Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2018, Az. VI ZR 143/17

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 12451

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:130318UVIZR143.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

13. März 2018

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] SL § 28 Satz 1; BGB § 823 Abs. 2 (Bf), § 1004; A[X.] § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3, § 19 Abs. 1, § 21 Abs. 1; [X.] Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 iVm Art.
1 Abs.
1, Art. 3
Es besteht kein gesetzlicher Anspruch darauf, in Vordrucken und Formularen nicht mit Personenbezeichnungen erfasst zu werden, deren grammatisches Geschlecht vom eigenen natürlichen Geschlecht abweicht. Nach dem allgemein üblichen Sprachgebrauch und Sprachverständnis kann der Bedeutungsgehalt einer grammatisch männlichen Personenbezeichnung jedes natürliche [X.] umfassen ("generisches Maskulinum").
[X.], Urteil vom 13. März 2018 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

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Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
20.
Februar 2018
durch den Vorsitzenden [X.],
die Richterinnen von [X.] und [X.], [X.] [X.] und Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 10. März 2017 wird [X.].
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der beklagten Sparkasse, im Geschäftsverkehr mit ihr Vordrucke zu verwenden, in denen sie als weibliche Person erscheint.
Die Klägerin ist Kundin der Beklagten. Diese verwendet im Geschäfts-verkehr Formulare und Vordrucke, die neben grammatisch männlichen Perso-nenbezeichnungen wie etwa "Kontoinhaber"
keine grammatisch weibliche Form enthalten. In persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendet sich
die Beklagte an die Klägerin mit der Anrede "". Durch Schreiben ihrer Rechtsanwältin forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Formulare da-1
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hingehend abzuändern, dass diese auch die weibliche Form ("Kontoinhaberin") vorsehen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin keine Ansprü-che aus dem [X.] (A[X.]) herleiten, da sie nicht nachvollziehbar dargelegt habe, dass und in welcher Form sie als Kundin von der Beklagten ungünstiger behandelt werde als männliche Kunden. Das [X.] begründe keine generelle Verpflichtung zur durchgehend geschlechtsneutralen Formulierung im Wirtschafts-
und Rechtsverkehr. Bei § 28 [X.] ([X.]) handle es sich nicht um eine drittschützende Norm, die einen [X.] begründe. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht könne die Kläge-rin keinen Anspruch herleiten. Die Annahme der Klägerin, sie werde durch die Ansprache in ausschließlich männlicher Form als Frau totgeschwiegen, ihrer weiblichen Existenz beraubt und sozusagen geschlechtsumgewandelt, sei [X.]. Die Verwendung von Begriffen wie "Kontoinhaber"
oder "Sparer"
in Formularvordrucken könne nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht in dem Sinne verstanden werden, dass sie das natürliche Geschlecht einer Per-son bezeichneten. In der konkreten Verwendung im Rahmen von Formularvor-drucken könnten die Begriffe ausschließlich als generisches Maskulinum verall-3
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gemeinernd geschlechtsneutral verstanden werden. Es sei für den Verwender von Formularvordrucken nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ohne weiteres ersichtlich, dass mit der Verwendung der Begriffe keine Bezeichnung nach dem natürlichen Geschlecht einer Person einhergehe. Außerdem könne bei der Verwendung des generischen Maskulinums nicht ohne weiteres diskriminieren-de Absicht unterstellt werden. Jedenfalls fehle es an der Rechtswidrigkeit einer Verletzungshandlung, da die Verwendung von allgemein gehaltenen Formula-ren, die sich nicht individuell und individualisiert an eine bestimmte Person rich-teten, allenfalls einen geringen Eingriff darstelle und die von der Klägerin gefor-derte Verwendung männlicher und weiblicher Bezeichnungen für die Beklagte mit einem erheblichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden wäre. Aus diesen Gründen könne die Klägerin auch
unter Berücksichtigung des Gleichbehand-lungsgebots des Art. 3 [X.] nicht die Verwendung von Formularen und Vordru-cken in der von ihr gewünschten Art verlangen.

II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der von ihr gegen die [X.] geltend gemachte
Anspruch, nicht unter grammatisch männlichen, sondern ausschließlich oder zusätzlich mit grammatisch weiblichen Personenbezeich-nungen erfasst
zu werden (1.), folgt weder
aus § 28 Satz 1 [X.] (2.), auch
nicht
in Verbindung mit § 823 Abs. 2, § 1004
BGB (3.), noch aus § 21 A[X.] (4.), aus Grundrechten (5.) oder aus Vertrag (6.). Abweichendes ergibt sich nicht aus supranationalem Recht (7.). Deshalb kann die Klägerin auch [X.] Erstattung von Kosten für das Aufforderungsschreiben ihrer Rechtsanwältin verlangen (8.).
1. Der Klageantrag
ist auslegungsbedürftig.
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a) Die Klägerin hat zuletzt beantragt, "die Beklagte zu verpflichten, im Geschäftsverkehr mit ihr Vordrucke zu verwenden, in denen sie als weibliche Person erscheint". Dieses [X.] richtet sich weder auf die Un-tersagung noch auf die Verwendung konkreter Begriffe oder Formulierungen und bedarf daher der Klärung.
aa) Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zu-gänglich. Für das Verständnis eines Klageantrags ist nicht am buchstäblichen Wortlaut zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung ver-nünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragstellers ent-spricht ([X.], Urteil vom 6. Juni 2000 -
VI [X.], [X.], 3287, 3289; [X.], Urteil vom 14. März 2008 -
V [X.], [X.]Z 176, 35 Rn. 7 jeweils
[X.]).
bb) Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin von der [X.] verlangt, im Geschäftsverkehr mit ihr generell Vordrucke zu verwenden, in denen sie nicht unter grammatisch männlichen, sondern ausschließlich oder zusätzlich mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst wird.
Die Formulierung "als weibliche Person erscheint"
deutet schon bei iso-lierter Betrachtung darauf hin, dass sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf grammatisch weibliche Personenbezeichnungen (z.B. "Kontoin-haberin") richtet. Dies deckt sich mit der vorprozessualen Aufforderung der Klä-gerin an die Beklagte, "ihre Formulare dahingehend abzuändern, dass diese auch die weibliche Form vorsehen". Dafür spricht
weiter der vom Berufungsge-richt wiedergegebene Vortrag der Klägerin, eine Hälfte der Formulare könne in weiblicher Ansprache gedruckt oder abgeändert werden.
Zudem
hat die Kläge-7
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rin in der Berufungsverhandlung eine Anmerkung übergeben, wonach Formula-re und Vordrucke in weiblicher sowie männlicher Form zu drucken seien und die
bereits gedruckten maskulinen Vorlagen für die männlichen Kunden ver-wendet werden könnten.
Schließlich hat die Klägerin dieses Verständnis
ihres Klageantrags
in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] bestätigt.
b) Mit diesem Inhalt ist der Klageantrag hinreichend bestimmt.
aa) Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Um-fang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) er-kennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des [X.] nicht durch vermeidba-re Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine [X.] aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungs-verfahren erwarten lässt. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in einem Klageantrag zu stellen sind, hängt jedoch auch von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den [X.] des Einzelfalls ab. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des [X.] sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interes-ses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der [X.] mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des [X.] an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen ([X.], Urteil vom 13. Oktober 2015 -
VI
ZR 271/14, [X.]Z 207, 163 Rn. 19; [X.], Urteile vom 24. November 1993
-
XII [X.], [X.]Z 124, 173, 175 f.; vom 18. Dezember 2015 -
V
ZR
160/14, [X.], 863 Rn. 9 jeweils
[X.]). Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung ist nur hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmä-11
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ßig oder sogar geboten, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Davon ist im Regelfall auszugehen, wenn über die Bedeutung des an
sich aus-legungsbedürftigen Begriffs zwischen den Parteien kein Streit besteht und ob-jektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorliegen oder wenn zum Verständnis des Begriffs auf die konkrete Verletzungshandlung und die gegebene Klagebegrün-dung zurückgegriffen werden kann ([X.], Urteile vom 26. Juni 2013 -
IV ZR 39/10, [X.], 1381
Rn. 20; vom 4. November 2010 -
I
ZR
118/09, [X.], 1772
Rn. 13; vom 22. November 2007
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I [X.], [X.], 525, 526).
bb) So liegt es hier. Denn die Differenzierung und Einordnung von [X.] allein nach dem grammatischen Geschlecht können ent-sprechend den allgemein anerkannten Grammatikregeln (Artikel "der", "die", "das") erfolgen (siehe unten II.4.a.bb.).
2. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch folgt nicht aus § 28 Satz 1 [X.]. Der [X.] hat insoweit den beschrittenen Rechtsweg nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG).
Nach § 28 Satz 1 [X.]
haben "Dienststellen"
unter anderem "bei der Gestaltung von Vordrucken dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Frauen und Männern dadurch Rechnung zu tragen, dass geschlechtsneut-rale Bezeichnungen gewählt werden, hilfsweise die weibliche und die männliche Form verwendet wird."
a) Zwar ist die Beklagte eine Dienstelle im Sinne von § 28 Satz 1 [X.].
Das [X.] gilt gemäß dessen § 2 unter anderem für die Anstalten des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des [X.] unterstehen. Dazu gehört gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 13
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Sparkassengesetz [X.] (SparkG [X.]) auch die Beklagte als [X.], deren Träger ein Zweckverband von ausschließlich kommunalen Gebiets-körperschaften ist ([X.]/[X.], [X.] Text und Erläuterungen [1997], § 2 Rn. 2.1; siehe weiter zur Einbeziehung der Sparkassen im Gesetzgebungsverfahren [X.]. 11/267, Begründung
S. 4; [X.] 11/9 vom 10. Mai 1995 S. 412, 417; 11/23 vom 24. April 1996 S. 1154, 1161). Als innerhalb des [X.] organisatorisch eigenständige Stelle ist die Beklagte gemäß §
3 Abs. 1 Satz 1 [X.] eine Dienststelle.
b) Allerdings ergibt sich aus § 28 Satz 1 [X.] kein Anspruch der Klägerin.
aa) Es existiert kein allgemeiner Anspruch auf den Vollzug öffentlich-rechtlicher Normen. Subjektive Rechte vermitteln nur Rechtsvorschriften, die nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, son-dern zumindest auch dem Schutz individueller Rechte dienen. Das gilt für Nor-men, die das geschützte Recht sowie einen bestimmten und abgrenzbaren Kreis der hierdurch Berechtigten erkennen lassen ("Schutznormtheorie", [X.], 180 Rn. 27;
131, 129 Rn. 19; 111, 276, 280; 98, 118, 120; [X.]/[X.]/Schmidt-Aßmann, [X.] [September 2017], Art. 19 Abs. 4 Rn.
136
ff. [X.]; verfassungsrechtlich unbedenklich:
vgl. etwa [X.] 18,
74, 80
ff.; [X.]/[X.]/Schmidt-Aßmann, [X.] [September 2017], Art. 19 Abs. 4 Rn.
127 ff. [X.]).
bb) Danach begründet § 28 Satz 1 [X.] keine Ansprüche.
Der Wortlaut dieser Vorschrift
sieht ausschließlich eine Verpflichtung von Dienststellen und
keinen korrespondierenden Anspruch Dritter
vor. [X.] ergibt sich nicht aus der Definition des [X.] und der allgemeinen Grundsätze in § 1 [X.]. Dies gilt auch für die Begrün-17
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dung zu den gleichlautenden Vorschriften im Gesetzesentwurf der [X.]regie-rung (vgl. [X.]. 11/267, Begründung S. 3 f., 10; [X.]/[X.], [X.] Text und Erläuterungen [1997], § 1 Rn. 1.2).
Die Gesetzessystematik spricht gegen die Begründung eines Anspruchs durch § 28 Satz 1 [X.]. Einzelne Vorschriften des Gesetzes enthalten ausdrückliche Regelungen zu Rechtspositionen oder deren Durchsetzung
wie etwa § 14 [X.] (Beweislast), § 17 Abs. 5 [X.] (Anspruch auf Vollzeitstelle) oder § 23 ff. [X.] (Aufgaben und Rechte der [X.], Widerspruchs-
und Schlichtungsverfahren, gerichtliches Ver-fahren). Dies deutet im Umkehrschluss darauf hin, dass ohne eine solche spe-zielle Regelung ausschließlich die Dienststelle verpflichtet werden soll (siehe weiter [X.]/[X.], [X.] Text und Erläuterungen [1997], § 15 Rn. 15.1, § 17 Rn.
17.1).
Ein abgrenzbarer Kreis geschützter Personen ist angesichts des weiten Anwendungsbereichs der Vorschrift und der unüberschaubaren Anzahl [X.] Betroffener nicht erkennbar. Gemäß § 2 [X.] gilt § 28 Satz 1 [X.] für die Verwaltung des [X.], der Gemeinden, der Landkreise, des [X.] sowie der sonstigen Körperschaften, Anstal-ten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des [X.] unter-stehen, für die Gerichte und Staatsanwaltschaften und vom [X.] zu wäh-lende Gremien. Der Anwendungsbereich des § 28 Satz 1 [X.] um-fasst den Erlass von Rechtsvorschriften, die Gestaltung von Vordrucken, amtli-che Schreiben, die Öffentlichkeitsarbeit, das Marketing und die Stellenaus-schreibung. Danach beschränkt sich die Vorschrift insbesondere nicht auf eine bestimmte Bezeichnung von Personen, die an einem Verwaltungs-
oder Ge-schäftsvorgang unmittelbar beteiligt sind. Es bestehen auch keine Anhaltspunk-te dafür, dass nur in bestimmten Konstellationen -
etwa abhängig von einer be-21
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stimmten der erfassten Tätigkeiten oder von Art und Ausmaß der Betroffenheit -
ein der Verpflichtung einer Dienststelle korrespondierender Anspruch besteht.
Eine Verletzung von § 28 [X.]
soll auch
nicht zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führen, die durch den entsprechenden Text niedergelegt ist
([X.]/[X.], [X.] Text und Erläuterungen [1997], § 28 Rn.
28.2).
c) Daher ist keine
Entscheidung
erforderlich, welche Begriffe und Formu-lierungen "geschlechtsneutrale Bezeichnungen"
im Sinne von § 28 Satz 1 [X.] sind
(vgl. dazu [X.]/[X.], [X.]
Richtig gendern [2017], S.
53 ff.; [X.]/[X.], [X.] Text und Erläuterungen [1997], § 28 Rn. 28.1). Zudem
kann offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen "hilfsweise"
die weibliche und die männliche Form verwendet darf oder muss (vgl. dazu [X.]/[X.], [X.] Text und Erläuterungen [1997], § 28 Rn. 28.1).
d) Es bedarf weiter keiner Klärung, ob § 28 Satz 1 [X.] verfas-sungsgemäß ist.
Dies betrifft zunächst die Frage, inwieweit der Sprachgebrauch einer staatlichen Regelung zugänglich ist. Der Umstand, dass Sprache nicht aus einer staatlichen Quelle fließt und sich im gesellschaftlichen Gebrauch von selbst entwickelt, steht einer staatlichen Regelung nicht
grundsätzlich
entgegen. Der Staat kann die Sprache deswegen aber nicht beliebig regeln. Begrenzende Wirkungen ergeben sich aus der Eigenart der Sprache für Art und Ausmaß ei-ner Regelung ([X.] 98, 218, 246).
Klärungsbedürftig ist auch nicht, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen (verfassungskonforme Auslegung) oder mit welchen Rechts-folgen (Teilnichtigkeit) § 28 Satz 1 [X.] unvereinbar mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 [X.] (siehe weiter Art. 12 Abs. 3 [X.])
ist, weil ne-ben der [X.] Verwendung nur der weiblichen und der männlichen Form nicht auch die Existenz von Personen berücksichtigt wird, die sich dauerhaft 23
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weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen ([X.] dazu [X.], Beschluss vom 10. Oktober 2017 -
1
BvR
2019/16, [X.], 3643, insbesondere Rn. 44 ff., 50, 56 ff.; [X.], [X.], 2054).
3. Es besteht auch kein Anspruch der Klägerin aus § 28 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 823 Abs. 2, § 1004 BGB.
Bei § 28 Satz 1 [X.] handelt es sich nicht um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
a) Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist eine Rechtsnorm, die nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen
oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechts-guts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des [X.] gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. [X.] soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der [X.] durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen ([X.], Urteil vom 14. Mai 2013 -
VI [X.], [X.]Z 197, 225 Rn. 7; [X.], Urteil vom 13. Dezember 2011 -
XI ZR 51/10, [X.]Z 192, 90 Rn.
21 jeweils
[X.]).
b) Auf einen solchen [X.] ist
§ 28 Satz 1 [X.] nach Inhalt und Zweck nicht ausgerichtet
(siehe oben II.2.b.bb.).
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4. Die Klägerin kann ihr Begehren
auch nicht auf
§ 21 Abs. 1 A[X.] stüt-zen.
Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen
ergibt sich keine [X.] Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Begründung oder [X.] zivilrechtlicher Schuldverhältnisse mit der Beklagten (§ 19 Abs. 1 A[X.]).
a) Die Klägerin erfährt allein dadurch, dass die Beklagte ihr gegenüber Vordrucke verwendet, in denen sie mit grammatisch männlichen Personenbe-zeichnungen (z.B. "Kontoinhaber") und nicht (auch) mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen (z.B. "Kontoinhaberin") erfasst wird, keine weniger günstige Behandlung als eine Person mit natürlichem männlichen Geschlecht erfährt, erfahren hat oder erfahren würde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 A[X.]).
aa) Maßgeblich für die Beurteilung, ob die betroffene Person eine weni-ger günstige Behandlung erfährt als die [X.], ist die objektive Sicht eines verständigen Dritten, nicht die subjektive Sicht der betroffenen Person (BeckOK-ArbeitsR/[X.] [Dezember 2017], § 3 A[X.] Rn. 3 [X.]; Pa-landt/Ellenberger, [X.] Aufl., § 3 A[X.] Rn. 2; [X.]/[X.] [2018], § 3 A[X.] Rn. 7).
Das Verständnis
des von der Klägerin beanstandeten Sprachgebrauchs in von der Beklagten ihr gegenüber verwendeten Formularen und Vordrucken unterliegt uneingeschränkter revisionsrechtlicher Prüfung. Dies
entspricht der Auslegung typischer Willenserklärungen, Allgemeiner Geschäftsbedingungen oder veröffentlichter Stellenanzeigen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 24. Oktober 2017 -
VI [X.], [X.], 114 Rn. 22; [X.], Urteile vom 29. Juni 2016 -
VIII ZR 191/15, [X.], 3015 Rn. 20; vom 9. April 2014 -
VIII
ZR 404/12, [X.]Z 200, 362 Rn. 25; [X.], Urteil vom 29. Juni 2017 -
8 [X.], [X.], 33; [X.]E 157, 296 Rn. 29 jeweils
[X.]; siehe weiter zur revisionsrechtli-chen Nachprüfung der Sinndeutung von Äußerungen [X.], Urteile vom 29
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29.
November 2016 -
VI [X.], [X.], 1550 Rn. 22; vom [X.] 2016 -
VI [X.], [X.], 482 Rn. 12 jeweils
[X.]).
Begriffe und Formulierungen in Vordrucken sowie Formularen sind grundsätzlich nach ihrem typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständi-gen, normalerweise beteiligten Verkehrskreisen verstanden werden. Dies ent-spricht der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und typischen Willenserklärungen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 24. Oktober 2017 -
VI
ZR
504/16, [X.], 114 Rn. 22; [X.], Urteile vom 6. Dezember 2017 -
VIII ZR 2/17, juris Rn. 31 f.; vom 29. Juni 2016
-
VIII ZR 191/15, [X.], 3015 Rn.
29 f.; Erman/[X.], [X.]., § 305c Rn. 20 jeweils [X.]).
Dabei
ist allgemeinkundig, ob eine Formulierung dem üblichen deut-schen Sprachgebrauch entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1995 -
7 [X.], juris Rn. 2).
bb) Grammatisch männliche Personenbezeichnungen können nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und Sprachverständnis auch Personen umfassen, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist.
Bei Personenbezeichnungen muss zwischen dem Genus (grammati-sches Geschlecht) sowie dem gemeinten natürlichen und dem realen natürli-chen Geschlecht unterschieden werden. Substantive können sich unabhängig von ihrem weiblichen, männlichen oder neutralen Genus auf Personen jeden natürlichen Geschlechts beziehen ([X.]/[X.], [X.] Grammatik der [X.] 3. Aufl., [X.] ff.; [X.], Band 4 Die Grammatik, 8. Aufl., Rn. 236, allerdings beschränkt auf "Personen beiderlei natürlichen [X.]s"; z.B. die Person, der Mensch, das Kind). Danach
kann der Bedeu-tungsgehalt einer grammatisch männlichen Personenbezeichnung jedes natür-liche Geschlecht umfassen ("generisches Maskulinum"; [X.]/[X.], 33
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[X.] Grammatik der [X.] 3. Aufl., [X.]; [X.], Band 4 Die Grammatik, 8. Aufl., Rn. 236).
Dieser Sprachgebrauch und dieses Sprachverständnis sind nach wie vor allgemein üblich (vgl. beispielsweise zuletzt [X.], [X.], 2228 f.; Pick, [X.], 266 [X.]. 1). Dabei verkennt der [X.] nicht, dass grammatisch maskuline Personenbezeichnungen, die sich auf jedes natürliche Geschlecht
beziehen, vor dem Hintergrund der seit den Siebzigerjahren des letzten [X.] diskutierten Frage der
Benachteiligung von Frauen durch Sprachsys-tem sowie
Sprachgebrauch als
benachteiligend kritisiert und teilweise nicht mehr so selbstverständlich als verallgemeinernd
empfunden werden, wie dies noch in der Vergangenheit der Fall gewesen sein mag (vgl. dazu [X.]/[X.], [X.] Grammatik der [X.] 3. Aufl., [X.]; [X.], Band 4 Die Grammatik, 8. Aufl., Rn. 236; [X.]/[X.] [Hrsg.], [X.] steckt im Detail [2017]; [X.]/[X.], [X.] Richtig gendern [2017], S. 26 ff., 116 ff.).
Dies vorausgeschickt ist bei
Äußerungen staatlicher oder staatlich kon-trollierter Stellen
dennoch weiterhin grundsätzlich vom allgemein üblichen Sprachgebrauch, der das sogenannte
generische Maskulinum umfasst,
auszu-gehen. Denn so ist auch die Gesetzessprache angelegt. Zwar wird im Bereich der Gesetzgebung und Verwaltung das Ziel verfolgt, die Gleichstellung von Frauen und Männern (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]) auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen (so für das [X.] § 28 [X.] [siehe oben II.2.]; Gemeinsame Ge-schäftsordnung der obersten [X.]behörden [[X.]O]
vom 16. Oktober 2001, [X.]. S.
374, Teil [X.] 1 1.1; für den [X.] § 4 Abs. 3 [X.]esgleichstel-lungsgesetz; § 42 Abs. 5, § 62 Abs. 2 Gemeinsame Geschäftsordnung der [X.]esministerien vom 26. Juli 2000, [X.]. [X.]). Gleichwohl werden
in zahlreichen Gesetzen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen 37
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Maskulinums verwendet. Dies gilt insbesondere für das Grundgesetz (siehe etwa Art. 7 Abs. 3 Satz 3, Art. 13 Abs. 2 und 3 Satz 3, Art.
16 Abs. 2 Satz 1, Art.
16a Abs. 3 Satz 2, Art. 34 Satz 1, Art. 36, Art. 40 [X.]; siehe weiter Art. 13 Abs.
2 Satz 1, Art. 27 Abs. 6 Satz 2, Art. 47 Satz 1 und 2, Art. 48 Abs. 2, Art. 52 Abs. 2 Satz 4 [X.]). Dazu gehören weiter Normen, die für Bankgeschäfte relevant sind (vgl. etwa §§ 21, 30, 38 f., 40 ff. [X.]: "Kontoinhaber"; § 13 BGB: "Verbraucher", §§
488
ff. BGB "Darlehens-nehmer"; siehe weiter § 675 f Abs. 1 BGB: "Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler, Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt [Zahlungsdienstnutzer]"). Auch in den Strafgesetzen werden trotz der sich aus Art. 103 Abs. 2 [X.] ergebenden erhöhten Bestimmtheitsanforderungen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet (siehe z.B. Strafgesetzbuch, Allgemeiner Teil, Erster Abschnitt, Zweiter Titel Sprachgebrauch, §
11; vgl. MüKo-StGB/[X.], 3. Aufl., § 1 StGB Rn. 45; [X.], [X.], 410). Dieser Sprachgebrauch des Gesetzgebers
ist zugleich prägend wie kennzeichnend für den allgemeinen Sprachgebrauch und das sich daraus ergebende Sprachverständnis. Der [X.] kann daher allein durch die
Verwendung von Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskuli-nums
keine Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 A[X.] feststellen.
cc) Konkrete Personenbezeichnungen, Formulierungen, Vordrucke oder Formulare hat die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Der Bedeutungsgehalt einer bestimmten Personenbezeichnung oder Formulierung kann
aber
nur im Einzel-fall festgestellt werden. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständ-nis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten hat. Dabei ist vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber 39
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nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht und von den erkennbaren Begleitumstän-den, unter denen sie fällt, bestimmt. Die Äußerung darf nicht aus dem sie be-treffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. zur Presseberichterstattung [X.], Urteile vom 29. November 2016 -
VI [X.], [X.], 1550 Rn. 22; vom 27.
September 2016 -
VI
[X.], [X.], 482 Rn. 12 jeweils
[X.]; vgl. etwa zu [X.], Urteil vom 4. Mai 2016
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Sa
419/15, juris Rn. 75; [X.], Urteil vom 13. September 2011
-
17 [X.], [X.] 2011, 1147 Rn. 32; [X.], Urteil vom 16. Mai 2001 -
13 [X.], juris Rn. 27; [X.], [X.] 2018, 372; [X.]/[X.], 7.
Aufl., § 11 A[X.] Rn. 5; [X.]/[X.] [November 2017], § 3 A[X.] Rn.
49.2; [X.]/[X.] [2018], § 11
A[X.] Rn.
13).
b) Aus diesem Grund ergibt sich auf der Grundlage der getroffenen Fest-stellungen
auch keine mittelbare Benachteiligung (§ 3 Abs. 2
A[X.]) oder Beläs-tigung im Sinn von § 3 Abs. 3 A[X.].
Der allgemein übliche Sprachgebrauch bringt keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck, deren natür-liches Geschlecht nicht männlich ist (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Mai 2016 -
6 [X.], juris Rn. 75; [X.]/[X.] [November 2017], § 3 A[X.] Rn. 49.2).
c) Somit bedarf es keiner Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Arten von Bankgeschäften in den Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 A[X.] fallen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 15. Januar 2013 -
XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519 Rn. 23; [X.], [X.], 106, 108; [X.]/[X.], [X.]
Aufl., § 19 A[X.] Rn. 3; [X.]/[X.], 7. Aufl., § 19 A[X.] Rn. 24 ff.).
40
41
-

17

-

5. Schließlich ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte [X.] nicht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m.
Art.
1 Abs. 1 [X.]) oder aus Art. 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 [X.].
a) Die Beklagte
ist unmittelbar an die Grundrechte gebunden.
Gemäß Art. 1 Abs. 3 [X.] binden die Grundrechte die vollziehende Gewalt als unmittel-bar geltendes Recht. Dies gilt für die öffentliche Hand auch, wenn sie öffentliche Aufgaben wie die Daseinsvorsorge in privatrechtlichen Rechtsformen [X.] ([X.], Urteil vom 11. März 2003 -
XI ZR 403/01, [X.]Z 154, 146, 150 f. [X.]). Die Beklagte ist als Sparkasse eine Anstalt des öffentlichen Rechts ([X.] oben [X.].). Ihr Auftrag zur Daseinsvorsorge ergibt sich aus § 2 Abs. 1 SparkG [X.]. Danach haben Sparkassen die Aufgabe, auf der Grundlage der Markt-
und Wettbewerbserfordernisse vorrangig in ihrem Geschäftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versor-gung aller Bevölkerungsschichten und der
Wirtschaft, insbesondere des [X.], mit geld-
und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche si-cherzustellen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SparkG [X.]). Mit der Erfüllung dieser Aufgabe dienen sie dem Gemeinwohl (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SparkG [X.]).
b) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verpflichtet die Beklagte nicht
generell, die Klägerin
in Vordrucken und Formularen
mit einer grammatisch weiblichen Personenbezeichnung zu erfassen.
aa) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m.
Art. 1 Abs.
1 [X.]) schützt die geschlechtliche Identität, die regelmäßig ein konstituie-render Aspekt der eigenen Persönlichkeit ist ([X.], Beschluss vom 10. Okto-ber 2017 -
1 BvR 2019/16, [X.], 3643
Rn. 36 ff. [X.]). Die Geschlechts-zugehörigkeit bestimmt weithin, wie Menschen angesprochen werden ([X.], Beschluss vom 10. Oktober 2017 -
1 BvR 2019/16, [X.], 3643
Rn. 39). 42
43
44
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-

18

-

Jedermann kann daher von den staatlichen Organen die Achtung dieses [X.] verlangen. Eine Person darf deshalb nicht entgegen ihrem Rollenver-ständnis angeredet und angeschrieben werden ([X.] [K], Beschlüsse vom 15. August 1996 -
2 BvR 1833/95, NJW 1997, 1632 Rn. 8, 11, 13; vom 27. Ok-tober 2011 -
1 BvR 2027/11, [X.], 600 Rn. 12 f.). Maßgeblich ist insoweit der [X.] ([X.], Beschluss vom 20. Juli 1981 -
1 BvR 1417/80, NJW 1981, 2178). Demgegenüber ist die Wahrung der Persönlichkeit nicht spezifisch gefährdet, wenn die Geschlechtszugehörigkeit nicht angegeben oder bezeichnet wird und die konkrete Geschlechtszugehörig-keit einer Person keinen Niederschlag findet ([X.], Beschluss vom 10. Okto-ber 2017 -
1 BvR 2019/16, [X.], 3643
Rn. 46, 50).
bb) Danach liegt keine Verletzung
des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität vor.
In persönli-chen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendet sich die Beklagte an die Klägerin mit der Anrede "". Durch die Verwendung von Personen-bezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums in Vordrucken und Formularen erfolgt kein Eingriff in den Schutzbereich (siehe [X.].).
c) Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus Art. 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 [X.].
Angesichts des üblichen Sprachgebrauchs und Sprachverständnisses (siehe [X.].) behandelt die Beklagte Personen männlichen [X.]s sowie die Klägerin nicht ungleich (Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1
[X.]) und benachteiligt die Klägerin nicht wegen ihres Geschlechts (Art. 3 Abs.
3 Satz
1 [X.]).
Aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 [X.] können Ansprüche auf ein konkretes Verhal-ten oder Maßnahmen nicht hergeleitet werden. Der sich aus Art. 3 Abs. 2 46
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-

19

-

Satz
2 [X.] ergebende [X.] verfolgt das Ziel, tradierte Rollenverteilungen zu überwinden. Dieser [X.] will nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor-
oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern für die Zukunft die Gleichberech-tigung der Geschlechter durchsetzen. Die Art und Weise, wie der Staat seine Verpflichtung erfüllt, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, obliegen der gesetzgeberischen [X.] ([X.]
[K], Beschluss vom 26. Oktober 2011 -
1 BvR 2075/11, [X.], 216 Rn. 6 [X.]).
6. Der geltend gemachte
Anspruch ergibt sich auch nicht aus Vertrag.
Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter
und Interessen des anderen Teils verpflichten. Ohne Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen gehen die Rücksichtnahmepflichten und die korrespondierenden Ansprüche nicht über das hinaus, was sich bereits aus grundrechtlichen Gewährleistungen und gesetzlichen Regelungen ergibt. Solche Anhaltspunkte hat die Klägerin nicht vorgetragen.
7. Abweichendes ergibt sich nicht aus Art. 20 f., 23 [X.], Art. 14 [X.] oder anderem zwischenstaatlichem und supranationalem Recht.
50
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20

-

8. Da der von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte [X.] nicht besteht, kann sie auch nicht die
Erstattung von Kosten für das vor-prozessuale Aufforderungsschreiben ihrer Rechtsanwältin verlangen.
Galke
von [X.]
[X.]

[X.]
Allgayer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.02.2016 -
36 [X.] (12) -

LG [X.], Entscheidung vom 10.03.2017 -
1 S 4/16 -

52

Meta

VI ZR 143/17

13.03.2018

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2018, Az. VI ZR 143/17 (REWIS RS 2018, 12451)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12451

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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12 Sa 1102/08 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


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