Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2016, Az. 5 StR 512/16

5. Strafsenat | REWIS RS 2016, 1090

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2016:081216B5STR512.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 512/16

vom
8. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen

wegen Diebstahls mit Waffen u.a.

-
2
-
Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 8. Dezember 2016 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 12. Juli 2016 aufgehoben; davon ausgenommen sind die Feststellungen zu den äußeren Tatgeschehen, die aufrecht erhalten bleiben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Bedrohung sowie wegen Missbrauchs von Notrufen, Diebstahls in drei Fällen und Bedrohung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und Sachbe-schädigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verur-teilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.]. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den Feststellungen des [X.]s beging der Angeklagte, der an einer schizoaffektiven Störung mit manischen Phasen in einem Residualzu-1
2
-
3
-
stand aufgrund einer chronifizierten Psychose leidet und seit Mitte der [X.] war, folgende Taten:

Am 2. Juli 2015 rief er wiederholt über den Polizeinotruf im Lage-
und Führungszentrum der Polizei an und drohte unter anderem mit der Vernichtung
[X.]s (Tat 1).

Zwei Tage später beschimpfte er eine Kundin in einem Supermarkt und bezichtigte sie des Diebstahls einer Schale Erdbeeren. Nachdem die Kundin verängstigt das Geschäft verlassen hatte, aß er selbst einen Teil der Erdbeeren und entfernte
sich schließlich aus dem Geschäft, ohne diese zu bezahlen (Tat
2). Den Ladendetektiv, der ihn stellte, und die herbeigerufenen [X.] beschimpfte er ebenso wie unbeteiligte Passanten. Aufgrund seines fremdaggressiven Verhaltens wurde er in eine psychiatrische Fachklinik [X.].

Am 31. August 2015 steckte er in einem Supermarkt Waren im Wert von 4,77

wurde wiederum von dem Ladendetektiv gestellt, dem er auf entsprechende Aufforderung in sein Büro folgte. [X.] Polizeibeamte fanden in der Hosentasche des Angeklagten ein kleines [X.] mit Messer und in sei-nem Rucksack einen klappbaren Korkenzieher mit Messer (Tat 3).

Am 16. Oktober 2015 betrat er erneut denselben Supermarkt in dem ihm inzwischen wegen eines weiteren nicht verfahrensgegenständlichen Diebstahls Hausverbot erteilt worden war. Von einer Mitarbeiterin auf dieses Hausverbot angesprochen setzte er seinen Weg durch das Geschäft fort und befüllte seinen 3
4
5
6
-
4
-
Einkaufskorb mit Waren. Als sich die Zeugin unter erneutem Hinweis auf das Hausverbot weigerte, die Waren abzukassieren, [X.],

[X.] trat er gegen eine Metallstange, die sich dabei verbog (Tat 4).

Drei Tage später betrat der Angeklagte einen anderen Supermarkt trotz des auch dort bestehenden Hausverbots. Nachdem er von einem Mitarbeiter auf das Hausverbot hingewiesen worden war, entleerte der Angeklagte im Be-reich der Kasse aus einer Sporttasche eine Reihe von zuvor den Verkaufsrega-f-forderung zum Verlassen des Ladens reagierte er aufgeregt und holte mit einer gefüllten Weinflasche gegen den Mitarbeiter
aus. Dann zog er ein Brotmesser aus seiner Hosentasche und rannte das Messer ausgestreckt vor sich haltend in den Ausgangsbereich des Geschäfts. Da ihm der Zeuge den Weg verstellte, wich er jedoch aus und wurde schließlich von einem weiteren Zeugen, vor dem
e-drängt. Nachdem dem Angeklagten das Messer aus der Hand gefallen war, gelang es den Zeugen,
den Angeklagten bis zum Erscheinen der Polizei [X.]. Dabei äußerte dieser, er
sei
Gott und alle
hätten
vor ihm [X.] (Tat 5).

Am 10. November 2015 nahm der Angeklagte in einem Warenhaus Ge-ohne zu bezahlen (Tat 6). Er wurde von zwei Ladendetektiven verfolgt und in der Fußgängerzone angesprochen. Der Angeklagte beleidigte die Zeugen unter h-tung, wobei er versuchte, sie mit seinem Urinstrahl zu treffen. Die herbeigerufe-7
8
-
5
-
nen Polizeibeamten brachten ihn erneut in eine psychiatrische Klinik. Auf der Fahrt dorthin drohte der Angeklagte, eine Bombe in [X.] zu zünden.

2. Das [X.] hat die Taten wie folgt gewertet: Tat 1 als Missbrauch von Notrufen (§ 145 Abs. 1 StGB), Taten 2, 3 und 6 als Diebstähle (§ 242 Abs.
1 StGB), Tat
4 als
Hausfriedensbruch in Tateinheit mit Bedrohung und Sachbeschädigung (§
123 Abs. 1, § 241 Abs. 1, § 303 Abs. 1, § 52 Abs.
2 StGB) und Tat 5 als Diebstahl mit Waffen (§ 242 Abs. 1, § 244 Abs. 1 Nr.
1 StGB). [X.] beraten ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund seiner seit Jahren bestehenden psychischen Erkrankung bei allen Taten sicher erheblich vermindert, jedoch [X.] bedrohliche Handlungen im Bereich von gewalttä-tigen Konfrontationen, insbesondere auch Messerangriffe, mit hoher [X.] S. 32); jedoch zeige gera-de Tat 5, dass die häufigen Konfrontationen des Angeklagten mit durch seine Handlungen betroffenen Personen jedenfalls dann eine hohe Gefährlichkeit aufwiesen, wenn er bewaffnet sei.

3. Der Schuldspruch kann nicht bestehen bleiben.

a) Im Fall 5, also derjenigen Tat, auf die das [X.] die [X.] in erster Linie stützt, belegen
schon
die Feststellungen die Begehung eines Diebstahls
nicht
(mit Waffen, § 242 Abs. 1, § 244 Abs. 1 Nr.
1 StGB). Das [X.] ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte bereits mit dem [X.] der Waren in seine Sporttasche neuen (eigenen) Gewahr-sam
an den Gegenständen erlangt habe ([X.]). Schon dies erscheint zwei-9
10
11
-
6
-
felhaft, da nicht ersichtlich ist, ob der Angeklagte die Waren verdeckt oder sichtbar in der geschlossenen oder offenen Sporttasche transportierte. [X.] hat das [X.] keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass der Angeklagte die Waren mit Zueignungsabsicht in seine Sporttasche gelegt hatte. Da er die Tasche im Kassenbereich entleerte, ergibt sich eine zuvor [X.] auch nicht ohne weiteres aus dem äußeren [X.].

Der Senat schließt nicht aus, dass vom neuen Tatgericht insoweit ergän-zende Feststellungen getroffen werden können, die einen Gewahrsamsbruch und eine Zueignungsabsicht des Angeklagten belegen.

b) Ungeachtet der an sich zutreffenden rechtlichen Würdigung der übri-gen (rechtswidrigen) Taten hebt der Senat den gesamten Schuldspruch auf. Angesichts der im Urteil dargestellten Schwere der psychischen Erkrankung des Angeklagten erscheint es nicht ausgeschlossen, dass seine Schuldfähigkeit zumindest bei Begehung einiger der Taten vollständig aufgehoben war, zumal die zahlreichen früheren Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten jeweils
wegen Schuldunfähigkeit eingestellt worden

Fähigkeit des Angeklagten,

[X.] und mit ihm das [X.] insoweit abstellen, spricht nach [X.] des Senats nicht ohne weiteres gegen eine Aufhebung der Steue-rungsfähigkeit des Angeklagten, da sich diese Interaktionen in den [X.], 4, Verwirrung gekennzeichnet erscheinen.

12
13
-
7
-
4. Hinsichtlich der Anordnung der Maßregel weist der Senat auf [X.] hin:

Insbesondere wenn das neue Tatgericht im Fall 5 nicht die tatsächlichen Voraussetzungen eine Diebstahls mit Waffen (§ 242 Abs. 1, § 244 Abs.
1 Nr. 1 StGB) sondern lediglich diejenigen einer Bedrohung (§ 241 Abs.
1 StGB) fest-zustellen vermag, wird es sich angesichts des geringen Gewichts auch der üb-rigen Anlasstaten mit den Anforderungen des § 63 Satz 2 StGB (in der Fassung vom 8. Juli 2016) auseinanderzusetzen haben. In diesem Zusammenhang kann früheren rechtswidrigen Taten, die wegen Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht zu einer Anklage gekommenen sind, sowie vor allem den im angefochte-nen Urteil erwähnten Brandlegungen entscheidende Bedeutung zukommen.
Hierzu sind dann jedoch nähere, durch die Beweiswürdigung unterlegte Fest-stellungen zu treffen.

Mutzbauer
Sander
Schneider

Dölp
Feilcke

14

Meta

5 StR 512/16

08.12.2016

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2016, Az. 5 StR 512/16 (REWIS RS 2016, 1090)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1090

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 437/19 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen Diebstahls mit Waffen u.a.: Tatrichterliche Feststellungen bei Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen …


5 StR 593/18 (Bundesgerichtshof)

Diebstahl im Supermarkt: Gewahrsamsbegründung beim Einstecken von Getränkeflaschen in eine Sporttasche


3 StR 392/22 (Bundesgerichtshof)

Räuberischer Diebstahl: Beweiswürdigung bei Motivbündel für eine Gewaltanwendung beim Ladendiebstahl


3 StR 137/23 (Bundesgerichtshof)

Unbeendeter Versuch der gefährlichen Körperverletzung: Rücktritt trotz außertatbestandlicher Zielerreichung der Beutesicherung


4 StR 367/18 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.