Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.03.2009, Az. II ZR 131/08

II. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4658

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[X.]/08 vom 9. März 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 738 Abs. 1 a) Beruft sich der ausgeschiedene Gesellschafter gegenüber der [X.] nach § 738 Abs. 1 i.V.m. § 739 [X.] auf ein [X.], gestützt auf seinen Anspruch auf Befreiung von den gemeinschaftli-chen Schulden (§ 738 Abs. 1 Satz 2 [X.]), ist er für das Bestehen derartiger Schulden darlegungs- und beweispflichtig. b) Hat der ausgeschiedene Gesellschafter mit einem von mehreren Gesellschafts-gläubigern eine Haftungsbeschränkung vereinbart (hier: quotale und auf einen Teil der Darlehenssumme beschränkte persönliche Haftung), kann er sich im [X.] gegenüber dem Anspruch der Gesellschaft auf Ausgleich seines negativen Auseinandersetzungsguthabens auf diese im Außenverhältnis mit dem Gläubiger vereinbarte Haftungsbeschränkung nicht berufen. Die Gesellschaft ist berechtigt, ihre Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger in der vollen, von ihr zum Stichtag des Ausscheidens geschuldeten Höhe grundsätzlich in die Ausei-nandersetzungsrechnung einzustellen. c) [X.] der Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen sind in der Auseinandersetzungsrechnung gegenüber dem ausgeschiedenen Gesell-schafter unabhängig davon zu passivieren, ob sie aufgrund eines wirksamen oder eines unwirksamen Gesellschafterbeschlusses geleistet worden sind, oder ob sich die Gesellschaft gegenüber dem Rückzahlungsverlangen eines Gesellschaf-ters auf Verjährung berufen kann. [X.], Beschluss vom 9. März 2009 - [X.]/08 - [X.] [X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 9. März 2009 durch [X.], [X.], [X.] und Dr. Drescher gemäß § 544 Abs. 7 ZPO beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.]n wird das Urteil der 23. Zivilkammer des [X.] vom 10. April 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Wert des Beschwerdeverfahrens: 48.922,32 • Gründe: Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Berufungs-gericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des [X.]n auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es den Ausspruch über den Umfang des Zurückbehaltungsrechts im Te-nor zu Lasten des [X.]n um die Befreiung von den "sonstigen [X.]" verkürzt hat, ohne dem [X.]n zuvor Gelegenheit zu geben, zu Art und Umfang dieser weiteren Verbindlichkeiten vorzutragen. 1 - 3 - [X.] 1. Noch zutreffend ist der Ausgangspunkt des [X.], dass eine hinreichende Konkretisierung der ein Zurückbehaltungsrecht des [X.] gemäß § 273 [X.] begründenden Gesellschaftsverbindlichkeiten für eine etwaige Zwangsvollstreckung (§ 756 ZPO) erforderlich ist (siehe [X.]Urt. v. 3. Mai 1999 - [X.], [X.], 1003, 1004). Der [X.] ist als Gläubiger des Schuldbefreiungsanspruchs aus § 738 Abs. 1 Satz 2 [X.] darlegungs- und beweispflichtig für das Vorhandensein von [X.], soweit er Befreiung von ihnen verlangt ([X.], 155, 159; MünchKomm[X.]/[X.]/ [X.] 5. Aufl. § 738 Rdn. 77; MünchKommHGB/[X.] 2. Aufl. § 131 Rdn. 109 jew. m.w.Nachw.). Diese ihn treffende Verpflichtung hat der [X.] bei der Geltendmachung seines auf §§ 738 Abs. 1 Satz 2, 273 Abs. 1 [X.] ge-stützten Zurückbehaltungsrechts offensichtlich übersehen. In einer solchen Si-tuation ist das Gericht gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO verpflichtet, der [X.] einen Hinweis zu erteilen und ihr die Möglichkeit zu eröffnen, ergänzend vorzu-tragen. Diese Pflicht besteht insbesondere dann, wenn, wie hier, das [X.] den Eindruck erweckt hat, auf den vom Berufungsgericht für maßgeblich gehaltenen Gesichtspunkt komme es nicht an ([X.]/[X.], ZPO 27. Aufl. § 139 Rdn. 6 m.w.Nachw.). 2 2. Dadurch, dass das Berufungsgericht diesen Hinweis nicht erteilt hat, hat es den Anspruch des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs in ent-scheidungserheblicher Weise verletzt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der [X.] nach einem entsprechenden Hinweis zu Art und Umfang der sonsti-gen [X.], hinsichtlich derer er Befreiung verlangt, in einer die Zwangsvollstreckung ermöglichenden Art ergänzend, die Verbindlichkeiten [X.] individualisierend vorgetragen hätte. 3 - 4 - I[X.] Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren, in dem das Berufungsge-richt dem [X.]n und gegebenenfalls auch der Klägerin Gelegenheit zu er-gänzendem Vortrag geben muss, weist der [X.]at auf Folgendes hin: 4 5 Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Klägerin gegen den [X.]n ein Anspruch auf Ausgleich des negativen Auseinanderset-zungsguthabens in Höhe von 48.922,32 • zusteht. 1. a) Anders als der [X.] meint, hat das Berufungsgericht zu Recht bei der Auslegung von § 15 des Gesellschaftsvertrages die Unklarheitenrege-lung des § 305 c [X.] nicht angewandt. Die Vorschriften der §§ 305 ff. [X.] sind gemäß § 310 Abs. 4 [X.] auch dann nicht auf Gesellschaftsverträge an-wendbar, wenn diese für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und da-durch die Voraussetzungen der [X.] (§ 305 Abs. 1 [X.]) erfüllen soll-ten (MünchKomm[X.]/[X.] aaO § 705 Rdn. 139 m.w.Nachw.). Gesellschafts-verträge von [X.] wie der vorliegenden unterliegen nach der ständigen [X.]atsrechtsprechung (siehe nur [X.]Urt. v. 19. März 2007 - [X.], [X.], 812 [X.]. 18 m.w.Nachw.) der objektiven Auslegung und werden dadurch der richterlichen Inhaltskontrolle unterworfen. 6 b) Die Auslegung des [X.], nach der der [X.] nach dem Gesellschaftsvertrag zum Ausgleich eines negativen Auseinanderset-zungsguthabens verpflichtet ist, ist zutreffend. Die Regelung in § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages stellt aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven [X.] ausschließlich auf den objektiven Wert des Anteils für ei-nen Dritten ab; dieser kann auch negativ sein. Dass die Möglichkeit eines nega-tiven Anteilswerts durchaus gesehen wurde, folgt im Übrigen aus § 15 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages, in dem eine ausdrückliche Regelung "nur" für den Fall eines positiven Auseinandersetzungsguthabens getroffen wird. 7 - 5 - 2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klä-gerin die Darlehensverbindlichkeit gegenüber der C.

bank AG in der Auseinandersetzungsrechnung passivieren durfte. Der Darlehensvertrag ist wirksam, da die der [X.]erteilte [X.] nicht gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] verstieß (siehe nur [X.], Urt. v. 18. Juli 2006 - [X.], [X.], 1622, [X.] 24). Hier kommt hinzu, dass ausweislich von § 2 Nr. 2 des [X.] die Treuhänderin [X.]

damit betraut war, die [X.] nach § 7 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages, mithin auch die Darlehensver-träge, auszuhandeln "und nach Maßgabe der Beschlüsse der Gesellschafter-versammlung abzuschließen". Angesichts dieser Weisungszuständigkeit der Gesellschafterversammlung ist für einen Verstoß gegen das [X.] ersichtlich kein Raum. 8 3. a) Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, dass die Klägerin die Darlehensforderung der E.

AG in voller Höhe passivieren durfte. Das Berufungsgericht unterscheidet zu Recht zwischen der im Innenverhältnis zur Klägerin bestehenden Ausgleichspflicht des [X.]n für nicht durch das Gesellschaftsvermögen gedeckte Verbindlichkeiten (§ 739 [X.]) und der im Außenverhältnis gegenüber der [X.] bestehenden Haftung des [X.] gemäß § 128 ff. HGB analog. Nur im Außenverhältnis kann sich der [X.] gemäß § 129 Abs. 1 HGB auf die zwischen ihm und der E.

AG vereinbarte Haftungsbeschränkung berufen. Ein Ausnahmefall, in dem die [X.] im Innen- und Außenverhältnis ausnahmsweise aufgrund [X.]vereinba-rung deckungsgleich ist, liegt ersichtlich nicht vor. 9 b) Eine unzulässige Kündigungsbeschränkung (§ 723 Abs. 3 [X.]) liegt in dieser Berechnung des Ausgleichsanspruchs durch die Klägerin entgegen der Ansicht des [X.]n nicht. Auch bei einer Auflösung der Gesellschaft wä-re der [X.] gemäß § 739 [X.] zum Ausgleich der nicht durch das Gesell-10 - 6 - schaftsvermögen gedeckten Verbindlichkeiten in der von der Klägerin berech-neten Höhe verpflichtet. Im Falle seines Ausscheidens soll der [X.] gemäß § 738 Abs. 1 Satz 2 [X.] aber nur so gestellt werden, wie er bei Auflösung der Gesellschaft stehen würde. 11 4. a) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht von der Berechti-gung der Klägerin ausgegangen, die von den übrigen Gesellschaftern geleiste-ten [X.] zu passivieren. Haben die Gesellschafter mit Rechtsgrund geleistet oder kann sich die Klägerin gegenüber Rückzahlungsfor-derungen der Gesellschafter auf Verjährung berufen, handelt es sich bei den Zahlungen in das Gesellschaftsvermögen um zu passivierende Einlagen der Gesellschafter. Sind die Zahlungen ohne Rechtsgrund geleistet worden und in unverjährter Zeit seitens der Gesellschafter rückforderbar, handelt es sich um Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber den Gesellschaftern, die ebenfalls zu passivieren sind. b) Nur ergänzend weist der [X.]at darauf hin, dass sich der [X.] im Zusammenhang mit der Passivierung der [X.] gegenüber der Klägerin ohnehin widersprüchlich und treuwidrig verhält. Die Klägerin hat in der Auseinandersetzungsrechnung zu seinen Gunsten sämtliche von ihm erbrach-ten [X.] anspruchsmindernd, d.h. die von ihm [X.] - 7 - Ausgleichsforderung reduzierend berücksichtigt, ohne sich ihm gegenüber, wo-zu sie nach der Argumentation des [X.]n in erheblichem Umfang berechtigt gewesen wäre, auf Verjährung zu berufen. [X.] [X.]

[X.] Drescher Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 03.05.2007 - 19 O 278/06 - [X.], Entscheidung vom 10.04.2008 - 23 U 84/07 -

Meta

II ZR 131/08

09.03.2009

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.03.2009, Az. II ZR 131/08 (REWIS RS 2009, 4658)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4658

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