Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.08.2016, Az. XII ZB 86/15

12. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7190

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Gegenstand

Familiensache: Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen eine abgeänderte Umgangsverpflichtung


Leitsatz

Der Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG muss sich auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen eine bereits bestehende (hier: Umgangs-)Verpflichtung aus einem Vollstreckungstitel beziehen. Wird diese Verpflichtung später geändert, wird der bereits erteilte Hinweis insoweit gegenstandslos; es bedarf deshalb eines erneuten Hinweises.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats - 2. Senat für Familiensachen - des [X.] vom 29. Januar 2015 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

[X.]: 1.000 €

Gründe

I.

1

Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Vater) begehrt gegen die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Mutter) die Festsetzung eines Ordnungsgeldes im Rahmen der Vollstreckung seines Umgangsrechts mit den gemeinsamen Töchtern.

2

Die Eltern einigten sich durch einen gerichtlich gebilligten Vergleich vom 16. August 2011 über den Umgang des [X.] mit den beiden bei der Mutter lebenden Töchtern. Während der Vergleich zum Umgang an den Wochenenden und an den Feiertagen konkrete Regelungen enthält, vereinbarten die Eltern hinsichtlich der Ferien, dass alle "Ferienzeiten (…) nach Absprache der Eltern hälftig aufgeteilt werden" sollen. Durch Beschluss vom selben Tag billigte das Amtsgericht die Vereinbarung der Eltern zum Umgangsrecht und wies gemäß § 89 Abs. 1 und 2 FamFG auf die bei Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung möglichen Ordnungsmittel hin.

3

Auf Antrag des [X.] regelte das Amtsgericht durch Beschluss vom 7. Februar 2014 in Abänderung des Vergleiches vom 16. August 2011 den Umgang in den Ferienzeiten unter anderem wie folgt neu:

"1. (…)

b) Die Sommerferien 2014 verbringen die Kinder bis zum [X.] beim Kindesvater. (…)

2. Der Antragsteller holt die Kinder hierzu am letzten Schultag vor den jeweiligen Ferien nach dem Unterricht an der Schule ab und nimmt sie mit zu sich nach Hause."

4

Nachdem der Umgang mit einer der beiden Töchter nicht zum Beginn der Sommerferien 2014 stattgefunden hatte, hat der Vater beantragt, gegen die Mutter ein empfindliches Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft wegen des Verstoßes gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Februar 2014 zu verhängen.

5

Das Amtsgericht hat den Antrag und das [X.] die Beschwerde des [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Vater mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6

Die zulässige Rechtsbeschwerde (vgl. Senatsbeschluss vom 17. August 2011 - [X.] 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 4 mwN) ist unbegründet.

7

1. Das [X.] vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung von [X.] nicht erfüllt seien. Hinsichtlich des vollstreckbaren Inhalts des Beschlusses vom 7. Februar 2014 seien die Beteiligten bisher nicht nach § 89 Abs. 2 FamFG belehrt worden. Zwar enthalte der Beschluss des Amtsgerichts vom 16. August 2011, mit dem es die Einigung der Kindeseltern gebilligt habe, eine Belehrung, welche die Voraussetzungen des § 89 Abs. 2 FamFG erfülle. Diese habe sich allerdings nur auf den Inhalt der Einigung beziehen können, soweit sie einen vollstreckbaren Inhalt gehabt habe, also nicht auf Ziffer 3, wonach alle Ferienzeiten nach Absprache der Eltern hätten hälftig aufgeteilt werden sollen.

8

Die Androhung habe sich auch nicht auf die Neuregelung des Umgangs in den Ferienzeiten durch Beschluss vom 7. Februar 2014 erstrecken können. Zwar sei dieser Beschluss in Abänderung des Vergleichs ergangen. Es ließe sich deshalb argumentieren, dass die Neuregelung des Umgangs in den Ferienzeiten Teil des Vergleichs vom 16. August 2011 geworden und dadurch nachträglich auch Gegenstand der Belehrung geworden sei. Zudem habe die Mutter weder Grund gehabt, daran zu zweifeln, dass sie damit zur Verwirklichung des Umgangs verpflichtet werden sollte, noch für die Annahme, dass ein Verstoß dagegen sanktionslos bleiben sollte.

9

In Rechtsprechung und Literatur werde jedoch die Auffassung vertreten, dass eine Wiederholung des Warnhinweises erforderlich sei, wenn der mit einem Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG versehene [X.] modifiziert werde. Jedenfalls könnten einer bereits zweieinhalb Jahre zurückliegenden Belehrung nicht nachträglich wesentliche vollstreckbare Inhalte zusätzlich unterlegt werden.

2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.

a) Nach § 89 Abs. 2 FamFG ist in einem Beschluss, der die Herausgabe einer Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen. Diese Belehrungspflicht ersetzt die nach früherem Recht gemäß § 33 Abs. 3 Satz 6 [X.] erst im Vollstreckungsverfahren erforderliche Androhung des [X.]. Mit der schon in den Tenor der vollstreckbaren Entscheidung aufzunehmenden Belehrung soll dem Verpflichteten deutlich gemacht werden, dass ein Verstoß gegen den erlassenen Titel die Festsetzung von Vollstreckungsmaßnahmen nach sich ziehen kann. Der bisherige eigenständige Verfahrensschritt der Androhung im Vollstreckungsverfahren, der denselben Zweck verfolgte, ist damit entfallen. Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber das Vollstreckungsverfahren beschleunigen und eine Verlagerung des Streits über die Hauptsache in das Vollstreckungsverfahren verhindern (BT-Drucks. 16/6308 S. 218). Die Belehrung über die Vollstreckung durch Anordnung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft ist mithin an die Stelle der früher notwendigen Androhung von Zwangsgeld und Zwangshaft getreten (Senatsbeschluss vom 17. August 2011 - [X.] 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 8).

Damit hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Anordnung von [X.] ausdrücklich großzügiger geregelt, um die Effektivität der Vollstreckung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen zu erhöhen (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - [X.] 188/11 - FamRZ 2012, 533 Rn. 16). Ein vollstreckungsfähiger Inhalt im Sinne von § 89 Abs. 1 FamFG setzt lediglich eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts voraus. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der [X.] detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, insbesondere zum Bereithalten und Abholen des Kindes, enthält. Eine Vollstreckbarkeit des [X.]s entfällt nach dem hier anwendbaren neuen Recht deswegen erst dann, wenn der Umgang nicht hinreichend nach Art, Ort und Zeit konkretisiert worden ist (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - [X.] 188/11 - FamRZ 2012, 533 Rn. 18 mwN).

Auch ein gerichtlich gebilligter Vergleich nach § 156 Abs. 2 FamFG ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG und kann als solcher Grundlage für die Festsetzung eines Ordnungsgelds nach § 89 FamFG sein (Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - [X.] 165/13 - FamRZ 2014, 732 Rn. 10 mwN).

b) Gemessen hieran hat das [X.] zu Recht darauf abgestellt, dass für die im Streit stehende Umgangsregelung in den Ferien ein Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG fehlte. Diese stellt einen neuen, selbstständigen Vollstreckungstitel dar, der eines eigenen Hinweises auf Folgen einer Zuwiderhandlung bedarf.

Zwar enthält der Beschluss vom 7. Februar 2014 nunmehr eine vollstreckungsfähige Regelung zum [X.]. Es fehlt ihm aber ein Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen diese Umgangsregelung gemäß § 89 Abs. 2 FamFG. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfasst der mit der familiengerichtlichen Billigung der Umgangsrechtsvereinbarung vom 16. August 2011 verbundene Hinweis nach § 89 Abs. 2 FamFG die neue [X.]sregelung nicht. Ein solcher Hinweis muss sich auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen eine bereits bestehende Verpflichtung aus einem Vollstreckungstitel beziehen. Wird diese Verpflichtung später geändert, wird der bereits erteilte Hinweis insoweit gegenstandslos; es bedarf deshalb eines erneuten Hinweises ([X.] 2011, 448, 450; s. auch zum alten Recht [§ 33 [X.]] [X.] FamRZ 1998, 961, 962). Darauf, wieviel Zeit seit der Erteilung des Hinweises vergangen ist, kommt es entgegen der Auffassung des [X.]s nicht einmal an.

Ebenso kann die Frage, ob im Rahmen der erneut ergangenen Entscheidung zum Umgangsrecht auf einen bereits erteilten Hinweis verwiesen werden kann, dahin stehen. Denn an einer solchen Bezugnahme fehlt es hier. Allein die Formulierung, dass der [X.] "in Abänderung des Vergleichs vom 16. August 2011" geregelt werde, vermag einen solchen Bezug nicht herzustellen, zumal der seinerzeit erteilte Hinweis ohnehin nur für die Wochenend- und Feiertagskontakte Bedeutung erlangt hatte, wohingegen die damalige [X.]sregelung nicht vollstreckungsfähig war und der Hinweis insoweit ins Leere ging.

Dem Erfordernis eines erneuten Hinweises steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde schließlich auch nicht die gesetzgeberische Absicht entgegen, die Vollstreckung einer Umgangsregelung zu beschleunigen. Denn die Beschleunigung wird bereits dadurch erreicht, dass der bisherige eigenständige Verfahrensschritt der Androhung im Vollstreckungsverfahren entfallen ist (Senatsbeschluss vom 17. August 2011 - [X.] 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 8). Das Beschleunigungsgebot darf indes nicht dazu führen, dass für den Vollstreckungsschuldner nicht mehr hinreichend konkret absehbar ist, ob er bei einer Zuwiderhandlung gegen seine Umgangsverpflichtung mit (empfindlichen) [X.] zu rechnen hat. Allein die Tatsache, dass bereits einmal ein Hinweis erteilt worden ist, genügt hierfür nicht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 17. August 2011 - [X.] 621/10 - FamRZ 2011, 1729 Rn. 13 ff.).

Dose                     Schilling                        Günter

             Botur                          [X.]

Meta

XII ZB 86/15

03.08.2016

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 29. Januar 2015, Az: 3 WF 216/14

§ 89 Abs 2 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.08.2016, Az. XII ZB 86/15 (REWIS RS 2016, 7190)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7190

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