Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2009, Az. 4 StR 614/08

4. Strafsenat | REWIS RS 2009, 5513

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[X.] vom 22. Januar 2009 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 22. Januar 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. August 2008 im [X.] aufgehoben; dieser Ausspruch entfällt. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, jedoch wird die Gebühr auf ein Drittel ermäßigt. Zwei Drittel der im Revisionsverfahren entstandenen ge-richtlichen Auslagen und der dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staats-kasse zur Last. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs in [X.] mit Sachbeschädigung sowie wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheits-strafe von sechs Monaten verurteilt und die erneute Unterbringung des Ange-klagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung for-mellen und materiellen Rechts rügt. 1 Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge hinsichtlich der Maßregelanord-nung Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2 - 3 - 1. Nach den Feststellungen liegen beim Angeklagten eine angeborene Störung der Intelligenz auf Grund familiärer Vorbelastung und - entwicklungs-bedingt - eine Persönlichkeitsstörung von Krankheitswert, eine dissoziale bzw. antisoziale Persönlichkeitsstörung schwerer Ausprägung mit narzisstischen und emotional hochinstabilen Zügen vor bei einer frühtraumatisierten, milieugeschä-digten, unreifen, rücksichtslosen, verbal unbelehrbaren, bindungs- und bezie-hungsgestörten, vereinsamten Persönlichkeit mit mangelndem [X.], erheblichen Insuffizienzgefühlen und einer Neigung zu [X.] [UA 12]. Wegen dieser Störungen steht der Angeklagte seit vielen Jahren unter Betreuung, die unter anderem den Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfasst. Zudem ist der Angeklagte infolge eines essentiellen Tremors in der Bewegungsmotorik erheblich beeinträchtigt und leidet unter schweren Sprach-problemen. 3 Bedingt durch seinen psychischen Zustand beging der Angeklagte die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Taten: 4 Am 4. Juli 2007 brach er unter Beschädigung eines Fensters in das Büro des Objekts für betreutes Wohnen ein und führte vom dortigen Telefonan-schluss zwei Telefongespräche mit Sexhotlines. Am 3. September 2007 [X.] der Angeklagte einen Computer mit Zubehör und ließ sich diesen liefern, ob-wohl er wusste, dass der Kaufvertrag von seinem Betreuer nicht genehmigt und der Kaufpreis nicht bezahlt werden würde. 5 Im Wesentlichen aus Anlass ähnlicher Taten hatte das [X.] Pa-derborn bereits durch Urteil vom 8. Januar 2007 die Unterbringung des Ange-klagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, die Vollstreckung der Maßregel aber zur Bewährung ausgesetzt. Es war in Übereinstimmung mit 6 - 4 - der psychiatrischen Sachverständigen davon ausgegangen, dass der [X.] schuldunfähig (§ 20 StGB) gewesen sei. 2. Das [X.] hat die erneute Unterbringung des Angeklagten in ei-nem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, weil er die beiden Straftaten im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) begangen ha-be und von ihm infolge seines Zustandes weitere erhebliche rechtswidrige Ta-ten zu erwarten seien, weshalb er für die Allgemeinheit gefährlich sei. 7 3. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die [X.] nicht. Sie belegen nicht, dass von dem Angeklagten infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er des-halb für die Allgemeinheit gefährlich ist. 8 Die [X.] liegen, wie unter anderem die insoweit erkannten Ein-zelstrafen von zwei und fünf Monaten zeigen, eher im unteren Bereich der [X.]. Dies gilt auch für die Betrugstat, deren Gewicht trotz der Höhe des eingetretenen Schadens durch die leichtfertige Vergabe des [X.] gemindert wird. Nach der vom [X.] in Übereinstimmung mit der psychiatrischen Sachverständigen gestellten Prognose sind von dem Angeklag-ten künftig ähnliche Betrugs- und Hausfriedensbruchstaten zu erwarten [[X.]]. Derartige Taten stellen aber keine erheblichen Straftaten im Sinne des § 63 StGB dar (vgl. Fischer StGB 56. Aufl. § 63 Rdn. 16 ff.); sie sind daher nicht [X.], die außerordentlich belastende Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu begründen. 9 - 5 - Soweit die [X.] im Rahmen ihrer Prognoseentscheidung [X.] hinaus meint, den im August 2005 begangenen Taten zum Nachteil seiner früheren Freundin, die der [X.] durch das [X.] Pader-born vom 8. Januar 2007 zu Grunde liegen, entnehmen zu können, dass künftig auch die Gefahr von Gewalttätigkeiten des Angeklagten bestehe, kann dem nicht gefolgt werden: Bei diesen Taten (Diebstahl, Sachbeschädigung und Be-drohung) handelt es sich ebenfalls um keine erheblichen Straftaten, zudem lie-gen sie bereits lange Zeit zurück und standen in engem Zusammenhang mit der vom Angeklagten nicht akzeptierten Trennung. 10 Weitere Feststellungen zur Gefährlichkeitsprognose sind nach Lage der Dinge nicht zu erwarten. Im Hinblick darauf ist eine Zurückverweisung der Sa-che zur erneuten Entscheidung nicht angezeigt. Der [X.] erkennt deshalb da-hingehend, dass die Anordnung der Unterbringung entfällt, weil sie zur [X.] begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht (§ 62 StGB). 11 - 6 - 4. Durch den Wegfall der Unterbringungsanordnung ist das Gewicht des Rechtsfolgenausspruchs so gemindert, dass es unbillig wäre, dem Angeklagten die gesamten Kosten des Rechtsmittels aufzubürden. Der [X.] hat daher zwei Drittel der Kosten und notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt. 12 Tepperwien RiBGH Prof.Dr.[X.]ist infolge Urlaubs gehindert zu unterschreiben Tepperwien [X.] Ernemann

Meta

4 StR 614/08

22.01.2009

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2009, Az. 4 StR 614/08 (REWIS RS 2009, 5513)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 5513

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