 [X.]). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Antragstellerin als Auskunftsberechtigte kein oder nur ein äußerst geringes Interesse daran haben kann, die Identität der Rechtsverletzter zu erfahren (vgl. Begründung des [X.] zum [X.], BT-Drucks. 11/4792, S. 31 f.; vgl. auch [X.], ZUM 2010, 893, 901).

2. Die begehrte Auskunft über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer, denen die in der Anlage ASt 1 aufgeführten IP-Adressen zu den jeweiligen [X.]punkten zugewiesen waren, kann nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 [X.]) erteilt werden (§ 101 Abs. 9 Satz 1 [X.]).

Verkehrsdaten sind nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 30 [X.] Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Sie sind von den Bestandsdaten zu unterscheiden. Dabei handelt es sich nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 3 [X.] um Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden.

Bei den Namen und Anschriften der Nutzer, denen die in der Anlage ASt 1 aufgeführten IP-Adressen zu den jeweiligen [X.]punkten zugewiesen waren, handelt es sich um Daten, die für die Begründung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden, und damit um Bestandsdaten. Die begehrte Auskunft über diese Daten kann nur unter Verwendung von Daten erteilt werden, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Eine dynamische IP-Adresse ist keinem bestimmten Nutzer dauerhaft zugeordnet, sondern wird unterschiedlichen Nutzern jeweils nur für eine Sitzung (dynamisch) zugeteilt. Eine Verknüpfung der dynamischen IP-Adresse mit dem Nutzer, dem sie zu bestimmten [X.]punkt zugewiesen war, ist daher nur unter Verwendung der jeweils hierzu gespeicherten Verkehrsdaten wie des Datums und der Uhrzeit der Verbindung möglich (vgl. [X.], ZUM 2010, 893, 898 mwN).

3. Die Begründetheit des Antrags nach § 101 Abs. 9 Satz 1 [X.] auf Gestattung der Verwendung von Verkehrsdaten zur Erteilung der Auskunft über den Namen und die Anschrift der Nutzer, denen zu bestimmten [X.]punkten bestimmte (dynamische) IP-Adressen zugewiesen waren, setzt jedenfalls in den Fällen, in denen - wie hier - ein Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] wegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung gegen eine Person besteht, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat, grundsätzlich kein besonderes und insbesondere kein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung voraus. Ein solcher Antrag ist vielmehr unter Abwägung der betroffenen Rechte des [X.], des Auskunftspflichtigen und der Nutzer sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in aller Regel ohne weiteres begründet. Dagegen bestehen weder unionsrechtliche noch verfassungsrechtliche Bedenken.

a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] sind die Mitgliedstaaten durch das Unionsrecht, insbesondere Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2004/48/[X.] ([X.]) in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/[X.] (Datenschutzrichtlinie) nicht daran gehindert, eine Verpflichtung zur Weitergabe personenbezogener Verkehrsdaten an private Dritte zum Zweck der zivilgerichtlichen Verfolgung von [X.]sverstößen vorzusehen. Die Mitgliedstaaten und ihre Gerichte sind unionsrechtlich lediglich verpflichtet, die verschiedenen beteiligten Grundrechte miteinander zum Ausgleich zu bringen und die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts wie etwa den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 2008 - [X.]/06, [X.]. 2008, [X.] = [X.], 241 Rn. 70 - Promusicae/[X.]; Urteil vom 19. Februar 2009 - [X.]/07, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 579 Rn. 29 - [X.]/Tele 2; Urteil vom 19. April 2012 - [X.]/10, [X.], 703 Rn. 55 f. - [X.]; vgl. auch [X.], Beschluss vom 17. Februar 2011 - 1 BvR 3050/10, ZUM-RD 2011, 395 Rn. 8).

b) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist ein solcher Antrag unter Abwägung der betroffenen Grundrechte und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch verfassungsrechtlich zulässig.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] fällt die identifizierende Zuordnung dynamischer IP-Adressen in den Schutzbereich des durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Fernmeldegeheimnisses. Soweit der Gesetzgeber die Telekommunikationsunternehmen dazu verpflichtet, auf diese Daten zurückzugreifen und sie auszuwerten, liegt darin ein Eingriff in das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG, und zwar nicht nur dann, wenn die Diensteanbieter die Verbindungsdaten selbst herausgeben müssen, sondern auch dann, wenn sie diese für eine Auskunft nutzen müssen ([X.], NJW 2012, 1419 Rn. 116 - Bestandsdatenspeicherung).

Für Auskunftsansprüche von Rechtsinhabern gegenüber Diensteanbietern hinsichtlich der Anschlussinhaber bestimmter IP-Adressen, für deren Ermittlung auf vorsorglich gespeicherte Telekommunikationsdaten zurückgegriffen werden muss, müssen allerdings nicht von [X.] wegen die sonst für die Verwendung solcher Daten geltenden besonders strengen Voraussetzungen vorliegen ([X.] 125, 260 Rn. 254 - Vorratsdatenspeicherung). Von Bedeutung ist hierfür zum einen, dass die Rechtsinhaber selbst keine Kenntnis der vorsorglich zu speichernden Daten erhalten. Sie erhalten im Rahmen solcher Auskunftsansprüche nicht die vorsorglich anlasslos gespeicherten Daten selbst, sondern lediglich personenbezogene Auskünfte über den Inhaber eines bestimmten Anschlusses, der von den Diensteanbietern unter Rückgriff auf diese Daten ermittelt wurde. Dabei bleibt die Aussagekraft dieser Daten eng begrenzt. Systematische Ausforschungen über einen längeren [X.]raum oder die Erstellung von Persönlichkeits- und Bewegungsprofilen lassen sich allein auf Grundlage solcher Auskünfte nicht verwirklichen ([X.] 125, 260 Rn. 256 - Vorratsdatenspeicherung). Maßgeblich ist zum anderen, dass für solche Auskünfte nur ein von vornherein feststehender kleiner Ausschnitt der Daten verwendet wird, deren Speicherung für sich genommen unter deutlich geringeren Voraussetzungen angeordnet werden könnte als die nahezu vollständige Speicherung der Daten sämtlicher Telekommunikationsverbindungen ([X.] 125, 260 Rn. 257 - Vorratsdatenspeicherung).

Allerdings hat auch die Begründung von [X.] zur Identifizierung von IP-Adressen erhebliches Gewicht. Mit ihr wirkt der Gesetzgeber auf die [X.] im [X.] ein und begrenzt den Umfang ihrer Anonymität. Auf ihrer Grundlage kann in Verbindung mit der systematischen Speicherung der [X.]zugangsdaten in weitem Umfang die Identität von [X.]nutzern ermittelt werden ([X.] 125, 260 Rn. 258 f. - Vorratsdatenspeicherung). Freilich besteht auch ein gesteigertes Interesse an der Möglichkeit, Kommunikationsverbindungen im [X.] den jeweiligen Akteuren zuordnen zu können. In einem Rechtsstaat darf auch das [X.] keinen rechtsfreien Raum bilden. Die Möglichkeit einer individuellen Zuordnung von [X.]kontakten bei Rechtsverletzungen von einigem Gewicht bildet deshalb ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers. Soweit Diensteanbieter für entsprechende Auskünfte [X.] auszuwerten haben, wirft dieses folglich keine prinzipiellen Bedenken auf ([X.] 125, 260 Rn. 260 - Vorratsdatenspeicherung).

Dementsprechend darf der Gesetzgeber solche Auskünfte auf der Grundlage der allgemeinen fachrechtlichen Eingriffsermächtigungen zulassen. Hinsichtlich der Eingriffsschwellen ist allerdings sicherzustellen, dass eine Auskunft nicht ins Blaue hinein eingeholt wird, sondern nur aufgrund eines hinreichenden Anfangsverdachts oder einer konkreten Gefahr auf einzelfallbezogener Tatsachenbasis erfolgen darf (vgl. [X.] 125, 260 Rn. 261 - Vorratsdatenspeicherung). Das erhebliche Gewicht des Eingriffs solcher Auskünfte erlaubt es ferner nicht, diese allgemein und uneingeschränkt zuzulassen. Die Aufhebung der Anonymität im [X.] bedarf zumindest einer Rechtsgutsbeeinträchtigung, der von der Rechtsordnung auch sonst ein hervorgehobenes Gewicht beigemessen wird ([X.] 125, 260 Rn. 262 - Vorratsdatenspeicherung).

bb) Nach diesen Maßstäben ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Bestimmung des § 101 Abs. 9 Satz 1 [X.] in Verbindung mit der Regelung des § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] die Verwendung von Verkehrsdaten zur Auskunftserteilung in den Fällen gestattet, in denen - wie hier - ein Auskunftsanspruch wegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung gegen eine Person besteht, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat.

Bei der Regelung handelt es sich um eine fachrechtliche Eingriffsermächtigung, die eine hinreichend klare Entscheidung des Gesetzgebers enthält, unter welchen Voraussetzungen eine Verwendung von Verkehrsdaten zur Identifizierung von dynamischen IP-Adressen erlaubt ist.

Die Vorschrift genügt auch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Sie ist die Grundlage für ein Auskunftsverfahren, das die Zuordnung von Telekommunikationsnummern zur Ermittlung von [X.]sverletzungen im [X.] ermöglicht. Dazu ist die Bestimmung nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise maßvoll ausgestaltet. Sie stellt sicher, dass eine Auskunft nicht ins Blaue hinein, sondern nur bei einer offensichtlichen Rechtsverletzung eingeholt werden kann. Dabei ist der Auskunftsanspruch mit Blick auf die besondere Schutzwürdigkeit von Verkehrsdaten und im Interesse der [X.]-Provider und Telekommunikationsunternehmen, die von der Prüfung entlastet werden sollen, ob eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt, unter einen - verfassungsrechtlich nicht einmal gebotenen (vgl. [X.] 125, 260 Rn. 261 - Vorratsdatenspeicherung) - Richtervorbehalt gestellt (BT-Drucks. 16/5048, S. 40).

Die Verwendung der Verkehrsdaten zur Auskunftserteilung soll die Durchsetzung der ebenfalls mit [X.]rang nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechte von Urhebern und Inhabern anderer nach dem [X.]sgesetz geschützter Rechte ermöglichen, die ansonsten den Rechtsverletzer nicht ermitteln könnten und damit faktisch schutzlos gestellt wären.

Die Rechte der [X.]-Provider und Telekommunikationsunternehmen treten demgegenüber zurück. Zwar greift die Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften unter Verwendung von Verkehrsdaten in deren durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit ein (vgl. [X.] 125, 260 Rn. 294 f. - Vorratsdatenspeicherung). Dieser Eingriff ist jedoch im Blick auf die Zielsetzung der Auskunftspflicht nicht übermäßig belastend und daher verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Auskunftsanspruch nur besteht, wenn der [X.]-Provider oder das Telekommunikationsunternehmen in gewerblichem Ausmaß Dienstleistungen erbracht hat, die für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzt wurden.

Die betroffenen Rechte der Nutzer haben gleichfalls geringeres Gewicht. In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung ist der Verletzer, über den der Dritte Auskunft erteilen soll, nicht mehr schutzwürdig (BT-Drucks. 16/5048, [X.]). Seine Rechte werden durch die Auskunftserteilung nicht in besonders schwerwiegender Weise beeinträchtigt (vgl. oben Rn. 44).

V. Es stellen sich keine Fragen des Unionsrechts, die eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] gebieten. Der Gerichtshof hat entschieden, dass eine Verpflichtung zur Weitergabe personenbezogener Verkehrsdaten an private Dritte zum Zweck der zivilgerichtlichen Verfolgung von [X.]sverstößen mit dem Unionsrecht in Einklang steht (vgl. oben Rn. 40). Es besteht kein vernünftiger Zweifel, dass die Richtlinie 2004/48/[X.] es zulässt, einen Auskunftsanspruch gegen Dritte auch in Fällen von Rechtsverletzungen zu gewähren, die kein gewerbliches Ausmaß haben (vgl. oben Rn. 23 ff.).

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs. 9 Satz 5 [X.].

Bornkamm                                           Pokrant                                           Büscher

                              Schaffert                                             Koch

Meta

I ZB 77/11

19.04.2012

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Köln, 30. September 2011, Az: 6 W 213/11, Beschluss

§ 3 Nr 30 TKG, § 101 Abs 1 S 1 UrhG, § 101 Abs 2 S 1 Nr 3 UrhG, § 101 Abs 2 S 2 UrhG, § 101 Abs 9 S 1 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.04.2012, Az. I ZB 77/11 (REWIS RS 2012, 7110)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7110

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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