Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.10.2015, Az. 25 W (pat) 5/13

25. Senat | REWIS RS 2015, 4232

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "MEGA MEN" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 047 635.7

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 8. Oktober 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] sowie des Richters Schmid

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des [X.] vom 25. September 2012 und vom 7. Dezember 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.]

3

ist am 30. August 2011 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister für folgende Waren angemeldet worden:

4

Klasse 5:

5

Diätetische Nahrungsmittel für medizinische Zwecke und Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke.

6

Mit den Beschlüssen vom 25. September 2012 und vom 7. Dezember 2012 hat die Markenstelle für Klasse 5 des [X.] die unter der Nummer 30 2011 047 635.7 geführte Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Wortbestandteile bildeten die unmissverständliche Aussage „[X.] Männer“ im Sinn einer Steigerung von “[X.]“. Bei den beanspruchten Waren handele es sich um diätetische Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, die sich an bestimmte Zielgruppen und speziell auch an die Zielgruppe der Männer richten könnten. Die angesprochenen Verbraucher würden daher die angemeldete Wortkombination lediglich als beschreibende Werbeaussage wahrnehmen, nach der Männer mit Hilfe der angebotenen Waren die Leistungsfähigkeit, Figur oder Stärke von „[X.]“ bzw. „Supermen“ erreichen könnten. Gedankliche Zwischenschritte müsse der Verbraucher dabei nicht anstellen, diese Bedeutung dränge sich ihm in dem einschlägigen Produktbereich vielmehr auf, da es sich ohnehin um ein Warensegment handele, in dem mit starken Werbeausdrücken auf die angebotenen Waren aufmerksam gemacht werde, sodass ein derartiger werblicher Begriff auch nicht ungewöhnlich erscheine.

7

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft sei nach der ständigen Rechtsprechung grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reiche aus, um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu überwinden. Dieses erforderliche Maß an Unterscheidungskraft komme der Bezeichnung [X.] aber zu. Zum einen sei der Gesamtbegriff [X.] lexikalisch nicht nachweisbar, zum anderen weise die Wortkombination auch keinen klaren und unmittelbaren Bezug zu den beanspruchten Waren auf. Sie sei vielmehr mehrdeutig und interpretationsbedürftig. Um auf den von Seiten der Markenstelle angenommenen Bedeutungsgehalt „besonders großer, herausragender oder mächtiger Männer“ zu gelangen, müssten die angesprochenen Verkehrskreise erhebliche gedankliche Zwischenschritte vornehmen. Unter der Bezeichnung [X.] würden zudem keine primär leistungssteigernden Medikamente oder Aufbaumittel beispielsweise zur Erlangung eines durchtrainierten Körpers oder zur Verbesserung des Muskelaufbaus angeboten. Die Begriffskombination [X.] sei eine ungewöhnliche, neue und kreative Schöpfung der Anmelderin, der ein unmittelbar beschreibender Zusammenhang zu den beanspruchten Waren fehle. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigten die Eintragungen der angemeldeten Bezeichnung in zahlreichen – auch englischsprachigen – Ländern.

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Der Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

9

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des [X.]s vom 25. September 2012 und vom 7. Dezember 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der Eintragung des angemeldeten [X.] [X.] als Marke stehen in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 5 keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1 [X.] entgegen. Deshalb waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

1. Dem Anmeldezeichen kann nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.], [X.], 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]; [X.], 270 Rn. 8 – Link economy; [X.], 1100 Rn. 10 – [X.]!; [X.], 825 Rn. 13 – [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 – [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.], [X.], 604 Rn. 60 – [X.]; [X.], [X.], 565 Rn. 17 – [X.]). Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. [X.], [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Rn. 24 – [X.] 2; [X.], 428 Rn. 30 f. – [X.]; [X.], [X.], 850 – [X.]) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. [X.], [X.], 1143, 1144 Rn. 15 – [X.] werden Fakten; [X.], 872 Rn. 10 – [X.]; [X.], 482 Rn. 22 – test; [X.], [X.] 2010, 439 Rn. 41 - 57 – Flugbörse).

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] 2006, 850, Rn. 19 - [X.]; [X.] [X.], 674, Rn. 86 - Postkantoor) oder sonst gebräuchliche Wörter der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache, die - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.] a. a. O. – Link economy; [X.], 778 Rn. 11 – [X.]; [X.], 640 Rn. 13 – hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] a. a. O. – [X.]).

Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass das Anmeldezeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 5 einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufweist, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den Waren hergestellt werden kann. Der [X.] hat nicht feststellen können, dass der Gesamtbegriff „[X.]“ bereits werblich gebräuchlich ist oder diesem ein hinreichend klarer und eindeutiger beschreibender Sinngehalt im Bereich der beanspruchten Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel zukommt.

Im Produktbereich der diätetischen Nahrungsmittel und der Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke ist es zwar durchaus gebräuchlich, den Kreis der Personen, an die sich das Produkt (in erster Linie) richtet, zu benennen und auch in besonderer Weise hervorzuheben. Denn diese Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel können nach ihrer Zusammensetzung, dem Zweck und der Wirkungsweise den verschiedenen Bedürfnissen der Zielgruppe der Männer oder der Frauen in besonderer Weise entsprechen. Insoweit eignet sich der Hinweis darauf, dass die beanspruchten Waren sich an den Verbraucherkreis der „[X.]“, also der Männer richtet grundsätzlich als durchaus auch üblicher Hinweis auf die Bestimmung und Zielgruppe der beanspruchten Waren. Bei der dem [X.] „[X.]“ vorangestellten Angabe „[X.]“ handelt es sich um ein den angesprochenen inländischen Verbrauchern durch Wortverbindungen wie [X.]byte, [X.]fon, [X.], megaout, [X.]pixel, [X.]seller, [X.]star etc. ohne weiteres bekanntes Wortbildungselement für [X.]“ bzw. „das Millionenfachste einer Einheit“, das im [X.] Sprachgebrauch im Sinn von „sehr, äußerst“ (in Bildungen mit Adjektiven: [X.], [X.]) und im Zusammenhang mit Substantiven als Steigerung von „Super“ ([X.]hit) gebräuchlich ist (vgl. [X.], [X.], Verlag C.H. Beck 1995; [X.], [X.], 26. Auflage 2013, [X.]verlag). Insgesamt ergibt sich für die Verbraucher damit ein Verständnis der angemeldeten Bezeichnung im Sinn von „Überaus große Männer“ bzw. „Millionen-Männer“.

Damit kommt nach Auffassung des [X.]s aber der Wortkombination keine sich aufdrängende ohne weiteres ersichtliche beschreibende Bedeutung für die so gekennzeichneten Waren zu. Gegenstand der Frage der Schutzfähigkeit bei einer mehrteiligen Marke ist die Marke in ihrer Gesamtheit. Zwar geht der beschreibende Charakter mehrere Wörter nicht grundsätzlich schon durch deren Zusammenführung verloren. Vielmehr verbleibt im Allgemeinen die bloße Kombination von beschreibenden Bestandteilen selbst beschreibend. Die Bezeichnung kann im Einzelfall aber in ihrer Gesamtheit einen anderen Eindruck vermitteln als die Summe ihrer Bestandteile (vgl. [X.] [X.], 949 Rn. 13 – [X.]). Um - wie die Markenstelle - zu einer beschreibenden Bedeutung der Bezeichnung dergestalt, dass den Waren aufgrund ihrer positiven Wirkungsweise im Sinn einer beispielsweise körperlichen und mentalen Leistungssteigerung „[X.] Men“-Qualitäten zukommen, zu gelangen, bedarf es erst mehrerer gedanklicher Schritte. Zunächst müssen die angesprochenen Endverbraucher konkrete Vorstellungen darüber entwickeln, welche tatsächlichen Eigenschaften und Qualitäten den „[X.]“ zugeschrieben werden. Da die Bezeichnung „[X.]“ - anders als etwa die Bezeichnung bzw. die Figur des „[X.]“ - nach den Recherchen des [X.]s - nicht in entsprechender Weise tatsächlich verwendet wird und deshalb dem Verkehr nicht ohne weiteres in einem solchen Verständnis geläufig sein dürfte, dürften die Vorstellungen, was mit der Bezeichnung „[X.]“ gemeint ist, bereits sehr diffus sein. Dann sind noch weitere Schlussfolgerungen dahingehend notwendig, welche positiven Eigenschaften (etwa Leistungssteigerung, Muskelaufbau) oder besondere Wirkungsweise den so gekennzeichneten Waren zukommen. Eine solche analytische Betrachtungsweise ist aber im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft unzulässig, weil sich daraus keine in den Vordergrund drängende, für den Endverbraucher ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare Beschreibung des Inhalts dieser Waren ergibt (vgl. hierzu auch [X.] [X.], 270 Rn. 12 - Link economy; [X.], 1143 Rn 10 - [X.]; [X.], 483 Rn 11 - test).

Der [X.] hat auch nicht feststellen können, dass die angemeldete Bezeichnung „[X.]“ eine im Inland bereits gebräuchliche Werbeaussage darstellt.

Zwar existiert eine (Computerspiele)Figur mit dem Namen „[X.]man“ als Gegenspieler zu dem mit „Superkräften“ ausgestatteten allseits bekannten „[X.]“. Auch mag es im Bereich der beanspruchten Produkte bereits Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel, die mit dem Schlagwort „[X.]“ beworben bzw. bezeichnet werden, geben (vgl. beigefügte Rechercheergebnisse “[X.] [X.] Kräuter [X.]dosis [X.]“; „[X.] [X.] Energy Drink [X.]“ – „[X.] Der [X.], [X.], zeigt euch den [X.] [X.] sagt euch was Nahrungsergänzungsmittel wirklich bringen [X.]“; „Die [X.] Diät“). Eine entsprechende Verwendung der Bezeichnung „[X.] Man“, die auch dazu führen könnte, dem angesprochenen Verkehr konkretere Vorstellungen zu der Figur oder zu dem Begriff des „[X.] MAN“ oder gar der Pluralform „[X.]“ zu vermitteln, ist aber nicht festzustellen. Vor diesem Hintergrund ist der von Seiten der Markenstelle angeführte beschreibende und werbliche Inhalt der angemeldeten Bezeichnung nicht nahegelegt. Anders als dies bei „[X.]“ der Fall sein mag, handelt es sich bei der Bezeichnung „[X.]“ insgesamt nicht um eine allgemein verständliche positiv besetzte Aussage, die in einer typischen werbewirksamen und anpreisenden Art und Weise einen konkreten Sachinhalt und eine werbliche Anpreisung zu vermitteln mag. Vielmehr ist die Wortfolge interpretationsbedürftig, ohne dass ein beschreibender Sinngehalt eindeutig im Vordergrund steht. Dies führt in Bezug auf die beanspruchten Waren der diätetischen Nahrungsmittel und der Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke dazu, dass letztlich nicht jede Unterscheidungskraft verneint werden kann.

2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Wortfolge „[X.]“ zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren unterliegt das Zeichen auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Meta

25 W (pat) 5/13

08.10.2015

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.10.2015, Az. 25 W (pat) 5/13 (REWIS RS 2015, 4232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4232

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