Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.06.2016, Az. 2 StR 90/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 10261

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Gegenstand

Unterlassene Gesamtstrafenbildung: Absehen von der Einbeziehung nicht erledigter Geldstrafen; Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe bei bestehender Arbeits- und Vermögenslosigkeit des Angeklagten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2015 aufgehoben, soweit die Bildung einer Gesamtstrafe mit den Geldstrafen aus dem Strafbefehl des [X.] vom 30. November 2012 unterblieben ist, mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

2. Die weiter gehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang einen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

Der Strafausspruch begegnet insoweit durchgreifenden rechtlichen Bedenken, als die Bildung einer (nachträglichen) Gesamtstrafe unter Einbeziehung der im Strafbefehl des [X.] am 30. November 2012 verhängten [X.] unterblieben ist.

3

Das [X.] hat nach §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Satz 2 StGB unter anderem deshalb davon abgesehen, eine Gesamtstrafe mit den Geldstrafen aus der Vorverurteilung zu bilden, weil dies für den Angeklagten hier zu einem längeren Freiheitsentzug und damit zu einem höheren Strafübel führen würde.

4

Mit dieser Begründung durfte das [X.] im Rahmen der Gesamtstrafenbildung nicht von der Einbeziehung der in dem Strafbefehl verhängten Geldstrafen absehen.

5

Der Angeklagte ist nach den Feststellungen arbeits- und vermögenslos. Zuletzt leistete er "Sozialstunden ab, um die Vollstreckung von [X.] aufgrund gegen ihn verhängter … Geldstrafen abzuwenden". Zwei Geldstrafen von 40 bzw. 140 Tagessätzen sind entsprechend vollständig vollstreckt; die Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 15 € aus der Verurteilung vom 30. November 2012 sowie eine weitere Geldstrafe sind hingegen erst teilweise vollstreckt.

6

Diese Umstände sprechen dafür, dass der Angeklagte nicht über die finanziellen Mittel verfügt, um die Gesamtgeldstrafe aus der Verurteilung vom 30. November 2012 zu zahlen. Da auch nicht ersichtlich ist, dass es ihm möglich ist, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe nach § 43 StGB weiterhin, insbesondere im Rahmen der Haft, durch freie Arbeit abzuwenden, muss davon ausgegangen werden, dass er die noch verbleibende Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen muss und daher - entgegen der Auffassung der Strafkammer - durch das Unterbleiben der Gesamtstrafenbildung benachteiligt sein kann.

7

Der Senat macht von der im Revisionsverfahren - auch im Falle einer unterlassenen Gesamtstrafenbildung (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Juli 2010 - 1 StR 196/10) - eröffneten Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über die nachträglich zu bildende Gesamtstrafe dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Sie musste nicht dem Nachverfahren vorbehalten bleiben, weil sicher fest steht, dass die unbeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten nur einen geringfügigen Teilerfolg hat.

Fischer                        Appl                        Eschelbach

                   Ott                       Zeng

Meta

2 StR 90/16

09.06.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 23. Oktober 2015, Az: 63 KLs 37/15

§ 53 Abs 2 S 2 StGB, § 55 Abs 1 S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.06.2016, Az. 2 StR 90/16 (REWIS RS 2016, 10261)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10261

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 59/17

5 StR 368/17

2 StR 90/16

1 RVs 65/17

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