Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2011, Az. IX ZR 188/10

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2416

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IX [X.]/10

Verkündet am:

13. Oktober 2011

Kirchgeßner

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 1124; [X.] § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 2, § 146 Abs. 1, § 154

a)
Wird die Zwangsverwaltung nach [X.] aufgehoben, ist der Zwangsverwalter verpflichtet, das Grundstück einschließlich der von ihm nicht mehr benötigten Nutzungen an den Schuldner herauszugeben.

b)
Der Gläubiger, der seinen Antrag auf Zwangsverwaltung zurückgenommen hat, hat auch dann keinen Anspruch auf Auskehr der Überschüsse, wenn ihm die Mietansprüche vor Anordnung der Zwangsverwaltung abgetreten [X.].

[X.], Urteil vom 13. Oktober 2011 -
IX [X.]/10 -
[X.]

KG Berlin

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
13. Oktober 2011
durch [X.] [X.],
den
Richter [X.],
die Richterin [X.], die
Richter Dr. Fischer und [X.]

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 27. September 2010 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Bank (nachfolgend: Klägerin) [X.] ihrem Darlehensnehmer (nachfolgend: Schuldner) mehrere Darlehen zur Finanzierung von Baumaßnahmen auf den Grundstücken S.

straße

und B.

A.

in B.

. Zur Sicherung der Darlehen trat der Schuldner zusätzlich zu den an diesen Grundstücken zu Gunsten der Klägerin bestellten Grundschulden sämtliche bestehenden und künftigen Ansprüche ge-gen die Mieter dieser [X.] ab. In der Folgezeit beantragte die Klä-gerin wegen Zahlungsrückständen des Schuldners die Zwangsverwaltung der bezeichneten Grundstücke, woraufhin das Vollstreckungsgericht mit Beschlüs-sen vom 6.
April 2004 und vom 19.
Mai 2004 die Zwangsverwaltung anordnete
und die Beklagte zur Zwangsverwalterin bestellte. Am 23.
Juni 2005 erzielten
die Klägerin und der Schuldner
Einvernehmen über die Beendigung der
Zwangsverwaltungen.
Stattdessen
sollte
ein gewerbliches Unternehmen mit der 1
-
3
-
Verwaltung der Immobilien beauftragt werden. Nach dem Vortrag der
Klägerin ist
hierbei auch vereinbart worden, dass Überschüsse aus dem [X.] ihr
gebühren sollten, um die bestehenden Darlehensverbind-lichkeiten des Schuldners zurückzuführen. Aufgrund dieser Vereinbarung
nahm die Klägerin ihre
Anträge
auf Zwangsverwaltung
zurück;
das Vollstreckungsge-richt
hob
am 4.
Juli 2005 die Zwangsverwaltung der Grundstücke auf. Am 11.
August 2005 trat der Schuldner die Ansprüche auf Auszahlung der [X.] aus den Zwangsverwaltungsverfahren an seinen Steuerberater ab. In der Folgezeit zahlte die Beklagte die Überschüsse in Höhe von [X.]

den Steuerberater aus.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von [X.]

in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen
und im Passivrubrum die Beklagte als Zwangsverwalterin der streitgegenständlichen Grundstücke bezeichnet. Auf Antrag der Klägerin hat das [X.] das Rubrum dahingehend berichtigt, dass sich die Klage gegen die Beklagte [X.] richte. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückge-wiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

2
3
-
4
-
I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt,
die Berufung
sei zulässig, aber nicht begründet. Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung habe die Beklagte ihre hoheitlichen Befugnisse verloren.
Sie hätte
daher nicht mehr als [X.] kraft Amtes in Anspruch genommen werden
können. Zwar habe
sich das vorange-gangene Mahnverfahren ausdrücklich gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zwangsverwalterin gerichtet, so dass die vom [X.] vorgenommene
Rubrumsberichtigung nicht hätte erfolgen dürfen. Die Umstellung des streitigen Verfahrens auf die Beklagte persönlich
sei aber als zulässiger
[X.]wechsel anzusehen. Der geltend
gemachte Anspruch auf Auskehrung der [X.] bestehe nicht. Nach der Rücknahme der
Anträge
auf Anordnung der Zwangs-verwaltung habe der Zwangsverwalter die
Grundstücke
einschließlich der ge-zogenen Nutzungen an den Schuldner herauszugeben. Das Recht der Klägerin aus der vorausgegangenen Abtretung der Mietforderungen setze sich
nicht an dem Überschuss aus den
Zwangsverwaltungen
fort, weil
die Mietforderungen durch die Zwangsverwalterin wirksam eingezogen worden und damit erloschen seien. Die Behauptung der Klägerin, der Schuldner habe ihr am 23.
Juni 2005 seinen Anspruch auf Auszahlung des Überschusses abgetreten, sei unerheb-lich, weil eine solche Abtretung der [X.] nicht bekannt gewesen sei und diese sich daher jedenfalls auf §
407 Abs.
1, §
408 Abs.
1
[X.] berufen könne.

II.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit
Recht als zuläs-sig angesehen.

4
5
-
5
-

1.
Die Zulässigkeit der Berufung ist im Revisionsverfahren zu überprüfen, weil eine Sachentscheidung des [X.] nur ergehen kann, wenn das erstinstanzliche Urteil durch eine zulässige
Berufung angegriffen
und die Rechtskraft dieses Urteils damit zunächst in der Schwebe gehalten worden ist
([X.], Urteil vom 30.
September 1987 -
IVb
ZR 86/86, [X.]Z 102, 37, 38; vom 4.
Februar 2010 -
IX
ZR 18/09, [X.]Z 184, 209 Rn.
19). Dabei setzt eine zuläs-sige Berufung voraus, dass der Rechtsmittelführer auch die Beseitigung der im angegriffenen Urteil enthaltenen Beschwer erstrebt. Ein Rechtsmittel ist hinge-gen unzulässig, wenn damit ausschließlich
im Wege der Klageänderung ein neuer, bislang nicht geltend gemachter Anspruch zur Entscheidung gestellt und der in erster Instanz erhobene [X.] auch nicht teilweise weiterver-folgt wird ([X.], Beschluss vom 7.
Mai 2003 -
XII
ZB 191/02, [X.]Z 155, 21, 26; vom 16.
September 2008 -
IX
ZR 172/07, ZInsO
2008, 1075
Rn.
4).

2.
Die Revisionserwiderung
meint, die Berufung der Klägerin sei [X.] gewesen, weil diese in erster Instanz die Beklagte ausdrücklich in deren Eigenschaft als Zwangsverwalterin
in Anspruch genommen habe, während die Klage im [X.] ausschließlich gegen die Beklagte persönlich ge-richtet worden sei. Es liege deshalb ein [X.]wechsel zwischen den Instanzen vor, weshalb sich die Berufung nicht gegen die Beschwer aus dem
erstinstanz-lichen Urteil richte. Diese Gegenrüge ist nicht begründet.

6
7
-
6
-

Es kann dahinstehen, ob die Klage nach dem objektiven Sinngehalt der [X.]bezeichnung
in der Anspruchsbegründung
(vgl. [X.], Urteil vom 24.
Ja-nuar 1952 -
III
ZR 196/50, [X.]Z 4, 328, 334; vom 24.
November 1980 -
VII
ZR 208/79, NJW 1981, 1453, 1454; vom 6.
Juli 2006 -
IX
ZR 88/02, [X.], 2057 Rn.
5) bereits mit dem Übergang vom Mahnverfahren in das streitige Ver-fahren gegen die Beklagte persönlich gerichtet worden ist
oder ob die Klägerin erst innerhalb des streitigen Verfahrens die Klage auf die persönliche Inan-spruchnahme der [X.] umgestellt hat.
Denn der Berichtigungsbeschluss des [X.]s, durch welchen das Rubrum des erstinstanzlichen Urteils ge-ändert und die Beklagte persönlich als [X.] bezeichnet worden ist, ist der [X.] Rechtskraft fähig (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Januar 1984 -
III
ZR 95/82, [X.], 1351, 1352). Aufgrund der Rechtskraft des Berichtigungsbeschlus-ses stand daher zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] fest, dass sich die Klage in erster Instanz jedenfalls zuletzt gegen die Beklagte persönlich richtete. Damit hat die Klägerin mit ihren [X.] den bereits in erster Instanz erhobenen Anspruch weiter verfolgt.

III.

Auch die Sachentscheidung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Die Revision bringt vor, die Auffassung des Berufungsgerichts führe zu dem nicht sachgerechten Ergebnis, dass die Klägerin schlechter stehe, als sie ohne
den später wieder zurückgenommenen Antrag auf Zwangsverwaltung stünde. Richtigerweise müsse im Falle der [X.] derjenige als
berechtigt angesehen werden,
die Überschüsse aus der Zwangsverwaltung zu
vereinnahmen, welchem diese Erträge ohne die Anordnung der Zwangsverwal-8
9
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-
7
-
tung gebührt hätten. Da die Mietforderungen der Klägerin als Kreditsicherheit zugestanden hätten, habe die Beklagte bei der Einziehung der Mieten als Zwangsverwalterin kein Geschäft des Schuldners besorgt, sondern ein solches der Klägerin.

2. Die Einwände der Revision greifen nicht durch.

Die persönliche Inanspruchnahme der [X.] kann nicht auf eine ent-sprechende Anwendung des Auftragsrechts, der Bestimmungen über die Ge-schäftsführung ohne Auftrag oder auf Bereicherungsrecht gestützt werden, weil die Beklagte persönlich weder ein Geschäft geführt hat noch bereichert ist. In Betracht kommt allerdings, dass die Beklagte als Zwangsverwalterin durch die Auszahlung des Überschusses an den Steuerberater pflichtwidrig gehandelt hat und deshalb der Klägerin persönlich haftet. Nach der Vorschrift des
§
154 Satz
1 [X.] ist
der Zwangsverwalter den Beteiligten persönlich für die [X.] Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen
verantwortlich. Beteiligte in diesem Sinne sind über die formell Verfahrensbeteiligten gemäß
§
9 [X.] hinaus diejenigen Personen, gegenüber welchen das Zwangsverstei-gerungsgesetz dem Zwangsverwalter spezifische Pflichten auferlegt ([X.], Ur-teil vom 5.
Februar 2009 -
IX
ZR 21/07, [X.]Z 179, 336 Rn.
9
ff; vom 5.
März 2009 -
IX
ZR 15/08, ZInsO
2009, 789
Rn.
9). Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte persönlich scheidet jedoch aus, weil die Verwendung
des [X.] durch die Beklagte als Zwangsverwalterin nicht
pflichtwidrig war.

a) Die Beklagte war nicht verpflichtet, die erwirtschafteten Überschüsse nach Maßgabe des Teilungsplans an die Klägerin in deren Eigenschaft als frühere Vollstreckungsgläubigerin auszuzahlen, nachdem
die Klägerin ihren Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung zurückgenommen hat.
11
12
13
-
8
-

Nach der Vorschrift des
§
12 Abs.
3
Satz
1 der Zwangsverwalterverord-nung ([X.]) vom 19.
Dezember 2003 ([X.] I S.
2804) bleibt der Verwalter auch nach der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens berechtigt, von ihm begründete Verbindlichkeiten zu erfüllen und hierfür Rücklagen zu bilden.
Dies gilt auch, wenn das Verfahren deshalb aufgehoben worden ist, weil der Gläubiger seinen Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung zurückgenom-men hat (§
12 Abs.
3 Satz
3 [X.]).
Im Hinblick auf die Verwendung des nach Abzug dieser Verbindlichkeiten sowie der Verfahrenskosten (§
155 Abs.
1 [X.]) verbleibenden Überschusses (§
155 Abs.
2 [X.]), welcher bis zur Aufhebung der Zwangsverwaltung erwirtschaftet worden ist, muss danach unterschieden werden, ob die Aufhebung wegen Erteilung des Zuschlags in der Zwangsver-waltung oder wegen [X.] erfolgt ist.

aa) Nach der Erteilung des Zuschlags dauert die Zwangsverwaltung nach der Vorschrift des §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] bis zu deren Aufhebung durch das Vollstreckungsgericht fort ([X.], Urteil vom 11.
Oktober 2007 -
IX
ZR 156/06, [X.], 2387 Rn.
12). Da die Nutzungen ab dem Zuschlag gemäß §
56 Satz 2 [X.] dem Erwerber des Grundstücks gebühren, hat der Verwalter die nach der Wirksamkeit des Zuschlags (§
90 Abs.
1, §§
89, 104 [X.])
erwirt-schafteten Überschüsse in entsprechender Anwendung des §
667 [X.] an den Erwerber herauszugeben ([X.], Urteil vom 11.
Oktober 2007, aaO Rn.
13
ff), während dem Ersteher kein Anspruch auf die vor
diesem Zeitpunkt
erwirtschaf-teten Überschüsse zusteht ([X.], Urteil vom 19.
Mai 2009 -
IX
ZR 89/08, [X.], 1438 Rn.
7). Soweit vor der Wirksamkeit des
Zuschlags
aus der Zwangs-verwaltung Überschüsse erwirtschaftet worden sind, bleibt für deren [X.] maßgeblich
([X.], Urteil vom 21.
Oktober 1992 -
XII
ZR 125/91, [X.], 1781, 1782).
14
15
-
9
-

[X.])
Eine Verteilung von Überschüssen nach dem Teilungsplan findet hingegen nicht mehr statt, wenn das Zwangsverwaltungsverfahren wegen An-tragsrücknahme aufgehoben
worden ist.

Nach der Regelung des §
161 Abs.
4 in Verbindung mit §
29 [X.] ist das Zwangsverwaltungsverfahren aufzuheben, wenn der das Verfahren betreibende Gläubiger seinen Antrag auf Zwangsverwaltung zurückgenommen hat. Auch wenn die Verfahrensaufhebung aufgrund
einer zulässigen [X.] ohne weitere sachliche Prüfung durch das Vollstreckungsgericht zu erfolgen hat ([X.], Urteil vom 8.
Mai 2003 -
IX
ZR 385/00, [X.]Z 155, 38, 43), endet die Beschlagnahme des Grundstücks erst mit dem Aufhebungsbeschluss ([X.],
Beschluss vom 10.
Juli 2008 -
V
ZB 130/07, [X.]Z 177, 218 Rn.
9
ff).

Nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung aufgrund [X.] hat der Zwangsverwalter das Grundstück an den Schuldner herauszugeben, und zwar einschließlich der Nutzungen, die von ihm nicht mehr benötigt werden ([X.], Urteil vom 7.
April 1978
-
V
ZR 154/75, [X.]Z 71, 216, 220; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Zwangsverwaltung, 4.
Aufl., §
161 [X.] Rn.
16;
En-gels in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
161 Rn.
25
ff; [X.], [X.], §
161 Rn.
24; [X.]/[X.], [X.],
5.
Aufl., §
161 Rn.
32; Kindl/[X.], Gesamtes Recht der Zwangsvollstre-ckung, §
161 [X.] Rn.
8; [X.], [X.], 19.
Aufl., §
161 Rn.
5.1).
Zahlungen auf den Teilungsplan erfolgen nicht mehr
([X.]/[X.]/[X.]/[X.], aaO Rn.
13; [X.], aaO; [X.],
aaO Rn.
28;
[X.], aaO; [X.]/[X.], aaO Rn.
34). Aus dem auch im Zwangsvollstreckungsverfahren geltenden [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
Februar 2009 -
VII
ZB 30/08, [X.], 710 Rn.
20; [X.]/[X.], 3.
Aufl., [X.]. Rn.
366) 16
17
18
-
10
-
folgt, dass der Gläubiger aus der Zwangsverwaltung keine Rechte mehr herlei-ten kann, nachdem gerade
er
deren Aufhebung beantragt hat (vgl. [X.]/
[X.]/[X.]/[X.], aaO Rn.
13).

b) Die
Beklagte war auch nicht deshalb verpflichtet, die
Überschüsse aus der Zwangsverwaltung
an die Klägerin auszuzahlen, weil diese aus der [X.] erwirtschaftet worden sind, welche der Klägerin zur Sicherheit abgetreten worden waren.

aa) Die Vorausabtretung der künftigen Mietforderungen durch den Schuldner wurde durch die Anordnung der Zwangsverwaltung nach Maßgabe des §
1124 Abs.
2 [X.] unwirksam.

(1) Die Anordnung der Zwangsverwaltung gilt nach der Regelung des §
146 Abs.
1 in Verbindung mit §
20 Abs.
1 [X.] zu Gunsten des Gläubigers, welcher die Zwangsverwaltung betreibt, als Beschlagnahme des Grundstücks. Dies
gilt
unabhängig davon, ob die Zwangsverwaltung
aus einem dinglichen Recht am Grundstück oder aus einer persönlichen Forderung gegen den Grundstückseigentümer betrieben wird ([X.], Urteil vom 9.
Juni 2005 -
IX
ZR 160/04, [X.]Z 163, 201, 204). Die Beschlagnahme erstreckt sich gemäß §
148 Abs.
1 Satz 1 in Verbindung mit §
21 Abs.
2 [X.] sowie gemäß §
146 Abs.
1 in Verbindung mit §
20 Abs.
2 [X.], §
1123 Abs.
1 [X.] auch auf die Forderungen aus der Vermietung des verwalteten Grundstücks.

Hat der Grundstückseigentümer die Mietforderungen für die Zukunft ab-getreten, so ist diese Verfügung nach Maßgabe des §
1124 Abs.
2 [X.] gegen-über dem Gläubiger unwirksam, zu dessen Gunsten das Grundstück in [X.] genommen worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juni 2005, aaO
S.
204, 19
20
21
22
-
11
-
207
f; vom 25.
April 2007 -
VIII
ZR 234/06, [X.], 2919 Rn.
21
ff; vom 8.
Dezember 2010 -
XII
ZR 86/09, NJW-RR 2011, 371 Rn.
15). Die Regelung des §
1124 Abs.
2 [X.] räumt daher im Falle der Konkurrenz von Beschlag-nahme eines Grundstücks und vorausgegangener Abtretung künftiger Mietfor-derungen dem die Beschlagnahme betreibenden
Gläubiger den Vorrang ein und weicht vom [X.] ab, weil die laufende Miete zu Gunsten der [X.] als Haftungsobjekt dienen soll ([X.], Urteil vom 9.
Juni 2005 -
IX
ZR 160/04, [X.]Z 163, 201, 207
f; vom 13.
März 2008 -
IX
ZR 119/06, [X.], 801 Rn.
19).

(2)
Die Beschlagnahme des Grundstücks lässt die Wirksamkeit der [X.] der Mieten an die Klägerin nicht deshalb unberührt, weil die Klä-gerin selbst die Beschlagnahme des Grundstücks betrieben hat.

Zwar führt die Beschlagnahme des Grundstücks nach der Regelung des §
1124 Abs.
2 [X.] nicht zur absoluten Unwirksamkeit vorausgegangener Ver-fügungen des Schuldners, sondern nur zur relativen Unwirksamkeit gegenüber dem Gläubiger, welcher die Beschlagnahme betrieben hat ([X.], 415, 420; [X.]/[X.], [X.], 2009, §
1124 Rn.
38; Soergel/Konzen, [X.], 13.
Aufl., §
1124 Rn.
11). Diese ist aber auch gegenüber der Klägerin in deren Eigenschaft als Zessionarin eingetreten. Die Ausgestaltung der [X.] der Klägerin als Zessionarin der Mietforderungen sowie als
betreibende
[X.]in ist auch dann gesondert zu beurteilen, wenn diese Rechte in einer Person zusammentreffen.

23
24
-
12
-

Die Beschlagnahme des Grundstücks ist für die Sicherung des Zessio-nars
der künftigen
Mietforderungen auch
dann nicht unerheblich, wenn dieser -
wie die Klägerin -
zugleich [X.] ist. Denn ohne die Beschlag-nahme wird
auch der Zugriff eines solchermaßen doppelt gesicherten Gläubi-gers
auf die Mietforderungen nach der Regelung des §
1124 Abs.
2 [X.] verei-telt, wenn ein anderer Gläubiger die Beschlagnahme des Grundstücks erwirkt, mag diesem auch nur ein nachrangiges Grundpfandrecht oder lediglich eine persönliche Forderung zustehen ([X.], Urteil vom 9.
Juni 2005, aaO S.
203
ff).
Die Vorteile der Sicherungszession und der Beschlagnahme kann der zweifach gesicherte Gläubiger nicht kumulieren. Entscheidet er sich, die Beschlagnahme des Grundstücks im Wege der Zwangsverwaltung zu betreiben, so muss er hinnehmen, dass die an ihn abgetretenen Mietforderungen nun dem Einzie-hungsrecht des [X.] unterliegen (§
152 Abs.
1 [X.])
und die [X.]sabtretung an ihn selbst insoweit nach §
1124 Abs.
2 [X.] unwirksam ist.
Ein
Einziehungsrecht des Zessionars kann neben demjenigen des Zwangs-verwalters schon deshalb nicht fortbestehen, weil die Nutzungen des Grund-stücks auch zur Deckung der Verfahrenskosten und der Verwaltungsausgaben (§
155 Abs.
1 [X.]) dienen und daher dem Zugriff des [X.] nicht entzogen werden dürfen.

[X.]) Die Revision
erkennt
an, dass
die an die Klägerin abgetretenen [X.] durch Erfüllung erloschen
sind, soweit die Beklagte als Zwangs-verwalterin
diese
eingezogen
hat. Entgegen der Auffassung der Revision war die Beklagte als Zwangsverwalterin nicht deshalb verpflichtet, die Überschüsse aus der Zwangsverwaltung an die Beklagte auszukehren, weil diese durch Ein-ziehung der Mietforderungen erwirtschaftet worden sind.

25
26
-
13
-

Zwar steht dem Inhaber einer Forderung ein Bereicherungsanspruch ge-gen den Leistungsempfänger aus §
816 Abs.
2 [X.] zu, wenn der [X.] mit befreiender Wirkung an einen Nichtberechtigten
geleistet hat. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
Die Beklagte als Zwangsverwalterin
hat
aufgrund ihres gesetzlichen Einziehungsrechts (§
152 [X.]) die Mieten als Be-rechtigte vereinnahmt,
während der Forderungserwerb der Klägerin insoweit
-
wie dargelegt
-
gemäß §
1124 Abs.
2 [X.] unwirksam gewesen ist. Aus die-sem Grund hat die Beklagte als Zwangsverwalterin mit der Einziehung der Mie-ten auch kein Geschäft der Klägerin geführt, so dass ein Anspruch auf Auszah-lung des Überschusses weder in entsprechender Anwendung der Bestimmun-gen des Auftragsrechts (§
667 [X.]) noch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§
681 Satz 2 iVm §
667 [X.]) bestanden hat.

Der von der Revision geltend gemachte
Anspruch des Zessionars von Mietforderungen, welche im Zwangsverwaltungsverfahren eingezogen worden sind, kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil der Überschuss aus der Zwangsverwaltung nicht notwendig allein aus den Mieten erwirtschaftet sein muss, die
ohne die Anordnung der Zwangsverwaltung vom Zessionar hätten eingezogen werden können.
Neben den Mieteinnahmen können der
Zwangs-verwaltungsmasse weitere Mittel aus Gegenständen zufließen, auf welche
sich
die Zwangsverwaltung
erstreckt, wie beispielsweise Versicherungsleistungen (§
146 Abs.
1 iVm
§
20 Abs.
2 [X.], §§
1127 bis 1129 [X.]). Aus dem Gesamt-überschuss der Zuflüsse über die Verfahrenskosten und Verwaltungsausgaben kann deshalb rechnerisch kein Betrag ermittelt werden, welcher dem Zessionar der
Mietforderungen zugeordnet werden könnte.

c) Eine Pflichtverletzung der [X.] ergibt sich auch nicht aus dem -
bestrittenen
-
Vortrag
der Klägerin, der Schuldner habe im Rahmen der Be-27
28
29
-
14
-
sprechung vom
23.
Juni 2005 seinen Anspruch auf Auszahlung des [X.] an sie abgetreten.

Zwar würde die Klägerin aus einer solchen Abtretung einen Zahlungsan-spruch
gegen die Beklagte als Zwangsverwalterin erlangt haben, weil der schuldrechtliche Anspruch des
Schuldners auf Auszahlung des Überschusses nach Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen [X.] nach den allgemeinen Vorschriften abtretbar und pfändbar ist (vgl. [X.], [X.], 113, 114; [X.], [X.], 422; [X.] in [X.]/Schiff-hauer/[X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
152 Rn.
253
f, §
161 Rn.
26; [X.], [X.], 19.
Aufl., §
152 Rn.
17). Die Auszahlung des
Überschus-ses an den Steuerberater bedeutete jedoch auch in diesem Fall keine Pflicht-verletzung der [X.], weil dieser eine solche Abtretung an die Klägerin nicht mitgeteilt worden war.

Nach den
revisionsrechtlich nicht angegriffenen
Feststellungen
des [X.]s
hat die Klägerin mit
ihrem Schreiben vom 11.
August 2005 ledig-lich angekündigt, dass der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des [X.] an die Klägerin abgetreten werden solle.
Die
Klägerin hat hingegen ihre
im Rechtsstreit vorgebrachte Behauptung, der Schuldner habe diese [X.] bereits am 23.
Juni 2005 an sie
abgetreten, vor der Auszahlung an den Steuerberater nicht gegenüber der [X.] vorgebracht. Selbst wenn die
der [X.] mitgeteilte
Forderungsabtretung an den Steuerberater wegen einer zeitlich früheren Abtretung an die Klägerin unwirksam gewesen sein sollte, konnte die Beklagte als Zwangsverwalterin gemäß §
408 Abs.
1 in Verbindung mit §
407 Abs.
1 [X.] an den Steuerberater schuldbefreiend leisten. Die [X.] war nicht verpflichtet, diese Auszahlung im Hinblick auf eine ihr nicht mit-30
31
-
15
-
geteilte, sondern lediglich als beabsichtigt angekündigte Forderungsabtretung an die Klägerin zurückzustellen.

Kayser
[X.]
[X.]

Fischer
Pape
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.04.2010 -
5 [X.]/09 -

KG Berlin, Entscheidung vom [X.] -
23 [X.] -

Meta

IX ZR 188/10

13.10.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2011, Az. IX ZR 188/10 (REWIS RS 2011, 2416)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2416

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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