Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.02.2020, Az. B 13 R 284/18 B

13. Senat | REWIS RS 2020, 2525

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Fremdrentenrecht - Zuordnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung - Anwendbarkeit des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs im Zusammenhang mit den Regelungen in § 249 Abs 6 und 7 SGB 6 in der Fassung vom 15.12.1995 - Verfassungsmäßigkeit von § 56 Abs 2 S 8 und S 9 SGB 6)


Tenor

Der Antrag der Kläger, ihnen für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 27. Juli 2018 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines noch zu benennenden Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Das [X.] hat mit Urteil vom [X.] den von beiden Klägern geltend gemachten Anspruch, dem Kläger zu 1. eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung von [X.] und Berücksichtigungszeiten wegen der Erziehung der beiden gemeinsamen Kinder zu gewähren, abgelehnt.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil, das ihnen am [X.] zugestellt worden ist, haben die Kläger mit privatschriftlichem Schreiben vom 27.10.2018 am 28.10.2018 Beschwerde beim [X.] eingelegt. Zugleich haben sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines noch zu benennenden Prozessbevollmächtigten beantragt.

3

II. 1. Der [X.] der Kläger ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem [X.] nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung statthafte und von den Klägern angestrebte Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a [X.]). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 [X.] nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Nach Durchsicht der beigezogenen Akten des [X.] ist das hier nicht der Fall. Auf diese Durchsicht musste sich die Prüfung durch den [X.] beschränken, weil die Kläger ihren Antrag nicht begründet haben. Mit der Ablehnung des [X.]s der Kläger entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 [X.] iVm § 121 Abs 1 ZPO).

4

a) Es ist nach Aktenlage nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem [X.] zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1 [X.]) erfolgreich geltend machen könnte, der Rechtssache komme eine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) zu. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Eine derartige Rechtsfrage stellt sich in diesem Rechtsstreit nicht. Es ergibt sich unmittelbar aus § 28b Satz 2 Fremdrentengesetz ([X.]), dass die übereinstimmenden Erklärungen nach dem am 31.12.1996 geltenden § 249 Abs 6 und 7 [X.] über die - rückwirkende - Zuordnung der im Herkunftsgebiet zurückgelegten [X.] sowie der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung wirksam nur innerhalb eines Jahres nach dem Zuzug in die [X.] abgegeben werden konnten.

5

Ebenso wenig bedarf es der Klärung, ob das [X.] grundsätzlich Anwendung findet, wenn hinsichtlich der Anerkennung dieser Zeiten bei Personen, auf die das [X.] anwendbar ist, innerhalb der genannten Frist keine übereinstimmenden Zuordnungserklärungen abgegeben werden. Zwar hat das [X.] diese Frage bislang nicht ausdrücklich zu § 28b Satz 2 [X.] entschieden. Eine Rechtsfrage ist aber bereits dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte auch zur Beurteilung der als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr; vgl [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] 3-1500 § 160 [X.] - juris RdNr 7; [X.] Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - [X.] 3-1500 § 146 [X.] - juris RdNr 6; [X.] Beschluss vom [X.] - B 12 [X.]/16 B - juris Rd[X.]9). So ist es hier. Der Rechtsprechung des [X.] lässt sich entnehmen, dass das [X.] nur anwendbar ist, wenn die Folgen der Pflichtverletzung eines Leistungsträgers bei der Erfüllung seiner Aufgaben nach dem [X.] im Gesetz weder speziell geregelt noch darin in anderer Weise, etwa durch [X.], [X.] oder Fiktionen konzeptuell mitbedacht sind ([X.] Urteil vom 15.12.1994 - 4 RA 64/93 - [X.] 3-2600 § 58 [X.] S 4 f; [X.] Urteil vom [X.] - [X.] RA 28/00 R - juris Rd[X.]1; [X.] Urteil vom [X.] - [X.] RA 89/00 R - [X.] 3-2600 § 56 [X.]5 S 86). Der letztgenannten Entscheidung lässt sich weiter entnehmen, dass es sich bei den Regelungen in § 249 Abs 6 und 7 [X.] in der am 31.12.1996 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzes und anderer Gesetze vom 15.12.1995 ([X.] 1824, 1830 - im Folgenden: [X.] aF) um Übergangsbestimmungen handelt. Bei deren Ausgestaltung ging es im Wesentlichen darum, die Verwaltung vor übermäßigen Belastungen im Zusammenhang mit der auch für die Vergangenheit eingeführten Begünstigung zu bewahren, so dass das Gesetz (vgl § 249 Abs 6 Satz 5 bzw Abs 7 Satz 2 iVm Abs 6 Satz 5 [X.] aF) ua eine Wiedereinsetzung in die begünstigende Frist ausschließt ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] RA 89/00 R - [X.] 3-2600 § 56 [X.]5 S 85 f; zu den entsprechend ausgestalteten [X.] bereits [X.] Urteil vom [X.] - [X.] RA 28/00 R - juris Rd[X.]9 f). Das [X.] hat daher entschieden, dass das [X.] im Zusammenhang mit den Regelungen in § 249 Abs 6 und 7 [X.] aF - auf die § 28b Satz 2 [X.] ohne Einschränkung Bezug nimmt -, nicht zur Anwendung kommt ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] RA 89/00 R - [X.] 3-2600 § 56 [X.]5 S 86; zu den [X.] bereits [X.] Urteil vom [X.] - [X.] RA 28/00 R - juris Rd[X.]9).

6

Ebenfalls nicht klärungsbedürftig ist die Vereinbarkeit von § 28b Satz 2 [X.] mit Verfassungsrecht, insbesondere mit Art 6 Abs 1 und 2 GG, soweit die Vorschrift iVm § 56 [X.], § 249 Abs 6 und 7 [X.] aF bei gemeinsam erziehenden Eltern die Berücksichtigung ihrer übereinstimmenden Zuordnungserklärungen von einer fristgerechten Abgabe dieser Erklärungen abhängig macht. Es ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass sich aus dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Gebot, die Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern zu unterstützen, keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen herleiten lassen (stRspr; vgl [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 332/72 - [X.]E 39, 316, 326 = [X.] 2600 § 60 [X.] S 1 f; [X.] Beschluss vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 - [X.]E 82, 60, 81 f = [X.] 3-5870 § 10 [X.] S 6; [X.] Beschluss vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - [X.]E 130, 240 = [X.] 4-7835 Art 1 [X.] Rd[X.]8; [X.] Beschluss vom 11.1.2016 - 1 BvR 1687/14 - juris Rd[X.]2; vgl auch [X.] Beschluss vom [X.] R 121/19 B - juris Rd[X.]1).

7

Jedenfalls hinsichtlich der [X.] und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für Kinder, die wie die beiden Kinder der Kläger 1983 oder früher geboren sind, ist zudem höchstrichterlich geklärt, dass § 56 [X.] Abs 2 Satz 8 und 9 [X.] - der in Bezug auf den Kläger zu 1. iVm § 28b Satz 1 und 3 [X.] zur Anwendung kommt - mit Verfassungsrecht vereinbar ist, soweit die Vorschrift die [X.] im Zweifel der Kindsmutter zuordnet ([X.] Urteil vom 17.4.2008 - [X.] R 131/07 R - [X.] 4-2600 § 56 [X.] Rd[X.]7 ff). Insoweit wäre eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch nicht erfolgreich geltend gemacht, wenn entsprechend dem Berufungsvorbringen der Kläger dargelegt würde, die streitigen Zeiten seien zumindest deswegen beim Kläger zu 1. anzuerkennen, weil ihre Anerkennung bei der Klägerin zu 2. - die unstreitig nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des [X.] unterfällt - ausscheide. Daraus lässt sich unter keinem Gesichtspunkt eine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit des § 28b [X.], des § 56 [X.] oder einer anderen konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 [X.]) mit höherrangigem Recht ableiten, die sich ernsthaft stellen würde. Dass das [X.] nicht der Rechtsansicht der Kläger gefolgt ist und diese das Berufungsurteil inhaltlich für unzutreffend halten, eröffnet die Revisionsinstanz nicht.

8

b) Es ist nach der Aktenlage nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) vorliegt. Die angefochtene Entscheidung des [X.] ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.

9

c) Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.] zur Zulassung der Revision führen könnte. Insbesondere liegt kein rügefähiger Verfahrensmangel darin, dass eine Beiladung der Klägerin zu 2. unterblieben ist. Zwar ist grundsätzlich beim Streit um die Anrechnung von [X.] bei einem Elternteil der andere Elternteil notwendig beizuladen nach § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] ([X.] Urteil vom 27.6.1990 - 5 RJ 6/90 - [X.] 3-1500 § 75 [X.] S 6; [X.] Urteil vom 29.10.2002 - [X.] RA 6/02 R - [X.] 3-2600 § 71 [X.] S 31) und liegt im Verstoß gegen § 75 Abs 2 Alt 1 [X.] grundsätzlich ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.] (vgl etwa B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 75 Rd[X.]3a mwN). Vorliegend ist eine Beiladung der Klägerin zu 2. jedoch ausnahmsweise nicht notwendig gewesen. Die Klägerin zu 2. ist nicht derart an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger zu 1. und der [X.] beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann (vgl § 75 Abs 2 Alt 1 [X.]). Da sie unstreitig von der Anrechnung der im Herkunftsgebiet zurückgelegten [X.] sowie der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ausgeschlossen ist, greift die Entscheidung nicht unmittelbar in ihre Rechtssphäre ein. Der [X.] kann daher dahin stehen lassen, ob die Beiladung der Klägerin zu 2. schon deswegen zu Recht unterblieben ist, weil diese - worauf das [X.] in seinen Entscheidungsgründen abgestellt hat - bereits aufgrund der gemeinsamen Klagerhebung mit dem Kläger zu 1. eine Beteiligtenrolle einnimmt. Der [X.] lässt insbesondere offen, ob eine Beiladung von Streitgenossen, die als solche bereits am Prozess beteiligt sind, in Einzelfällen geboten sein kann (dagegen etwa B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 74 RdNr 4; [X.] in [X.], [X.], § 75 Rd[X.], Stand Juni 2015).

Ebenso wenig ist im Zusammenhang mit der von den Klägern im Berufungsverfahren angeregten Beiladung der [X.] ein rügefähiger Verfahrensmangel erkennbar. Ein Fall der notwendigen Beiladung iS des § 75 Abs 1 Satz 2, Abs 2 [X.] ist insoweit unter keinem Gesichtspunkt ersichtlich. Das Unterlassen einer einfachen Beiladung nach § 75 Abs 1 Satz 1 [X.] stellt grundsätzlich keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.] dar (vgl [X.] Beschluss vom 18.7.2017 - [X.] R 110/17 B - juris RdNr 9 mwN; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 340/18 B - juris Rd[X.]5).

2. Die von den Klägern selbst eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist durch Beschluss ohne Zuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 [X.]). Sie ist bereits deswegen unzulässig, weil sie formunwirksam ist. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem vor dem [X.] zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1 [X.]) eingereicht werden. Hierauf sind die Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden.

3. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 [X.].

Meta

B 13 R 284/18 B

25.02.2020

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Köln, 9. März 2017, Az: S 22 R 1474/15, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 28b S 1 FRG, § 28b S 2 FRG, § 28b S 3 FRG, § 56 Abs 2 S 8 SGB 6, § 56 Abs 2 S 9 SGB 6, § 249 Abs 6 SGB 6 vom 15.12.1995, § 249 Abs 7 SGB 6 vom 15.12.1995, GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.02.2020, Az. B 13 R 284/18 B (REWIS RS 2020, 2525)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2525

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1 BvL 14/07

1 BvR 1687/14

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