Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.01.2011, Az. V R 21/09

5. Senat | REWIS RS 2011, 9990

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Gegenstand

Abgrenzung Unternehmereigenschaft von privater Sammeltätigkeit - Nachhaltigkeit einer Einnahmeerzielung


Leitsatz

Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende unternehmerische wirtschaftliche Tätigkeit setzt gegenüber einer privaten Sammlertätigkeit (hier: beim Aufbau einer Fahrzeugsammlung und ihrer museumsartigen Einlagerung in einer Tiefgarage) voraus, dass sich der Sammler bereits während des Aufbaus der Sammlung wie ein Händler verhält (Bestätigung der BFH-Urteile vom 29. Juni 1987 X R 23/82, BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744, und vom 16. Juli 1987 X R 48/82, BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752).

Tatbestand

1

I. Streitig ist für die Jahre 1986 bis 1991 der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung und Lagerung von 126 Fahrzeugen (Neufahrzeuge und Oldtimer) in einer [X.]iefgarage sowie der beabsichtigten Entwicklung eines [X.].

2

[X.]er Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Insolvenzverwalter der [X.] ([X.]-GmbH). Gesellschaftszweck der [X.]-GmbH war der Ankauf von klassischen Fahrzeugen aller Art, deren Einlagerung zum Zwecke der Wertsteigerung und deren Weiterverkauf nach einem Zeitraum von 20 bis 30 Jahren.

3

Über das Vermögen der am 23. April 1986 gegründeten und durch Gesellschafterbeschluss vom 22. [X.]ezember 2000 aufgelösten [X.]-GmbH wurde am 14. Januar 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet. Gesellschafter waren zu 60 % die im Speditionsgeschäft tätige [X.]-KG (im Folgenden [X.]) sowie zu je 20 % U und [X.] Geschäftsführer war zunächst [X.], ab dem 11. [X.]ezember 1987 dieser gemeinsam mit dem [X.] Am 28. August 1986 schloss die [X.]-GmbH mit [X.] einen [X.], der auch eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft begründen sollte. Gesellschafter der [X.] waren zu 99 % [X.] und dessen Kinder U und [X.] als Kommanditisten.

4

[X.]ie in den Streitjahren angeschafften 126 Fahrzeuge (zu ca. 70 % Neufahrzeuge und 30 % Oldtimer) wurden in einer [X.]iefgarage (schwarze [X.]ecken mit Strahlern und weiß verputzte Wände) gelagert. [X.]ie Fahrzeuge waren auf Kies abgestellt und die Gänge neben den Fahrzeugen mit einem roten Belag überzogen. An den Wänden befanden sich Nummernschilder, von denen einige die persönlichen Initialen des [X.] trugen. Außerhalb der [X.]iefgarage befanden sich keinerlei Firmenschilder oder Hinweise auf die [X.]-GmbH. Zwei Fahrzeuge wurden von einem Automobilhersteller an die [X.]-GmbH unter der Bezeichnung "[X.]" geliefert. [X.]ie Kosten für die Einlagerung der Fahrzeuge (Zinsen, Miet- und Lagerkosten, Personalkosten, Versicherung) betrugen in den Streitjahren 3.588.704 [X.]M. In den Jahren 1989 und 1991 wurde je ein Neufahrzeug an [X.] veräußert. Ab 1992 wurden die Fahrzeuge, die einen Buchwert von ca. 7,4 Mio. [X.]M besaßen, mit Verlusten für ca. 3,2 Mio. [X.]M verkauft.

5

Seit 1987 befasste sich die [X.]-GmbH außerdem mit der Entwicklung eines [X.], mit der der Projektentwickler V und der [X.] beauftragt wurden. Am 1. September 1987 wurde eine handschriftliche Kalkulation zu den Produktionskosten erstellt. [X.]ie [X.]-GmbH ließ den Modellnamen urheberrechtlich schützen und nahm wegen des Vertriebs Verhandlungen mit der S-AG auf. Während des Baus eines fahrtüchtigen Modells ergab sich, dass das Fahrzeug nicht die erforderliche straßenrechtliche Zulassung nach der Straßenverkehrszulassungsordnung erhalten würde. [X.]ie Arbeiten wurden gleichwohl nicht eingestellt, sondern es wurde ein Ausstellungsmodell fertig gestellt.

6

[X.]ie [X.]-GmbH gab in den Streitjahren im Hinblick auf die angenommene Organschaft als [X.]ochtergesellschaft der [X.] keine Umsatzsteuererklärungen ab. [X.]ie Vorsteuerbeträge aus den [X.] und der Roadsterentwicklung sowie geringe Ausgangsumsätze wurden deshalb bei [X.] erklärt.

7

Im [X.] an eine Außenprüfung bei der [X.]-GmbH für die Streitjahre vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) die Ansicht, der [X.]-GmbH fehle mangels nachhaltiger Einnahmeerzielungsabsicht die Unternehmereigenschaft. [X.]ie [X.]ätigkeit der Gesellschaft habe lediglich dazu gedient, für [X.] ein privates Automuseum zu schaffen. In Rechnungen ab 1994 seien die Käufer darauf hingewiesen worden, dass die Fahrzeuge "aus Sammlerbeständen" stammten. Auch hätten keine konkreten Planungen oder Prognosen der für eine Wertsteigerung erforderlichen Einlagerungszeiten bestanden. Ein wirtschaftliches Konzept habe gefehlt, was sich daraus ergebe, dass den Buchwerten der Fahrzeuge Ende 1991 von 7.387.390 [X.]M erhebliche [X.] von 3.588.704 [X.]M gegenüber gestanden hätten, die durch Wertsteigerungen hätten gedeckt werden müssen. [X.]er Verkauf ab 1992 beruhe auf einem Generationswechsel bei [X.]. [X.]ie Entwicklung des [X.] sei nicht unternehmerisch betrieben worden. [X.]er Markt sei nicht erforscht, keine zu produzierenden Stückzahlen in Erwägung gezogen und keine [X.] erstellt worden. [X.]ie Entwicklung sei ohne Rücksicht auf die nicht zu erreichende Straßenverkehrszulassung fortgesetzt worden. [X.]ie umsatzsteuerrechtliche Organschaft der [X.]-GmbH mit der [X.] sei nicht anzuerkennen, weil sich die [X.]ätigkeiten einer Spedition und einer hochspekulativen Fahrzeugsammlung nicht gegenseitig förderten und ergänzten.

8

[X.]as [X.] folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung; es kürzte die bis dahin bei [X.] als Organträger zugelassenen Vorsteuerbeträge aus [X.] der [X.]-GmbH und minderte die aus den beiden Fahrzeugverkäufen resultierende Umsatzsteuer.

9

Ein hiergegen im Jahr 2000 beim Finanzgericht ([X.]) geführtes Klageverfahren der [X.] (6 K 3775/00) wurde nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Fortführung durch den Insolvenzverwalter am 28. September 2004 im Gerichtsregister des [X.] gelöscht. Eine Klage der [X.]-GmbH wegen Körperschaftsteuer (4 K 3773/00) wurde am 15. [X.]ezember 2003 abgewiesen mit der Begründung, die Gewinnerzielungsabsicht habe gefehlt. Bei der [X.] sei es [X.] darum gegangen, seinen [X.]raum vom eigenen Fahrzeug zu verwirklichen.

Am 17. November 2000 beantragte die [X.]-GmbH erstmalig den Erlass von Umsatzsteuerbescheiden für die Veranlagungszeiträume 1986 bis 1991 mit [X.] von insgesamt 913.882,34 [X.]M.

[X.]as [X.] wies den Antrag mit Bescheid vom 8. August 2001 wegen Festsetzungsverjährung zurück.

Hiergegen erhob die [X.]-GmbH Klage mit der Begründung, die Festsetzungsverjährung sei wegen widerstreitender Steuerfestsetzungen nach § 174 Abs. 3 der Abgabenordnung ([X.]) noch nicht eingetreten.

[X.]as [X.] gab der Klage statt. Ob die [X.]-GmbH mit der Fahrzeugsammlung ein Unternehmen betrieben oder ein privates Museum unterhalten habe, hänge davon ab, ob sie eine wirtschaftliche, nachhaltige [X.]ätigkeit entfaltet habe. Hierzu komme es auf das Gesamtbild der Verhältnisse an, wobei die [X.]auer und Intensität des [X.]ätigwerdens, die Beteiligung am Markt, das Auftreten nach außen wie ein Händler, die Zahl der ausgeführten Umsätze und die Planmäßigkeit des [X.]ätigwerdens zu würdigen seien. Es seien die konkreten Umstände des Einzelfalles zu vergleichen mit denjenigen Umständen, unter denen ein entsprechendes Unternehmen üblicherweise betrieben werde, wobei auch zu prüfen sei, ob betriebswirtschaftlich mit einem Erfolg des Unternehmens gerechnet werden könne. Gehe es um die Verkaufstätigkeit im Zusammenhang mit einer Sammlung, sei nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) eine unternehmerische [X.]ätigkeit nur dann anzunehmen, wenn sich der Sammler bereits beim Aufbau der Sammlung wie ein Händler verhalten habe ([X.]-Urteil vom 16. Juli 1987 [X.], [X.]E 150, 224, [X.] 1987, 752, Münzhändler). Nach diesem Maßstab sei die Einnahmeerzielungsabsicht der [X.]-GmbH zu bejahen. [X.]enn beim Ankauf und der Einlagerung von Fahrzeugen zum Zwecke der Wertsteigerung handele es sich um eine "einzigartige Geschäftsidee", die nur schwer am Maßstab eines durchschnittlichen Vergleichsunternehmens gemessen werden könne. [X.]eshalb sei auch nicht darauf abzustellen, ob sich die Gesellschaft bereits beim Aufbau der Sammlung wie ein Händler verhalten habe. Zwar sei der Kapitaleinsatz der [X.]-GmbH "in hohem Maße spekulativ" gewesen, da die erhofften Wertsteigerungen unvorhersehbar gewesen seien; dies sei aber wegen der hohen Kapitalausstattung der vermögenden [X.]-Gruppe möglich gewesen. Wegen der Zugehörigkeit zur [X.]-Gruppe habe die [X.]-GmbH die Grenzen des unternehmerischen [X.] voll ausschöpfen können. [X.]er Verkauf von nur zwei Fahrzeugen in sechs Jahren habe dem Unternehmenskonzept entsprochen, die Fahrzeuge erst nach einer längeren Einlagerungszeit und Wertsteigerung zu veräußern. [X.]er Verkauf der Fahrzeuge ab 1992 beruhe nicht auf einem Generationswechsel bei der [X.], sondern auf einem in den Fachzeitschriften ab diesem Zeitpunkt aufgezeichneten Wertverlust. [X.]ie Umsätze der [X.]-GmbH seien auch nicht der [X.] als Organträgerin zuzurechnen, weil zwischen einem Speditionsunternehmen und einer Fahrzeugsammlung keine wirtschaftliche Ergänzung anzunehmen sei. [X.]ie hoch spekulative Fahrzeugsammlung habe für [X.] keine Förderung, sondern ein zusätzliches finanzielles Risiko geschaffen. [X.]ieselben Erwägungen würden auch für die Entwicklung des [X.] gelten. [X.]ie [X.]-GmbH habe bereits 1987 in nennenswertem Umfang Kalkulationen angestellt, um die Marktfähigkeit des Fahrzeugs jedenfalls grob einschätzen zu können. Sie sei daher "im Mindestmaß" planmäßig zur Erzielung von Einnahmen tätig geworden. [X.]er Erlass der erstmaligen Umsatzsteuerbescheide für 1986 bis 1991 sei bei Antragstellung am 17. November 2000 auch nicht wegen Verjährung ausgeschlossen gewesen, denn gemäß § 174 Abs. 3 [X.] liege eine widerstreitende Steuerfestsetzung vor.

Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision. [X.]as [X.]-Urteil verletze materielles Recht, weil eine Änderung der Steuerfestsetzung bei dem Kläger wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich sei. Es meint, für die Änderbarkeit der Steuerfestsetzung bei dem Kläger nach § 174 Abs. 3 [X.] komme es nicht auf die noch nicht eingetretene Festsetzungsverjährung bei dem Organträger ([X.]), sondern bei der Organtochter ([X.]-GmbH) an. Zudem sei die Annahme des [X.], der Sachverhalt sei in einem Steuerbescheid des vermeintlichen Organträgers ([X.]) zu erfassen, für die Nichtberücksichtigung bei der [X.]-GmbH nicht kausal, weil das [X.] die Vorsteuerbeträge im [X.] an die Betriebsprüfung nunmehr auch wegen des Fehlens der Unternehmereigenschaft nicht mehr berücksichtigt hätte.

[X.]as [X.] beantragt, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

[X.]er Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er hält das [X.]-Urteil für zutreffend. [X.]as [X.] habe eine tatsächliche Würdigung vorgenommen, die für den [X.] bindend sei, da das [X.] keine [X.]enkgesetze verletzt habe. [X.]as Fehlen eines [X.] sei kein maßgebliches Kriterium für die Ablehnung der Unternehmereigenschaft, zumal die [X.]iefgarage als Geschäftslokal anzusehen sei. Auch das Fehlen einer werbenden [X.]ätigkeit sei kein Indiz gegen die Unternehmereigenschaft der [X.]-GmbH, weil es ihrem Geschäftsmodell gerade entsprochen habe, vor Eintritt der erwarteten Wertsteigerung der Fahrzeuge in 20 bis 30 Jahren weder Werbung zu betreiben noch Fahrzeuge zu veräußern. Es handele sich auch um eine wirtschaftliche [X.]ätigkeit, weil sich nach den im [X.]-Verfahren vorgelegten Übersichten eine Wertsteigerung nach 26 Jahren in Höhe von durchschnittlich 39 % jährlich ergeben hätte, die die [X.] von durchschnittlich 8,1 % jährlich überstiegen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] führt aus anderen als den geltend gemachten Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zu Unrecht hat das [X.] die Berechtigung des [X.] zum Vorsteuerabzug für die Anschaffung und Einlagerung der Fahrzeuge sowie für die Herstellung des [X.] bejaht, weil die [X.] nicht Unternehmerin war. Auf die Frage, ob das [X.] den Erlass entsprechender Umsatzsteuerbescheide zu Recht wegen Festsetzungsverjährung verweigert hat, kommt es nicht an.

1. Der Kläger ist aus den von ihm bezogenen Leistungen für die Anschaffung und Einlagerung von 126 Fahrzeugen sowie aus den Entwicklungskosten für die gescheiterte Herstellung eines "[X.]" nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG) kann der Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]). Soweit der Steuerpflichtige (Unternehmer) Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, ist er nach dieser Bestimmung befugt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

Trotz der Unterschiede im Wortlaut entspricht das nationale Recht im Ergebnis Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/[X.], wie der [X.] mit Urteil vom 6. Mai 2010 [X.] ([X.]E 230, 263, [X.], 885) entschieden hat. Denn das Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG umfasst (nur) "die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers" (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG) und daher nur eine "nachhaltige Tätigkeit zur Einnahmeerzielung" (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG). "Für das Unternehmen" i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG wird eine Leistung daher nur bezogen, wenn sie zur (beabsichtigten) Verwendung für Zwecke einer nachhaltigen und gegen Entgelt ausgeübten Tätigkeit bezogen wird, die im Übrigen steuerpflichtig sein muss, damit der Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.

2. Die Nachhaltigkeit einer (beabsichtigen) Einnahmeerzielung hängt von einer Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien ab, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für und gegen die Nachhaltigkeit der (beabsichtigten) Einnahmeerzielung sprechen können. Dies sind die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Erlöse, die Beteiligung am Markt durch Werbung, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden, das Unterhalten eines Geschäftslokals (z.B. [X.]-Urteile vom 12. Dezember 1996 [X.], [X.]E 182, 388, [X.] 1997, 368; vom 18. Juli 1991 [X.], [X.]E 165, 116, [X.] 1991, 776). Kann ein Gegenstand seiner Art nach sowohl zu wirtschaftlichen als auch zu privaten Zwecken verwendet werden, so sind alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird (z.B. Gerichtshof der [X.] --EuGH--, Urteil vom 26. September 1996 [X.]/94, Enkler, [X.]. 1996, [X.]; [X.]-Urteile vom 4. September 2008 [X.], [X.]/NV 2009, 230; vom 11. April 2008 [X.], [X.]E 221, 456, [X.] 2009, 741, m.w.N.).

a) Für die Beurteilung der Frage, ob ein Gegenstand für Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit erworben wird, ist auch die Art des Gegenstandes zu berücksichtigen (z.B. EuGH-Urteil Enkler in [X.]. 1996, [X.] Rdnr. 26; [X.]-Urteil in [X.]/NV 2009, 230). In Übereinstimmung damit hat der [X.] zur Abgrenzung in Fällen, in denen jemand eine Sammlung von Gegenständen, die im Wesentlichen einen Liebhaberwert verkörpern (wie z.B. Briefmarken und Münzen), aus privaten Neigungen aufbaut und diese oder Teile davon später veräußert, darauf abgestellt, ob die äußeren Umstände beim Ankauf und Verkauf von Gegenständen der betreffenden Art der eines Händlers entsprechen oder ob daraus geschlossen werden kann, dass die Sammlungsstücke nur aus privaten Neigungen erworben worden sind (vgl. [X.]-Urteile vom 29. Juni 1987 [X.], [X.]E 150, 218, [X.] 1987, 744, Briefmarkensammlung; in [X.]E 150, 224, [X.] 1987, 752, Münzsammlung; vom 13. Februar 1992 [X.], [X.]/NV 1993, 59, Verkauf von Edelmetallmengen).

b) Für die Frage, ob jemand nachhaltig tätig war, kommt der tatsächlichen Würdigung der verschiedenen Kriterien, die je nach Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit sprechen können, durch die Tatsacheninstanz eine besondere Bedeutung zu. Der [X.] als Revisionsinstanz hat nur zu prüfen, ob dem [X.] hierbei Rechtsverstöße unterlaufen sind. Eine Bindung ist gegeben, wenn die Würdigung möglich war und das [X.] weder gegen Denkgesetze verstoßen noch wesentliche Umstände vernachlässigt hat (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 25. November 2010 [X.]/08, Der Betrieb 2011, 393; vom 30. Juni 2010 II R 14/09, [X.]/NV 2010, 2002).

3. Im Streitfall hält die Würdigung des [X.] einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Der Rechtsfehler des [X.] liegt zunächst darin, dass es die dargelegte Rechtsprechung des [X.] zur Abgrenzung einer privaten Sammlertätigkeit von einer unternehmerischen Betätigung wie ein Händler (Urteile in [X.]E 150, 218, [X.] 1987, 744 zum Briefmarkensammler; in [X.]E 150, 224, [X.] 1987, 752 zum Münzsammler) zwar zitiert, tatsächlich aber nicht berücksichtigt hat. Danach liegt eine zum Vorsteuerabzug berechtigende unternehmerische Betätigung und keine private Sammlertätigkeit nur dann vor, wenn sich der Sammler auch bereits während des Aufbaus der Sammlung wie ein Unternehmer verhält. Die [X.] hatte aber von vornherein beabsichtigt, Oldtimer- und Neufahrzeuge nicht laufend zu veräußern, sondern zunächst ca. 20 bis 30 Jahre in einer Tiefgarage zu lagern. Sie hat sich damit während des Aufbaus der Sammlung nicht wie ein Händler, sondern wie ein Sammler verhalten.

b) Die [X.] hat in den Jahren 1986 bis 1991 insgesamt 126 Fahrzeuge erworben, von denen es sich zu ca. 30 % um Oldtimer und zu ca. 70 % um Neufahrzeuge handelt. Insoweit hat das [X.] rechtsfehlerhaft nicht zwischen dem Erwerb von Neufahrzeugen und von Oldtimern unterschieden; denn dabei handelt es sich um Produkte, die wesentliche Unterschiede hinsichtlich der Verwendung für eine wirtschaftliche Tätigkeit aufweisen und die einen anderen Markt betreffen. Bei einem [X.] wäre der An- und Verkauf der Fahrzeuge bereits nach der Anschaffung möglich gewesen.

c) Ein weiterer Rechtsfehler liegt darin, dass das [X.] das Vorhandensein von anderen tatsächlichen Umständen, die gegen eine wirtschaftliche Tätigkeit sprechen könnten, allein mit der Begründung ignoriert hat, es handele sich um eine "hochspekulative einzigartige Geschäftsidee", deren Verwirklichung allein durch die besondere Kapitalkraft aufgrund der Zugehörigkeit der [X.] zur [X.] möglich gewesen sei. Dies lässt sich mit den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Beurteilung einer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht vereinbaren. Danach ist für das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit entscheidend, ob sie dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, vergleichbar der eines Händlers, Güterproduzenten etc., entspricht und einer privaten Sammlertätigkeit oder Vermögensverwaltung fremd ist, wobei die jeweiligen artspezifischen Besonderheiten zu beachten sind (vgl. zur ähnlichen Abgrenzung z.B. [X.]-Urteile vom 22. Januar 2003 [X.]/00, [X.]E 201, 264, [X.] 2003, 464, unter [X.] aa; vom 20. Dezember 2000 [X.], [X.]E 194, 198, [X.] 2001, 706, unter [X.]). Eine hochspekulative, mit erheblichen geschäftlichen Risiken verbundene Tätigkeit, spricht gegen eine wirtschaftliche Tätigkeit, auch wenn ein beherrschender Gesellschafter bereit ist, hierfür ohne Rücksicht auf die Risiken beträchtliche Geldsummen aufzuwenden.

4. Der Senat kann aufgrund der Feststellungen des [X.] selbst entscheiden.

a) Da nach den Feststellungen die von der [X.] angeschafften Fahrzeuge zur "Wertsteigerung" eingelagert werden sollten und eine anderweitige Nutzung als die eines späteren Verkaufs nach Jahrzehnten nicht in Betracht zu ziehen war, kommt es im Streitfall auf die Vergleichbarkeit mit einem Händler an. Die Tätigkeit eines Händlers ist gekennzeichnet durch die wiederholte Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Sinne eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 21. Juli 2009 [X.]/07, [X.]/NV 2010, 184). Entgegen der Rechtsauffassung des [X.] unterscheiden sich Sammler und Händler nicht in der Tätigkeit zum Zwecke der Wertsteigerung, sodass es auf die vorgelegten Unterlagen, aus denen sich eine erhebliche, die [X.] übersteigende Wertsteigerung der eingelagerten Fahrzeuge ergeben soll, nicht ankommt.

b) Die [X.] unterhielt kein Geschäftslokal. Entgegen der Rechtsauffassung des [X.] handelt es sich bei der Tiefgarage nicht um ein Geschäftslokal, denn sie diente nicht der Verkaufsförderung, sondern der Aufbewahrung der Fahrzeuge. Das [X.] hat auch keine anderen Anhaltspunkte für eine werbende Tätigkeit der [X.] für den Verkauf von Fahrzeugen festgestellt, die darauf schließen lassen könnten, dass die [X.] die Gegenstände angeschafft hat, um sie --wie ein [X.] planmäßig und alsbald zu veräußern. Vielmehr war nach den Feststellungen des [X.] kein --für einen Händler typischer-- häufiger und kurzfristiger Umschlag erheblicher Sachwerte beabsichtigt, sondern es sollten alle Fahrzeuge (Oldtimer und Neuwagen) --für einen Sammler, aber nicht für einen Händler typisch-- zur langfristigen "Wertsteigerung" anspruchsvoll präsentiert museumsartig aufbewahrt werden.

c) Auch die Annahme des [X.], die Herstellung des "[X.] im Stil der sechziger Jahre" sei eine wirtschaftliche Tätigkeit, die "im Mindestmaß" in Einnahmeerzielungsabsicht durchgeführt wurde, hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

aa) Das [X.] hat rechtsfehlerhaft ebenso wie bei der Fahrzeugsammlung auch bei der [X.] für die Annahme einer wirtschaftlichen Betätigung die erheblichen Kostenrisiken bei der Produktion eines Fahrzeugs im Hinblick auf die Wirtschaftskraft des Mehrheitsgesellschafters C außer Betracht gelassen. Wie bereits ausgeführt, ist die Frage, ob es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit handelt, unabhängig davon zu beurteilen, ob ein Dritter aus persönlichen Gründen bereit ist, erhebliche Geldmittel zu investieren.

bb) Nach den Feststellungen des [X.] war die Unternehmereigenschaft der [X.] auch hinsichtlich der [X.] zu verneinen. Zwar können auch die ersten Investitionsausgaben für Zwecke eines Unternehmens als wirtschaftliche Tätigkeiten zum Vorsteuerabzug berechtigen (EuGH-Urteile vom 8. Juni 2000 [X.]/98, [X.], [X.]. 2000, [X.], [X.] 2003, 452, und [X.]/98, [X.], [X.]. 2000, [X.], [X.] 2003, 446; [X.]-Urteile vom 8. März 2001 [X.], [X.]E 194, 522, [X.] 2003, 430; vom 17. Mai 2001 [X.]/00, [X.]E 195, 437, [X.] 2003, 434, und vom 11. Dezember 2003 [X.], [X.]E 204, 349, [X.] 2006, 384, m.w.N.). Voraussetzung ist jedoch die durch objektive Anhaltspunkte belegte, ernsthafte Absicht, mit den Investitionsausgaben Umsätze auszuführen. Die Feststellungslast hierfür trägt der Steuerpflichtige. Der Kläger hat diesen Nachweis nicht hinreichend geführt.

Die Investitionsausgaben, für die der Kläger den Vorsteuerabzug begehrt, betreffen die Absicht der Herstellung eines "[X.] im Stile der fünfziger und sechziger Jahre", mithin die Entwicklung eines komplexen, kostenintensiven Produktes in einem hauptsächlich von großen Automobilherstellern bedienten speziellen Marktsegments für Kraftfahrzeuge. Ohne --wie dies für die Annahme einer ernsthaften Einnahmeerzielungsabsicht bei der Herstellung eines solchen Produktes als Außenseiter auf einem durch große Unternehmen bedienten Markt erforderlich ist-- zumindest ansatzweise den Markt für die Nachfrage nach dem geplanten Produkt zu erforschen, hat die [X.] im September 1987 lediglich eine handschriftliche Kalkulation zu den geschätzten Produktionskosten eines Fahrzeuges erstellt, ohne bei der durchzuführenden Kostenkalkulation die Anzahl der zu produzierenden Fahrzeuge zu berücksichtigen. Andere Anhaltspunkte dafür, dass die Investitionsausgaben der ernsthaften unternehmerischen Fahrzeugproduktion dienen sollten, lagen nach den Feststellungen des [X.] mit Ausnahme der eines Schriftwechsels mit einer einzigen potentiellen Vertriebsfirma, die nur unverbindliches Interesse geäußert hatte, nicht vor. Vielmehr blieb unklar, wer das Fahrzeug produzieren sollte und in welcher Stückzahl. Der Umstand, dass die [X.] einen Modellnamen urheberrechtlich schützen ließ, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass mit der Herstellung des Fahrzeugs keine wirtschaftliche Tätigkeit verfolgt wurde, bestätigt die Feststellung des [X.], dass die Entwicklung fortgesetzt wurde und die [X.] das Fahrzeug auch dann noch fertig stellen ließ, als bereits feststand, dass eine straßenrechtliche Zulassung nicht erreicht werden konnte.

Meta

V R 21/09

27.01.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 22. April 2009, Az: 6 K 2821/02, Urteil

§ 174 Abs 3 AO, § 2 Abs 1 UStG 1980, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 1980

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.01.2011, Az. V R 21/09 (REWIS RS 2011, 9990)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9990

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